Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg in aller Deutlichkeit sagen: Der Umgang mit dem von uns eingebrachten Antrag sowohl durch den Innenminister als auch durch die SPD-Fraktion ist nicht nur abenteuerlich, sondern so auch nicht akzeptabel.
Ich füge hinzu: Erst recht ist der Umgang des Innenministers mit seinem polizeilichen Führungspersonal nicht nur unwürdig, sondern schlicht unverschämt.
Ihr Verhalten zeigt eines sehr deutlich: Sie weigern sich weiterhin, sich mit den tatsächlichen Problemen der niedersächsischen Landespolizei ausein
ander zu setzen; denn wir haben in unserem Entschließungsantrag - Herr Biel, nehmen Sie das einmal zur Kenntnis - nichts anderes beantragt als das, was die kompetente Runde der Polizeidirektoren in ihrer Denkschrift angemahnt hat. Diese Denkschrift - lassen Sie mich auch das sagen - hat nicht etwa die CDU-Fraktion in Auftrag gegeben, sondern das Innenministerium, genauer gesagt: der Landespolizeidirektor. Das waren also nicht wir, sondern das Innenministerium selbst.
Die Polizeidirektoren listen in ihrem Bericht nicht nur für den Innenminister unangenehme Wahrheiten auf, sondern sie richten damit zugleich einen Hilferuf an ihren Dienstherren. Damit auch das klar ist: Die wollten nicht, wie manche uns sagen wollen, ihre Befindlichkeit zum Besten geben, sondern sie wollten, dass Sie, Herr Innenminister, endlich die katastrophale Personalsituation bei der niedersächsischen Landespolizei zur Kenntnis nehmen und unverzüglich die notwendigen Schritte einleiten, um diesen Zustand zu beenden. Denn das ist dringend und bitter nötig.
Meine Damen und Herren, nun fragt man sich: Was hat denn der Innenminister gemacht? - Zunächst hat der Innenminister wahrheitswidrig erklärt,
eine solche Denkschrift sei gar nicht existent. Als dann herauskam, dass die Denkschrift doch existiert, hat man sie - das ist bisher einmalig in der Geschichte des Innenministeriums - als intern nicht existent bezeichnet und im Papierkorb des Innenministeriums versenkt. So etwas nennt man schlicht und einfach Entlastung durch Nichtbefassung. Wenn das Ihr Arbeitsstil ist, Herr Plaue,
Was ist das eigentlich für ein Umgang mit Ihrem Führungspersonal? Warum ignorieren Sie die klare Analyse der Wirklichkeit durch Ihre eigenen Experten? Es ist schon ein starkes Stück, dass Sie, Herr Innenminister, buchstäblich vor der schonungslosen Darstellung und Analyse der Wirklichkeit in der niedersächsischen Landespolizei weglaufen. Weder vom Innenminister noch vom Staatssekretär noch
von der SPD-Fraktion haben wir während der Ausschussberatungen zu den in der Denkschrift aufgeführten Sachverhalten auch nur ein einziges Wort gehört.
Auch das, Herr Plaue, sollten Sie wissen. Auch das spricht ja für sich, wenn man sich überhaupt nicht einmal mit dem Problem auseinander setzt. Man kann ja unterschiedlicher Meinung dazu sein.
Deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir auch heute in dieser Debatte die SPD und den Innenminister erneut auf: Stellen Sie sich den Problemen und lösen Sie sie!
Ob wir das richtig finden oder nicht, darüber können wir dann streiten. Tun Sie das erneut nicht, dann muss ich Ihnen entgegenhalten: Sie sind ganz offensichtlich mit den Aufgaben überfordert
und fahren die Polizei wider besseren Wissens gegen die Wand. Wenn Sie das verantworten können, dann müssen Sie sich dieser Verantwortung auch stellen.
Wir verlangen von Ihnen abermals Auskunft darüber, was Sie im Hinblick auf die in der Denkschrift konkret beschriebenen Mängel eigentlich zu tun bereit und willens sind. Sie beteuern ja ständig - auch in den Ausschussberatungen -, es sei schon alles geregelt; alle Mängel, von denen dort die Rede sei, seien schon längst abgestellt.
Jetzt frage ich einfach mal: Haben Sie, Herr Innenminister, wie dort eingefordert, ein neues Berechnungsmodell für die Sollstärken der Polizei vorgelegt? Wenn nein, dann frage ich Sie: Warum nicht? Wenn Sie es getan haben, dann frage ich Sie, ob dieses Modell sicherstellt, dass die Polizeipräsenz insbesondere im ländlichen Raum bedarfsgerecht deutlich verstärkt wird.
Niemand, auch Sie nicht, bestreitet, dass die Polizeidichte in Niedersachsen mit einem Beamten pro 452 Einwohner die absolut schlechteste in ganz Deutschland ist. Das bestreitet hier niemand.
Diese Tatsache kommentieren Sie stets mit dem Hinweis: Weil in Niedersachsen immer mehr Polizisten über einen Fachhochschulabschluss verfügen, kommen wir mit weniger Personal aus. - Jetzt frage ich Sie einfach mal: Warum haben denn dann andere Bundesländer, die ebenfalls die zweigeteilte Laufbahn haben, wie z. B. Hessen und NordrheinWestfalen, eine deutlich höhere Polizeidichte und dadurch auch eine bedeutend höhere Aufklärungsquote?
Mit den Polizeidirektoren fordern wir Sie auf: Erhöhen Sie endlich bedarfsgerecht die Einstellungsquoten beim polizeilichen Nachwuchs, damit Niedersachsen bei der Polizeidichte wenigstens das Durchschnittsniveau unter allen Bundesländern erreicht! Selbst wenn wir 1 000 Polizisten mehr einstellen, haben wir noch nicht einmal das Durchschnittsniveau erreicht. Um auf den Durchschnitt zu kommen, müssten in Niedersachsen sage und schreibe 2 000 Polizeibeamte mehr eingestellt werden. Ich sage das nur, damit klar ist, vor welcher Situation wir hier stehen.
Ich frage weiter: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Beamtinnen und Beamten so zu qualifizieren, dass sie den Anforderungen der zunehmenden Kriminalitätsentwicklung gewachsen sind? Die Polizeidirektoren haben festgestellt, die Aufklärungsquote bei schweren Diebstählen und komplizierten Verbrechenstatbeständen sei in Niedersachsen katastrophal niedrig, weil nicht genug qualifiziertes Personal zur Verfügung stehe. Dasselbe gilt für den gewaltigen Anstieg der Fallzahlen im Bereich der Gewalt-, Wirtschafts-, Drogen- und Vermögensdelikte.
An diesem Beispiel kann man übrigens gut darstellen, Herr Innenminister, wie Sie jahraus, jahrein bei der Bekanntgabe der Kriminalitätsentwicklung, bei der Bekanntgabe der Aufklärungsquote diese Quoten schönreden. Ich möchte ein Beispiel nennen: Da verkünden Sie voller Stolz, die Drogenkriminalität sei in Niedersachsen zurückgegangen. Das ist ja recht erfreulich. Aber in Wahrheit wird in diesem Bereich immer weniger ermittelt, weil dort das Personal fehlt. Zugespitzt könnte man sagen - ich sage das durchaus übertrieben -, wenn Sie im Drogenbereich die Ermittlun
gen komplett einstellen würden, dann könnten Sie vor die Öffentlichkeit treten und sagen, in Niedersachsen gebe es überhaupt keine Drogenkriminalität mehr.
„Insbesondere müsste mehr auf das Sicherheitsempfinden und -bedürfnis diesbezüglich in der Bevölkerung geachtet werden. Die Aufgabenkritik ist über eine unverbindliche Diskussion nicht hinausgekommen. Deshalb ist sie dringend geboten.“
Ich kann nur sagen: Wenn Sie sich einer Diskussion verweigern, wenn Sie sich verweigern, das ernst zu nehmen, was die Führungskräfte der Polizei vortragen, dann werden Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht. Wir werden dafür sorgen, dass endlich diejenigen die Aufgaben übernehmen, die es auch können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Biallas, Sie haben hier über einen abenteuerlichen Umgang des Innenministeriums mit dieser angeblichen Denkschrift gesprochen. Das, was hier abenteuerlich war, war einzig und allein Ihr Beitrag.
Ich bin ein Mensch, der viel Verständnis für andere mitbringt, auch für die Nöte anderer. Sie versuchen seit zwölf Jahren, dieser Landesregierung die
Kompetenz im Bereich der inneren Sicherheit streitig zu machen. Das ist Ihnen 1994 nicht gelungen, 1998 nicht gelungen, 2002 nicht gelungen, und es wird Ihnen auch 2003 nicht gelingen.
Sie sind durchs Land gefahren, haben allenthalben versucht, Kritikpunkte zu suchen, welche zu schüren, aber fündig sind Sie doch nicht geworden. Dann wurde Ihnen diese angebliche Denkschrift der Polizeidirektoren zugespielt.
Daraus musste man ja etwas machen, am besten etwas ganz Großes, die ultimative Kritik an der Landesregierung. So haben Sie sich das vorgestellt. Was Sie daraus gemacht haben, Herr Biallas, war schiere Schauspielerei.