Auch er spricht von Giftskandal, lässt sich dann vor Ort bei der Obstbauversuchsanstalt und bei einem bedeutenden Biobauern im Alten Land informieren. Aber die Argumente, die dort vorgetragen werden, interessieren ihn überhaupt nicht. Er veröffentlicht ein vorgefertigtes Papier des LBU, das schon Tage vorher im Internet nachzulesen war. Somit bekommt der Besuch eine reine Alibifunktion. Das Foto mit dem Biobauern ist in der Tat nur ein Alibifoto.
Zwischen den Biobauern und dem integrierten Obstanbau gibt es im Alten Land überhaupt keine Spannungen. Man kommt gut miteinander aus. Zum Teil hat man sogar die gleichen Probleme. Darauf werde ich nachher noch eingehen.
Wenn die Realität nicht zur Ideologie passt, Herr Klein, wird sie einfach unter den Tisch gekehrt. Leider muss man vermuten, dass auch beim Umweltbundesamt ein gewisses Maß an Ideologie vorherrscht. Dort wird eine riesige Skandaldiskussion hochgezogen, es werden pauschale Vorwürfe erhoben und flächendeckende Verdächtigungen ausgesprochen. Man ist nicht bereit, vor Ort zu kommen, man ist nicht bereit, sich vor Ort die Situation anzuschauen. Wenn dann der Schaden eingetreten ist, wird der verbale Rückzug angetreten. Ich zitiere einmal einen Artikel aus dem Stader Tageblatt unter der Überschrift: „Berlin tritt den Rückzug an“. Dort wird ausgeführt - das sagt der Vertreter des Umweltbundesamtes -: Wir können nicht behaupten, dass im Alten Land massiv und flächendeckend illegal Pflanzenschutzmittel und Herbizide zum Einsatz kommen. Es ließen sich lediglich Einzelfälle belegen. Dann wird weiter ausgeführt - -
Ich will das Zitat zu Ende bringen, dann lasse ich die Zwischenfrage zu. - Also: Wir wollen das Sondergebiet keinesfalls aufheben. Schließlich können die Obstbauern die bundesweit vorgesehenen Abstände beim Einsatz von Sprühgeräten aufgrund der vielen Gräben gar nicht erfüllen. Eine Aufhebung würde sie am Ende entweder in die Illegalität treiben oder zum Verlust ihrer Existenz führen. So das Umweltbundesamt, aber leider erst, nachdem der Schaden eingetreten war.
Herr Kollege Behr, ist Ihnen bekannt, dass diese Interpretation des Stader Tageblattes bereits am nächsten Tag durch einen Sprecher des Umweltbundesamtes widerrufen und als falsch dargestellt worden ist und dass das Umweltbundesamt bei den inhaltlichen Vorwürfen, so wie sie auch in dem vorliegendem Bericht dokumentiert sind, geblieben ist?
Herr Kollege Klein, das konnte ich dem Stader Tageblatt nicht entnehmen. Ich habe hier ein wörtliches Zitat des Sprechers des Umweltbundesamtes verlesen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man, wenn man so etwas wörtlich ausführt, anschließend sagen kann, dass das so nicht richtig gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, beim Alten Land handelt es sich um eine einzigartige, besondere Kulturlandschaft, die durch den Menschen geformt worden ist. Ihr jetziger Zustand ist das Werk der dort arbeitenden Landwirte. Die Gräbenstruktur dient nicht nur zur Entwässerung einer Marschlandschaft, sondern sie hat auch eine wichtige Funktion als Frostschutzfaktor. Wenn im Frühjahr die Blüten treiben, sorgen die Gewässer dafür, dass der Frost nicht so zum Tragen kommt, wie es ohne Wasserflächen der Fall wäre. Deswegen, Herr Kollege Klein, muss unterschieden werden zwischen den ständig Wasser führenden Gräben sowie denen, die dem Frostschutz dienen, und denen, die heute noch als Reservoir für die Beregnungsanlagen dienen. Deshalb ist es in der Tat nicht abwegig, wenn man solche Gewässer dann auch als technische Gewässer einstuft.
Das Problem ist - das haben Sie auch angesprochen -, dass man die Frage der Beregnung natürlich auch anders lösen kann. Das führt aber dazu, dass die Gräben zugeschüttet werden. Ich meine, dass wir uns darin einig sind, dass dies nicht im Sinne des Umweltschutzes sein kann. Deswegen dürfen wir das Kind nicht mit dem Bad ausschütten; wir müssen die Probleme lösen. Es hilft überhaupt nicht weiter, wenn damit gedroht wird, dass das Sondergebiet aufgehoben wird.
Bereits jetzt sind im Alten Land 250 000 Bäume gerodet worden. Wenn man die Auflagen weiter verschärfen würde, dann würde dies bedeuten, dass weitere 500 000 Bäume gerodet werden müssten. Das würde das Ende des großflächigen Obstanbaus an der Niederelbe bedeuten.
Meine Damen und Herren, man muss klar sagen, dass es Verstöße gegen die Richtlinien zum Pflanzenschutzmitteleinsatz gegeben hat und dass diese geahndet werden müssen. Schwarze Schafe sind zu bestrafen. Das liegt im Übrigen auch im Interesse
Jetzt will ich mich noch mit einigen Punkten aus dem Antrag der Grünen auseinander setzen. Sie haben das ja zweigeteilt, zum einen in die Feststellung, die der Landtag treffen sollte, und zum anderen in die Forderungen, die Sie aufstellen.
Auch bei Nr. 1 erster Spiegelstrich, Herr Kollege Klein, handelt es sich Ihrerseits um einen pauschalen Vorwurf. Es hat Verstöße gegeben, aber das sind Einzelfälle. In einer ganzen Reihe von Fällen ist auch der kausale Zusammenhang überhaupt nicht herstellbar. Auch das muss einmal ganz deutlich gesagt werden: Wenn z. B. im Jorker Fleet der Wirkstoff Diaron nachgewiesen wird, so muss berücksichtigt werden, dass dieser Wirkstoff z. B. in dem Unkrautvernichtungsmittel Vorox vorkommt, das überall in den Baumärkten käuflich erworben werden kann. Es ist überhaupt nicht klar, ob die Einleitung durch Obstbauern oder durch private Gartennutzer erfolgt ist. Von daher sollte man derart pauschale Vorwürfe auch nicht erheben.
Beim zweiten Spiegelstrich heben Sie auf eine erhebliche Überschreitung der Grenzwerte ab. Das trifft allerdings nur zu, wenn die Bezugsgröße von 0,1 µg aus der Trinkwasserverordnung berücksichtigt wird, d. h. wenn wir hier über Trinkwasserqualität reden. Es handelt sich hier allerdings um Oberflächengewässer, die eine ganz andere Qualität haben und womit man qualitativ auch anders umgehen sollte. Was hier entscheidend ist, ist die Frage der biologischen Wirksamkeit
- Das ist überhaupt keine Einzelmeinung. - Wir können dazu feststellen, dass es keine Schädigung von Organismen im Wasser gibt und dass man, bis auf wenige Ausnahmen, unter den Grenzwerten bleibt.
Ich möchte dann noch auf Nr. 5 Ihrer Forderungen eingehen, nämlich die Lebensmittelüberwachung zu verschärfen. Kollege Klein, es gibt hier keine Probleme. Die Überwachung greift bereits. Es gibt zwei zertifizierte Institute, die im Jahr 2001 zusammen 559 Proben gezogen haben. Das eine Institut hat bei 499 Proben in 67 % der Fälle festgestellt, dass es keinerlei Rückstände gibt, und das andere Institut hat bei 60 Proben in 88 % der Fälle festgestellt, dass es keine Rückstände gibt. Bei
- hören Sie doch mal zu! - ist das Problem der Pilzbekämpfung, Frau Steiner. Der Bioanbau hat genauso mit der Fungizidbekämpfung zu tun wie der integrierte Anbau. Der biologische Anbau braucht Schwefel und Kupfer bei der Pilzbekämpfung. Die Abstandsregelungen zu Gewässern sehen bei Schwefel 20 m und bei Kupfer 70 m vor. Im Alten Land gibt es Sonderregelungen. Dort ist ein Zehntel dieser Werte, also 2 bzw. 7 m, anzusetzen. Daran können Sie erkennen, dass in diesem Fall Biobauern und integrierter Obstanbau im gleichen Boot sitzen und dieselben Probleme haben.
Das macht auch deutlich, dass Bioanbau keine Alternative zum integrierten Anbau an der Niederelbe darstellt, sondern er übernimmt mehr die Funktion eines Ergänzungsangebots. Deswegen ist nur Bio, Herr Kollege Klein, nur eine Scheinlösung ohne Praxisrelevanz.
Öko allein hilft uns also nicht weiter. Ich erwarte auch von den Grünen, dass sie sich vorurteilsfrei mit der Situation und mit den Problemen auseinander setzen und nicht vorgefertigte Meinungen verbreiten.
Die eigentliche Aufgabe, vor der wir stehen, liegt darin, die Existenzfähigkeit der Betriebe zu erhalten und auch die Wettbewerbsfähigkeit auf europäischer Ebene zu gewährleisten. Großbritannien hat seinerseits im Februar die Abstandsregelungen im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel erheblich gelockert. Wir haben die Situation, dass viele Pflanzenschutzmittel, die in Deutschland verboten sind, im europäischen Ausland weiterhin eingesetzt werden. Hier ist also dringender Handlungsbedarf angesagt, meine Damen und Herren. Es muss eine
Waffengleichheit zwischen den Anbauern in den verschiedenen europäischen Ländern geben. Dafür sollten wir uns ganz kräftig einsetzen, und in diese Diskussion können sich auch die Grünen erheblich einbringen.
Meine Damen und Herren, wir halten diesen Antrag insgesamt für überflüssig. Kontrollen und Stichproben sind zu verstärken, schwarze Schafe müssen herausgefischt und bestraft werden, die technische Entwicklung ist zu fördern, und EUweit ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln abzustimmen.
- Ja, aber das sind alles Dinge, die schon längst passieren, Herr Klein. - Der integrierte Obstanbau an der Niederelbe macht eine gute Arbeit. Er erzeugt gute Produkte. Wir sollten das nicht ohne Not kaputtreden. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Dritten beißen die Hunde, aber trotzdem möchte ich Ihnen meine Argumente auch noch darlegen.
Sie wissen, dass ich nicht Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bin. Aber ich bin meinen Kollegen sehr dankbar, dass ich heute als Wahlkreisabgeordnete zu diesem Thema, das mir besonders am Herzen liegt, reden darf.
82 % der Gesamtfläche werden für den kontrollierten, integrierten Obstbau genutzt. Die rund 1 000 Obstbaufamilienbetriebe - das sind sie nämlich in der Regel - sind in unserer Region ein
wichtiger Wirtschaftsfaktor. Darüber hinaus - das ist bereits gesagt worden - wird die reizvolle Landschaft von vielen Menschen als Naherholungsgebiet geschätzt.
Die Besonderheit der Altländer Obstplantagen, meine Damen und Herren, ist, dass die gesamte Fläche mit Gräben durchzogen ist. Es handelt sich dabei um zwei verschiedene Arten von Gräben, zum einen um Gräben, die permanent Wasser führen, und zum anderen um Gräben, die gelegentlich Wasser führen, dessen Wasser in den Monaten April und Mai zur Frostschutzberegnung genutzt wird. Man kann sagen, dass die Kulturlandschaft Altes Land von den Gräben lebt.
Sie können sich vorstellen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass es, als das neue Pflanzenschutzgesetz 1998 in Kraft gesetzt wurde, vorab einiges an Unruhe und Ängsten bei den Altländer Bauern gegeben hat. Was das Gesetz beinhaltet, haben meine Vorredner schon gesagt. Eines muss aber klar sein: Der im Gesetz vorgeschriebene Abstand zum Wasser von 50 m hätte nicht nur das Aus für den Pflanzenschutz im Alten Land, sondern auch das Aus für viele Obstbaubetriebe bedeutet. Ich bin froh, dass das durch die Ausweisung des Sondergebietes und die Allgemeinverfügung verhindert wurde. Sie wissen, dass nach der Allgemeinverfügung die Altländer Obstbauern ihre Sprühmittel nun mit einem Mindestabstand von 5 m bzw. 1,50 m einsetzen können.
Der Abstand wurde zwar auf ein Zehntel reduziert, doch auch das schafft den Altländer Bauern Probleme. Um sich auf die veränderte Gesetzeslage einzustellen, wurden im Alten Land bereits rund 250 000 Obstbäume in Grabennähe abgeholzt und die Sprühgeräte entsprechend den neuen Vorschriften umgerüstet.