Protocol of the Session on June 12, 2002

- Hören Sie sich doch einmal an, was Fachleute dazu sagen, die sich damit auskennen. Ich nenne nur einmal den Kammerpräsidenten Rehkopf. Er hat gestern allen - sowohl der Regierung als auch Ihnen - zur Kenntnis gegeben, welche Vorstellun

gen das Bauhandwerk hierzu hat. Dabei war von Ihren Vorschlägen überhaupt nicht die Rede. Nein! Der Kammerpräsident hat aufgegriffen, dass er von der Landesregierung ein Programm zur CO2Minderung fordert, womit er in Niedersachsen 20 000 Dauerarbeitsplätze schaffen könnte, wenn die Landesregierung endlich ihre Versprechen aus dem Mittelstandskonzept einhalten würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das können Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, sofort umsetzen. Ein entsprechender Antrag dazu liegt Ihnen seit zwei Monaten vor. Wir haben ihn eingebracht. Bringen Sie ihn endlich in die Ausschussberatungen. Bringen Sie ihn anschließend wieder hier ins Plenum. Dann können wir in Niedersachsen gemeinsam mit dem Handwerk sinnvolle Investitionen anregen, die dauerhaft nützlich sind und keine neuen Probleme auslösen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wolf [SPD]: Das gehört doch zum Gesamt- paket Modernisierung!)

Nun hat Frau Kollegin Groneberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion legt mit ihrem Entschließungsantrag vier Forderungen vor, die aber nur - das hat Herr Kollege Hagenah eben schon wirklich sehr gut beschrieben - als Füllhorn wenig abgestimmter Maßnahmen bezeichnet werden können. Das Schlimmste dabei ist: Die CDU-Fraktion hat nicht einen einzigen Vorschlag zur Finanzierung ihres Wunschkonzerts vorgelegt. Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass die CDU-Fraktion die Konsequenzen ihrer Forderungen noch nicht einmal bis zum Ende durchdacht hat. Frau Schwarz, ich teile ja die Wünsche der CDU-Fraktion in der allgemeinen Tendenz ihres Antrages. Bauland sollte so erschwinglich sein, dass es sich letztendlich auch Familien mit Kindern leisten können, damit sie ihren Bauwunsch erfüllen können. Die Eigenheimförderung sollte einen substanziellen Beitrag zum Neubau oder zum Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums bieten können. Die zinsgünstigen Kredite des Landes sollten für bauwillige Familien mit Kindern die Belastungen stabil und überschaubar

halten. Gleichzeitig sollten die staatlichen Fördermittel dazu beitragen, die Beschäftigung der deutschen Baubranche zu stabilisieren. Insofern haben wir hier ja Konsens.

(Decker [CDU]: Da sind wir doch schlüssig!)

Meine Damen und Herren, diese Wünsche stehen jedoch in Zielkonflikten, die Sie eben nicht richtig benannt haben. So muss die Vergabe öffentlicher Fördermittel sowie die Verbilligung von Bauland für die öffentlichen Haushalte schließlich immer noch finanzierbar sein. Die Ausweisung von Bauland darf auch nicht zu einer Zersiedlung von Kulturlandschaften führen. Das ist nicht zu verachten. Schließlich darf die staatliche Förderung des Wohnungsbaus nicht am Bedarf vorbei gehen. Sie darf auch nicht zu einer Fehldimensionierung von Mitnahmeeffekten führen. Ansonsten, Herr Decker, stehen wir schlicht in der Gefahr, dass aus öffentlichen Mitteln - dazu hat eben auch schon Herr Hagenah gesprochen - Leerstand gefördert wird oder dass das von den Bürgerinnen und Bürgern erhobene Steueraufkommen letztendlich Bauwilligen zugute kommt, die eine öffentliche Förderung gar nicht benötigen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen - darüber waren wir uns in den vergangenen Jahren zumindest in den Vorwahlkampfzeiten einig, Herr Decker -, können wir uns eigentlich gar nicht leisten.

Ein anderes grundsätzliches Problem betrifft das Bauland selbst. Zunächst muss unterschieden werden zwischen Bauland, das in öffentlichem Besitz angeboten wird, und Bauland, das in privatem Besitz angeboten wird. Auf die Kosten privaten Baulands haben wir als öffentliche Hand überhaupt keinen Einfluss. Das ist bekannt. Bei der günstigeren Abgabe von in öffentlichem Eigentum stehenden Bauland sind in erster Linie die Kommunen gefordert. Sie weisen schließlich auch aus. Diese müssen nach der örtlichen Situation entscheiden, ob eine günstigere Abgabe des Baulandes an Bauwillige sinnvoll und finanzierbar ist.

(Zuruf von Decker [CDU])

Dies hängt entscheidend auch von den Siedlungsstrukturen ab. Herr Decker, in den Kommunen wird das meistens ganz vernünftig geregelt. In Cloppenburg z. B. gibt es ein Baukindergeld.

(Decker [CDU]: Das ist doch ein Musterlandkreis! Nehmen Sie doch einmal die Stadt Hannover! SPD- regiert! Wie sieht es denn hier aus?)

Warum kann man nicht auch Familien einen Anreiz dafür bieten, in eine bestimmte Stadt zu ziehen, und ihnen dort auch Bauland subventionieren? Was steht dem, bitte schön, im Wege? - Nichts! Nur Ihre Ideologie steht dem oft im Wege.

Diese Fragen kann man nicht pauschal in einem Entschließungsantrag des Landtags beantworten. Das sind nämlich Sachen, die vor Ort geklärt werden müssen.

Herr Kollege Decker, ich muss Ihnen doch nicht sagen, dass die Kommunen letztendlich - Sie sind doch immer derjenige, der dies im Munde führt - in ihrer Planungshoheit oder auch in ihrer Struktur, die sie bestimmen wollen, selbst verantwortlich sein wollen.

Anders sieht es hingegen mit den Konversionsflächen und den bundeseigenen Liegenschaften aus.

(Decker [CDU]: Jetzt kommt‘s!)

Die CDU erweckt in ihrem Antrag den völlig falschen Eindruck, als könnten Land und Bund diese Flächen einfach billig an Bauwillige veräußern. Tatsache aber ist schließlich, dass diese Flächen häufig gar nicht für die Bebauung mit Einfamilienhäusern zur Verfügung stehen können; aus den unterschiedlichsten Gründen.

(Zurufe von der CDU)

- Nein, de facto haben wir ganz viele Flächen im Konversionsbereich, die wir dem Einfamilienhausbau nicht zur Verfügung stellen können. Das ist nicht schlimm; denn es gibt auch noch andere Nutzungen, die für diese Flächen infrage kommen. Vielfach ist es nämlich sinnvoller, diese Flächen anderweitig zu nutzen. Mir ist im Übrigen auch nicht bekannt, Herr Kollege Decker, dass die CDU-Fraktion in den Haushaltsberatungen gerade zu diesem Punkt irgendwelche Finanzierungsvorschläge unterbreitet hätte.

(Möllring [CDU]: Doch! Gerade da! Vom Wohnungsbau haben wir einen Antrag vorgelegt!)

Wir haben in den Landeshaushalt 25 Millionen DM eingestellt - Frau Schwarz hat die EuroBeträge genannt -, um damit die Umnutzung von Konversionsflächen zu finanzieren. Sie haben aber nicht einen einzigen Vorschlag zur weiteren Finan

zierung gemacht. Hätten Sie doch tun können, wenn Sie tatsächlich dieser Überzeugung sind.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen ist mir aufgefallen, dass Sie, Frau Schwarz, eine Bumerang-Rede gehalten haben. In Ihrer Rede haben Sie ganz viele Beispiele angeführt, angesichts deren Sie sich selbst fragen müssen, wo Ihre konkreten Finanzierungsvorschläge geblieben sind, die Sie mit Ihren Vorstellungen verknüpfen können. Wir haben sie bisher immer vermisst.

Meine Damen und Herren, die Realität in Bezug auf die Eigenheimzulage ist noch komplizierter als die populistischen Einfachstkonzepte der CDU. Die Eigenheimzulage beträgt derzeit 5 000 DM für Neubauten und 2 500 DM für den Bestandserwerb. Anders als die CDU behauptet, gibt es derzeit keine ausgereiften Pläne der Bundesregierung, die Höhe der Eigenheimzulage zu kürzen. Aber: Es gibt Überlegungen - die sind durchaus vernünftig -, das Verhältnis zwischen Neubauförderung und Bestandsförderung zu verändern. Diese Überlegungen basieren auf der Tatsache, dass viele ältere Einfamilienhäuser in den nächsten Jahren den Besitzer wechseln werden. Es wäre wünschenswert, wenn diese frei werdenden Einfamilienhäuser mithilfe öffentlicher Fördermittel von jungen Familien nachgenutzt werden könnten. Das, Herr Decker, würde letztendlich dem entsprechen, was auch wir immer wieder gefordert haben. Wir wollen doch auch den unterschiedlichen und den sich verändernden Lebenssituationen von Familien, von Älteren und von Familien mit Kindern Rechnung tragen, deren Häuser sich dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, als zu groß erweisen, sodass es zweckmäßiger wäre, sie jungen Familien zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Das wollen wir fördern.

(Wolf [SPD]: Genau, Gabi!)

Das niedersächsische Wohnungsbauprogramm trägt dieser Entwicklung Rechnung, Frau Schwarz. Von daher kann ich Ihren Vorwurf, wir würden Familien im Stich lassen, überhaupt nicht verstehen; denn er liegt völlig neben der Sache. Ein Teil unseres Programms bezieht sich auf die Sanierung neu erworbener Einfamilienhäuser im Bestand. Das ist etwas, was letztendlich auch der Wohnungswirtschaft zugute kommt und auch die Wohnungswirtschaft fördert. Das CO2-Programm ist ein Teil dessen, was in ein Gesamtkonzept gegossen

werden muss, Herr Hagenah. Das ist intelligenter, familienfreundlicher, beschäftigungssichernder und ökologischer als die voraussetzungslose Schaffung von Einfamilienhaussiedlungen auf der grünen Wiese. Es ist schließlich nicht damit getan, neues Baugebiet auszuweisen, Herr Decker. Das muss ich Ihnen doch gar nicht erzählen. Dieses Baugebiet muss auch erschlossen werden. Die notwendige Infrastruktur muss geschaffen werden. Das alles zu finanzieren fällt den Kommunen heute immer schwerer. Das ist de facto so.

(Möllring [CDU]: Das ist doch dum- mes Zeug!)

Das ist kein dummes Zeug. Das ist de facto so. Erschwerend kommt zu dieser Situation noch hinzu, dass wir angesichts der derzeit stagnierenden Bevölkerungsentwicklung tendenziell Leerstände haben. Diese Leerstände sind in einigen Landesteilen wie z. B. in Ostdeutschland nicht nur tendenziell, sondern dort sind erhebliche Leerstände zu verzeichnen. Wir können doch nicht weiterhin ohne Ende Häuser auf der grünen Wiese bauen und somit tatsächlich den beschriebenen Zustand leer stehender Innenstädte erreichen, obwohl wir genau dort den Bestand fördern könnten und familiengerechte Wohnungen und Häuser für Familien bereitstellen könnten.

(Decker [CDU]: Aber da gibt es eine Nachfrage!)

Das ist sinnvoll, und das wollen wir auch. In Anbetracht der in Niedersachsen sehr hohen Eigenheimquote - Sie wissen, dass wir mit 49 % Eigenheimen im Bundesgebiet an der Spitze liegen - ist festzustellen, dass die Wohnungsbauförderung bei uns in Niedersachsen

(Frau Schwarz [CDU]: Aber in Han- nover nur 20 %!)

familienfreundlich, sozialverträglich, städtebaulich sowie ökologisch sinnvoll und für die öffentlichen Haushalte finanziell darstellbar ist und gestaltet wird. Diese Anforderung, die wir seit Jahren an die niedersächsische Wohnungspolitik gestellt haben, erfüllen wir mit unseren Konzepten.

Der Antrag der CDU-Fraktion ist in dieser Beziehung hohl. Er befriedigt letztendlich nicht den Bedarf und kommt ihm in der Realität auch nicht nah.

(Frau Schwarz [CDU]: Wen erreichen Sie mit ihren Konzepten?)

Die Ansätze, die Sie aufzeigen, enden in einer Sackgasse. Nach den Überlegungen, die Sie hätten anstellen können, hätte ich erwartet, dass Sie Ihren Antrag zumindest modifizieren würden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Nichts ist passiert. Den Antrag können wir mit dieser Intention nur ablehnen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung. - Nehmen Sie doch bitte Platz, soweit Sie das dürfen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen zustimmen und damit den Antrag der CDU-Fraktion ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Ich frage nach Stimmenthaltungen. - Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 15: Zweite Beratung: Für Sauberkeit und Sicherheit in den niedersächsischen Kommunen - Zulässigkeit kommunaler Verordnungen nach dem Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3323 Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung - Drs. 14/3439 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3487

Berichterstatterin ist Frau Kollegin Wörmer-Zimmermann, der ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3439 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für innere Verwaltung mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktion der SPD und der Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktion der CDU, den Antrag abzulehnen. Diesem Votum hat sich der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit gleichem Stimmverhalten angeschlossen. Wir werden sicherlich gleich eine lebhafte Debatte führen. Um Zeit zu sparen, werde ich nicht den gesamten Bericht vorlesen, sondern ihn zu Protokoll geben.

(Beifall bei der SPD)