Protocol of the Session on August 28, 2002

und

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Dienstleistungswirtschaft in Niedersachsen: Chance für Wachstum und Beschäftigung Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3190 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/3578

Die Anträge der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie die Anträge der Fraktion der SPD wurden in der 71. Sitzung am 22. Februar 2001 bzw. in der 101. Sitzung am 13. März 2002 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung zu diesen Tagesordnungspunkten ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet für die CDU-Fraktion hat sich der Kollege Eppers, dem ich das Wort erteile.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie, Frau Präsidentin, bereits ausgeführt haben, beraten wir einige Punkte gemeinsam, weil es um die gleiche Thematik geht. Dennoch bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich im Wesentlichen darauf konzentrieren werde, den Änderungsantrag der CDU-Fraktion zur modernen Mittelstandsförderung durch Reformen zu begründen.

Bereits im Februar 2001 hatte die CDU-Fraktion dem Landtag ihren Entschließungsantrag zur Reform der Wirtschafts- und Mittelstandsförderung vorgelegt. Damals habe ich von dieser Stelle aus gesagt, beim Mittelstand in unserem Land ist Feuer unter dem Dach. Ich habe dies im Februar 2001 mit der Tatsache begründet, dass in Betrieben des Handwerks, der Bauwirtschaft, des Transportgewerbes,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

der Gastronomie usw. in großem Umfang Arbeitsplätze verloren gehen und dass die Insolvenz-, sprich: Konkursrate, ständig steigt. Das war vor mehr als einem Jahr. Die Situation - da werden wir uns sicherlich noch einig sein - hat sich seitdem massiv verschärft.

Nun muss ich die kritische Frage stellen, was vor dem Hintergrund dieser Situation die Niedersächsische Landesregierung seitdem unternommen hat. Hier muß ich feststellen: Abgesehen davon, dass es

eine ganze Menge von Ankündigungen, Sonntagsreden und teuren Gutachten gegeben hat, die uns vom Ministerpräsidenten und seiner Ministerin Frau Dr. Knorre präsentiert wurden, leider, leider nichts!

Na, na!)

So ist es dann auch kein Wunder, dass Niedersachsen in Sachen Wirtschaft, Mittelstand und Arbeitslosigkeit weiter abgerutscht und Schlusslicht der westdeutschen Flächenländer ist. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die fatale Bilanz nach zwölf Jahren SPD-Regierung in diesem schönen Bundesland.

(Schurreit (SPD): Hör doch auf!)

- Hören Sie doch einmal zu. Wenn noch ein Zwischenruf kommt, werden Sie die passende Antwort bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn nun der Ministerpräsident durch die Regionen reist und nach dem Vorbild der Wolfsburg AG Besserung verspricht, dann ist das gerade vor dem Hintergrund der zwölfjährigen Regierungszeit der SPD das Eingeständnis vom totalen Versagen der Politik in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass dieses Modell gerade durch den erfolgreichen Oberbürgermeister und früheren Oberstadtdirektor, unseren Parteifreund Rolf Schnellecke, mit vorangetrieben worden ist und dass dieser Sachverhalt der Landesregierung seit Jahren bekannt sein dürfte. Da fragt man sich schon, warum nicht schon vor Jahren nach dem Beispiel einer modifizierten Wolfsburg AG gehandelt worden ist. Wir zumindest haben immer wieder in diesem Politikbereich Handlungen und Aktivitäten eingefordert.

(Viereck [SPD]: Habt Ihr 8 000 Ar- beitsplätze bei VW geschaffen? Habt Ihr die Autostadt gebaut? Das ist un- glaublich!)

Jetzt, kurz vor Toresschluss, kurz vor der Bundestagswahl, meine sehr verehrten Damen und Herren, und wenige Monate vor der Landtagswahl greift die Landesregierung nach diesem Strohhalm und räumt damit eigenes Versagen ein, wird dabei aber noch nicht einmal konkret. Das Thema Wolfsburg AG ist ja aufregend. Es sind auch viele Sa

chen dabei, die sich auf die Regionen übertragen lassen. Wenn man einmal die Schlagzeilen beiseite lässt und prüft, was konkret an Ansagen der Landesregierung dahinter steht, dann muss man sagen: Fehlanzeige! Das geht nach dem Motto: Wenn ich mal nicht weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis. Darüber hinaus werden teure Gutachten im Millionenbereich an McKinsey und andere vergeben. Außer teuren Gutachten ist bislang nichts Konkretes angedacht.

Vor dem Hintergrund der verheerenden Situation im Mittelstand, am Arbeitsmarkt in Niedersachsen sage ich Ihnen sehr deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir brauchen kein Konjunkturprogramm für Gutachter, sondern endlich eine effektive Förderung des Mittelstandes, so wie es meine Fraktion seit Jahren in diesem Hause fordert.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Biel [SPD])

Nur so, lieber Ulli Biel, kommen wir zu mehr Wachstum und Beschäftigung in Niedersachsen, und nur so können mittelfristig die Haushaltsprobleme der öffentlichen Hände gelöst werden, nämlich nicht durch Steuererhöhungen, sondern durch mehr Wirtschaftswachstum und dadurch mehr Steueraufkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist es falsch und der große Unterschied zwischen der eher planwirtschaftlich ausgerichteten SPD und einer bürgerlichen Partei wie der CDU, dass Sie immer nur statisch,

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

planwirtschaftlich, merkantilistisch denken können nach dem Motto: Wenn es kneift, dann muss ich eine Abgabe erhöhen. Das haben Sie nach dem 11. September getan. Jetzt wollen Sie dies nach der schlimmen Flutkatastrophe auch tun. Ich frage mich, wie das weitergehen soll. Wir können nicht ständig Steuern und Gebühren erhöhen, weil das die Konjunktur abwürgt und mehr Arbeitslosigkeit schafft.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Da helfen, liebe Frau Ministerin Knorre, auch nicht Ihre krampfhaft falschen Erklärungen hinsichtlich

der Gewerbeanmeldungen im Lande Niedersachsen. Die sind in der Tat falsch. Sie behaupten, die Anzahl der Gewerbeanmeldungen sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

(Lanclée [SPD]: Das passt Euch nicht!)

Das ist eine klare Falschaussage. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Neuanmeldungen laut statistischem Bundesamt für Niedersachsen um 2,4 % gesunken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Grund dafür, dass es hier zu einem positiven Saldo kommt, ist, dass die Anzahl der Gewerbeabmeldungen etwas stärker gesunken ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir, was die Selbständigenquote im Lande betrifft, auf einem guten Weg sind. Da liegen wir mit 62 Neuanmeldungen bei 10 000 Einwohnern im Ländervergleich an vorletzter Stelle, gefolgt nur noch von Sachsen-Anhalt.

(Zustimmung von Behr [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, an der Spitze liegen Hamburg und Hessen, die bei 83 bzw. 81 Neuanmeldungen pro 10 000 Einwohner liegen.

(Dr. Schultze [SPD]: Gute SPD- Vorarbeit!)

- Ich möchte das gar nicht parteipolitisch über jedes Bundesland sehen. Ich sage nur, wer besser ist und dass wir in vielen wichtigen Bereichen, lieber Wolfgang Schultze, schlechter sind, als wir es sein könnten, wenn hier im Lande eine bessere Politik betrieben würde.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen sagen wir Ihnen nach vielen Debatten: Es ist höchste Zeit für Taten und nicht für Sonntagsreden, denn die können wir im Mittelstand schon lange nicht mehr hören.

(Zuruf von Viereck [SPD)

- Ich halte, Herr Viereck, keine Sonntagsrede, weil ich das auch vor dem Hintergrund meines mittelständischen Betriebes mit Sicherheit besser beurteilen kann als Sie als ehemaliger Konzernangehöriger von Volkswagen. Das möchte ich auch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Biel [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat daher einen umfangreichen Änderungsantrag zur Ausschussempfehlung, die wir ablehnen, vorgelegt, um deutlich zu machen, dass das Land in diesem Bereich besser regiert werden kann als durch die Politik der SPD, die wir seit zwölf Jahren serviert bekommen. Unsere Kernpunkte für eine moderne und effiziente Mittelstandsförderung sind:

(Biel [SPD]: Steht im Wahlpro- gramm!)

Erstens. Effektive Privatisierung der Mittelstandsförderung, und zwar nicht durch Ankündigung. Die Investitionsbank war ja unsere Idee. Diese ist leider viel zu spät aufgegriffen worden.

(Biel [SPD] lacht)

Dies stand im Februar 2001 in einem Antrag. Damals haben Sie, Herr Biel, das noch abgelehnt. Wir wollen das nicht nur als Ankündigung, sondern wir wollen ein sofortiges und unmittelbares Handeln der Landesregierung.

Zweitens. Sämtliche Förderprogramme des Landes müssen unverzüglich gebündelt und besser auf EUund Bundesprogramme abgestimmt werden.

Drittens. Die Bürgschaftspolitik Niedersachsens muss modernisiert und ausgeweitet werden. Insbesondere die aus meiner Sicht negativen Folgen für den Mittelstand durch das Baseler Rating sollten hierdurch aufgefangen werden.

Viertens. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft ist nach dem Vorbild Baden-Württembergs zu reformieren. Ich will Ihnen dazu nur zwei Zahlen nennen. In Baden-Württemberg konnten 1999 durch die Landesbeteiligungsgesellschaft 148 Unternehmen gefördert werden. In Niedersachsen waren es lediglich 12 und im letzten Jahr 29. Auch hier im Ranking schlechte Zahlen für ein großes Bundesland mit 8 Millionen Einwohnern. Wir müssen uns mit den Besten vergleichen, u. a. mit Baden-Württemberg. Ich meine, hier muss sofort mehr getan werden.

Fünftens. Die von der Ministerin bei der ersten Beratung versprochene Einrichtung eines Sicherungsfonds für unverschuldet in Not geratene Klein- und Mittelbetriebe muss unverzüglich realisiert werden. Das war von Ihnen, Frau Dr. Knorre, zugesagt. Das, was ich bisher davon sehe, kann es nicht sein. Das hilft keinem Kleinbetrieb, der in

Nöte und Sorgen kommt. Hier wollen wir etwas mehr sehen.