Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich entschlossen, noch mal Punkte aufzugreifen, weil Herr Domke ja zu Recht sagt, das ist immer nicht ganz leicht zu sehen, was gehört eigentlich zum Papier und was sind die allgemeinen Diskussionen, wobei wir ja jetzt im Folgepunkt noch eine andere Debatte haben werden und Sie haben Ihren angesprochen. Ich würde gerne trotzdem einordnen, dass wir heute eine sehr fokussierte Diskussion geführt haben auf die finanziellen Auswirkungen des gestrigen Beschlusses, nicht selten garniert mit Kritik daran, dass alle nur übers Geld reden. Dann müssen wir uns auch selber an die Nase fassen, auch hier hat die Diskussion ums Geld einen ganz starken Fokus gehabt. Der ist im Übrigen noch nicht von der Hand. Die finanziellen Herausforderungen sind erheblich.
Aber ich würde gern noch einmal wiederholen, was man vielleicht gar nicht oft genug wiederholen kann, zumindest nehme ich das wahr, wenn ich beim NDR reinhorche, wenn ich andere Bundesländer höre: In diesem Bundesland – und das ist keine Erfindung der letzten 18 oder 24 Monate, sondern muss schon 2015 oder 2016 mit breitem Konsens in diesem Hohen Hause beschlossen worden sein – gibt es ein Flüchtlingsaufnahmegesetz, das nur in ähnlicher Weise Bayern bereithält, das ein bisschen zugespitzt lautet, alle mit der Unterbringung, Betreuung und Verpflegung verbundenen Aufwendungen der Kommunen trägt eins zu eins in Spitzabrechnung das Land.
Die Diskussionen, wenn man schaut, was in der Vorbereitung der Ministerpräsidentenkonferenz geführt worden ist, führen dann dazu, dass man einmal kurz sich gewahr wird, was wir da wiederum für eine gemeinsame Grundlage haben, die sehr positiv als Zusammenarbeit ist, weil in anderen Bundesländern die Situation völlig anders sich abbildet. Es gibt zwei Varianten, die eine ist, prozentual von Anfang an bewusst nur einen Teil zu geben, und die zweite ist, mit Pauschalen zu arbeiten. Beides führt dazu, dass Kommunen erheblich aus eigenen Mitteln dann für diesen Bereich Leistungen tätigen müssen, das heißt, bei zunehmenden Unterzubringendenzahlen der kommunale Haushalt massiv mitbelastet wird. Genau das tun wir hier nicht, sondern es ist der Landeshaushalt, der dann aber – das kann Heiko Geue besser als ich – in den letzten Jahren natürlich erheblich in die Vorleistung oder in die Leistung geht, und das im Zweifel im Übrigen auch nur begrenzt berechenbar, weil die Zahlen sich eben nicht mit anderthalb Jahren vorausplanen lassen.
Noch einmal: Die finanzielle Entlastung der Kommunen ist in diesem Bundesland breit getragen, von verschiedenen Regierungen eingeführt und immer gehalten, vorbildlich gemessen an dem, was andere Bundesländer, denen es finanziell viel, viel besser geht als diesem Land, ihrerseits tun. Von daher, eine große Baustelle haben wir dem Grunde nach nicht, trotzdem kämpfen wir mit dem Bund um Geld, weil der Landeshaushalt natürlich gerne auch Entlastungen an der Stelle hätte.
Zweite große Überschrift: Das, was wir jetzt diskutiert haben, ist in dem Papier so viel. Und dann kommt die nächste halbe Seite und mehrere folgen, denn diese Diskussionen in der Ministerpräsidentenkonferenz haben selbstverständlich sich umfänglich auch mit Fragen befasst, wie beschleunige ich Verfahren.
Und dann kann ja Herr Domke sagen, Sauerei, hätte er längst tun müssen. Das tut man nach meiner Überzeugung permanent, aber es lässt sich auch alles nicht so ganz einfach herbeischnipsen. Eine Sorge würde ich Ihnen aber gerne nehmen, weil die eben anklang: Asylanträge, Flüchtlingsfragen werden nicht von den regionalen, lokalen, kreislichen Ausländerbehörden gelöst, sondern von einer zentralen Bundesbehörde, dem BAMF, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlingsfragen. Und
Das ist aber auch aus deren Sicht, würde ich mal zur Entlastung der Kolleginnen und Kollegen sagen, nicht ganz einfach. Wenn sich Zahlen verdoppeln, die ich bearbeite, dann fahre ich in der Zeit auch nicht mal eben die Mitarbeiterzahlen hoch, sondern muss auch dort die Prozesse nachsteuern. Das ist jetzt vornehmliche Aufgabe des Bundes. Gleichwohl noch einmal, ja, Sie können es aber auf Landesebene nicht lösen, wenn eine Bundesbehörde klugerweise diese Anträge bearbeitet. Sie können dort natürlich helfen mit Digitalisierungsprozessen, die aber – und das gehört dann, und auch das habe ich versucht, in die MPK hineinzuspielen – längst begonnen sind.
Erstens 2015/2016, weil Sie sagen, wir haben nichts gelernt, klar haben wir gelernt. Wir haben 2015/2016 umfangreiche Datenbanken eingeführt, die es damals noch nicht gab, die europaweit funktionieren, EURODAC zum Beispiel, als eine Formulierung. Der Versuch ist also, wenn ich hier jemanden feststelle, für Dublin-III-Verfahren relevant, hatte der vielleicht schon eine Durchreise oder sogar einen Asylantrag in Griechenland, in Italien, Österreich, in Polen, das alles war 2015/2016 nicht feststellbar,
selbst unter den Bundesländern nicht, ist aber längst europaweit synchronisiert und funktioniert. Aber es führt eben nicht dazu, dass der nächste Schritt,
dass der nächste Schritt der Bearbeitung in dem gleichen Verfahren stattfindet, denn der findet jetzt in den einzelnen Nationalstaaten statt. Und da haben wir miteinander eben Software, die es längst gibt, gemeinsame Aufgaben.
Zweitens. Die zentrale Ausländerregistrierung, die momentan im Übrigen auch wegen der europäischen Datenbanken – und da sind wir auch sehr gut Deutsch – seit vielen Jahren eben in einem Verfahren funktioniert für unsere ausländerrechtlichen Verfahren,
in einem zweiten Verfahren parallel funktioniert, weil wir europaweiten Austausch treiben, die aufeinander zu synchronisieren ist nichts,
Im Übrigen, die hohe Digitalisierung, die OZG-Leistung – ich glaube, das Land Brandenburg macht das federfüh
rend – ist soweit, dass wir hier in Schwerin die Pilotierungen vornehmen, also ebenfalls wieder bei den „Einer-fürAlle“-Leistungen gucken, was hat Brandenburg dort vorbereitet, und das, was dort vorbereitet ist, ziehen wir auch gerne hier in die Ausländerbehörden. Aber es muss dann erst umgesetzt werden.
Drittens. Jetzt werden wir sehr kleinteilig, das mag profan sein, aber zuweilen ist eben praktisches Arbeiten kleinteilig. Die Datenbanken, auf die wir aufsetzen, sprich die verschiedene Software, die es gibt, aufeinander gleich zu gestalten, ist momentan auch nicht im Vorbeigehen zu machen. Auch da, lerne ich, sind die Ausländerbehörden aber längst unterwegs, bundesweit unterwegs. Das sind aber am Ende die gleichen, …
Herr Minister, sehen Sie denn sich dazu in der Lage, sieht sich die Landesregierung dazu in der Lage, sich der Protokollerklärung von Thüringen anzuschließen? Da ist ja der eine Teil die Finanzierung, aber der andere Teil eben auch die Forderung nach einem Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik und auch eine klare Ablehnung der Verlagerung von Asylverfahren an die EUAußengrenzen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn die Ministerpräsidentin das gestern gewollt hätte, wäre sie gestern der Protokollnotiz beigetreten. Ich halte sie an mehreren Stellen nicht für das, was wir hundertprozentig teilen, denn unsere Regelanweisung ist der Antrag, der Beschluss dieses Hohen Hauses von vor sechs Wochen. Und der spiegelt ein unterschiedliches Bild wider, genau wie im Übrigen gestern der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz. Er hat eine finanzielle Komponente, er hat eine klare verfahrensbeschleunigende Komponente, er hat eine migrations-/integrationsfördernde Komponente, er hat eine klare Arbeitsmarktkomponente. Die fehlt leider im gestrigen MPK-Beschluss deutlich, wird aber in der Diskussion weitergehen. Und er hat auch eine Komponente, wie gehe ich mit denen um, die keine Bleibeperspektive haben.
Ich habe den Eindruck, viele Diskussionsbeiträge heute und auch die Protokollnotiz, die Sie ansprechen, versuchen sich auf eines zu konzentrieren: Wir haben uns letztes Mal bewusst getraut, so würde ich behaupten, als koalitionstragende Fraktionen einen Antrag vorzulegen, der den 180-Grad-Blick bemüht auch an Themen, die uns eigentlich wehtun, die unsere Mitgliedschaft nicht immer gerne mag. Wir haben gesagt, wir machen genau den Gesamtblick, und dieser Gesamtblick ist nach meiner Überzeugung in der Protokollnotiz nicht abgebildet.
Meine Damen und Herren, ich komme aber zurück zu dem, was ich eben gesagt habe. Der Antrag vom letzten Mal und auch der MPK-Beschluss von gestern berühren diese verschiedenen Felder. Noch einmal: Die finanzpolitische Frage ist bei uns weniger dramatisch. Abschiebungsfragen sind bei uns nicht anders.
Und um auf Herrn Domke einzugehen, es gibt längst eine Zentralisierung im Landesamt für innere Verwaltung. Aber das nützt Ihnen nichts, wenn Sie in gewisse Länder gar nicht zurückbringen können. Dann können Sie auch bundesweit zentralisieren, Sie kommen da an Grenzen. Auch da hat die Ministerpräsidentenkonferenz gestern bewusst Verabredungen getroffen. Das Stichwort „Afghanistan“ ist zumindest ausdrücklich gefallen, zumindest für eine kleine Truppe, und nur um die geht es. Die meisten Afghaninnen und Afghanen haben hier einen Flüchtlingsstatus. Aber die sehr kleine Gruppe, und das ist mir wichtig zu sagen, das sind absolute Einzelfälle, die uns dann in der öffentlichen Wahrnehmung Schwierigkeiten bereiten. Wenn jemand schwerstkriminell immer wieder straffällig wird, wenn jemand sich als Gefährder erweist, müssen wir eine Chance haben, mit denen umzugehen. Das gelingt uns aber nur, wenn die Bundesregierung uns an der Stelle Brücken schlägt. Und Sie haben es angesprochen, da werden diejenigen, die diese Migrationsabkommen schließen, eine Rolle spielen.
Zu guter Letzt, die Migrationsabkommen sind mehr als reine Rückführungsabkommen. Das ist mir wichtig. Indien zeigt das. Es geht immer darum, die durchaus gewollte Arbeitsmigration, die der Bund weiterhin unterstützt und mit neuen Gesetzen unterlegen wird, ebenso im Blick zu haben wie mögliche Rückführungen. Wir haben längst zentralisiert. Aber noch einmal, die vielen Alltagsprobleme, die wir bei einigen Ländern haben, die nicht zurücknehmen, werden wir nur lösen können, wenn der Bund uns hilft. Auch dazu gibt es Verabredungen, von daher viel mehr als Geld, was gestern diskutiert wurde. Auch der Punkt spielt eine Rolle.
Der Punkt der Außengrenzen, von Ihnen angesprochen, ist dann, glaube ich, in der Protokollerklärung und als Bundesvorhaben erwähnt, ist nicht das, wo wir sagen, darauf stützen wir uns. Die Kritik war, ihr verlasst euch darauf, das passiert und löst alle Probleme. Nein, aber auch das ist als Perspektive zumindest eine Diskussion wert, im Übrigen noch einmal mit der Frage, ob damit nicht endlich ein europäischer Standard in Unterbringung, in Verfahren kommt, der uns in manchen europäischen Nachbarländern deutlich lieber sein darf als das, was wir zum Teil momentan erleben.
Um das mal deutlich zu fokussieren: Wer in Griechenland einen Asylantrag erfolgreich durchgebracht hat, kann trotzdem in Deutschland nach der Rechtsprechung noch einen zweiten stellen, weil die Rechtsprechung davon ausgeht, dass Griechenland keine hinreichend menschenwürdigen Unterbringungssituationen gewährleistet. Da wären wir mit einem gemeinsamen europäischen Standard und Kontext nicht schlecht beraten, wenn wir genau an der Stelle helfen. Das hilft uns auch in Deutschland, wenn dort gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Und auch das kann Europa gemeinsam leisten.
Umgekehrt, auch das gehört dazu, Litauen und Polen sind selbstverständlich EU-Außengrenzen-Länder. Das war irgendwo kritisch angeklungen. Wir haben mit der litauischen Innenministerin intensiv dazu gesprochen und
die sagt uns sehr deutlich, dass sie davon ausgeht, dass Weißrussland das ein Stück weit als hybrides Mittel der Einflussnahme auf Europa versteht, dass Flüchtlingsströme organisiert werden. Und dann ist, glaube ich, auch richtig, dass sich eine EU-Außengrenze genau gegen so etwas wehrt und ein Signal sendet, dass wir nicht solche hybriden Vorgehensweisen akzeptieren, sondern damit umgehen. Das ist keine Form von inhumanem Umgang mit Migration, sondern ein klares Signal an diejenigen, die Migration versuchen als Waffe einzusetzen, um Zwietracht in Europa zu säen. Wir haben ein gutes und großes gemeinsames Interesse, uns als Europa an der Stelle nicht spalten zu lassen. Und die Litauerinnen und Litauer haben da ein sehr klares Bild, dass sie das auch tun, um uns ein Stück weit Schutz zu gewähren.
Und zu guter Letzt will ich auf die beiden Kollegen in Sachsen und Brandenburg abstellen, weil die Frage angeklungen war, ich glaube von der CDU, bin mir aber nicht ganz sicher, es kann auch sein, dass Herr Tadsen das ansprach, beide haben – und auch das bildet sich erneut im MPK-Beschluss ab – gebeten, dass die Bundesinnenministerin prüft, ob das, was Richtung Österreich aus Deutschland heraus passiert, nämlich Binnenkontrollen, stärkere Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums, in Europa eigentlich ein No-Go, dort aber seit geraumer Zeit angewendet, um irreguläre Migrationsströme besser erkennen zu können, ob das auch in Brandenburg und Sachsen angewendet wird. Und die Frage ist: Warum seid ihr als Landesregierung nicht genauso laut? Die Antwort ist eine ganz einfache: Weil an den Grenzen offenbar tatsächlich Geschehnisse passieren, wiederum unter der Überschrift, ein bisschen hybride Kriegsführung an den Außengrenzen, nein, in Grenzen aber nach Polen Entwicklungen vonstattengehen, die wir hier nicht haben. Und ich kann mich nicht auf eine Entwicklung, die an unserer Grenze nicht stattfindet, berufen.
Im Übrigen, in Abstimmung mit der Bundespolizei sind wir uns einig, die haben wir an unserem deutsch-polnischen Grenzabschnitt nicht. Brandenburg und Sachsen beschreiben aber ein extrem höheres Aufkommen, ein offenbar teilgesteuertes Aufkommen aus Weißrussland, das auf uns zulaufen soll. Und von daher ist die Bitte dort gewesen, die Bundesinnenministerin, die Bundespolizei möge dieses Problem in den Blick nehmen. Und noch einmal: Der Beschluss gestern sagt ausdrücklich, die Bundesregierung wird sich genau das jeweils auch für andere Bereiche anschauen.
Der Beschluss ist sehr umfänglich. Er enthält eben gerade bewusst Integration, Finanzierung, Fragen der Verfahrensbeschleunigung und Fragen, wie gehe ich mit Abschiebungen um. Ich glaube deshalb, die Kritik zu sagen, der sei nur kurz und es ginge nur um Geld und sei in Wahrheit gar kein Migrationsgipfel gewesen, ist falsch.
Und im Übrigen, das vielleicht zum Abschluss, den haben 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam getragen. Da waren beinahe alle parteipolitischen Farben dieses Hohen Hauses dabei. Das ist die Bitte von Frau Shepley, auch der grüne Ministerpräsident hat keine Protokollnotiz abgegeben,
auch der grüne Ministerpräsident hat das mitgetragen. Es scheint also, dass alle sagen, da ist eben ein großes 180-Grad-Paket drin,
und deshalb können alle damit gut umgehen. Das löst kein Problem morgen, aber es nimmt alle Probleme einmal an, und das war das wichtige Ziel. – Vielen Dank!