Protocol of the Session on December 11, 2002

Sie haben dazu gar nichts gesagt. Das werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen. Wir werden das im Wahlkampf thematisieren. Sie werden nachweisen müssen, wie Sie all das finanzieren wollen.

Nach Ihrem Gesetzentwurf soll nach der 4. Klasse sortiert werden. Am Ende des vierten Jahres soll die Grundschule eine Schullaufbahnempfehlung aussprechen, wie Sie in Ihrem Gesetz schreiben.

(Klare [CDU]: Was ist denn daran falsch?)

Einerseits sagen Sie, der Elternwille bleibe frei, andererseits aber wollen Sie solch eine Empfehlung haben. Ich frage Sie: Wozu wollen Sie diese Empfehlung haben?

Außerdem haben Sie kein Wort zu einem Problempunkt gesagt, den Sie, Herr Busemann, bei einigen Podiumsdiskussionen, die wir in den letz

ten Wochen gemeinsam durchgeführt haben, angesprochen haben.

(Busemann [CDU]: Wir hatten nur ei- ne! Da sahen Sie nicht gut aus!)

Sie haben gesagt: In der Klassenkonferenz der 6. Klasse wird auch darüber zu entscheiden sein, was mit den Schülerinnen und Schülern weiter geschehen soll. Da haben Sie gesagt: In diesem Zusammenhang hat die Empfehlung eine entscheidende Bedeutung. Bei der Tagung des Philologenverbandes in Goslar haben Sie gesagt: Dann müssen wir den Eltern bei der Entscheidung ein wenig auf die Sprünge helfen. - Wollen Sie sich in der 6. Klasse über den Elternwillen hinwegsetzen?

(Zuruf von der SPD: Das ist ja inte- ressant!)

- Das ist ja interessant. Ich finde das sogar hochinteressant. Sie müssen darauf Antworten geben. Ich empfehle dem Landeselternrat, Sie einmal ganz klar danach zu fragen, was die CDU will. Zählt bei Ihnen der Elternwille in keiner Art und Weise mehr? - Wäre das der Fall, wäre das ein Hammer erster Güte. Wir werden diesbezüglich Antworten von Ihnen verlangen.

(Beifall bei der SPD)

Ihr Schulgesetzentwurf hat mit Durchlässigkeit nichts mehr zu tun. Die findet überhaupt nicht statt. Sie reden dann aber auch noch von merkwürdigen „Einfädelungsspuren“ in den Schuljahrgängen 5 und 9, ohne jedoch zu definieren, was das ist. Mit Blick auf Klasse 5 habe ich es eben schon gesagt: Offensichtlich Aushebelung des Elternwillens in der Klasse 6. - Was ist nun aber mit Klasse 9? Was ist denn z. B. mit denjenigen Haupt- und Realschülerinnen und -schülern, die einen erweiterten Sek-I-Abschluss haben? Wie wollen Sie die zum Abitur führen? Sollen die den 10. Schuljahrgang an den Gymnasien wiederholen? Ist eine Ehrenrunde extra für die CDU Ihre Perspektive? Das heißt: Durchlässigkeit gleich null. Sie schöpfen überhaupt keine Bildungspotenziale aus. Sie schotten den Zugang zu mehr Bildung ab. Mit Ihnen werden wir niemals eine höhere Abiturquote bekommen, sondern wir werden uns europaweit endgültig in Richtung Klassenletzter verabschieden.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus schaffen Sie ein besonderes Chaos in der gymnasialen Oberstufe. Gymnasien haben

nur noch zwei Jahre, Gesamtschulen drei Jahre, Fachgymnasien ebenfalls drei Jahre. Wie soll ein Wechsel innerhalb dieser Schulformen vonstatten gehen? Wie sollen diese Schulformen zusammenarbeiten? Wie soll dort überhaupt eine Durchlässigkeit entstehen?

(Klare [CDU]: Wie in Finnland!)

Das ist völliges Chaos. Dann toppen Sie das Ganze auch noch. Sie wollen dann auch noch das Kurssystem innerhalb der gymnasialen Oberstufe abschaffen. Diese Maßnahme ist aber völlig konträr zu allen bisherigen Diskussionen in der Kultusministerkonferenz. Das hat mit Wissenschaftspropädeutik überhaupt nichts mehr zu tun. Dann findet forschendes, vorbereitendes und selbständiges Lernen in der gymnasialen Oberstufe überhaupt nicht mehr statt. Drill, Pauken und Frontalunterricht - das wird nach dem Willen der CDUFraktion Wirklichkeit in Niedersachsens Schulen. Das aber lassen wir nicht zu.

(Beifall bei der SPD)

Nun zur Zusammenarbeit von Schulen: Bereits jetzt sind nahezu 45 % unserer Realschulen in Verbundsystemen organisiert. Das aber sagen Sie nie. Natürlich sind wir ein Realschulland. Es gibt aber auch Realschulzweige an kooperativen Schulformen. Das ist doch der entscheidende Punkt. Sie aber wollen genau diesen Ansatz abschaffen, der von vielen Eltern im Lande allerdings gewollt wird. Wir stehen derzeit in der Situation, dass es gerade in der Region um Hannover herum, im Bereich Stade oder auch im südlichen Niedersachsen viele Initiativen gibt, die sich Gedanken über die Frage machen, wie das Schulsystem neu strukturiert werden kann. Das ist eine gute Entwicklung. Aus diesem Grunde halten wir es für richtig, dieses System einzuführen.

(Klare [CDU]: Weg von Gymnasien!)

Sie werden sehen, diese Initiativen werden auch erfolgreich sein. Nach dem CDU-Entwurf jedoch werden Gesamtschulen gestoppt. Es gibt keine Möglichkeiten mehr für Elterninitiativen, Gesamtschulen einzurichten.

(Beifall bei der CDU - Wojahn [CDU]: Endlich!)

In der Tat ist es so, dass mehr als 30 % der Eltern die Gesamtschule wollen. Die Tendenz ist steigend. Sie aber ignorieren diese Entwicklung völlig.

Wir jedoch werden das nicht tun. Wir nehmen den Elternwunsch ernst.

(Busemann [CDU]: Ihr werft die Lostrommel an!)

Wir haben in unserem Gesetz ein Verfahren zur Ermittlung des Bedarfs an Gesamtschulen vorgesehen. Dem Wunsch der Eltern auf Einrichtung neuer Gesamtschulen werden wir Rechnung tragen. Sie hingegen wollen Kooperative Haupt- und Realschulen wieder abschaffen. In diesem Zusammenhang muss ich mir aber einmal angucken, was in Ihrem Wahlkreis, Herr Klare, geschieht. Im Landkreis Diepholz liegt die Stadt Syke, und die Stadt Syke hat einen Beschluss zur Strukturierung des neuen Schulmodells gefasst. Danach soll in Syke eine Kooperative Haupt- und Realschule mit Förderstufe eingeführt werden.

(Klare [CDU]: Warum wohl?)

Beschlossen worden ist dies mit den Stimmen von SPD und CDU. Das finde ich gut, das finde ich richtig.

(Klare [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Nein, Herr Klare, keine Zwischenfrage. Ich habe nur noch 15 Sekunden Redezeit.

(Klare [CDU]: Wenn Sie entspre- chend Ihres Intelligenzquotienten ein bisschen vernünftiger reden würden! Das ist doch so platt!)

Ich möchte jetzt noch ein paar Worte zum Antrag der Grünen sagen.

Der Antrag der Grünen ist nichts weiter als ein doppelter Rittberger. Die Grünen sind objektiv abgegangen von der sechsjährigen Grundschule. Sie haben - wie hier dargestellt worden ist - ein Modell für ein Verbundsystem entwickelt. Im Grunde genommen ist das nichts weiter als eine Ausführungsbestimmung unseres Schulgesetzes; denn auch nach unserem Gesetz ist es möglich, die Förderstufe an Grundschulen anzubinden. Ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen dazu. Ich meine, dass wir darüber reden können.

Wir wollen das aber auch in anderen Formen. Das ist schon das Einzige, was man zu dem Antrag der Grünen sagen kann.

(Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen noch so viel: Im Grunde wird nicht nur über die Frage der Schulstruktur diskutiert, sondern auch über Inhalte, über Qualität und über Selbständigkeit. Über Selbständigkeit von Schulen habe ich von Ihnen von der CDU nichts gehört. Das zeigt wiederum Ihre fehlende Perspektive auf.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Bu- semann [CDU])

Sie haben ein Schattenkabinett mit einem Kultusminister in Ruhestellung aufgestellt. Herr McAllister, Sie haben einen so genannten Masterplan aufgestellt. Der Masterplan entpuppt sich als etwas ganz Eindeutiges, nämlich als Monsterplan für die Schullandschaft in Niedersachsen. Wir werden keine Schwierigkeiten haben, den Menschen im Lande deutlich zu machen,

(Glocke des Präsidenten)

dass mit dieser CDU, diesem unglücklichen Haufen, diesem Inkompetenzteam, mit diesem Schulgesetz kein Staat zu machen ist. Dies wird weder hier in Niedersachsen noch anderswo der Fall sein.

(Frau Vockert [CDU]: Nun reicht es aber!)

Wir werden den Anschluss an die internationale Spitze durch unsere Initiative und unsere Perspektive finden. Das ist unser Weg. Wir werden für Durchlässigkeit sorgen. Wir gehen nicht Ihren Weg der Drittklassigkeit.

(Glocke des Präsidenten)

In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD - McAllister [CDU]: Helau, alaaf!)

Bevor wir zu den fröhlichen Weihnachten kommen, möchte ich Sie auf Ihre Wortwahl aufmerksam machen. Das gilt auch für den Zwischenruf von Herrn Klare. Diesen „Haufen“, den Sie angesprochen haben, möchte ich nicht wieder hören, solange ich präsidiere.

Sollte jemand seinen Durchblick verloren haben? Hier ist eine Brille liegen geblieben!

(Wulf (Oldenburg) [SPD]: Meine!)

Nun hat die Kultusministerin, Frau Jürgens-Pieper, das Wort.

Die ist nur für den Nahblick. Den Weitblick hat er sowieso.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben schon ein starkes Stück. Nach zwei Jahren Schulstrukturdiskussion in Richtung selbständiger Schule legen Sie heute einen Entwurf in einer Phase vor, in der Schulträger sehr genau diskutieren, wie sie ihre Schulstandorte aufwerten und halten können.