Zu 3: Zwischen der Universität Witten/Herdecke und dem INI hat es nach dem Wechsel der Präsidentschaft bei der Universität eine erneute intensive Erörterung mit dem Ziel des Abschlusses einer Kooperationsvereinbarung gegeben. Als Konsequenz dieser Erörterung ist eine Feasibility-Studie in Auftrag gegeben worden, die seit kurzem dem Präsidenten vorliegt und nunmehr ausgewertet wird.
CASTOR-Transport 2002; hier: Gewaltanwendung durch Beamte des BGS gegen Jochen Stay am 14. November 2002 in Gedelitz
Am Morgen des 14. November 2002, nach der Ankunft des Atommülltransportes aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage im Zwischenlager Gorleben, kam es unweit des Ortseingangs Gedelitz zu einem Übergriff von BGS-Beamten auf den Lüchow-Dannenberger Anti-Atom-Aktivisten Jochen Stay. Er war, wie viele andere, auf dem Weg nach Gedelitz. Jochen Stay wollte dort an einer Pressekonferenz teilnehmen. Er wurde jedoch von BGS
Beamten aufgehalten. Mehrere Augenzeugen beobachteten, wie die BGS-Beamten Jochen Stay nicht nur hinderten, seinen Weg per Auto fortzusetzen, sondern ihn auch nicht zu Fuß weitergehen lassen wollten. Mehrere Beamte des BGS wurden dabei beobachtet, wie sie körperliche Gewalt einsetzten, um Jochen Stay festzuhalten. Nachdem Augenzeugen des Vorfalls um Hilfe gebeten hatten, wurde ich Zeugin davon, wie die BGS-Beamten Jochen Stay, der inzwischen schon gefesselt war, weiter drangsalierten und ihn schließlich regelrecht in ein BGS-Fahrzeug hineinwarfen. Was im Wagen geschah, konnte nicht beobachtet werden, da weitere BGS-Beamte das Fahrzeug abschirmten. Ein BGS-Beamter filmte jedoch mit einer kleinen Digitalkamera in das Fahrzeug hinein und kommentierte das, was er sah, meiner Erinnerung nach mit den Worten: „jetzt fängt die Person an zu weinen“.
Meine Versuche vor Ort, eine Begründung für die Gewaltanwendung gegen Jochen Stay zu bekommen, scheiterten. Warum Jochen Stay dann plötzlich wieder gehen durfte, wurde auch nicht erklärt. Erst später wurde mir von einem Einsatzleiter, der bereits in Gedelitz war, ein Beamter des BGS, Herr Blumberg, als Verantwortlicher genannt. Dieser Einsatzleiter, der allerdings nicht an dem Übergriff beteiligt gewesen war, nannte mir auch seine Dienstausweisnummer, die E112590. Für die Beamten, die an den Gewaltanwendungen direkt beteiligt waren, hatte ein Beamter mir zu verstehen gegeben, dass er der Verantwortliche dafür sei. Seine Dienstausweisnummer sei D172812
1. Hat sie nach der Veröffentlichung des Ablaufs in der Presse versucht, beim Bundesinnenministerium bzw. beim BGS die Verantwortlichen für die Gewaltanwendung gegen Jochen Stay zu ermitteln?
2. Welche straf- und dienstrechtlichen Maßnahmen gegen die verantwortlichen Beamten des BGS hält sie nach der Veröffentlichung der Augenzeugenaussagen des Übergriffs für angemessen?
3. Werden die Videoaufnahmen des BGS von diesem Vorfall der Öffentlichkeit gezeigt oder zumindest dem Innenausschuss des Niedersächsischen Landtages zugänglich gemacht werden?
Namens der Niedersächsischen Landesregierung beantworte ich die Frage der Abgeordneten Frau Harms (GRÜNE) wie folgt:
Zu 1: Bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt handelt es sich um Maßnahmen von Polizeibeamten des BGS, die dem Land Niedersachsen wäh
rend des Straßentransporte unterstellt waren. In diesem Zusammenhang ist ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig, in dem alle Umstände ermittelt werden. Ich bitte um Verständnis, dass die Niedersächsische Landesregierung zu laufenden Ermittlungsverfahren keine Stellung nimmt.
Zu 2: Strafrechtliche Konsequenzen könnten sich nur aus einem entsprechenden Ermittlungsverfahren ergeben. Ein solches ist aber nicht gegen die betreffenden Beamten eingeleitet worden. Für dienstrechtliche Maßnahmen ist inhaltlich und rechtlich allein das Bundesinnenministerium zuständig.
Zu 3: Die Videoaufzeichnung ist in das anhängige Ermittlungsverfahren einbezogen. Aus Sicht der Niedersächsischen Landesregierung bestehen keine Bedenken, das Video in einer nichtöffentlichen Sitzung des Ausschusses für innere Verwaltung vorzuführen. Dazu bedarf es eines entsprechenden Antrages dieses Ausschusses, damit die zuständige Staatsanwaltschaft darüber entscheiden kann.