Protocol of the Session on June 14, 2002

meinsamen Kabinettsitzung zwischen Niedersachsen und Thüringen vor einem Jahr deutlich.

Die Notwendigkeit der Schaffung einer leistungsfähigen Autobahnverbindung von Göttingen bis Halle wurde bereits vor über einer Dekade durch das seit der Vereinigung stark gestiegene Verkehrsaufkommen in Ost-West-Richtung offensichtlich. Der Bund hat daher in 1992 folgerichtig das Projekt im ersten gesamtdeutschen Bundesverkehrswegeplan mit hoher Priorität versehen und im derzeit noch gültigen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in die höchste Dringlichkeit „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft.

In den Folgejahren hat der Bund als Baulastträger diese hohe Priorität des „Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 13“ auch konsequent durch die Bereitstellung von umfangreichen Baumitteln unterstrichen. Die Bauarbeiten sind dementsprechend in allen Bundesländern auf gutem Wege, sodass die komplette Fertigstellung der A 38 von der A 7 in Niedersachsen bis zur A 9 in Sachsen-Anhalt bis spätestens Ende 2005 erreicht wird.

Im Rahmen der anstehenden Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans und Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen stehen auch für die jetzige rot-grüne Bundesregierung Notwendigkeit und Dringlichkeit einer durchgehenden Bundesautobahnverbindung von Halle bis Göttingen außer Frage.

Der Vorwurf, es gäbe Planungsmängel, erstreckt sich auf zwei Punkte:

Zum einen sollen völlig falsche Verkehrsmengen ermittelt worden sein, um den Autobahnquerschnitt zu rechtfertigen.

Zum anderen soll durch die planende Straßenbauverwaltung ein FFH-Gebiet unterschlagen worden sein.

Zur zukünftigen Belastung der A 38 im Planfeststellungsabschnitt von Friedland bis zur Landesgrenze Niedersachsen/Thüringen ist festzustellen:

Die aktualisierte Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2000 bestätigte mit über 40 000 Kfz/24h für das Prognosejahr 2015 die bisherigen Prognoseergebnisse. In diese Verkehrsuntersuchung flossen neben neuen Verkehrserhebungen aus dem April 1999 auch die neuesten Daten der Strukturprognose des Bundesinstitutes für Wirtschaftsforschung in München aus dem Jahr 1999 ein, die eine Basis für

die Verkehrsuntersuchung der A 38 sind. In dieser Prognose wurde für den Raum Göttingen von 1996 bis 2015 ein Bevölkerungswachstum von 2,6 % ermittelt. Dieses Ergebnis deckt sich im Wesentlichen auch mit den Ermittlungen des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik. Geringfügige Abweichungen haben ihre Ursache in abweichenden Betrachtungszeiträumen und unterschiedlicher Abgrenzung der Untersuchungsräume.

Die Bevölkerungsentwicklung einer eng umgrenzten Region ist jedoch nur ein untergeordneter Faktor bei der Erstellung von Verkehrsprognosen für Verkehrsprojekte von überregionaler Bedeutung wie der A 38. Weitere bedeutend wichtigere Prognoseparameter sind andere Strukturdaten wie die Anzahl der Beschäftigten, Pkw-Verfügbarkeit, Mobilität, Motorisierung, Bruttowertschöpfung und insbesondere länderübergreifende Effekte, die nicht nur regional begrenzt zu betrachten sind.

Fakt ist, dass alle diese relevanten Daten korrekt aufbereitet wurden.

Auch die neuesten Verkehrsuntersuchungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, die im Rahmen der Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans erstellt wurden, bestätigen grundsätzlich die bereits genannten zukünftigen Verkehrszahlen auf der A 38 für den Prognosehorizont 2015.

Es besteht vor diesem Hintergrund auch weiterhin Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, den bereits gemeinsam abgestimmten Autobahnquerschnitt beizubehalten. Eine Querschnittsreduzierung der A 38 kommt deshalb nicht in Betracht.

Nun zum Umfang der durch die Realisierung der A 38 bewirkten Verkehrsentlastung der Landesstraße 569 südöstlich von Göttingen bei Klein Lengden:

Wenn das zur Debatte stehende Teilstück der A 38 in Niedersachsen – entsprechend den Forderungen der Autobahngegner – nicht gebaut werden sollte, würden die L 569 und auch andere Straßen des nachgeordneten Netzes nach Fertigstellung des überwiegenden Teils der A 38 „überlaufen“. Bei Klein Lengden wäre dann in 2015 eine Verkehrssteigerung auf mindestens rund 13 200 Kfz/24h zu erwarten.

Bei Schließung der besagten Lücke – also mit einer durchgehend befahrbaren A 38 von Halle bis zur

A 7 bei Göttingen – nimmt der Verkehr in Bezug zum vorgenannten fiktiven Fall um rund 6 400 Kfz/24h auf 6 800 Kfz/24h ab.

Nun zum zweiten Vorwurf; der Nichtbeachtung eines angeblichen FFH-Gebietes: Gemäß Artikel 4 Abs. 1 der FFH-Richtlinie hat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Kommission eine Gebietsliste vorzulegen, aus der die Kommission gemäß Artikel 4 Abs. 2 im Einvernehmen mit dem Mitgliedstaat den Entwurf einer Liste der Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung erstellt.

Für die Auswahl der gemäß Artikel 4 Abs. 1 zu meldenden Gebiete sind in Deutschland allein die Länder verantwortlich. Den eigentlichen Meldeakt gegenüber der Kommission vollzieht der Bund als Mitgliedsstaat der EU – also nicht die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Göttingen.

Zur Vorbereitung der FFH-Gebietsliste des Landes Niedersachsen hatte das Niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ) im Jahre 1995 Gebiete zusammengetragen, die für eine Meldung in Frage kommen könnten. Die Landesregierung entschied am 21. November 1995, dass dieser Listenentwurf des NLÖ von den Bezirksregierungen überprüft werden sollte, was auch im Zeitraum zwischen Dezember 1996 und Oktober 1999 geschah.

Das NLÖ hatte zudem im Vorfeld der Entscheidung der Landesregierung im Jahre 1995 die oberen und unteren Naturschutzbehörden um Vorschläge für gemäß Artikel 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie meldefähige Gebiete gebeten.

Der Landkreis Göttingen als untere Naturschutzbehörde hatte dem NLÖ mit Schreiben vom 6. Januar 1995 ein Gebiet „Leineaue“ in der Größe von 370 ha vorgeschlagen.

Die fachliche Überprüfung aller im Jahre 1995 und in den nachfolgenden regionalen FFH-Beteiligungsverfahren eingereichten Gebietsvorschläge durch das NLÖ ergab auch unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse, dass im heutigen Planbereich der A 38 eindeutig kein Gebiet die FFHKriterien für eine Meldung an die Kommission erfüllt. Der Gebietsvorschlag des Landkreises Göttingen war also offensichtlich fachlich ungeeignet.

Dementsprechend ist der fragliche Bereich der Leineaue auch nicht in der Liste der von der Landesregierung am 15. Juli 1997 - sogenannte 1. Tranche - und am 16. November 1999 – sogenannte 2. Tranche - zur FFH-Meldung der insge

samt ausgewählten 172 Gebiete aufgenommen worden. Die Aussage des von der Straßenbauverwaltung beauftragten Planungsbüros im laufenden Planfeststellungsverfahren, dass für den Planbereich der A 38 kein FFH-Gebiet gemeldet wurde, ist daher korrekt.

Im Übrigen ist hier noch zu erwähnen, dass bei allen Planungsarbeiten, sowohl im Rahmen der Linienbestimmung als auch bei der Entwurfsgenehmigung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, Konsens zwischen Bundes- und Landesregierung bestand, dass kein FFH-Gebiet im zur Debatte stehenden besagten Abschnitt vorhanden ist.

Weiterhin ist die Landesregierung aufgefordert worden, sich zu Verkehrsuntersuchungen, die von der Stadt Göttingen in Zusammenhang mit der kommunalen Straßenplanung „Südumgehung Göttingen-Geismar“ in Auftrag gegeben wurden, zu äußern.

Es handelt sich hierbei – wie gesagt – um eine kommunale Straßenplanung, die die Stadt Göttingen im Rahmen der durch das Grundgesetz gesicherten kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich betreibt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Der fachlich ungeeignete FFH-Gebietsvorschlag des Landkreises Göttingen vom 6. Januar 1995 ist irrelevant für die Planung der A 38. Er konnte daher und musste auch durch die Straßenbauverwaltung im laufenden Planfeststellungsverfahren unbeachtet bleiben.

Zu 2: Die Landesregierung wird an dem mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen abgestimmten Autobahnquerschnitt festhalten, da die zukünftige Netzfunktion der A 38 als wichtige Ost-West-Magistrale und alle Verkehrsuntersuchungen dessen Notwendigkeit bestätigen.

Zu 3: Der Umfang der durch die Realisierung der gesamten A 38 bewirkten Verkehrsentlastung der L 569 zwischen Göttingen und Klein Lengden ist nicht planungserheblich für das Autobahnprojekt. Im Übrigen wird auf die bisherigen Ausführungen hingewiesen.

Anlage 3

Antwort

der Staatskanzlei auf die Frage 5 des Abg. Pörtner (CDU) :

Gabriel und die Zukunft von RTL in Niedersachsen

In einer Meldung der Welt am Sonntag vom 12. Mai 2002 wird Hans Mahr, RTL-Chefredakteur und Informationsdirektor, im Hinblick auf die öffentlich geführte Nach-ErfurtDebatte wie folgt zitiert: Eine „gewisse Medienschickeria der Öffentlich-Rechtlichen“ gehe jetzt wieder auf die Privaten los, „die angeblich bösen Missetäter“. Dabei sei der diesbezügliche Ärger in der RTL-Zentrale über den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel (SPD) besonders groß, da Gabriel mit seiner Kritik „ausgerechnet den Fernsehsender prügele, der in seinem Bundesland lizenziert sei. Das werde wahrscheinlich zum Ergebnis haben“, so heißt es in der Welt am Sonntag-Meldung weiter, „dass RTL nicht über 2003 hinaus in Niedersachsen bleiben werde“. Im Sender würde kolportiert, dass Gabriel „planmäßig seinen einzigen großen Medienbetrieb vertreiben würde“.

Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts frage ich die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie diese z. T. sehr aggressive RTL-Kritik vor dem Hintergrund des von ihr angestrebten politischen Zieles, aus Niedersachsen ein so genanntes „Medienland Niedersachsen“ zu machen?

2. Hält sie an der von ihr geäußerten Kritik über die Berichterstattung der Privaten - vor allem auch von RTL - hinsichtlich der NachErfurt-Ereignisse weiterhin fest?

3. Wie ist der Sachstand in der Frage des Bußgeldverfahrens gegenüber RTL, und wie beurteilt die Landesregierung diese aktuelle Situation politisch?

Die Anfrage greift Reaktionen vor allem der Verantwortlichen bei RTL auf Aussagen zu den Ereignissen von Erfurt auf. Der Ministerpräsident hatte sich damals mehrfach dahin gehend geäußert, dass die Präsenz von Gewalt in den Medien nach seiner Auffassung mit ursächlich für die hohe Gewaltbereitschaft von Jugendlichen sei. Dazu steht die Landesregierung auch heute noch – ohne Wenn und Aber! Was Kindern und Jugendlichen in den Medien vorgelebt wird, was dort alltäglich und geradezu normal erscheint, hat zwangsläufig seine Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, die heutzutage einen verhältnismäßig großen Medien

konsum haben – egal, ob wir dies gut finden oder nicht.

Wenn der Ministerpräsident bei seiner Kritik vor allem die privaten Veranstalter angesprochen hat, dann wird jeder zugeben müssen, dass Gewalt in den Medien in unserem dualen Rundfunksystem vorwiegend – nicht ausschließlich! – ein Problem bei den Privaten ist. Die Landesregierung befindet sich hier in völliger Übereinstimmung mit fast allen anderen Landesregierungen und u. a. auch mit der Konferenz der Gremienvorsitzenden der Landesmedienanstalten, die sich erst kürzlich mit dem Thema „Gewalt in der Gesellschaft – Gewalt in den Medien“ befasst haben. In einem Positionspapier heißt es dort wörtlich: „Die gegenwärtig angebotenen TV-Programme enthalten vor allem auch außerhalb der von den Jugendschutzregelungen betroffenen Zeiten zu viel von der Art von Gewalt, die unbegründbar und spekulativ bleibt. Es ist Sache der Veranstalter, ihre Programmverantwortung auch insoweit wahrzunehmen, dass sie auf solche Programme ausdrücklich auch dann verzichten, wenn sie dazu durch Gesetz nicht gezwungen werden!“

Dass man auch bei den privaten Veranstaltern differenzieren muss, ist der Landesregierung bewusst. Und dass auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter manchmal die Grenzen überschreiten, hat die Landesregierung nicht zum ersten Mal kritisiert. Da hat es z. B. noch vor nicht allzu langer Zeit ein oder zwei „Tatorte“ gegeben, die sich durch sehr brutale Szenen auszeichneten. Glücklicherweise können Krimis – wie der Tatort aus Niedersachsen beweist – auch ohne solche Szenen sehr erfolgreich sein.

Wenn also Kritik des Ministerpräsidenten an der Gewalt in den Medien, die sich nicht speziell an RTL richtete, dort so gereizte Reaktionen hervorgerufen hat, kann die Landesregierung dies nur zur Kenntnis nehmen. Etwas irritiert ist man allerdings schon, dass RTL die Kritik zum Anlass nimmt, Niedersachsen damit zu drohen, die noch bis Mitte 2003 laufende Lizenz künftig bei einer anderen Landesmedienanstalt zu beantragen. Es kann doch wohl nicht sein, dass man einer kritischen Diskussion dadurch ausweicht, dass man sich schnell eine bequemere Medienaufsicht sucht!

Die Landesregierung glaubt nicht, dass RTL in den letzten Jahren Grund hatte, sich über eine ungerechte Behandlung durch die Niedersächsische Landesmedienanstalt zu beklagen. Und sie glaubt

auch nicht, dass die Kritik des Regierungschefs dieses Landes an gesellschaftlichen Entwicklungen Anlass sein darf, einen Zusammenhang zur Lizenzerteilung herzustellen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: