Protocol of the Session on January 24, 2024

Und das ist jetzt ein dringlicher Appell an die rot-rote Koalition hier im Land: Wenn Sie die kommunale Selbstverwaltung wirklich ernst nehmen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

wenn Sie ihren Gestaltungsanspruch hier im Hause wirklich ernst nehmen, dann kommt dieses Gesetz, diese Kommunalverfassung anders raus aus den Ausschüssen, als es reingegangen ist. – Danke schön!

(Beifall Sebastian Ehlers, CDU – Beifall René Domke, FDP: Ja.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

An dieser Stelle – und da passt das vielleicht auch ganz gut, Kinder- und Jugendbeteiligung – begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule „Walter Karbe“ aus Neustrelitz. Seid uns recht herzlich willkommen!

Als nächste Rednerin rufe ich auf für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Martina Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also zunächst einmal stelle ich hier fest, dass die inhaltliche Kritik am Gesetzentwurf relativ, relativ schwach ist. Ich habe schon wesentlich stärkere Kritik an Gesetzentwürfen hier vernommen, sodass ich doch sehr hoffnungsvoll in die weiteren Beratungen schaue.

Mit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung des Kommunalverfassungsrechts heben wir aus meiner Empfindung heraus unser Kommunalrecht endgültig in das 21. Jahrhundert, allein, was die Sitzungsgestaltungsmöglichkeiten angeht. Mehr Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen, mehr Spielräume für die gewählten Vertreterinnen und Vertreter, wie gesagt, modernere Sitzungsformate, die Abschaffung der Altersgrenze für kommunale Wahlbeamtinnen und Wahlbeamte, das sind wichtige Bestandteile hin zu einem modernen Kommunalrecht.

Seit 1994 ist unsere Kommunalverfassung hier in Kraft und das letzte Mal umfassend wurde sie 2011 novelliert, schon in diesem Jahrhundert, in diesem Jahrtausend. Aber damals war man leider noch nicht so weit, dass man die Digitalisierung ernsthaft auch für Formate der Gemeindevertretungen, der Kreistagssitzungen ins Auge gefasst hätte. Nun ist es Zeit, unsere Kommunalverfassung an die Herausforderungen der aktuellen Zeit auch tatsächlich anzupassen. Wir haben es gehört, im selben Zuge werden wir auch durch eine entsprechende Ände

rung im Landes- und Kommunalwahlgesetz die Altersgrenze für Kandidierende zum Amt der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters im Hauptamt beziehungsweise der Landrätin oder des Landrats aufheben. Hier fragt man sich ja schon seit Langem, warum für ein Ehrenamt keine Altersgrenze gilt, für das Hauptamt gleichwohl. Ja, die aktuellen Vorhaben wollen wir mit den Kommunalwahlen im Juni in Kraft treten lassen.

Und zum Verfahren, das hier von Frau von Allwörden ja sehr kritisiert wurde, muss ich sagen, es ist ja lange bekannt, was wir als Koalitionsfraktionen, was wir mit unserer Landesregierung vorhaben.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es wurde ja nicht zu Unrecht auf unseren Koalitionsvertrag hingewiesen. Wir haben mehrere Diskussionen hier im Landtag gehabt zu Anträgen, die die Kommunalverfassung betrafen, und haben gesagt, wir machen eine große Novelle, wir machen das zusammen, nicht immer kleine,

(René Domke, FDP: Die haben wir aber nicht wieder gefunden, Frau Tegtmeier. Haben Sie gut versteckt.)

kleine Einzelschritte, sondern wenn, dann wollen wir das insgesamt machen. Und wenn man sich den … Also ich kannte den ersten Entwurf,

(René Domke, FDP: Was?! Da müssen Sie selber lachen.)

der ins Kabinett ging, und kann ihn vergleichen mit dem, was wir hier jetzt als Textfassung mit den Änderungen vorliegen haben, zumindest als Innenausschussmitglieder,

(René Domke, FDP: War das so schlecht, dass das so lange dauern musste?)

und ich kann Ihnen sagen, also es sind noch zahlreiche Veränderungen eingeflossen und umgesetzt worden.

(Torsten Renz, CDU: Da können wir ja so froh sein, dass es Sie gibt.)

Und aus meiner Auffassung ist dieses Verfahren eigentlich einmalig und beispielhaft,

(Tilo Gundlack, SPD: Aber so was von!)

dass die Landesregierung tatsächlich mit der kommunalen Ebene zäh verhandelt hat, ein ganzes Jahr lang abgewogen hat, erörtert hat und so weiter und so fort. Also da hat es wesentliche Veränderungen gegeben.

(René Domke, FDP: Aber wir müssen es ja nachher abstimmen.)

Gerade im Bereich der Mitwirkung und Teilhabe haben wir in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich meiner Auffassung nach schon früh die Möglichkeit der Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern ab 14 Jahren die Tür zu mehr Miteinander in der Kommune geöffnet. Also bei uns können ja Einwohnerinnen und Einwohner ab 14 Jahren zum Beispiel einen Einwohnerantrag stellen, damit sich die Gemeindevertretung mit einer bestimmten

Sache befasst. Oder aber auch Einwohnerinnen und Einwohner ab 14 Jahre – und das betrifft ja auch die Leute, die nur in der Gemeinde wohnen und nicht ihren Hauptwohnsitz haben oder auch noch keine Bürgerrechte haben –, auch die können bei uns in Ausschüssen bereits mitarbeiten.

Aber uns reicht das eben nicht aus. Wir wollen die Beteiligungsmöglichkeiten ausweiten. Und auch das ist kein Geheimnis, gerade was die Kinder- und Jugendbeteiligung angeht, haben wir das schon lange ins Auge gefasst und glauben tatsächlich im Gegensatz zu anderen, dass Kinder und Jugendliche ihre Ansprüche, ihre Wünsche sehr gut auch schon in den politischen Raum mit einbringen können. Und wo funktioniert das besser oder kann das besser funktionieren als auf der kommunalen Ebene, wo sie unmittelbar auch davon betroffen sind?

Und nicht weniger wichtig ist natürlich die Nutzung der digitalen Möglichkeiten im Bereich der kommunalen Sitzungsgestaltung. Dies ist vor allen Dingen für eine bessere Vereinbarung von Familie und Ehrenamt zu begrüßen. Das haben hier schon mehrere Vorrednerinnen und -redner gesagt. Aber ich glaube, dass die digitalere Sitzungsführung auch die Arbeit in den Vertretungen für Frauen attraktiver macht, was ich sehr wünschenswert finde, denn gerade die Kommunalpolitik hat auf Frauen noch größere Auswirkungen als auf Männer. Also für die Lebenswirklichkeit von Frauen ist sie noch von größerer Bedeutung, wenn es zum Beispiel um Kinderbetreuung, Bildungseinrichtungen, Sport- und Freizeitangebote in der Gemeinde geht

(David Wulff, FDP: Das wollen die Papas auch machen.)

oder die Sicherheit im öffentlichen Raum, was für ein ÖPNV dort angeboten wird und so weiter und so fort.

(Sebastian Ehlers, CDU: Für die Väter auch interessant.)

Und es wird ja oft beklagt, dass der Frauenanteil unter den Kommunalvertretungen, also in den Kreistagen und Gemeindevertretungen sehr gering ist. Das ist so, und dies kann eine gute Brücke sein, um das eben zu verändern.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ich weiß ja, dass es hier Kräfte in diesem Parlament gibt, die meinen, Frauen und Politik, das gehört nicht zusammen. Ich bin genau der gegenteiligen Auffassung,

(Tilo Gundlack, SPD: Jawoll!)

und ich glaube, meine Fraktion ist das auch.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und es ist auch eine Forderung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, die digitalen Gestaltungsmöglichkeiten auszubauen, ebenfalls, um Frauen halt mehr für Kommunalpolitik auch nicht nur zu interessieren, sondern ihnen den Weg dazu etwas leichter zu machen.

Und die Gleichstellungsbeauftragten sollen ja in diesem Gesetz ebenfalls gestärkt werden. Und ich habe auch in

der Vergangenheit, seitdem wir die Gleichstellungsbeauftragte in der Kommunalverfassung verankert haben, schon sehr, sehr viel Kritik an diesen Regelungen gehört und gelesen. Aber so einen Unsinn wie den von Herrn Schneider habe ich noch nie gehört, das ist wirklich einmalig, und ich kann nur sagen, zum Glück.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und das trifft übrigens auch auf die Aussagen zu den Beiräten zu. Dass Sie das nicht wollen, das ist schon klar. Immer, gerade auch, wenn es zum Beispiel um Wahlalter 16 ging und so, haben Sie sich ja klar positioniert. Sie wollen nicht, dass auch Kinder und Jugendliche schon mitsprechen dürfen.

(Stephan J. Reuken, AfD: Nein, wollen wir nicht! Die Kinder sollen hier nicht mitsprechen.)

Die Nutzung digitaler Sitzungsformen ist natürlich auch attraktiv für jeden anderen und jede andere auch. Hier geht es oftmals ganz schlicht und einfach um die Ersparnis von Zeit. Der Weg zum Kreistagssaal kostet ja manchmal wirklich viel Zeit. Natürlich müssen dabei digitale Sitzungen rechtssicher abgehalten werden, Einwohner/-innenrechte müssen gewahrt bleiben und die Abstimmungen dürfen nicht manipuliert werden können. Aber aus den Erfahrungen, insbesondere der letzten Jahre, wissen wir ja, dass technisch das alles lösbar ist.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Unstimmigkeiten, auch unterschiedliche Meinungen zu den Vorschriften der Verhältniswahl bei Ausschusssitzungen. Die hier gefundenen Regelungen, Ausschusssitzungen im Zuteilungs- und Benennungsverfahren zuzuteilen, werden maßgeblich dazu beitragen, viele Diskussionen ganz einfach überflüssig zu machen. Daneben – das hatte der Minister schon gesagt – beinhaltet der Gesetzentwurf im Interesse der Rechtssicherheit eine Vielzahl von Klarstellungen und Ergänzungen, die teilweise auch im Haushaltsrecht Vermögensrecht, bei der wirtschaftlichen Betätigung und die interkommunale Zusammenarbeit der Kommunen betrifft. Dass Ortsteilvertretungen künftig auch direkt gewählt werden können, war auch ausdrücklich ein Wunsch aus der kommunalen Ebene, insbesondere aus der Hansestadt Rostock kam dieser Wunsch. Das ist aufgenommen worden, finde ich auch sehr gut.

(Rainer Albrecht, SPD: Eine sehr schöne Stadt. Sehr lebenswert.)

Und auch für Ämter ist die Option eröffnet worden, einen Hauptausschuss zu bilden, was teilweise Beschlussfassungen, wenn es wirklich eilt, auch einfacher ermöglichen soll.

Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dass hauptamtliche Bürgermeister und Landräte nach Beamtenrecht in den Ruhestand gezwungen werden können, ist in meiner fast 18-jährigen Tätigkeit oder Landtagszugehörigkeit häufig diskutiert worden und ich wette darauf, dass es auch schon vorher der Fall war. Also unserer Auffassung nach ist die Zeit jetzt endlich reif dafür, die Altersgrenze gänzlich abzuschaffen.

Also noch mal zusammengefasst, ich will nicht alles noch mal wiederholen,

(Torsten Renz, CDU: Das wäre mal interessant.)