Protocol of the Session on June 14, 2002

Meine Damen und Herren, zur Sache selbst: Die CDU will den Eindruck erwecken, dass mit dem Haushalt des Jahres 2000 etwas nicht in Ordnung war. Ich sage klar: Nichts deutet darauf hin, und niemand behauptet, dass es so wäre, im Übrigen auch nicht der Landesrechnungshof. Nach allem, was wir wissen, kann ich sagen:

Erstens. Es fehlt kein Geld - nicht ein müder Cent.

Zweitens. Es fehlt kein Beleg, nicht einer.

Drittens. Die Haushaltsrechnung geht auf, und zwar präzise, meine Damen und Herren.

(Möllring [CDU]: Wie denn? - Zuruf von Dr. Stratmann [CDU])

- Werden Sie schon wieder nervös, nur weil man Ihnen den Sachverhalt vorträgt?

Möllring [CDU]: Weil Sie hier etwas falsches erzählen!)

- Herr Möllring, Sie können sich doch einfach melden und versuchen, meine Aussagen richtig zu stellen. Das ist doch ganz einfach. Sie können doch erst einmal anhören, was ich Ihnen vortrage. Ich dachte, Sie wollten eine Antwort haben.

Wir haben allerdings das Problem, dass - vereinfacht ausgedrückt - der Kontostand des Landes nicht übereinstimmt mit dem Stand in den so genannten Kontogegenbüchern. Hier gab es zeitweilig eine Differenz von rund 357 Millionen Euro. Es befanden sich - nun hören Sie gut zu - 357 Millionen Euro mehr auf den Konten, als in den Kontengegenbüchern vermerkt war.

(Zuruf von der CDU - Abenteuerlich! Plaue [SPD]: Hört, hört!)

Diese Differenz wird derzeit vom Finanzministerium überprüft, und zwar durchaus erfolgreich. Von den 357 Millionen Euro Abweichung nach oben auf den Konten gegenüber den Kontogegenbüchern, die ursprünglich einmal im Raum standen, sind mittlerweile 99,8 % aufgeklärt. Es gibt noch die Schwierigkeit, 695 000 Euro, die wir gegenüber den Kontogegenbüchern zu viel haben, zuzuordnen.

(Zurufe von der CDU)

- Das ist schlicht der Sachverhalt. Es geht um eine Differenz zwischen den Kontenbeständen und dem Betrag auf den Kontogegenbüchern.

(Zuruf von Möllring [CDU])

- Schlimmer wäre es, wenn das Gegenteil der Fall wäre. Sie versuchen doch, den Eindruck zu vermitteln, hier sei Geld verschwunden. Das wollen Sie doch in der Öffentlichkeit darstellen.

(Beifall bei der SPD - Plaue [SPD]: Jawohl!)

Ihnen geht es doch um die Konnotation dieses Problems. Sie sind doch in dem Zusammenhang ein professioneller Anscheinserwecker. Darum geht es doch.

(Beifall bei SPD)

Das entscheidende Ergebnis der Aufarbeitung ist:

Erstens. In keinem einzigen Fall musste die Haushaltsrechnung auch nur um einen Cent korrigiert werden.

Zweitens. In keinem Fall wurde das Titelbuch falsch geführt.

Drittens. In keinem Fall ist ein Beleg oder gar Geld verschwunden.

Viertens. Bei diesen Arbeiten gab und gibt es kein Anzeichen dafür, dass es sich bei den restlichen 0,2 % anders verhalten sollte. Es behauptet auch niemand das Gegenteil.

Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle eine Bemerkung zu den generellen Rücktrittsforderungen machen, die in der Regel wie eine Heuschreckenplage von der CDU beantragt werden. Ich habe den Eindruck, es geht langsam um einen pawlowschen Reflex. Ich will Ihnen einmal sagen, was das bei den Mitarbeitern auslöst; Sie haben das bei Herrn Bartels ja genauso versucht. Es hat das

Problem - darauf will ich Sie hinweisen; ich weiß nicht, ob es Sie interessiert -, dass Sie bei den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Häuser, die dort engagiert arbeiten, den Eindruck erwecken, dass es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr schwierig ist, sich in irgendeiner Weise zu artikulieren, weil das immer dazu führen kann - wir sind ja ein offenes Land und wollen es auch bleiben -, dass Sie bestimmte Teilvorgänge öffentlich machen und versuchen, daraus politisches Kapital zu schlagen. Das führt dazu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Häuser, die wirklich engagiert an solchen Fragen arbeiten, kaum noch eine Chance sehen, sich schnell und effizient zu verhalten, ohne sich politische Rückendeckung holen zu müssen. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut arbeiten können - das können sie -, ohne dass permanent fachliche Probleme zur politischen Skandalisierung missbraucht werden.

(Beifall bei der SPD)

Das, was Sie, meine Damen und Herren von der CDU, hier machen - ich nehme die Grünen ausdrücklich aus, weil Sie, Herr Golibrzuch, was ich zugestehe, seit längerer Zeit das Thema hier an der Sache orientiert diskutieren; ich stimme Ihnen nicht zu; aber es ist jedenfalls von Ihnen heute nicht das erste Mal so diskutiert worden -, ist der Versuch der permanenten politischen Skandalisierung und heute auch noch verbunden mit Strafrechtsvergleichen. Das, meine Damen und Herren, wird diese Landesregierung nicht mitmachen. Eines kann ich Ihnen versprechen: Der Finanzminister bleibt nicht nur jetzt im Amt.

(Starker Beifall bei der SPD - Dr. Stratmann [CDU]: Schon wieder ein leichtsinniges Versprechen! - Gegen- rufe von der SPD)

Das Wort hat der Kollege Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf für die SPD-Fraktion sagen, dass der Ministerpräsident überzeugend dargelegt hat, warum es überhaupt keinen Grund gibt, den Finanzminister zu entlassen. Wir stimmen ihm darin ausdrücklich zu.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Punkte ergänzen, die dafür sprechen, dass die Methode Möllring auch schon aus grundsätzlichen Erwägungen keinen Erfolg haben darf. Herr Möllring unterschlägt hier ganz bewusst, dass der Landesrechnungshof in einer Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen ausdrücklich gesagt hat, dass er hohes Vertrauen in das Aufklärverhalten des Finanzministeriums hat. Darüber hinaus hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Differenz von nur noch 0,2 % übrig geblieben ist.

Was mir weiter wichtig ist festzustellen, ist: Bisher musste keine Ziffer oder Zahl in der Haushaltsrechnung geändert werden. Der Eindruck, den Herr Möllring erweckt, es sei etwas falsch gebucht worden oder Fehlbuchungen seien vorgekommen, ist völlig falsch.

Meine Damen und Herren, worum ging es? - Das Land Niedersachsen hat mit dem Projekt P 53 ein integriertes Haushaltsvollzugssystem eingeführt. Seinerzeit haben das Finanzministerium und die Staatsmodernisierer die Frage zu beantworten gehabt, ob man dieses System einführen kann, dabei gleichzeitig die Euro-Einführung abarbeitet und auch noch das Jahr 2000-Problem löst. Trotz der Fehler, die es gegeben hat, ist all das so gut gelungen, dass inzwischen viele Bundesländer wegen dieses Systems bei uns anfragen. Vor dem Hintergrund verstehe ich die Vorwürfe von Herrn Möllring überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Wer hat das denn übernom- men?)

Meine Damen und Herren, es ist uns gelungen, dieses System innerhalb von nur 21 Monaten umzusetzen. Sie spielen auf einen Einzelfall an, der im Zusammenhang mit einer ganz bestimmten EDV-Firma steht. Der Haushaltsausschuss war vor kurzem in der Schweiz. Dort gibt es SAP, ein großes Unternehmen, das damals gegen die Firma Baan konkurriert hat. Ich weiß, dass SAP in vielen Privatkonzernen EDV eingerichtet hat. Fragen Sie doch einmal bei der Deutschen Bank nach, fragen Sie bei der Deutschen Bahn, Boeing und anderen großen Unternehmen wie z. B. VW, welche Probleme es bei der Umsetzung von EDV-Lösungen gegeben hat. Sie werden erfahren, dass es Schwierigkeiten gegeben hat, man aber Fehler weder einer einzelnen Person noch einem ganz bestimmten Anbieter zuordnen kann, weil es um systemimmanente Probleme geht. Die Menschen – dankens

werterweise hat darauf auch Ministerpräsident Gabriel hingewiesen -, die mit diesem System arbeiten, mussten sich innerhalb von 21 Monaten umstellen.

Im Übrigen reden wir nicht nur von der Einführung einer neuen Software, sondern darüber hinaus von einer Dezentralisierung der Aufgaben des Haushaltsvollzugs von den Regierungsbezirkskassen auf die Dienststellen, also 438 Kassenspezialisten auf 16 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ging um die erstmalige Ausstattung von 12 000 Arbeitsplätzen mit einem PC und ca. 40 Millionen Buchungen jährlich, die mittlerweile von nur noch 21 Mitarbeitern in der Landeshauptkasse gesteuert werden. Das ist ein hervorragendes Ergebnis, an dem auch der Finanzminister großen Anteil hat.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was hat P 53 dem Land gebracht? - Seit dem Start des Projektes im Jahre 1997 bis zum Jahre 2006 werden wir dank dieses Systems insgesamt 160 Millionen Euro im niedersächsischen Landeshaushalt eingespart haben.

(Zurufe von der SPD: Das ist ja ge- waltig! - Nicht schlecht!)

Von den 438 Stellen, die dem Kassengeschäft zugeordnet gewesen sind, konnten 369 Stellen, also 84 %, eingespart werden. Das in 21 Monaten bewerkstelligt zu haben, ist eine große Leistung der Landesverwaltung. Wir lassen es uns überhaupt nicht gefallen, dass diese Leistung kleingeredet wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich noch die Methode Möllring und die Arbeitsweise des Finanzministers vergleichen: Der Kollege Wulff hat hier bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts eine Rede gehalten, und das Finanzministerium hat einmal ausgerechnet, welches Finanzvolumen diese Rede abdeckt. Je nachdem, wie man rechnet, geht es um eine Summe zwischen 2 Milliarden und 4 Milliarden Euro.

(Zuruf von der SPD: Nicht schlecht!)

Herr Möllring, Sie haben ja vor, irgendetwas zu werden. Aber nach den Umfragen scheint das nicht so ganz zu kommen. Sollten Sie das aber wirklich ernsthaft vorgehabt haben, hätten Sie Herrn Wulff eine solche Rede nicht aufschreiben dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben Herrn Minister Aller vorgeworfen, er wolle mit der vorsorglichen Rücklagenbildung den Versuch unternehmen, im Wahljahr mit vollen Händen ordentlich Geld ausgeben zu können. Wissen Sie, was das war? - Es war eine vorsorgende Finanzpolitik, wie sie der Finanzminister für dieses Bundesland im Übrigen seit Jahren erfolgreich betreibt. Sie haben bewiesen, dass Sie wegen Ihrer kurzfristigen Überlegungen nicht in der Lage sind, über den Tellerrand hinauszuschauen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend noch ein Wort zur Leistung unseres Finanzministeriums: Das Institut der Deutschen Wirtschaft - zugegebenermaßen keine unbedingt sozialdemokratische Einrichtung - hat nach einer Umfrage im Jahr 2000 die Finanzpolitik von insgesamt 16 Ländern bewertet und Niedersachsen auf Rang 2 platziert. Einen Finanzminister, der hierfür verantwortlich zeichnet, entlässt man nicht. Die Wähler werden ihn am 2. Februar 2003 genauso wie die SPD insgesamt bestätigen, und er wird weiterhin erfolgreiche Arbeit für Niedersachsen leisten können.

(Starker Beifall bei der SPD)