Protocol of the Session on January 24, 2024

Weitere wichtige Faktoren für den Therapieerfolg sind die Qualität der Therapieeinrichtung, die Professionalität der Therapeuten sowie die Bereitschaft der Betroffenen, sich aktiv am Therapieprozess zu beteiligen. Grundsätzlich gilt aber, dass jede wirksame Suchttherapie für Minderjährige und ihre Erziehungsberechtigten einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen sollte, der psychische, emotionale und soziale Aspekte berücksichtigt.

Nichtsdestotrotz erschweren die sektoralen Grenzen und die unterschiedlichen Kostenträger bei der Refinanzierung, insbesondere der Rehabilitation, den familienzentrierten

Behandlungsansatz. Und es ist ja auch schon gesagt worden, das sieht man schon allein, dass es in unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern geregelt ist, Sozialgesetzbuch V ist angesprochen worden, und wir wissen aber auch, dass es unterschiedliche Kostenträger bei der Behandlung gibt.

Es ist prinzipiell so, dass Kinder eigentlich durch die Krankenkassen finanziert werden in ihren Behandlungsansätzen, Erwachsene häufig durch die Rentenversicherung, und die Rentenversicherungen, weil die den Ansatz haben, die Erwachsenen zu rehabilitieren, damit sie wieder in den Arbeitsprozess kommen, großzügigere Refinanzierungsmöglichkeiten haben. Und ich glaube, an der Stelle setzt der CDU-Antrag an, der nämlich sagt, da gibt es Hürden auf gesetzlicher Ebene und auf Refinanzierungsebene, die weggeschafft werden müssen, die beseitigt werden müssen. Und dieses Thema ist nicht erst in den Jahren jetzt oder in den vergangenen Jahren, sondern es ist ein jahrzehntelanges Problem. Ich selbst im Bundestag habe diese Diskussion erlebt und es war meistens so, dass sich die Kostenträger nicht einigen konnten. Also auch da muss etwas geschehen.

Insofern ist der Antrag, stößt in eine richtige Richtung, gesetzliche Grundlagen müssen geändert werden. Und ich habe ausgeführt, dass für bestimmte Familien dieser familienzentrierte Behandlungsansatz genau das Richtige ist, und das lässt sich auch durch internationale Studien belegen. Deswegen sind die Forderungen zu sagen, wir müssen auf Bundesebene, beispielsweise auch über den Gesundheitsausschuss des Bundesrates, dort auch noch mal den Boden dafür bereiten, dass gesetzliche Änderungen und Kostenträgerabstimmungen vorangebracht werden, und wir als Fraktion finden auch, dass es richtig ist, dazu auch einen Modellversuch oder ein Modellprojekt im Lande durchzuführen.

Ich weise darauf hin, auch da gibt es Möglichkeiten, wenn man das günstig organisiert mit den Krankenkassen, auch mit der Rentenversicherung zusammen und dem Innovationsfonds, der ja nach wie vor existiert, auch so ein Projekt dann gemischt zu finanzieren. Deswegen werden wir diesen Antrag der CDU unterstützen. Wir werden dem zustimmen, mit dem Ziel, nicht uns auseinanderzudividieren, sondern mit dem Ziel, etwas im Lande zu organisieren, das diesen Familien, die die Therapie brauchen, dann auch gerecht wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Katy Hoffmeister, CDU, Constanze Oehlrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Barbara Becker-Hornickel, FDP)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Becker-Hornickel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ja, Suchtprävention muss uns alle hier in M-V bewegen. Die Ereignisse in jüngster Vergangenheit haben das ja auch noch mal verdeutlicht. Wenn wir beispielsweise an den schrecklichen Vorfall in Altentreptow letztes Jahr denken, wird dies, glaube ich, mehr als klar, auch wenn wir daran denken, dass die Familie, die Eltern sich zuerst gar nicht mit dem Gedanken befassen konnten, dass das ihre

Tochter war. Das ist schon, denke ich, ja, darüber muss man nachdenken.

Auch die Untersuchung der Abwässer in unseren Städten hat nahezu erschreckende Ergebnisse zutage gefördert. Ich möchte an dieser Stelle jetzt aber gar nicht weiter auf die schockierenden Beispiele von Drogenmissbrauch eingehen, sondern nur verdeutlichen, welche Bedeutung Suchtprävention für die gesellschaftspolitische Entwicklung hat, und die Bedeutung wird angesichts der genannten aktuellen Entwicklung weiter zunehmen.

Auch ein Thema – darauf kommen wir hoffentlich heute noch – ist die FASD-Aufklärung und -Beratung. Das wird uns auch zu denken geben, aber dazu später mehr. Neben synthetischen Drogen bleibt der Alkoholmissbrauch und seine Folgen eine gravierende gesellschaftliche Herausforderung. Wir haben uns im Rahmen der Haushaltsberatungen an mehreren Stellen für die Suchtprävention starkgemacht. Wir haben uns sowohl für eine strukturelle Stärkung der Suchtberatungsstellen, der Selbsthilfegruppen als auch der FASD-Beratung eingesetzt.

Ich betone das aus zwei Gründen. Zum einen wird unserer Partei ja gerne die sogenannte soziale Kälte vorgeworfen, …

(Sandy van Baal, FDP: Unglaublich! – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Doch! Schaue ich mal nach links, habe ich selber erfahren dürfen, ein Vorwurf, den ich mit Verlaub als geradezu absurd betrachte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

… zum anderen, weil unsere konstruktiven Ideen zur Stärkung der Sozialpolitik auf Landesebene im Bereich Suchtprävention von der Regierungskoalition schlicht und einfach abgelehnt wurden. Hier muss sich Rot-Rot vielleicht einmal die Frage gefallen lassen, ob das viel betonte soziale Gewissen nicht doch manchmal nur auf dem Papier besteht und ab und zu für parteipolitische Zwecke hervorgeholt wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Wir jedenfalls sagen, eine wirksame und zielgruppenspezifische Sozialpolitik ist zusammen mit einer konstruktiven Bildungspolitik die Grundlage für den Wohlstand unserer Gesellschaft, und zwar nicht nur den Wohlstand im monetären, sondern insbesondere auch im gesellschaftspolitischen Sinne. Wir müssen die Suchtprävention in ihrem gesamten Spektrum ernst nehmen. Der Ansatz der CDU, sich auf die Familien und innerhalb der Familien zu konzentrieren, ist ein guter, ein wichtiger. Es ist nämlich wirklich höchste Zeit. M-V gehört nämlich zu den deutschlandweiten Spitzenreitern bei Suchterkrankungen. Das ist heute schon, glaube ich, von allen vorgetragen worden.

Und, meine Damen und Herren, Sie befinden sich gerade in der Suchthauptstadt der Republik. Schwerin hat mit 329 Fällen je 10.000 Einwohnern auf Kreisebene die höchste Rate an Suchterkrankungen in ganz Deutschland. Das Problem liegt direkt vor uns.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Wir brauchen nur vor die Tür zu gehen. Von daher, die Kollegen der CDU haben hier ein ganz wichtiges Thema aufgeworfen. Therapie- und Rehabilitationsleistungen in der Suchtmedizin sollen von Minderjährigen mit ihren Erziehungsberechtigten gemeinsam wahrgenommen werden können.

Und nun, Ihren Vorschlag, Herr Koplin, habe ich eigentlich so verstanden, dass es hier gleich mit dabei ist. Also insofern sehen Sie es so, als wenn ich jetzt Ihren Satz wiederhole, ja, in beide Richtungen. Und ich denke, dass der Beitrag der CDU hier auf Wege hinweist, und wir sollten dem folgen, um das Problem wirklich anzupacken. Ja, wir werden dem Antrag zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP und Ann Christin von Allwörden, CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Klingohr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie in dem vorliegenden Antrag festgestellt wird, sind Kinder aus suchtbelasteten Familien oftmals in besonderem Maße gefährdet, später eine eigene Suchterkrankung zu entwickeln. Folglich bedürfen diese Kinder eines besonderen Schutzes und für sie sind besondere Präventionsangebote notwendig.

Jedes Kind in Mecklenburg-Vorpommern soll gesund und sicher aufwachsen können, unabhängig von Herkunft und unabhängig vom Elternhaus. Die bereits 2019 formulierten Gesundheitsziele für Mecklenburg-Vorpommern halten daher unter anderem fest, dass Kinder und Jugendliche besonders vor dem Einstieg in den Drogenkonsum geschützt werden sollen. Dafür hat das Land unter anderem das Projekt KipsFam – die Ministerin hat es bereits ausgeführt – ins Leben gerufen. Ich finde, dass dieses Projekt sehr beachtlich ist, und von 2022 bis 2028 stehen dafür 5 Millionen Euro zur Verfügung, um Kindern und Jugendlichen aus psychisch belasteten oder suchtbelasteten Familien in Mecklenburg-Vorpommern Unterstützung zukommen zu lassen.

Die Thematik „Kinder aus psychisch und/oder suchtbelasteten Familien“ steht bereits glücklicherweise länger im Fokus wissenschaftlicher, sozialer und gesundheitlicher Betrachtungen. Bei uns im Land haben wir derzeit 46 Suchtberatungsstellen, die zum Thema „Alkohol und Drogen“ aufklären und Unterstützung bieten und geeignete weiterführende Hilfen wie Therapie und Rehabilitation vermitteln.

Mit Blick auf den Vorschlag, die bundesgesetzlichen Grundlagen anzupassen, um die gemeinsame Therapie von Kindern und ihren Eltern in der Suchtmedizin zu ermöglichen, ergibt sich im Moment folgender aktueller Sachstand: Ein interfraktioneller Antrag von SPD, GRÜNEN und den Unionsfraktionen, der 2017 im Bundestag verabschiedet wurde, legte einen besonderen Fokus auf psychische Erkrankungen und die dazu zählenden Suchterkrankungen und widmete sich allem voran der Problematik, dass Kinder aus suchtbelasteten Familien dem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, ebenfalls eine Suchtstörung zu entwickeln.

Die daraufhin eingerichtete Arbeitsgruppe unter Beteiligung der zuständigen Bundesministerin, relevanter Fachverbände und Organisationen sowie weiterer Sachverständiger erarbeitete einen 2019 veröffentlichten Bericht, der unter anderem die bestehenden gesetzlichen Grundlagen analysiert. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass sich im SGB V beispielsweise mit den sozialpädiatrischen Zentren, das ist der Paragraf 119 SGB V, oder der stationsäquivalenten psychiatrischen Versorgung, Paragraf 39 SGB V, zahlreiche Versorgungsangebote bereits jetzt finden, die für die Entwicklung familiensystemisch sensibler Behandlungssettings infrage kämen.

Diese könnten zu aufeinander abgestimmten Versorgungspfaden weiterentwickelt werden, Dr. Terpe hat es hier angesprochen, ohne dass dies derzeit unbedingt Gesetzesänderungen voraussetzte. An dieser Stelle sei auf die im Landeshaushalt auch noch einmal für dieses und das nächste Jahr eingestellten Mittel in Höhe von knapp 1 Million Euro für das neue SPZ in Greifswald hingewiesen, die wir sehr begrüßen.

Durch die Bemühungen auf Bundes- und Landesebene sind, wie gezeigt, viele Aktivitäten angestoßen worden. Die Herausforderung liegt nun darin, diese Vielfalt an Bestrebungen zu koordinieren. Es geht darum, diese Themen und Aktivitäten zu bündeln, Informationen zu sammeln und diese zugänglich zu machen. Die Landeskoordination übernimmt bei uns im Land der Landesverband Sozialpsychiatrie M-V e. V. An der Seite des Landesverbandes ist seit Oktober 2020 als Partnerin die GGP-Gruppe, die Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik. Diese Tandemlösung stellt sicher, dass bereits in der Koordination die Perspektiven, Systeme und Logiken sowohl der Gesundheitsversorgung als auch der Kinder- und Jugendhilfe Berücksichtigung finden.

Wie wir sehen, haben sich Bundestag und Bundesregierung und auch unser Land bereits eingehend mit möglichen gesetzlichen Anpassungen im Bereich der gemeinsamen Therapie von Kindern und ihren Eltern in der Suchtmedizin auseinandergesetzt und entsprechende Analysen und Empfehlungen liegen vor. Daran arbeiten wir natürlich weiter. An dieser Stelle in diesem Moment einen Arbeitsauftrag an den Bund zu richten, erscheint uns aus jetziger Perspektive daher nicht zielführend und wir werden den vorliegenden Antrag daher ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja ganz spannend, jetzt zuzuhören, wie Sie das Sozialpädiatrische Zentrum in Greifswald nennen. Da geht es nämlich um seltene Krankheiten, Frau Kollegin, also, und das ist ja eine Empfehlung gewesen, die in der Enquete-Kommission begründet worden ist. Und ich würde sagen, der Kollege Eifler, der ja nun im Ruhestand ist, hat dieses Thema besonders mit Herrn Heydorn vorangetrieben.

(Zuruf aus dem Plenum: So ist es. – Vizepräsidentin Elke-Annette Schmidt übernimmt den Vorsitz.)

Das hat jetzt aber nichts damit zu tun, Rehabilitation und stationäre Versorgung gerade für Kinder und Jugendliche und deren Eltern, die Suchterkrankungen haben, ob das nun psychischer Natur ist oder erworbener Natur ist oder auch angeborene, ja, Themen sind.

Also ich will sagen, Sucht und Rehabilitation sind zwei wichtige Themen. Und gerade die Frage der Versorgung von Kindern muss im SGB V geregelt werden. Und wenn ein Bericht im Deutschen Bundestag abgegeben worden ist, dann heißt das noch gar nichts. Entscheidend ist, dass daraus Handlungsempfehlungen für die Krankenkassen entstehen. Und deswegen sage ich noch mal, es wäre richtig, wenn das Land Mecklenburg-Vorpommern sich auf den Weg macht, ein Modellprojekt zu machen, das wissenschaftlich begleitet wird.

Und ich sage Ihnen auch, es gibt da auch einen sehr exzellenten Doktor, Dr. Herberhold, der ist Chef des Krankenhauses West für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Vielleicht, Frau Ministerin, fahren Sie da mal hin und gucken Sie sich das mal an, wie sozusagen die Kinder dort betreut werden. Dort findet keine Betreuung direkt mit den Eltern statt, sondern da geht es darum, dass man also gerade suchterkrankten Kindern Hilfe angedeihen lässt. Und die sind oftmals 12, 13, 15 oder 17 Jahre alt. Ich kann Ihnen nur empfehlen, fahren Sie mal hin, und dann können Sie sich da mal auch ein Bild von machen, welche Schicksale da zu erwarten sind. Und nur zu sagen, ja, wir sind im Dialog – im Dialog bin ich auch jeden Tag mit mir selbst oder mit meinen Kollegen

(Heiterkeit bei Christiane Berg, CDU)

oder mit Herrn …

(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU: Herrn Terpe.)

Na ja, Herrn Terpe, Herrn Dr. Terpe, so viel Zeit muss sein.

Also entscheidend wird doch sein, dass man am Ende den Gesetzgeber dazu bringt, das SGB V zu öffnen und dort eine ähnliche Situation herbeizuführen, wie es Mecklenburg-Vorpommern schon mal mit AGnES geschafft hat. VERAH ist ins SGB V aufgenommen worden, nachdem man vier/fünf Jahre dann auch die Dinge begleitet hat, wissenschaftlich evaluiert hat, dann hat man nachher auch den Widerstand der Krankenhausgesellschaft, der KVen gebrochen.

Und am Ende haben alle gesagt, ja, wäre ein gutes Ziel, darf nicht AGnES heißen, weil ja alle damit Agnes auf der Schwalbe verbinden aus DDR-Zeiten. Deswegen heißt es ja dann VERAH. Und da haben dann auch gerade Schwestern und diejenigen, die in Arztpraxen arbeiten, die Möglichkeit gehabt, dann über Telemedizin et cetera die Dinge voranzutreiben und auch die Begleitung von Älteren oder von Menschen, die besonderer Hilfe bedürfen, dann zu haben. Und gleichzeitig konnte man eben dann auch mit dem niedergelassenen Arzt dann auch durchaus kommunizieren über Bildschirm.

Und ich meine, Frau Martin, es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, wenn Sie in dieser Frage dieses Modellpro

jekt mit dem Finanzminister mal besprechen, um da auch eine gewisse finale materielle Unterstützung zu erlangen, und gleichzeitig aber eben auch die Ersatzkassen und die federführende AOK mit ins Boot zu holen, um hier tatsächlich im Land dann zu sagen, wir machen das mal drei Jahre und dann gehen wir in die Diskussion mit dem Gesetzgeber auf Bundesebene. Dann haben wir nämlich auch die Daten, die Erfahrungen et cetera.