Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 36 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung und in Vertretung der Wissenschafts- und Europaministerin die Sozialministerin Frau Drese.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In Vertretung der Kulturministerin Bettina Martin darf ich heute ihre Rede zum vorliegenden Antrag vortragen, in dem die Fraktion der AfD die Änderung der Landesverfassung beantragt. Der Denkmalschutz soll in Artikel 16 unserer Verfassung aufgenommen werden. In der Darstellung der AfD würde damit dann automatisch der staatliche Denkmalschutz gestärkt werden, sowohl was die Ausstattung an Fördermitteln als auch an personellen Kapazitäten angeht.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, diese Annahme ist so nicht richtig, denn anders, als es die AfD meint, würde eine Ergänzung von Artikel 16 weder die staatliche Förderung des Denkmalschutzes direkt stärken
Bereits heute sind in Artikel 16 Absatz 1 der Landesverfassung die Förderung und der Schutz der Kultur aufgeführt. Zwar ist der Denkmalschutz hier nicht explizit genannt, gleichwohl beinhaltet er als Grundaussage selbstverständlich auch den Schutz der Denkmale.
Noch mal, bei dem, was die AfD Fraktion hier fordert, handelt es sich um eine Staatszielbestimmung. Ebenso wie aus der heutigen Formulierung des Artikels 16 würden auch damit aus den jeweilig auferlegten Schutz- und Förderverpflichtungen als solche keinerlei subjektive Rechte, etwa auf Fördermittel, folgen. Mitnichten würde also per se auch nur 1 Euro mehr in den Denkmalschutz fließen, allein weil er in der Landesverfassung steht. Die Entscheidung, welche Haushaltsmittel fließen, obliegt so oder so dem Gesetzgeber, also diesem Hohen Haus.
Aber schauen wir uns die Situation einmal unabhängig von verfassungsrechtlichen Regelungen an. Die Mehrzahl der Denkmaleigentümer in Mecklenburg-Vorpommern sanieren und erhalten ihre Denkmäler aus eigenen Mitteln. Und dazu sind sie laut Denkmalschutzgesetz M-V auch verpflichtet. Dort heißt es nämlich in Paragraf 6 Absatz 1, dass die Erhaltungspflicht der Denkmale bei Eigentümern, Besitzern und sonst Unterhaltsverpflichteten liegt. Das Land kann dazu durch Zuwendungen beitragen. An dieser Konstellation würde richtigerweise auch eine Verfassungsänderung nichts ändern.
Und an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auch im Namen von Ministerin Martin den großen Einsatz hervorheben, den die vielen Besitzerinnen und Besitzer von Denkmälern und denkmalgeschützten Gebäuden in Mecklenburg-Vorpommern aufbringen, denn indem sie ihr Eigentum meist liebevoll sanieren, tragen sie erheblich dazu bei, die Kulturgüter unseres Landes zu pflegen und zu erhalten. Dafür dankt all diesen Engagierten die Landesregierung ausdrücklich. Für die Förderung dieses Engagements stehen im Landeshaushalt derzeit 2 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Hinzu kommt, dass eine mittelbare Förderung auch über Abschreibungen nach dem Einkommensteuergesetz erfolgt.
Sehr geehrte Abgeordnete, wie gesagt, die explizite Aufnahme des Denkmalschutzes in Artikel 16 der Landesverfassung hätte keine direkte Auswirkung auf die Höhe der staatlichen Förderung des Denkmalschutzes. Was aber sehr wohl direkten Einfluss auf die Praxis des Denkmalschutzes in M-V hat, ist das Denkmalschutzgesetz. Es ist als Ausführungsgesetz zu verstehen, das die vom Land in Artikel 16 der Landesverfassung formulierte Verpflichtung in Bezug auf Denkmale konkretisiert. Und genau da werden wir als Landesregierung auch ansetzen. Wir arbeiten derzeit im WKM an der Novellierung des Landesdenkmalschutzgesetzes. Diese Novelle wird den Denkmalschutz stärken und auch die Position derer stärken, die sich für den Denkmalschutz einsetzen. Unser Ziel ist es, den Referentenentwurf vor der Sommerpause vorzulegen. Kulturministerin Martin freut sich hier schon auf die Diskussion über dieses Vorhaben mit Ihnen in den kommenden Monaten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion legt heute einen Gesetzentwurf vor, mit dem die Verfassung geändert werden soll. Wir wissen, Verfassungsänderungen haben bei uns im Land sehr hohe Hürden. Es soll in Artikel 16 unserer Landesverfassung ein neuer Absatz 2 eingeführt werden. Dieser soll den Denkmalschutz als Staatsziel verankern. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, vielleicht noch mehr für den Denkmalschutz zu tun, muss ich doch darauf hinweisen, dass wir hier nicht über Überschriften oder Ideen abstimmen, sondern über ganz konkrete Anträge. Und dieser Antrag, meine Damen und Herren, missachtet grundsätzliche verfassungsrechtliche Prinzipien unseres Landes. Dazu komme ich gleich noch.
Zunächst möchte ich aber losgelöst davon darauf hinweisen, dass wir die Landesverfassung nicht mit einer Flut an Staatszielen überfrachten sollten. Aus guten Gründen – und wir feiern ja in diesem Jahr das 30-jährige Jubiläum der Landesverfassung –, aus guten Gründen sind in den vergangenen 30 Jahren erst zwei neue Staatsziele dazugekommen: der Artikel 17a und der Artikel 18a. Und, meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung als CDU-Fraktion, dass das Formulieren von Staatszielen immer einen gesellschaftlichen Dialog voraussetzt, an dem sich möglichst alle Teile der Gesellschaft beteiligen sollten, also herausfinden, ob ein neues Staatsziel auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens stößt oder auch nicht.
Dass das hier fehlt, begründet für sich aber noch keine Ablehnung. Das bringt mich, meine Damen und Herren, aber zum Hauptproblem. Anscheinend wurde der Antrag in aller Hast zusammengeschrieben. Und in dieser Hast haben Sie mal eben den Staatsaufbau Deutschlands und die Rechtsförmlichkeit vergessen. Der von Ihnen vorgeschlagene neue Absatz 2 lautet wörtlich, ich zitiere: „Die Denkmale der Kunst, der Geschichte und der Natur genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden.“ Zitatende. In genau der von Ihnen gewählten Bezeichnung „Staat“ liegt das Problem. „Staat“ meint nämlich den Bund und gerade nicht das Land Mecklenburg-Vorpommern. Und falls Sie es vergessen haben, wir sind hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und nicht im Deutschen Bundestag.
Und das sehen Sie, meine Damen und Herren der AfD, auch bei einem Blick in die anderen Staatsziele unserer Landesverfassung, denn dort wird ganz konkret das Land verpflichtet und eben nicht der Bund. Und dem Staat, also der Bundesrepublik, kann nicht über nachrangiges Recht ein Staatsziel, in Anführungsstrichen, aufgezwungen werden. Ein solches Vorgehen ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich nicht haltbar, und es verstößt auch gegen unser föderalstaatliches Prinzip der Normenhierarchie. Da hilft ein Blick ins Grundgesetz.
Abgesehen von Fragen des Föderalismus würde ich deswegen empfehlen, häufiger mal ins Grundgesetz zu schauen, um den Geist dieser Verfassung dann auch vielleicht abschließend zu verstehen, denn nach der Normenhierarchie steht die Landesverfassung unterhalb von Bundessatzung. Und der Wortlaut Ihres Antrages missachtet dies ganz entscheidend.
Und, meine Damen und Herren, wenn Sie schon an der Landesverfassung arbeiten wollen und Ideen haben, dann, finde ich, sollten Sie zumindest sich auch die Mühe machen, diese niedrigen Hürden der formellen Anforderungen hier zu meistern.
Und solange Sie das nicht können, sind wir auch nicht bereit, diese Vorschläge hier weiter miteinander zu diskutieren. Machen Sie Ihre Hausaufgaben! Arbeiten Sie handwerklich ordentlich! Und dann, in der Tat, gesellschaftlicher Diskurs über die Fragen der Landesverfassung ist aus unserer Sicht eine zentrale Voraussetzung. Und die Staatsziele sollten wir jetzt nicht hier regelmäßig im Jahresrhythmus ändern und anpassen. Da bedarf es einer grundlegenden Debatte vorweg. Die haben Sie nicht geführt, das hat vielleicht seine Gründe. Wir lehnen Ihren Antrag deswegen heute ab. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach der Denkmalbörse nun die Aufnahme des Denkmalschutzes in die Landesverfassung.
Dieser Antrag ist für mich und meine Fraktion wieder ein Ausdruck für das populistische Handeln Ihrer AfDFraktion. Nur wenige Tage …
(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Thore Stein, AfD: Populistisch?! – Zuruf von Enrico Schult, AfD)
Nur wenige Tage nach der Gründung des Denkmalnetzes M-V in Demmin, Herr Stein hatte ja auch schon darauf hingewiesen, wurde uns der vorliegende Antrag bekannt. Was war passiert?
Im Rahmen der sehr umfassend geführten Diskussion zur Gründungsveranstaltung des benannten Netzwerkes wurde unter anderem auch die Forderung aufgemacht,
den Denkmalschutz in die Landesverfassung aufzunehmen. Ich war bei der Veranstaltung persönlich anwesend und habe mich dort auch geäußert, aber wohl wissend, dass einer Verfassungsänderung tiefgehend auf den Grund zu gehen ist, es auszuloten ist, was spricht dafür, was spricht dagegen. Was soll die Zielstellung des Anliegens sein? Und ist die Verfassung dafür das geeignete Instrument? Und wie wir jetzt sehr deutlich beim Vortrag von Ihnen, Herr Stein, gehört haben, geht es Ihnen ja vorrangig um die Verhinderung des Windenergieausbaus.
Denn die Verfassung unseres Landes legt die allgemeinen Prinzipien und Grundrechte fest, während spezifische Regelungen besser in Gesetzen und Verordnungen zu regeln sind. Und das ermöglicht unter anderem eben auch eine leichtere Anpassung an sich ändernde Umstände und Rahmenbedingungen. Es ist zu prüfen, welche Folgen mit einer Verankerung in der Verfassung verbunden sind und ob sie anderen Verfassungszielen eventuell auch entgegenstehen.
Kurzum, die AfD will hier mit einem Schnellschuss agieren. Mein Vorredner Herr Ehlers hat das ja auch so eingeschätzt und wir sehen das auch so. Und dieser Schnellschuss wird der herausgehobenen Stellung der Verfassung in keiner Weise gerecht. Dazu kommt, dass es für Verfassungsänderungen im Parlament eine Zweidrittelmehrheit braucht und diese einen breiten demokratischen Diskussionsprozess voraussetzt.
Weiterhin ist klarzustellen, dass nicht alle unmittelbaren Handlungspflichten des Staates allein aus der Verfassung abzuleiten sind, schon gar nicht die finanzielle Untersetzung.
Die Ministerin hat hier auch schon sehr deutlich darauf hingewiesen. Um es ganz einfach zu sagen: Es gibt nicht automatisch mehr Geld, nur, weil es in der Verfassung steht.
Und gerade die finanzielle Ausstattung mit Fördermitteln wurde ja in Ihrer Problemdarstellung – zumindest die, die uns schriftlich vorlag – des Antrages als Hauptargument angeführt. Und was tut nun das Land, um den durchaus nachvollziehbaren Forderungen, insbesondere denen des Denkmalnetzes M-V nachzukommen? So stellt die „Demminer Erklärung“ im Kontext mit der Forderung der Aufnahme des Denkmalschutzes in die Verfassung fest – und das haben Sie nämlich nicht zitiert, Herr Stein –, dass viele Missstände im Denkmalschutz Umsetzungsprobleme sind. Auch diese Erkenntnis hatte die Koalitionspartner dazu bewogen, im Koalitionsvertrag zu vereinbaren, das Denkmalschutzgesetz zu novellieren, um den staatlichen Denkmalschutz zukunftsorientiert aufzustellen
An einer entsprechenden Novelle arbeitet das zuständige Ministerium gerade sehr intensiv, das haben wir auch gehört, und steht im engen Austausch dazu mit den unteren Denkmalschutzbehörden der Landkreise, also denen, die die Umsetzung vor Ort realisieren. Und gerade den Fragen der Umsetzung wird mit der Novelle besondere Beachtung geschenkt.