Der Bevollmächtigte des Landes Niedersachsen beim Bund, Herr Holl, hat vor wenigen Tagen für das Land Niedersachsen eine Erklärung abgegeben und für Sie alle erklärt, man wolle mit aller Kraft verhindern, dass die Länder in die Lage versetzt würden, selbst die Vermögensteuer einzuführen. Begründung: Eine solche Regelung einer Vermögensteuer in einzelnen Ländern berge die Gefahr, dass Kapital aus Ländern herausgeschafft werde, die die Vermögensteuer erhöben.
Herr Aller, wenn dies zwischen Niedersachsen und Hessen gilt, dann ist es doch nicht so kompliziert, eine Analogie zu bilden und zu sagen, das könnte auch zwischen Osnabrück und Enschede, zwischen Oldenburg und Groningen oder zwischen Göttingen und Kassel gelten, weil dort keine Vermögensteuer erhoben wird. Auch in Holland, Frankreich, Spanien und Italien wird keine Vermögensteuer erhoben. Die Arbeitgeber in meinem Wahlkreis - Beispiel Kabelmetall Europa und andere haben Standorte in Spanien, in Italien und in Deutschland, in Niedersachsen.
chem Standort sie welche Investitionen tätigen. Herr Aller, Sie sind nicht umsonst in die Aufsichtsräte geschickt worden. Erkundigen Sie sich bei Herrn Bodin! Erkundigen Sie sich mal bei Herrn Pischetsrieder. Das kostet VW 5 % mehr Steuerlast. Das ist bei der Frage, ob in Ungarn, bei Seat in Spanien, in England oder in Niedersachsen investiert wird, ein weiteres Argument dafür, nicht in Niedersachsen zu investieren. Das macht unser Land kaputt! Wir lassen unser Land nicht kaputt machen!
Herr Gabriel hat gestern allen Ernstes gesagt, er wolle keine Substanzsteuer; aber die Vermögensteuer sei ja keine Substanzsteuer, sondern eine Sollertragsteuer. Er hat sich ein bisschen komplizierter ausgedrückt. Aber so hat er sich in der gestrigen Pressekonferenz ausgedrückt. Das zieht jedem die Schuhe aus, der ein bisschen von Steuerpolitik versteht. Gerade weil diese Steuer nicht an einen erzielten Ertrag anknüpft, geht sie an die Substanz des Betriebes und ist sie damit eine Substanzsteuer.
„Es wird immer gesagt, Unternehmen, die Verlust machen, müssen dann auch Vermögensteuer zahlen. Dabei wird aber immer die Vermögensteuer in der alten Fassung bis 1996 mit dem Vorschlag von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen heute verwechselt. Bei uns steht eindeutig drin: Es gilt der Halbteilungsgrundsatz von Kirchhoff. Der Halbteilungsgrundsatz lautet: Sie können maximal 50 % der Erträge besteuern. Wenn ein Unternehmen keinen Ertrag hat, wird auch keine Vermögensteuer erhoben.“
Sie verwechseln offensichtlich seit Monaten Vermögen und Ertrag. Das ist abenteuerlich. Das ist der gleiche Fehler wie bei Brutto/Netto-Scharping. Jetzt haben wir die Vermögen-ist-ErtragFehlerrechnung von Gabriel. Das ist ein steuerpolitisches Chaos, auf das Sie, Frau Dr. Knorre oder Herr Aller, hätten verweisen können.
(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Sie haben es noch nicht einmal selbst begriffen, Herr Kollege! Sie müssen den Unfug noch ablesen!)
- Ich erkläre Ihnen das einmal. Bei den Aktiengesellschaften ist die Erhebung der Vermögensteuer besonders einfach. Die machen es uns leicht. Für sie gibt es einen börsennotierten Kurs. Ich habe gestern einen Aktionär gesprochen. Wir haben ja noch ein paar Unternehmen. Wenn Sie noch lange regieren, werden wir auch die nicht mehr haben. Das IT-Unternehmen Höfft & Wessel ist ein besonders erfolgreiches und mustergültiges Unternehmen hier in Hannover. Dessen Aktien waren im Jahr 2000 pro Stück über 30 Euro wert. Jemand hatte sich 100 Aktien gekauft. Die gleiche Aktie kostet im Moment 1,50 Euro. Bei Ihnen würde jetzt Folgendes passieren: Die Vermögensteuer des Jahres 2000 beträgt pro Stück 0,30 Euro - 1 % von 30 Euro. Nach Zustellung des Vermögensteuerbescheides im Jahr 2002 müsste also diese Vermögensteuer gezahlt werden. Da die Aktie heute nur noch einen Verkehrswert von 1,50 Euro hat, müssten auf diesen Verkehrswert von 1,50 Euro 30 Cent Vermögensteuer gezahlt werden. Er müsste ein Fünftel seiner Aktien verkaufen, um allein die Vermögensteuer des Jahres 2000 begleichen zu können! Wenn das nicht an die Substanz geht, wenn das nicht diejenigen zu Idioten erklärt, die sich zu einem Unternehmen in schwieriger Geschäftslage bekennen, dann weiß ich es nicht mehr. Diejenigen, die zu dem Unternehmen stehen und die Aktien halten, werden von Ihnen abgezockt. Das ist wirklich steuerpolitischer Wahnsinn, den Sie organisieren!
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim hat vorgestern eine Untersuchung vorgelegt. Darin heißt es wörtlich: Die Wiedereinführung der Vermögensteuer gefährdet die Attraktivität des Standorts Deutschland und senkt die Wettbewerbsfähigkeit vor allem mittelständischer Unternehmen.
erbelastung. Besonders stark würde der Baubereich getroffen, das Baugewerbe, das Handwerk, dessen Belastung um sage und schreibe 24,8 % zunähme. Die Vermögensteuer belaste vor allem ertragsschwache Unternehmen. Überdurchschnittlich betroffen seien auch neu gegründete Unternehmen, die in den ersten Jahren keine oder nur geringe Erträge abwürfen. Beim Handel - der ist besonders Not leidend - steigt die Belastung noch um 12 %. Im Ernährungsgewerbe steigt sie um 7 % und bei der Herstellung von Kraftwagen in unserem Automobilland um 5 %. In der Chemieindustrie steigt die Belastung nur um 4 %, Herr Aller. Trotzdem hat der Vorsitzende der IG-Chemie, Herr Schmoldt, in Hannover erklärt, dass die Vermögensteuer standortschädliche Wirkungen habe und dass man sie im grenzüberschreitenden Wettbewerb ablehnen müsse. - Bei der IG-Chemie verstehen sie nämlich etwas von Wirtschaft. Die sitzen in den Aufsichtsräten der großen Chemiegiganten und kennen den Standortwettbewerb zwischen Frankreich, der Schweiz und Deutschland ganz genau. Die Chemiearbeiter bei Honeywell in Seelze fürchten um ihre Arbeitsplätze - durch die Ökosteuer, durch die Vermögensteuer, durch Ihr steuerpolitisches Chaos.
Wir wollen die Arbeitsplätze erhalten. Deswegen fordere ich Sie auf: Machen Sie Schluss mit Ihrem Steuerchaos! - Das ist die Botschaft, die wir Ihnen hier heute geben möchten.
Nehmen Sie Ihre unausgegorenen Vorschläge hier und heute zurück! Ich weiß, das kostet Kraft. Es ist aber besser, die Vorschläge heute zurückzunehmen, als die Verunsicherung fortzusetzen. Dies gilt für die Erbschaftssteuer und für die Vermögensteuer. Es lässt Investitionsentscheidungen in der Hängepartie. Wir wollen nicht mehr Geld für den Staat, sondern mehr Geld für die Bürger und die Wirtschaft, um mehr Konsum und Investitionen zu ermöglichen. Ihr „Mehr Politik wagen“ ist eine Drohung und keine Verheißung. Sie haben in Ihrem Buch selbst festgestellt, die SPD habe kein Konzept.
Für die Dynamik in unserem Land ist die Senkung der Staatsquote entscheidend. In dem Buch von Herrn Gabriel steht da die Unwahrheit. Darin steht, zwischen 1996 und heute sei die Staatsquote auf 48,8 % gesenkt worden. Richtig ist, dass sie zwischen 1996 und 1998, in zwei Jahren CDU-geführter Regierung, um 1,5 % gesenkt wurde. Unter
- Wir hatten 1998 eine Staatsquote von 48,8 %. Im nächsten Jahr haben wir ausweislich der Gutachten der Sachverständigen eine Staatsquote von 49,2 %.
Die Staatsquote ist entscheidend. Von 1982 bis 1989 gab es eine Absenkung der Staatsquote von 49 auf 44 %. Es entstanden 2,8 Millionen neue Jobs. Erstmals nach 1969 hatten wir 1989 gesamtstaatlich einen Haushaltsüberschuss. Wir hatten eine dreistufige Steuerreform mit dem größten Entlastungsvolumen für die Menschen in der Geschichte Deutschlands vorher und nachher.
Jetzt gehen Sie wieder auf eine Staatsquote von 50 % zu. Das ist der falsche Weg. Das eigentliche Problem unseres Landes ist die Arbeitslosigkeit.
- Von Ihnen haben wir 1982 zwei Millionen Arbeitslose übernommen. Dann haben wir eine ganze Menge sozialistischer Arbeitsloser aus der DDR übernommen. Das ist wahr. Die Folgen des Sozialismus kommen manchmal teurer zu stehen, als es manche Leute eingeschätzt haben.
Wir haben in diesem Land sowohl für die 15- bis 25-Jährigen als auch für die über 55-Jährigen zu wenige Jobs. Deshalb haben wir Vorschläge gemacht, dieses Problem anzugehen. Deswegen schlagen wir als Erstes mehr Selbständigkeit vor; denn die Selbständigenquote war von 1994 bis 1998 von 10,2 % auf 10,8 % gestiegen. Sie ist seitdem unter Ihrer Regierungszeit auf 9,6 % gefallen. Weg muss das Scheinselbständigengesetz, weil es hunderttausende selbständiger Existenzen gekostet hat und zu einem Verlust von Arbeitsplätzen geführt hat.
Wir wollen eine Auflockerung bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Das Gutachten des Schwarzarbeitsexperten Professor Schneider von dieser Woche sagt aus, dass wir im nächsten Jahr einen Anstieg der Schwarzarbeit um 7 % haben werden. Wir sind das einzige Land in der OECD, in dem die Schwarzarbeit seit drei Jahren steigt. In allen anderen Ländern ist sie zurückgegangen. Für das nächste Jahr wird uns im Bereich der Schat
tenwirtschaft ein Anstieg um 7 % prognostiziert. Dann müssen wir doch steuer- und sozialabgabenfreie Jobs, wie die 630-DM-Verhältnisse, bis zu 500 Euro wieder schaffen, damit im Bereich der Zeitungszustellung, des Dienstleistungsbereichs, der Gastronomie illegale Arbeit, Schwarzarbeit in den legalen Sektor zurückgeführt wird.
Das sind Menschen, die sich brutto gleich netto etwas hinzuverdienen, die dann auch mehr in den Konsum stecken können, die dann wieder mehr kaufen können, die wieder mehr Zuversicht fassen können. Wir wollen, dass diese Jobs wieder eingeführt werden.
Wir wollen das betriebliche Bündnis für Arbeit nicht nur bei VW abweichend vom Haustarif, sondern in der gesamten Wirtschaft, indem vom Flächentarif abgewichen werden kann, wenn zwei Drittel der Mitarbeiter und der Betriebsrat zustimmen. Den Tarifparteien, auch den Gewerkschaften muss natürlich ein Einspruchsrecht bleiben. Aber mehr Flexibilität in bestimmten Regionen, in bestimmten Branchen zu bestimmten Zeiten ist zwingend erforderlich, um Arbeit und Beschäftigung zu schaffen.
Das sind drei ganz konkrete Initiativen neben all denen, die wir hier eingebracht haben - Leiharbeit, Zeitarbeit, befristete Arbeit -, durch die sofort mehr Beschäftigung entstünde. Der Sachverständigenrat aus fünf Professoren, darunter drei eingetragene Sozialdemokraten, hat all diese Forderungen - wenn ich Zeit hätte, könnte ich es einzeln zitieren - unterstrichen und unterstützt. Eigentlich müsste man sofort abstimmen und diese Beschlüsse hier fassen.
Was will ich Ihnen sagen, Herr Aller und Herr Gabriel? - Es gibt in Deutschland kein Naturgesetz, wonach es in Deutschland 5 Millionen Arbeitslose geben muss. Es gibt kein Naturgesetz, dass die deutsche Wirtschaft am langsamsten in Europa wachsen muss. Wir dürfen jetzt keine Zeit auf Neiddebatten, auf Steuererhöhungsdebatten vergeuden, sondern wir sollten uns ein Beispiel an den erfolgreichen Jahren 1982 bis 1989 oder an erfolgreichen Ländern wie Dänemark, Holland oder Frankreich nehmen: mit mehr Selbständigkeit, mehr Eigenverantwortung und mehr Freiräumen.
Sie sind auf dem Holzweg. Wenn Ihre Privatrente auf freiwilliger Basis nicht angenommen wird, dann wollen Sie die Zwangsrente. Wenn die Krankenkassen immer mehr Mitglieder verlieren, dann wollen Sie die Zwangskasse. Wenn dann mal eine Kasse wie die Technikerkasse einen neuen Vorschlag macht, dass man zum Beispiel, wenn man sie das ganze Jahr nicht in Anspruch genommen hat, einen Monatsbeitrag zurück bekommt, dann lassen Sie das nicht ausprobieren; das widerstrebt Ihrem Wettbewerbsdenken, und dann lassen Sie das verbieten. - Das ist doch absurd in diesem Land, wo wir dringend solche Veränderungen brauchen!
Wir müssen unser Land mit Wachstum, mit Dynamik, mit Beschäftigungsentwicklung und mit der Lösung der Qualitätsprobleme unseres Bildungswesens voranbringen, nicht aber mit Arbeitsplatzvernichtungssteuern oder Standortverlagerungen. Bei der Vermögensteuer würde man am Ende weniger Einnahmen haben, als man hätte, wenn man auf sie verzichtet. Die Menschen haben das Recht, wenn man ihnen klar sagt, dass wir unser Land nicht kaputt machen lassen, sondern ein Land retten wollen, das bei Ihnen fast dem Untergang geweiht wäre.
Die Leute begreifen: Wir haben nur dieses eine Land. Das ist unser Vaterland, Herr Aller. Wir haben für dieses Land Verantwortung in ganz gehobenem Maße.
Wir sind es unseren Kindern und Enkelkindern schuldig, dass das, was die Alten geschaffen haben, die dieses Land erfolgreich aufgebaut haben,