Protocol of the Session on June 13, 2002

cke mit ca. 250 000 Euro unterstützt. Aber hat der Westharz davon hinreichend Nutzen? Uns allen ist bekannt, dass Werbung die wichtigste Maßnahme überhaupt ist. Aber wo finden wir in einer der großen überregionalen Zeitungen z. B. Werbung für den Westharz? Ich kann Ihnen nur sagen: Wer nicht wirbt, der stirbt.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen überlegen, ob wir nicht eine Sonderförderungsregion Niedersächsischer Harz bilden, denn die Situation ist doch so: Viele der HarzKommunen können die angebotenen Fördermittel nicht wahrnehmen, weil sie finanziell nicht in der Lage sind, sie kozufinanzieren.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Ostfriesi- sche Entwicklungshilfe für den Harz!)

So läuft Förderpolitik ins Leere, anstatt wirksam zu helfen. Sie geben das ja auch in Ihrer Antwort zu, indem Sie darauf hinweisen, dass Ihnen die Finanzsituation der Gemeinden und Landkreise im Harz nur einen geringen Handlungsspielraum für neue Investitionen ermöglicht, sodass Förderungen oftmals nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden können. Gleichzeitig schreiben Sie aber, dass die Förderprogramme im Allgemeinen intensiv genutzt würden. Was denn nun? Wer Zukunft gewinnen will, muss investieren.

(Beifall bei der CDU)

Wer im Harz dazu nicht in der Lage ist, dem muss geholfen werden. Deshalb ist es so wichtig, dass in Niedersachsen endlich eine andere Finanzpolitik betrieben wird, eine Finanzpolitik, die den Kommunen nicht jährlich 255 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich vorenthält,

(Beifall bei der CDU - Frau Pawelski [CDU]: So ist es! - Frau Vockert [CDU]: Richtig!)

eine Finanzpolitik, die nicht den Bäderansatz streicht, eine Finanzpolitik, die sich nicht immer neue Belastungen für die Kommunen einfallen lässt.

(Dr. Domröse [SPD]: Ich erinnere mich dunkel, dass der Bäderansatz ge- strichen wurde, weil Sie geklagt ha- ben!)

Die im April 2000 gegründete Strukturkonferenz Harz - wir reden gleich noch miteinander, Herr Dr.

Domröse - soll bei der Bewältigung der hoch defizitären Finanzsituation der Gemeinden die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit wiederherstellen. Doch wie stellt man sich das vor? - Ca. 20 Millionen Euro sind für die Jahre 2000 und 2001 als Bedarfszuweisung - hören Sie bitte zu an die finanzschwachen Kommunen geflossen. Doch wo ist dieses Geld geblieben? - Für 2002 sind weitere 5,11 Millionen Euro dieser Mittel in Aussicht gestellt. Wenn man sich die erschütternden Zahlen des Landkreises Goslar für 2002 mit einem Gesamtfehlbedarf von 62,7 Millionen Euro sowie des Landkreises Osterode mit einem Gesamtfehlbedarf von „nur“ 1,8 Millionen Euro ansieht und die Stadt Goslar mit einem Minus von 8,4 Millionen Euro aufwartet, sind die vorgesehenen Bedarfszuweisungen nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich könnte noch andere Gemeinden aufzählen, in denen die Haushaltslage ebenso katastrophal ist. Ich möchte uns aber nicht total entmutigen. Eigenartigerweise hat als einzige Stadt im Westharz Bad Harzburg einen ausgeglichenen Haushalt.

(Frau Vockert [CDU]: Wie kann das sein?)

Meine Damen und Herren, ist das nicht der beste Beweis dafür, wie wichtig ein intakter Tourismus ist? Hier ist kontinuierlich an der Verbesserung und an dem Ausbau der Infrastruktur gearbeitet worden, und der Erfolg ist nachweisbar. Zum Vergleich möchte ich noch eine Zahl nennen, für die ich wirklich keine Worte mehr finde: Die kleine Gemeinde Bad Grund hat in den Jahren 2000 und 2001 Kontingentmittel und Mittel aus der Strukturkonferenz von insgesamt 7,6 Millionen Euro erhalten. Aber - das sage ich auch - es ist natürlich richtig und wichtig, darauf zu achten, wo die Investitionen bleiben. Herr Dr. Domröse, ich spreche Sie hier persönlich an. Der Niedergang Ihres Heimatortes Bad Grund ist nicht ohne Ursachen entstanden.

(Dr. Domröse [SPD]: Genau! Das stimmt!)

Es hat auch etwas mit den dort verantwortlichen Persönlichkeiten zu tun. Wir erkennen an, dass die Landesregierung in Bad Grund einen großen Mitteleinsatz getätigt hat. Aber wo sind diese Mittel eigentlich geblieben? Was haben sie vor Ort eigentlich bewirkt? Herr Dr. Domröse, vielleicht versuchen Sie einmal, uns aus Ihrer Sicht eine

Antwort zu geben. Sie haben ja bislang in wirklich bemerkenswerter Weise zu alledem geschwiegen.

Es kommt darauf an, die Harzregion aus sich selbst heraus zu stärken. Die Starken fördern, bei den Schwachen helfen, das muss die Leitlinie sein. Die Menschen dort können etwas leisten. Sie haben das notwendige Fachwissen, den notwendigen Willen, den Harz wieder ganz nach oben zu führen. Sie sagen, zusätzliche Hilfen aus dem Wirtschaftsförderfonds würden im Einzelfall geprüft. Mit Kleckern kommen wir nicht weiter. Hier sind Gesamtkonzepte gefordert. Es geht nicht um Einzelförderung, sondern darum, eine ganze Region in den Blick zu nehmen und wieder nach vorne zu bringen.

(Zustimmung von Frau Vockert [CDU])

Ich schlage deshalb vor, nach dem Wolfsburger Vorbild eine Harz AG mit dem Ziel zu gründen, die vorhandenen Kräfte im Harz zu bündeln, sie auf der Grundlage einer ehrlichen Stärken/Schwächen-Analyse auf gezielte Themenfelder hin zu konzentrieren. Somit kann ein klares Leitbild entwickelt werden, können unterschiedliche Initiativen auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, kann aus dem Harz selbst heraus entwickelt werden, was man wirklich erreichen will. Hierbei muss das Land behilflich sein, um die finanzielle Grundlage für solch eine Harz AG abzusichern.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

Ich bin sofort fertig. Nur noch eine halbe Minute.

Stichwort „Wolfsburg“: Neben der Autostadt wirbt Wolfsburg mit dem Allerpark und einer geplanten künstlichen Skiabfahrt. Können Sie sich vorstellen, wie dies auf die Harzer wirkt, wenn man die natürlichen Berge hat? - Ich verstehe die Autostadt durchaus als attraktives Ergänzungsangebot, auch für Harzurlauber. Die Autostadt Wolfsburg erarbeitet nach Aussagen der Landesregierung u. a. in Zusammenarbeit mit verschiedenen Tourismuspartnern im Harz ein Programm. Das ist in Ordnung. Doch ist nach unseren Informationen im Harz von dieser Arbeit nichts bekannt.

Meine Damen und Herren, ich finde, dass diese Große Anfrage der CDU-Fraktion sehr wichtig war

und ist, und ich bin überzeugt, dass der Weg zur Tourismusbelebung im Westharz sicherlich sehr dornig wird. Aber wir müssen und wollen uns der Herausforderung stellen. Das Land Niedersachsen steht in der Pflicht, dringend und sofort zusammen mit den Harzern Konzepte zu entwickeln, die die Stärken des Harzes berücksichtigen und weiterentwickeln, damit eine ganze Tourismusregion nicht zum Sterben verurteilt wird.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne B haben inzwischen die Mitglieder des Parlamentarierforums der Neuen Hanse Interregio Platz genommen. Sie sind heute Nachmittag und morgen Vormittag zu Gesprächen hier im Hause. Ich begrüße die Kolleginnen und Kollegen aus der Bremischen Bürgerschaft und den niederländischen Provinzen Drente, Friesland, Groningen und Overijsel sehr herzlich und wünsche ihnen gute Gespräche sowie einen sehr angenehmen Aufenthalt im Niedersächsischen Landtag und in Hannover.

(Beifall im ganzen Haus)

Nun erteile ich der Frau Ministerin Knorre das Wort. - Oder macht es Herr Bartling?

(Minister Bartling: Nein!)

Ich weiß nicht, wer für die Landesregierung Stellung nehmen möchte.

(Plaue [SPD]: Wer hat sich denn ge- meldet? - Weitere Zurufe von der SPD und von der CDU)

Ich kann die Irritation vielleicht aufklären. Anders als bei anderen Tagesordnungspunkten sieht unsere Geschäftsordnung bei der Besprechung Großer Anfragen eine Reihenfolge von Redebeiträgen vor. Das ist also zwingend vorgeschrieben. Danach spricht zunächst eine Vertreterin oder ein Vertreter der fragenden Fraktion, dann die Landesregierung und dann die restlichen Abgeordneten, die sich zu Wort gemeldet haben. - Wir hören jetzt die Landesregierung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben eben viele kritische Anmerkungen zum Harz gehört. Eines möchte ich aber vorwegschicken: Der Harz ist eine der Top-Ten-Regionen in der Tourismuswirtschaft in Deutschland. Das sollten wir nicht klein reden. Das ist nämlich ganz wichtig, weil diese Markenbekanntheit des Harzes als touristische Destination die Basis ist, auf der wir unsere Überlegungen und Aktivitäten zur Entwicklung der Tourismuswirtschaft im Harz aufbauen müssen. Das ist die erste Vorbemerkung.

Die zweite Vorbemerkung ist Folgende: Wir bewegen uns im Harz mit 4 Millionen Übernachtungen im Jahre 2001 nach wie vor auf einem hohen Niveau. Auch das bitte ich nicht klein zu reden. Das sind wirklich gute Zahlen,

(Frau Ortgies [CDU]: 1,5 Millionen Rückgang!)

die allerdings - das muss man fairerweise sagen eine hohe Hürde darstellen, weil man das Niveau nur sehr schwer steigern kann. Das muss uns allen klar sein. Dies wollte ich vorwegschicken, weil wir viel Kritisches gehört haben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat auf die 67 Fragen, die vorgelegt worden sind, umfassend geantwortet. Deshalb möchte ich jetzt nur auf einige Bereiche eingehen.

Wir haben seit 1990 - mir liegt sehr am Herzen, das deutlich zu machen - umfangreiche Untersuchungen und Maßnahmen eingeleitet, die vor allem die spezielle Strukturproblematik im Harz analysiert haben. Es ist also nicht so, dass wir mit Einzelmaßnahmen im Nebel stochern. Speziell die Strukturkonferenz Harz im April 2000 hat unter Einschaltung des NIW die Strukturentwicklungsprobleme des Westharzes in einer detaillierten Stärken/Schwächen-Analyse untersucht und ihre Untersuchungsergebnisse dann auch präsentiert. In diesem Zusammenhang hat die Kommuna Treuhand GmbH zusätzlich die Struktur der Kureinrichtungen und die betriebswirtschaftliche Situation der Kurorte und Heilbäder in den Landkreisen Goslar und Osterode untersucht und analysiert. Also, wir bewegen uns wirklich auf einer fundierten Basis, von der aus wir unsere Maßnahmen auch gezielt einsetzen können.

Lassen Sie mich noch eine Ergänzung machen. Sie wissen, im Augenblick läuft das NiedersachsenProjekt, eine Clusteranalyse über Entwicklungspotenziale im Land Niedersachsen. Diese wird selbstverständlich auch Aussagen zum Harz enthalten. Sie haben das Stichwort „Wolfsburg AG“ genannt. Von diesem Clusteransatz kommen wir. Wir werden im Rahmen des NiedersachsenProjekts das ganze Land noch einmal unter die Lupe nehmen und schauen, was wir dort lernen können. Insofern sind wir, was die Analysen und die Einordnung in die Gesamtzusammenhänge strukturpolitischer Art anbelangt wohl sehr gut aufgestellt.

Wir sind auch deswegen sehr gut aufgestellt - das ist mir wichtig -, weil wir mit der Gründung der TourismusMarketing Niedersachsen speziell auch die Interessen des Harzes mit einbezogen haben, da wir nämlich auch die Marketinggesellschaft des Gesamtharzes, die HVV, miteinbezogen haben. Also auch hier haben wir einen deutlichen Schritt nach vorne getan.

Wir haben die Tourismusoffensive Harz 21 nicht nur ideell, sondern auch finanziell unterstützt. Ich selbst habe in Goslar die Prämierungen und die Auszeichnungen mit vorgenommen.

Wir haben - darauf wurde auch hingewiesen - einen Kriterienkatalog für privat finanzierte Hotelprojekte im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich eingeführt. Das ist wichtig, weil dieses Marktsegment besonders stark in der Wertschöpfung ist. Dort gibt es echte Entwicklungsmöglichkeiten, dort haben wir im Augenblick aber auch noch Defizite, an die wir herangehen müssen. Gerade aus dem Harz lagen und liegen - deshalb war das, was Sie gesagt haben, eine völlige Fehleinschätzung - Anträge für ganz besonders interessante Projekte vor. Das zeigt, dass der Harz leistungsstark ist und dass wir dort leistungsstarke Akteure haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Gansäuer [CDU]: Sie wissen nicht, worüber Sie reden!)

Auch unsere vergleichende Kurortanalyse, die die Heilbäder und Kurorte noch einmal unter die Lupe nehmen und Ansätze zur Entwicklung des Bäderlandes Niedersachsen vorantreiben wird, wird auch für den Harz noch einmal einen deutlichen Entwicklungsschub geben.

(Frau Hansen [CDU]: Eine Analyse allein hilft doch noch nicht!)

Meine Damen und Herren, eine ganze Reihe wichtiger Ansätze im Bereich ÖPNV möchte ich nur kurz erwähnen. Der ÖPNV ist natürlich auch unter touristischen Aspekten wichtig. Wir haben die Vertaktung des SPNV-Angebots auf den niedersächsischen Eisenbahnstrecken rund um den Harz geschafft. Wir haben in den Verbandsgebieten des Zweckverbandes Großraum Braunschweig und des Zweckverbandes Verkehrsverbund Südniedersachsen Verbundtarife eingeführt. Auch beim straßengebundenen ÖPNV gibt es inzwischen Verbindungen im Gesamtharz, also eben länderübergreifend.

Meine Damen und Herren, einzelne Projekte zur touristischen Entwicklung - von der Entwicklung von Wintersportmöglichkeiten bis hin zu kulturellen Entwicklungsmöglichkeiten - will ich nicht im Einzelnen aufzählen. Sie sind in unseren Antworten auf die 67 Fragen enthalten.

Fest steht: 4 Millionen Übernachtung sind eine hohe Zahl. Wir befinden uns natürlich in einer klaren Wettbewerbssituation mit dem Ostharz; das ist auch nicht zu verkennen. In den letzten Monaten zeigte sich aber auch ganz deutlich: Wir haben unterschiedliche Entwicklungen im Ostharz und im Westharz, jeweils abhängig von den einzelnen Kommunen. Das Bild ist sehr viel differenzierter, als nur zu sagen „Ostharz“ oder „Westharz“, sondern es wechselt sehr stark. Das hängt mit der Finanzausstattung der Kommunen, aber eben auch mit den Akteuren zusammen. Auch das ist sicherlich keine neue Erkenntnis.