weil das auch eine Diskreditierung eines Weltstandards im Bereich des Gesundheitswesens ist. Das, was mit dem DRG-Gesetz eingeführt wird, ist keine Neuerfindung von der Bundesrepublik Deutschland oder von Niedersachsen, sondern hier wird etwas eingeführt, was in der Schweiz, in Amerika, in Australien seit vielen Jahren praktiziert wird. Insofern können Sie hier nicht mit solchen Etikettierungen kommen und sagen, das seien Unterlagen für Menschenversuche oder wie Sie es ähnlich formuliert haben. Ich weise das zurück.
Herr Dr. Winn, zum Verfahren im Vermittlungsausschuss hat Ihnen ja der Ministerpräsident schon gesagt, dass er das geleitet hat. Er hat die Länder koordiniert. Für die Landesregierung war Herr Minister Senff dort anwesend, wie das auch üblich ist.
Die Landesregierung war also namhaft vertreten und aktiv an der Arbeit im Vermittlungsausschuss beteiligt.
Aber Sie haben noch eine andere Pflicht: Sie sollten den CDU-Kollegen aus den Ländern, die dem Vermittlungsergebnis zugestimmt haben, einmal Ihre Rede schicken. Die werden sich bedanken! Hierbei handelt es sich ja um folgende Bundesländer: Sachsen-Anhalt hat sich enthalten, Brandenburg, Berlin, Hamburg, Bremen - das sind die Länder, in denen Ihre Damen und Herren mit in der Regierung sitzen - haben dem Gesetz ausdrücklich zugestimmt; die halten das für richtig. Die würden sich wahrscheinlich genauso mokieren wie wir hier, wenn Menschenversuchen das Wort geredet würde. Das ist unmöglich!
Meine Damen und Herren, man kann die DRGEinführung destruktiv angehen, wie Sie das gemacht haben und wie es Herr Rolfes dann fortgesetzt hat. Ich will Ihnen aber auch die Gefahr beschreiben, die davon ausgeht: Sie bringen nämlich die verantwortlichen Krankenhausträger, die nun in der Konvergenzphase bis 2007 etwas zu tun haben, die Kooperationen zu überlegen haben - ich werde darauf gleich noch zu sprechen kommen -, in eine Stimmung, dass sie sich zunächst zurücklehnen in der Annahme, dass sie sich die DRG vielleicht ersparen könnten. Sie bringen die Träger davon ab, die notwendigen Schularbeiten zu machen, wenn Sie solche Reden ins Land hinausschicken.
Wir haben jetzt eine andere Pflicht. Wir haben nicht die Pflicht, Destruktion zu verbreiten, sondern wir haben die Krankenhausträger - nicht das Land ist Träger aller kommunalen Krankenhäuser zu animieren, mit dem Gesetz konstruktiv umzugehen. Das ist unsere Pflicht, und der sind Sie nicht nachgekommen.
Sie haben einzelne Phänomene aufgeblasen und gemeint, dass Sie damit die Struktur erörtern könnten. Das sind nun wirklich die einfachsten Methoden, wie man von politischen Lösungswegen und konstruktiver Vorgehensweise wegkommt.
(Zustimmung bei der SPD - Rolfes [CDU]: Wie sollen die denn Investiti- onen tätigen, wenn sie kein Geld ha- ben?)
Meine Damen und Herren, Sie haben auch weggelassen, dass sich die Selbstverwaltungsorgane - die Ministerin hat es in einem Nebensatz erwähnt -, die beteiligten Akteure, die mit Krankenhäusern zu tun haben und die Krankenhäuser zu finanzieren haben, schon 2000 einvernehmlich dahin gehend verabredet haben, dass die DRGs in der Bundesrepublik sinnvoll und richtig sind. Insofern hat der Bundesgesetzgeber hier nicht nur internationales Recht umgesetzt, sondern er hat auch einen Konsens unter den Akteuren in ein Gesetz gekleidet. Das dürfen Sie doch nicht vergessen machen!
Es ist richtig: Wir werden eine lange - hier bin ich mir mit Frau Kollegin Pothmer einig -, eine viel zu lange Konvergenzphase haben. Aber diese Phase muss zeigen, wo wir das eine oder andere noch nachsteuern müssen. In dieser Phase wird immer wieder hinzuschauen sein, dass die Interessen der Menschen – sie sind nicht nur Patienten, sondern auch Versicherte -, des Versicherten und des Patienten, auf diesem Wege jeweils bedacht und berücksichtigt werden.
Um das sicherzustellen, ist von den Ländern sinnvollerweise Begleitforschung eingefordert und nun geregelt worden. Man wird dabei eventuell auch auf bestimmte Krankheitsbilder - wie in Amerika oder in Australien - in besonderer Weise Rücksicht nehmen und vielleicht auch noch einmal erörtern, ob alle unbedingt zu integrieren sind. Das sind die Krankheiten, die langfristig sind, die besonders intensiver, akuter und gleichzeitig rehabilitativer Behandlung bedürfen und die teilweise durch die Ausgrenzung der berufsgenossenschaftlichen Kliniken, der Unfallkliniken eh schon konstruktiv ausgenommen sind. Aber diese Krankheiten tauchen natürlich auch in den Regelkrankenhäusern auf. Hier wird die Begleitforschung die eine oder andere Antwort geben.
Wir müssen weiter versuchen, die Balance - Herr Rolfes hat sie wahrscheinlich gar nicht im Sinn dabei, auf der einen Seite durch Zuschläge die regionale Versorgung zu gewährleisten, auf der anderen Seite aber das Zuschlagswesen nicht so auszuweiten, dass die DRGs wieder zu kostendeckenden Pflegesätzen mutieren, zu finden. Hier sind die Krankenhausträger doch viel weiter, als Sie das hier vermuten lassen. Aber an dem Thema muss konstruktiv gearbeitet werden.
Meine Damen und Herren, weil uns dieser Prozess in der Kommunal- und in der Landespolitik in den nächsten fünf Jahren wirklich intensiv begleiten wird, bitte ich Sie, nicht mit solch einer miesen Stimmung in diese Debatte zu gehen, sondern sich gegenüber den Krankenhausträgern konstruktiver zu verhalten.
- Sie werden auch das DRG-Gesetz nicht revidieren können, weil es meines Erachtens unrevidierbar sein wird, wenn es erst einmal auf dem Weg ist, weil es internationaler Standard und auch Standard in den Ländern um uns herum in Europa ist, Herr Oestmann. Darüber muss Sie Ihr Kollege einmal informieren.
Meine Damen und Herren, der Grundgedanke, dass wir die Kosten im Krankenhaus heute nicht mit Sekundärparadigmen, mit Pflegetagen, ermitteln müssen, sondern dass die Gelder den Leistungen folgen müssen und dass die Leistungen durch ein gutes Qualitätssicherungsmanagement gewährleistet sein müssen, ist doch zeitgemäß. Das ist doch ein hervorragendes Grundprinzip, das wir dringend brauchen!
Die Folge wird natürlich sein - da gebe ich Herrn Rolfes Recht -, dass dieses Prinzip Einfluss auf Organisationen haben muss.
(Frau Pawelski [CDU]: Welche ande- ren Länder haben denn genau dassel- be System, das wir haben? Nicht ein- mal Australien!)
Natürlich haben wir andere Rahmenbedingungen als die anderen Länder. Aber das System, dass das Geld der Leistung folgt und dass die Leistung qualitätsgesichert sein muss, ist identisch mit dem in Australien.
Meine Damen und Herren, natürlich ist es richtig und sinnvoll, dass die Krankenhausträger in dieser Konvergenzphase intensiv überlegen, was sie vor Ort regeln und bündeln können. Wir sollten uns darauf verständigen, dass wir die guten Ansätze, die es im Lande gibt, lobend hervorheben, dass sich, wie in der Stadt Melle, verschiedene Träger zusammenfinden und einen Krankenhausvertrag abschließen, dass nicht mehr jeder versucht, alles zu operieren, sondern dass sich z. B. die Chirurgen und die Internisten verabreden.
- Das ist eben nicht so! Das wissen Sie ganz genau. Ihre berufsständischen Kollegen sind diejenigen, die Garanten dafür sind, dass das nicht der Fall ist.
Schneiden Sie einmal in Strukturen zweier Kliniker ein, und sagen Sie zwei Chirurgen, die Abteilungen leiten, dass sie ihre Zusammenarbeit sinnvoll koordinieren, vertraglich regeln und dem Patienten gegenüber transparent machen sollen. Es gibt im Lande hervorragende Beispiele. Im Raum um Bremerhaven, über eine Ländergrenze hinweg, gibt es eine Verabredung, einen Krankenhausentwicklungsplan aufzustellen, um die Leistungen zu bündeln und dadurch dem Versicherten und dem neuen Recht mehr als in der Vergangenheit zu entsprechen.
Meine Damen und Herren, wie sieht die Lage denn heute aus? Es sind ja nicht nur diese einzelnen Patienten. Jeder verwaltet in Gänze selbst sein Krankenhaus, und das ist manchmal überbesetzt. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Natürlich könnte man auch zwischen mehreren Krankenhäusern gemeinsam fakturieren und das Geld für den Patienten freisetzen. Natürlich ist das möglich. Natürlich kann man die Medizintechnik in den einzelnen Häusern in bestimmten Versorgungsbereichen besser koordinieren und muss sie nicht in jedem Haus teuer vorhalten. Man kann natürlich auch Gelder für die qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten freimachen. Daran muss gearbeitet werden. Dazu müssen wir die Krankenhausträger animieren. Dann wird dieses Gesetz im Nachhinein für die qualitative Versorgung der Patienten und für die Versicherten sehr viel Sinn machen, weil sie dann über ihre Beiträge unvertretbare Mehrkosten für Strukturen finanzieren müssten. Diese Entwicklung gilt es zu unterstützen. Das Gesetz ist dazu ein guter Beitrag.
(Frau Pothmer [GRÜNE]: Jetzt sage noch etwas dazu, ob alle Krankenkas- sen ausreichend darauf vorbereitet sind!)
„Die Bemühungen der Länder bei der Kapazitätsanpassung im Krankenhausbereich müssen unterstützt und gefördert werden. Die Umstellung der Vergütungen im Krankenhaus hin zum Fallpauschalensystem sind zu beschleunigen.“
Das ist aus dem Strategiepapier von Herrn Wulff aus dem November 1999 zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems auf Bundesebene.
Genau das macht diese Bundesregierung. Ihre Kollegen von der CDU stimmen im Vermittlungsausschuss zu, und Sie halten hier solch eine Rede. Was soll das, meine Damen und Herren?
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Besprechung.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Kolleginnen und Kollegen an den etwas ungewöhnlichen Zeitpunkt des Endes der Mittagspause erinnern. Wir setzen die Sitzung nämlich bereits um 14 Uhr fort. Diejenigen, die nicht hier sind, informieren Sie bitte! Ich wünsche einen guten Appetit.