Protocol of the Session on January 26, 2024

Meine Fraktion hat Ihnen zum Schutz unserer Fischbestände diesen Antrag mitgebracht. Es geht, wie gesagt, um den Kormoran, und er war in den letzten Jahren ja auch regelmäßig Thema hier im Landtag und auch im Agrarausschuss. Gerade vergangene Woche haben wir uns von Minister Backhaus dazu beraten lassen. Sicherlich denken jetzt einige von Ihnen, na ja, wieder mal ein Tier, dem die FDP an den Kragen möchte. Aber lassen Sie uns zusammen mal auf die nüchternen Fakten blicken!

Laut Kormoranbericht – der ist ja gerade rausgekommen – 2022 beherbergt M-V nach wie vor den größten Bestand an Kormoranbrutpaaren aller Bundesländer, gerundet etwa 11.000. Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass M-V circa 50 Prozent des deutschen Kormoranbrutpaarbestandes auf sich vereint,

(Zuruf von René Domke, FDP)

alles in M-V, 50 Prozent. Im Bericht steht 60. Das haben wir mal kurz nachgerechnet, das stimmt so nicht. Also wenn man jetzt mal eine kleine mathematische Berechnung anstellt, bei 11.000 Brutpaaren ergibt sich eine Fraßmenge – so nennt man das – von 30 Tonnen Fisch am Tag. 30 Tonnen! Wenn wir das Ganze mal aufs Jahr hochrechnen, dann ergibt sich ein Fraßschaden für M-V von 10 Tonnen Fisch.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht von einem Fraßschaden von insgesamt 20 Tonnen in ganz Deutschland auch aus. Und das sind enorme Werte. Der Kormoran frisst in Mecklenburg-Vorpommern also in drei Tagen mehr Fisch, als alle bei uns ansässigen Fischer pro Jahr bei der Fischart Dorsch entnehmen dürfen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Regelmäßig debattieren wir hier über die Maßnahmen für die Fischerei in unserem Land. Wir schlagen Ihnen hier

heute konkrete Vorschläge, Maßnahmen zur Entnahme der Kormorane vor, und zwar, dass man die Verordnung auch einfach erweitert. Wenn wir es tatsächlich nämlich ernst meinen mit der Erholung unserer Fischbestände, insbesondere beim Dorsch und beim Hering, dann können wir doch nicht akzeptieren, dass gerade in den Kinderstuben der ehemaligen Butter- und Brotfische der Ostsee – die Rede ist hier vom Greifswalder Bodden – riesige Kolonien von Kormoranen beheimatet sind, die alles fressen, was ihnen vor den Schnabel kommt.

Andere Bundesländer machen es vor. Schleswig-Holstein hat im Vergleich zu M-V eine deutlich weitergehende Kormoranverordnung erlassen. Die entscheidenden Punkte sind hierbei, dass Kormorane auch in Küstengewässern und an Orten, an denen kürzlich Aalbesatzmaßnahmen stattgefunden haben, entnommen werden dürfen. Ich hoffe, jeder kann etwas mit Aalbesatz anfangen. Gerade unter dem Aspekt, dass die mit Abstand größten Kormorankolonien in Mecklenburg-Vorpommern in Küstennähe befindlich sind und ebenfalls umfangreiche Aalbesatzmaßnahmen durchgeführt werden, müssen wir auch diese Punkte wirklich dringend, dringend als ersten notwendigen Schritt in unsere Kormoranverordnung aufnehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Ansonsten, meine Damen und Herren, verkommen unsere Besatzmaßnahmen zu einem All-you-can-eat-Buffet, und das nur für den Kormoran, es ist einfach so. Und zum anderen wird die Erholung – und das ist wirklich besonders wichtig –, die Erholung unserer Fischbestände um Jahre zurückgeworfen. Wir müssen da ran! Und da gilt auch das Motto, was ich gern in anderen Fachbereichen nutze, wir haben die Möglichkeiten: Alles kann, nichts muss. Und die Fischerei hat auch darum gebeten, dass wir uns daransetzen. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 36 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat in Vertretung für den Landwirtschaftsminister ums Wort gebeten der Innenminister Herr Christian Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich den Kollegen Till Backhaus herzlich entschuldigen. Er bittet um Nachsicht, er ist weiterhin gesundheitlich erheblich angeschlagen. Ich grüße ihn von hier aus, wünsche ihm gute Besserung und bemühe mein Bestes.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, FDP und Dr. Harald Terpe, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vorliegende Antrag verweist unter Ziffer I allgemein auf den guten Zustand der Kormoranpopulation in Mecklenburg-Vorpommern sowie auf den Sachverhalt, dass bisherige Entnahmen sowie die Ausbrüche der Vogelgrippe keinen negativen Einfluss auf diesen Zu

stand hatten. Weiter bemüht der Antrag festzustellen, dass in Mecklenburg-Vorpommern die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft würden und mit Blick auf die Gesamtpopulation des Kormorans die Kormoranverordnung anzupassen sei.

Lassen Sie mich zunächst für den Landwirtschafts- und Umweltkollegen in Vertretung kurz auf den Trend des Kormoranbrutbestandes in Mecklenburg-Vorpommern eingehen. In den letzten fünf Jahren verlief die Entwicklung dieses Brutbestandes in Mecklenburg-Vorpommern wie folgt: 2019 hatten wir etwas über 15.100 Brutpaare in 17 Kolonien, 2020 13.200 Brutpaare in 19 Kolonien, 2021 10.740 Brutpaare in 20 Kolonien. Ab 2022 geht es ganz leicht nach oben, 2022 knapp 11.000 in 23 Kolonien und 2023 12.800. Wir kommen aber nicht näherungsweise an die Zahl des Jahres 2019, wo es über 15.000 gewesen sind. Wir haben es insoweit mit schwankenden Bestandszahlen zu tun, welche im Übrigen auch in etwa den Bestandsschwankungen im südwestlichen Ostseeraum folgen, also keine landesspezifische Frage sind, sondern offenbar den Lebensraum insgesamt berühren.

Die Höchstwerte aus den Jahren 2019 und 2016, die für Mecklenburg-Vorpommern jeweils bei über 15.000 Brutpaaren lagen, sind seit mehreren Jahren nicht mehr erreicht worden. Gleichwohl beherbergt – und jetzt will ich mich an 50/60 Prozent gar nicht festmachen – Mecklenburg-Vorpommern, sagt der Kollege, etwa 50 bis 60 Prozent des deutschen Kormoranbrutbestandes. Die Gründe dafür liegen aber nicht etwa in verschieden ausgestalteten Kormoranverordnungen, wie Sie zuweilen offenbar zu vermuten scheinen,

(Zuruf von René Domke, FDP)

vielmehr sind es die natürlichen Voraussetzungen und Gegebenheiten, welche die Größe sowie die Verteilung der Population im südwestlichen Ostseeraum sowie auch in Deutschland bestimmen.

Auch Bestandsschwankungen werden insbesondere durch natürliche Faktoren beeinflusst und bestimmt. So führen harte Winter zu einer erhöhten Mortalität respektive zu einer abnehmenden Fitness der Brutvögel und in der Folge zu Bestandsabnahmen, während die Brutbestände nach milden Wintern in der Regel zunehmen. Der Bestand sowie der Bruterfolg werden darüber hinaus auch von dichteabhängigen Regulationsmechanismen beeinflusst, zu gut Deutsch, wie viele Tiere sich in einer Kolonie befinden. Vereinfacht gesprochen, sagen mir die Kolleginnen und Kollegen, wird eine abnehmende Dichte von Brutvögeln einer Kolonie typischerweise zu einem zunehmenden Bruterfolg führen, wohingegen der Bruterfolg in einer dicht besetzten Brutkolonie typischerweise abnehmen wird.

Was die Auswirkung der Vogelgrippe betrifft, so weisen die bisherigen Erkenntnisse darauf hin, dass insbesondere Kolonien betroffen sind, in denen die Kormorane auf dem Boden oder niedrigen Büschen mit geringen Abständen der Nester brüten. Baumbrüterkolonien, in denen die Nestabstände größer sind, waren bislang nicht erkennbar.

Soweit der vorliegende Antrag nun insoweit darauf abstellt, dass mit Blick auf den günstigen Zustand der kormoranen Populationsentwicklung die Kormoranverordnung anzupassen sei, bittet der Kollege Umweltminis

ter zu berücksichtigen, dass eine Kormoranverordnung auf Grundlage des Paragrafen 45 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz nicht pauschal auf eine Reduzierung der Kormoranpopulation ausgerichtet werden kann. Wir können also nicht sagen, ich will ein Viertel nicht mehr oder 30 Prozent, mal abgesehen davon, dass ich die Zahl spannend fände, die Sie richtig finden, die man haben dürfte und die man nicht haben darf, losgelöst von der Frage, wie man sie erreicht. Aber genauso eine pauschale Reduktion ist mit der entsprechenden bundesgesetzlichen Maßgabe nach Überzeugung der Kolleginnen und Kollegen unvereinbar.

Die mit einer solchen Verordnung legitimierten Maßnahmen müssen vielmehr erforderlich und geeignet sein, um konkret belegbare fischereiwirtschaftliche Schäden abzuwenden. Ich glaube, die gleiche Diskussion ist hier vor einigen Wochen auch schon geführt worden in dem Kontext. Ich kann mich erinnern, dass man intensiver diskutiert, auch welche Fischarten der Kormoran an der Stelle verspeisen würde, wie also die jeweiligen Tonnenbeträge sich zusammenzählen. Das ist aber nur meine rudimentäre Erinnerung eines Laien.

Die Feststellungen der Ziffer I des vorliegenden Antrages sind in ihrer Gesamtverknüpfung vor diesem Hintergrund nicht schlüssig und ihnen kann daher aus Sicht der Fachleute nicht gefolgt werden.

Gleiches gilt in der Folge auch für die Ziffer II des Antrages, mit der die Landesregierung aufgefordert werden soll, die Kormoranverordnung zu evaluieren und die rechtlichen Möglichkeiten zur Entnahme von Kormoranen voll auszuschöpfen. Dazu geben mir die Kolleginnen und Kollegen Folgendes zur Ausführung an die Hand:

Konkret sind gemäß Kormoranverordnung MecklenburgVorpommern Entnahmen nicht am Brutgeschäft beteiligter Kormorane außerhalb von Naturschutzgebieten, Nationalparken und Brutkolonien und Schlafplätzen, an allen fischereiwirtschaftlich genutzten Binnengewässern und Teichanlagen und bis zu einem Abstand von 300 Metern zu diesen vom 1. August eines Jahres bis zum jeweiligen 31. März des darauffolgenden Jahres möglich. Insofern, sagen die Kolleginnen und Kollegen, sind auch Orte an solchen fischereiwirtschaftlich genutzten Binnengewässern eingeschlossen, an denen die im Antrag angesprochenen Aalbesatzmaßnahmen durchgeführt werden oder wurden, weil die innerhalb dieses 300-Kilometer-Radius liegen dürften.

Auch ist es gestattet, die Neugründung von Brutkolonien von Kormoranen in den genannten Bereichen durch Störungen in der Koloniebildungsphase im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. März zu verhindern. Für Küstengewässer – also nicht Binnenseen –, für Küstengewässer konnte hingegen keine hinreichend untersetzte Ableitung für den Nachweis konkreter, erheblicher oder ernster fischereiwirtschaftlicher Schäden erbracht werden, sodass diese im Rahmen der Kormoranverordnung M-V nicht berücksichtigt werden konnten. Die Kormoranverordnung unseres Landes schöpft insofern die rechtlichen Möglichkeiten für Maßnahmen aus, welche auf dem Wege einer Verordnung und ohne weitere Einzelfallprüfung realisiert werden konnten beziehungsweise realisiert werden können.

Unabhängig davon besteht die Möglichkeit – also neben dieser pauschalierenden Variante der Kormoranverord

nung –, daneben besteht die Möglichkeit, gegebenenfalls entsprechend begründete Ausnahmeanträge im Einzelfall für Fallkonstellationen zu stellen, welche nicht durch die Kormoranverordnung Mecklenburg-Vorpommern abgedeckt werden. In den vergangenen Jahren wurden für zwei Fischteichanlagen entsprechende Anträge zur Abwendung fischereiwirtschaftlicher Schäden gestellt und genehmigt, da hier aufgrund der Lage in Schutzgebieten nicht die Voraussetzungen nach der Kormoranverordnung vorlagen, jedoch der Nachweis für konkrete fischereiwirtschaftliche Schäden gleichwohl erbracht werden konnte.

Abschließend können auch noch einige Zahlen im Zusammenhang mit realisierten Abschüssen auf der Grundlage der hier im Bundesland bestehenden Möglichkeiten wie folgt genannt werden: Auf der Grundlage der Kormoranverordnung wurden im Jagdjahr 2022/23 185 Kormorane geschossen. Zum Vergleich: 2021/22 347, 2021 445, 2019/20 142, 2018/19 121. An den genannten Fischteichanlagen – das waren die besonderen Anträge – wurden im Jahr 2022 insgesamt 197 Kormorane erlegt. Im Vergleich dazu, 2021 waren es 623, 2020 waren es 477, 2019 waren es 834 und 2018 714 Kormorane.

Im Ergebnis kann hinsichtlich der Abschusszahlen auch festgestellt werden, dass insbesondere von den außerhalb von Teichanlagen bestehenden Abschussmöglichkeiten gemäß der Kormoranverordnung unseres Landes nach Einschätzung der Kolleginnen und Kollegen des Fachministeriums in vergleichsweise geringem Umfang Gebrauch gemacht wird. Die Gesamtsituation wird auch künftig weiter im Blick behalten und entsprechenden Prüfungen unterzogen, sodass bei sich ändernden Rahmenbedingungen auch Anpassungen der Rechtsgrundlagen erwogen werden können.

Hierzu, sagen mir die Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir unbesorgt sein. Wir bedürfen jedoch keiner gesonderten Aufforderung seitens des Landtages. Sie dürfen darauf vertrauen, dass der Kollege Till Backhaus und die Fachkolleginnen und -kollegen seines Ressorts dies konsequent im Blick behalten werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich wünsche eine erfolgreiche Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Für die Fraktion der AfD steht bei mir jetzt kein Name.

(Thore Stein, AfD: Ja, ich mach das mal.)

Ich sehe Herrn Thore Stein.

(Unruhe im Präsidium)

Also offiziell habe ich das nicht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wie ich bereits heute Morgen einführte, ich springe heute ein aufgrund der gesundheitsbedingten Ausfälle. Das ist ja kein Problem.

Ich will es kurzmachen, wir stimmen dem Antrag der FDP selbstverständlich zu. Wir haben ja als AfD die Problema

tik mit den Kormoranen gehört, die nicht seit gestern hier besteht, sondern seit vielen, vielen Jahren. Die Menschen im ländlichen Raum, die Fischer, die ja mittlerweile auch, so wie viele andere Berufsgruppen im ländlichen Raum, weit ab von der linken Wokeness irgendwie versuchen, über die Runden zu kommen, die werden von diesen Kormoranen massiv in ihrer Existenz gefährdet.

Wir haben die Brutzahlen, die Anzahl der Brutpaare gehört,15.000, und dagegen dann die wirklich lächerlichen Abschusszahlen in Höhe von 200 Tieren pro Jahr. Da muss man ja kein Experte sein, um festzustellen, dass diese Abschusszahlen überhaupt nicht ausreichen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

um die Population auch nur im entferntesten Maße auf ein erträgliches Niveau zu bringen, sodass eben die Menschen, die seit Jahrzehnten einem wirklich harten Broterwerb nachgehen, davon nachhaltig und auch für die nachfolgenden Generationen zielführend überleben können. Und wenn wir uns mal angucken, wie man mit dem Kormoran hier zu DDR-Zeiten umgegangen ist, das war wesentlich pragmatischer. Man hat ihn ja nicht komplett ausgerottet. Man hat gesagt, okay, wir haben aber auch Nutzungsansprüche im ländlichen Raum an die dort verfügbaren Ressourcen. Das waren eben die Fischbestände, und da wurde der Kormoran mit recht robusten, aber sehr erfolgreichen Methoden kleingehalten.

(Beifall Horst Förster, AfD)