Protocol of the Session on November 10, 2023

In 18 Fällen sind laut Hof die Auswahlverfahren nicht mit sogenannten Konkurrentenmitteilungen beendet worden.

Dann ist es eben auch kein Wunder, dass niemand klagt, wenn nämlich gar niemand so gut informiert wird.

Ein weiteres Problem ist das Verkleinern der Bewerberkreise. In 20 Fällen waren sachliche Gründe für minimierte Bewerberkreise nicht zu erkennen. Nur bestimmte Behörden kamen für die Ausschreibung infrage oder befristet Beschäftigte wurden ausgeschlossen. Und ich will das jetzt auch nicht alles komplett verdammen, denn in einigen Fällen wird da sicherlich über Jahre schon angedacht gewesen sein, dass bestimmte Beamte quasi für gewisse Posten reif gemacht wurden, oft musste es sicherlich auch schnell gehen und eine fehlende Besetzung hätte noch weit mehr Ärger verursacht. Aber dann braucht doch eigentlich auch niemand Angst zu haben, wenn diese Bewerberkreise größer sind, dann wird sich doch sowieso der Bessere dort durchsetzen.

Der Oberkracher ist aber für mich das Thema Gleichstellung. Wir haben hier Leitfiguren im Land, die wirklich mit einer, ja, fanatischen Stutenbissigkeit daran arbeiten, dass gut dotierte Posten mit Frauen besetzt werden. Das kann man politisch machen. Aber wieso wurde in 17 Fällen beispielsweise kein Hinweis zur Teilzeit gegeben und eine Mitwirkung durch Gleichstellungsbeauftragte verhindert? Will man denn eigentlich doch keine Frauen haben auf diesen Posten? Vielleicht ein Thema am 8. März für Frau Oldenburg, für Frau Brüdgam und für Frau Schwesig, die dann in ihren Festreden darüber reden können, warum das hier im eigenen Bereich nicht umgesetzt wird?!

(Paul-Joachim Timm, AfD: Unglaublich!)

Und auch im finanziellen Bereich gab es Ärger, Stichwort „Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes mit leitender Funktion in der Erprobungszeit“. Der Landesrechnungshof prüfte und gab bekannt, dass in 30 Fällen eine solche Zulage nicht rechtmäßig war.

Was machen wir jetzt damit? Wir als AfD-Fraktion wollen hier eine klare Erwartungshaltung kundtun:

Erstens. Wir erwarten von der jetzigen Regierung und auch von den zukünftigen Regierungen, dass jegliche Art von Nepotismus unterlassen wird. Es schadet unserem Land, wenn weniger Qualifizierte in höhere Posten kommen.

Zweitens. Generell muss es wieder zur Regel werden, dass ausgeschrieben wird. Die Stellenausschreibungen müssen auch verbessert werden, nicht immer nur intern ausschreiben in Ministerien, die lange Jahre vielleicht in fester Hand einer bestimmten Partei waren. Warum wird nicht zum Beispiel bundesweit ausgeschrieben? Warum holt man sich nicht zum Beispiel mal externen Sachverstand rein aus der freien Wirtschaft, den man dann noch anleitet auf diese Beamtenlaufbahn?

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Das ist alles möglich, Herr Dahlemann.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wenn man jeden als Lehrer, jeden Seiteneinsteiger hier gut qualifizieren kann, dann kann man das auch in der Verwaltung, davon gehe ich fest aus.

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Und drittens. Wir brauchen eine Art Plum Book für Mecklenburg-Vorpommern, man kennt dies aus den Vereinigten Staaten: eine Übersicht über die politisch beeinflussten Stellen und Personen in der Verwaltung – dies müssen wir auf M-V zuschneiden –,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

eine Übersicht, wo dann alle eingesetzten Staatssekretäre, beauftragten Koordinatoren aufgelistet werden und alle von der Ministerpräsidentin genehmigten Mitarbeiter im höheren Dienst. So stellen wir Transparenz her. So können die Mitarbeiter in der Verwaltung auch ins Gespräch kommen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Dies gilt auch beim Personal.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thore Stein, AfD: Richtig!)

Und viertens. Wir brauchen generell weniger Einmischung der Ministerpräsidenten und Parteien. Der Fachkräftemangel wirkt auch in der Verwaltung, in Parteien und Politik, und wir können es uns nicht leisten, Posten noch nach Parteibuch zu besetzen. Es muss auch in der SPD ein Umdenken stattfinden, dass nicht jeder Hinz und Kunz, der im Parteikreisverband vielleicht mal loyal war

(Patrick Dahlemann, SPD: Das ist eine Frechheit!)

oder auf einer Holzobstkiste auf dem Marktplatz eine Rede gegen rechts gehalten hat,

(Patrick Dahlemann, SPD: Das ist eine Frechheit!)

auf einmal einen netten Posten bekommt.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Das muss aufhören!

Deshalb fordern wir ganz klar: Wir brauchen einen freien Rechtsstaat, der das beste Personal für die notwendigen Stellen heraussucht. Staatssekretäre, Beauftragte, Koordinatoren und Spitzenbeamte müssen sorgfältig ausgewählt werden, und das gilt auch für die Landesunternehmen. Wir wollen keinen autoritären Linksstaat, in dem das Parteibuch und blinder Gehorsam ganz oben stehen, damit sich einige Oligarchen einer roten Nomenklatura ungestört die Taschen vollmachen können. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thore Stein, AfD: Sehr gut!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

An dieser Stelle weise ich den Begriff „Stutenbissigkeit“ als unparlamentarisch zurück.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Paul-Joachim Timm, AfD: Aber „Holzkisten“ sind in Ordnung?!)

Als Nächster hat das Wort der Innenminister Herr Christian Pegel.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: „Stutenbissigkeit“ ist unparlamentarisch?! Dagegen würde ich klagen. Oder wir machen eine Ältestenratssitzung. Was soll denn der Scheiß?!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin dieses Hohen Hauses! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich immer über sachliche Diskussionen zu sachlichen Fragen. Das ist ja in der Einbringung auch schon einmal kräftig versucht worden – leider deutlich erfolglos, Herr Schmidt. Schade, denn dieses Thema hat in der Tat eine differenzierte Debatte verdient.

Worum geht es sachlich dem Grunde nach? Der Landesrechnungshof hat mit seiner abschließenden Prüfungsmitteilung aus dem August 2023 die Ordnungsmäßigkeit ausgewählter Stellenbesetzungsverfahren für herausgehobene Dienstposten, insbesondere die Abteilungsleitungen, die dort angesprochen sind, der B-Besoldung – das sind einfach die Besoldungsstufen für Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter – in der Landesverwaltung geprüft. Beanstandet wurde im Ergebnis insbesondere, dass Auswahlentscheidungen bei den Spitzenpositionen dieser B-Besoldungen nicht ausreichend dokumentiert, zu gut Deutsch, nicht hinreichend umfänglich in Akten veraktet und erforderliche Führungskräftefortbildungen nicht absolviert worden waren. Des Weiteren äußert der Landesrechnungshof Sorgen, ob in allen Fällen die vom Grundgesetz vorgegebene Bestenauslese nach Artikel 33 Grundgesetz tatsächlich hinreichend realisiert werden konnte.

Die Landesregierung hat zu den Prüfergebnissen des Landesrechnungshofes ausführlich Stellung genommen. Einige Beanstandungen des Landesrechnungshofes wurden durch die Landesregierung selbstredend zum Anlass genommen, geltende Vorschriften und Abläufe zu hinterfragen und zu ändern.

Zu einigen, aber sehr wesentlichen Kritikpunkten, sehr geehrter Herr Schmidt, wurden seitens der Landesregierung bereits im Prüfungsverfahren gegenüber dem Landesrechnungshof klar abweichende juristische Positionen vertreten und auch begründet, so auch von mir. Ich freue mich auf diese intensive juristische Auseinandersetzung von uns beiden, dann aber bitte juristisch und sachlich! Und da müssten wir ernsthaft Jura miteinander machen.

Zu einigen Prüfungsanmerkungen des Landesrechnungshofes gern folgende detaillierte Hinweise:

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Anzeige ist raus.)

Die Staatskanzlei …

Nur zu, nur zu! Aber dann machen Sie es, dann machen Sie es am Sachverhalt fest! Dann lassen Sie uns über einzelne Punkte diskutieren, da machen wir Jura, dann machen Sie mit einem Juristen gern Jura.

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Staatskanzlei hat sehr klar signalisiert, die Regeln für die Vorlagen der einzelnen Ministerien an die Staatskanzlei – weil Sie nach Punkten gefragt haben, die wir

anpacken, die wir ernsthaft versuchen auch anzugehen –, für die Vorlagen entsprechend eine Überarbeitung vorzunehmen und diese verstärkt auf deren Vereinheitlichung hin zu überprüfen. Damit soll die Zusammenarbeit mit den Ressorts im Rahmen der Personalplanung gestärkt werden. Gleichzeitig soll damit auch die Transparenz von Auswahlentscheidungen für Führungsfunktionen in der Landesverwaltung verbessert werden.

Weiterhin wurde bereits vor dem Abschluss des Prüfverfahrens die Erforderlichkeit der vor der Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion zu absolvierenden Führungskräftefortbildungen überprüft, die vor der Novellierung im Jahr 2022 in der Allgemeinen Laufbahnverordnung einen Umfang von 60 Stunden vorsah. Zu gut Deutsch, Sie mussten 60 Stunden Fortbildung machen, wenn Sie Führungsfunktionen übernommen haben.

Die Prüfung des Landesrechnungshofes stellt für Zeiträume vor 2022 ab. Mit der Änderung des Landesbeamtengesetzes im Jahr 21 werden nur noch deutlich herausgehobene Leitungsfunktionen in der öffentlichen Verwaltung zu Ämtern mit leitender Funktion bestimmt. Da hat also eine Änderung in dem stattgefunden, was man als solche Funktionen definiert. Somit handelt es sich bei den betroffenen Beamtinnen und Beamten regelmäßig um Führungskräfte, die bereits Führungsfunktionen wahrgenommen haben, bevor sie in die neue Rolle eintreten, sodass ihre Führungskompetenz über einen längeren Zeitraum beobachtet und praktisch auch erprobt werden konnte. Damit ist die Idee der früheren Verordnung – noch mal: geändert, dass jungen, in Führungsaufgaben neu auftretenden Kräften umfängliche Fortbildungsangebote für Führung an die Hand gegeben werden müssten – für diese Personengruppe nicht mehr relevant.

Der in jedem Fall abzuleistenden Probezeit in dem Amt mit leitender Funktion kommt bei der Bewertung der aktuellen Leistungen eine weit größere Bedeutung zu. Die Allgemeine Laufbahnverordnung bestimmt aber natürlich weiterhin – das ist mir wichtig –, dass Erwerb, Erhalt sowie Fortentwicklung von Qualifikation für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben eine herausragende Bedeutung zukommen.

Weiterhin – und das ist der Punkt, auf den Sie insbesondere abzustellen scheinen – ist durch den Landesrechnungshof besorgt worden, dass bei den geprüften Verfahren in einigen Fällen die Bestenauslese nach Artikel 33 Grundgesetz nicht hinreichend realisiert worden sein könnte. Dieser Grundgesetzartikel sieht vor, dass jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleicher Zugang zu jedem öffentlichen Amte zu gewähren ist – abgebildet bei uns im Land im Landesbeamtengesetz. Nach Paragraf 9 Absatz 1 eben dieses hiesigen Landesbeamtengesetzes sollen – ja, „sollen“ dürfen Sie in Anführungszeichen setzen – Bewerberinnen und Bewerber durch Stellenausschreibung ermittelt werden. „Sollen“ ist kein Muss, auch ohne Jurist zu sein, relativ naheliegend: zwei verschiedene Verben.

Daher sind in begrenztem Rahmen Ausnahmen möglich, wie sie in der Allgemeinen Laufbahnverordnung in Paragraf 4 ausdrücklich vorgesehen sind. Es gibt also eine untergesetzliche Verordnungsnorm, die genau Ausnahmen von dieser Ausschreibungspflicht vorsieht. Paragraf 4 Nummer 2 dieser allgemeinen Laufbahnverordnung regelt nämlich, dass keine Pflicht zur Stellenausschreibung

unter anderem für Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, aber auch für Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter in den obersten Landesbehörden – zu gut Deutsch: in den Ministerien – besteht.

Es handelt sich bei dem in dieser Ausnahme angesprochenen Funktion auf der einen Seite bei den Staatssekretärinnen und Staatssekretären um politische Beamte, bei denen die fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Zielen und Ansichten der jeweiligen Regierung gefordert wird. Da sie aber auch Bezug nimmt auf Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter, ist die Frage: Was ist dort Sinn und Zweck? Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter der obersten Landesbehörden werden eben genau gemeinsam mit diesen politischen Beamtinnen und Beamten in der gleichen Norm, an der gleichen Stelle, in der gleichen Weise, mit der gleichen Ausnahme genannt. Ihre gemeinsame Nennung verdeutlicht, dass der Verordnungsgesetzgeber auch bei diesem Personenkreis das Einstellungsverfahren erleichtern wollte.

Eine vorab erfolgende Beschränkung – von Ihnen angesprochen – des ansonsten im Wege der Ausschreibung zu ermittelnden Kreises der Beschäftigten ist nach dieser Ausnahme nicht nur zulässig, sondern durch den hiesigen Verordnungsgesetzgeber sogar erkennbar ausdrücklich gewollt. Dafür gibt es im Übrigen auch nachvollziehbare Gründe, die den Gesetzgeber hierzu veranlasst haben dürften. Die herausgehobene Stellung in den Abteilungsleitungen findet sich, wenn Sie eben genauer hineinschauen, im Organisationsgefüge eines Ministeriums gewissermaßen an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung. Das setzt schon aus Gründen der Funktionsfähigkeit der Regierung ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Hausleitung und diesen Spitzenbeamten voraus. Diese erkennbare gesetzgeberische Wertung ist selbstverständlich im Rahmen der an den Kriterien des Artikel 33 Grundgesetz orientierten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen.