Protocol of the Session on March 14, 2002

(Frau Harms [GRÜNE]: Schade, dass der Anlass so unpassend ist!)

Aber ich verkenne dabei nicht, dass die Probleme, die wir zu bewältigen haben, riesengroß sind. Es ist nicht meine Wahrnehmung, dass wir kein Problem hätten. Aber es ist etwas anderes, sachlich über das

Thema zu reden oder sich hier Stunde um Stunde die Verleumdung der Landespolitik anhören zu müssen. Darauf mussten wir heute einmal antworten.

(Beifall bei der SPD)

Eines kann ich Ihnen versichern, meine Damen und Herren: Wir werden die Bildung, die Arbeit und auch die Sicherheit in Niedersachsen finanzieren, und wir werden nicht zulassen, dass zuerst die politischen Großeltern aus der CDU in Niedersachsen fast 9 Milliarden DM aus der Förderabgabe ausgeben und dann auch noch Schulden machen können und dass dann wir Sozialdemokraten bei den Enkeln an den Schulen wieder einsparen sollen. Das werden wir nicht tun. Die Menschen in Niedersachsen werden nicht dafür büßen,

(Oestmann [CDU]: Das ist der Gipfel der Torheit!)

dass die CDU damals das BEB-Geld vergeudet und eben keine Rücklage daraus gebildet hat.

(Starker, nicht enden wollender Bei- fall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir liegen weitere Wortmeldungen vor. Der Ministerpräsident hat gut 18 Minuten länger gesprochen, als es vereinbart war.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Aber er hat nichts gesagt! - Frau Seeler [SPD]: Das war eben nötig!)

Deshalb werden wir im Folgenden mit der Redezeit großzügig umgehen. Ich erteile jetzt Herrn Kollegen Gansäuer das Wort, der zusätzliche Redezeit beantragt hat. Herr Kollege Gansäuer, ich erteile Ihnen bis zu zehn Minuten.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer die Probleme des Landes im Zusammenhang mit der BEB-Zahlung und den Schulden generell kennt, der muss sich schon wundern, dass hier ein Ministerpräsident mit einer so arroganten Selbstgefälligkeit redet.

(Beifall bei der CDU - Wulf (Olden- burg) [SPD]: Was?)

Es muss jeder selbst wissen, wie er sich hier darstellt.

(Zuruf von der SPD: Ganz genau so musste es sein!)

Aber hier ist ein Bild von nicht vorhandenen Problemen Niedersachsens gezeichnet worden, das mit der Realität des Lebens in diesem Land nicht mehr in Einklang zu bringen ist.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich persönlich könnte viele Argumente des Ministerpräsidenten noch verstehen. Allerdings haben sich die Sozialdemokraten, bevor sie die Regierung übernommen haben, nie so verhalten, wie dies heute in Reden von der CDU gefordert wird, verehrter Herr Möhrmann.

(Möhrmann [SPD]: Herr Kollege, umgekehrt!)

Ich erinnere mich gut an die Situation, als ich Vorsitzender der Haushaltsstrukturkommission war. Ich sage Ihnen auf Ehre und Gewissen: Der Heiner Aller hat jede Mark, die ich weggestrichen habe, draußen lauthals beklagt und hat in Hannover sogar noch die Protestdemonstrationen angeführt, als es darum ging, das Personal beim Landesversorgungsamt, das die Leute zu versorgen hatte, die im Krieg Schaden erlitten hatten und die schon weggestorben waren, zu verkleinern. Selbst da hat man sich - entschuldigen Sie bitte - nicht entblödet, diese Vorschläge zu kritisieren. Und Heiner Aller war immer dabei.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt muss ich es doch einmal sagen. Es hat einmal eine schöne Situation gegeben - er kennt sie ganz genau -, als wir beide beim Beamtenbund über die Finanzlage des Landes und die damit verbundenen Probleme geredet haben. Dann druckte der Beamtenbund in seiner Zeitschrift einen Bericht darüber ab. Darin steht:

„Der Oppositionspolitiker“

- das war er damals

„kritisierte verschiedene Entscheidungen der Landesregierung und beklagte deren Handlungsunfähigkeit angesichts des übermäßigen Schuldenmachens.“

Da kann man sich wirklich nur totlachen. Der wäre ja heilfroh, wenn er nur so wenig Schulden gemacht hätte wie wir damals.

(Beifall bei der CDU)

Dann folgt der Schlusssatz dieses Berichtes, den ich Ihnen doch noch mitteilen möchte:

„Wie man allerdings aus dem Haushaltsloch herauskomme, sagte leider auch Herr Aller nicht.“

Das hat sich bis heute nicht geändert, meine Damen und Herren. Das ist das Problem.

(Beifall bei der CDU)

Kommen Sie mir nicht mit der Opposition, die Ihnen jetzt aus der Bredouille helfen soll. Sie haben das früher an keiner einzigen Stelle ernsthaft getan. Wir haben ein paar Vorschläge vorgelegt, mit denen man nicht immer einverstanden sein muss. Es muss uns aber vor allem im Haushaltsausschuss gelingen - das sage ich mit allem Ernst -, eine ernsthafte Diskussion über die Zukunft des Landes zu führen.

Meine Damen und Herren, sehen Sie doch einmal, was sich hier angehäuft hat, einschließlich der Probleme wie den 700 Millionen für die EXPO, der 1 Milliarde für die BEB und des viel zu hoch geschätzten Bruttoinlandsproduktes. Der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukt wird auf 2,25 % geschätzt. Im Jahre 2001 hat der Wert 3 % betragen, war also achtmal geringer, als Sie in Ihre mittelfristige Finanzplanung geschrieben haben. Diese Finanzplanung können Sie einstampfen, die muss völlig neu geschrieben werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen noch etwas: Selbst wenn alle personalwirtschaftlichen Maßnahmen, die Sie ins Auge gefasst haben, tatsächlich durchgeführt werden - Sie haben ja einmal gesagt, Sie wollten in jedem Jahr 2 % einsparen; das ist alles nicht passiert -, werden die Personalkosten im Jahre 2007 noch einmal um 1 Milliarde gestiegen sein. Alles das kennen Sie.

Lieber Sigmar Gabriel, wir sind alle alte Hasen und wissen, wie Politik gemacht werden muss. Aber einen zarten Hinweis darauf, wie dieses Land irgendwann einmal aus der Schuldenfalle herauskommen soll, hätte ich mir eigentlich schon gewünscht!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dafür, dass der Ministerpräsident und die Sozialdemokraten auf die Schuldensituation des Jahres 1990 hinweisen, habe ich doch Verständnis. Das würde ich ja auch so machen. Aber das als Vorwurf zu formulieren, wäre nur dann gelungen und berechtigt, wenn man anschließend, nachdem man die Regierung übernommen hatte, keine Schulden mehr gemacht hätte. Dann wäre das berechtigt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber jetzt reden wir doch einmal über die Lage! Wie war das eigentlich? Ich habe hier die erste Regierungserklärung von Gerhard Schröder in der Hand. Darin hat er gesagt: Die letzte Landesregierung hat in den letzten vier Jahren 10 Milliarden DM Schulden gemacht. - Dann hat er weiter gesagt: Das war unvertretbar, und das wird sich niemals wiederholen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie haben in jeder Legislaturperiode mehr als 10 Milliarden DM Schulden gemacht!

(Beifall bei der CDU)

Herr Möhrmann, Sie schauen mich an. Ich verlange ja nicht, dass Sie unseren Maßstäben gerecht werden. Aber werden Sie doch bitte erst einmal Ihren eigenen gerecht. Das wäre ja auch schon einmal etwas.

(Beifall bei der CDU)

Weil ich gerade einmal dabei bin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Herr Wulff hat schon darauf hingewiesen, dass es diese Sondersitzung des Landtages wegen der Finanzsituation gegeben hat. Darüber hat die SPD auch ein schönes Buch gedruckt. Das habe ich noch in meiner Bücherei; das kann ich Ihnen mal geben. In dieser Debatte hat Joke Bruns erklärt:

„Das Land Niedersachsen befindet sich in der schlimmsten Finanzkrise seit seinem Bestehen.“

(Möhrmann [SPD]: Das hast du schon mehrmals zitiert! Das kennen wir schon von dir!)

Damals, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatten wir 25 Milliarden neue Schulden. Heute, nach Ihrer zwölfjährigen Verantwortung, haben sich diese Schulden mehr als verdreifacht. Was haben wir denn nun heute? Haben wir denn heute keine Finanzkrise mehr? - Ich habe eben gehört, dass wir hier in einem Schlaraffenland leben. Das war der Tenor des Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der CDU - Mühe [SPD]: Nein! Das war ein Hörfehler!)