Und, Herr Domke, Sie haben ja selber davon gesprochen, dass es ein Teilaspekt sei, der die Gesamtproblematik Rückführung anspricht, und dass wir dort in dieses Gesamtsystem Ordnung reinbringen wollen. Und wenn wir das aber effektiv – „konsequent“, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben – tun wollen, dann müssen wir auch die sicheren Herkunftsstaaten ausweiten, weil wir dort auch eine nicht ganz kleine Gruppe von Personen haben, die aus diesen Ländern kommt.
Und ich kann dazu, hatte ich in einem anderen Redebeitrag auch schon angesprochen, noch mal Zahlen liefern: Allein aus Tunesien sind seit Beginn des Jahres 25.000 Personen aufgebrochen, 20.000 weitere wurden an einer Abfahrt gehindert. Wir haben auch in der Erstaufnahmeeinrichtung Stern Buchholz durchaus ja Erfahrungen mit Straftätern, die aus Tunesien und Georgien stammen. Und da ist also das Land auch durchaus in einer Situation, wo man vielleicht konkret tätig werden sollte.
Ein konkretes Beispiel, auch das ist schon angesprochen worden, der Intensivtäter Bilel Z.: In 30 Fällen bricht er das Gesetz, darunter mehrfach Körperverletzungsdelikte. Auch diese Person kam ja aus Tunesien, auch diese Person hat mehrfach einen Asylantrag gestellt. Immer wieder ist er in das System reingekommen. Und die Landesregierung konnte auf Anfrage von uns nicht einmal beantworten, wie viele Asylanträge das dann im letzten Fall waren. Und da immer wieder sich von vorne in diese Frage hineinzuversetzen, das ist, denke ich, wenn wir über das Thema „schwere Straftäter“ – und nichts anderes ist die Person – reden, dann müssen wir auch da versuchen, handlungsfähiger zu werden.
Und dass das Thema nicht von der Hand zu weisen ist und uns auch durch die nach wie vor ja unkontrollierte Migration begleitet, sehen wir auch daran, dass es vor Kurzem eine Warnung gab von Leuten aus dem hochrangigen Bereich der Sicherheitsbehörden, von den Bundesbehörden, Verfassungsschutz et cetera, die ganz aktiv vor Hochrisikogefährdern gewarnt haben, die jetzt auf dem Weg nach Deutschland sind.
Und wer sagt Ihnen denn, dass sie nicht in M-V landen?! Die schmeißen ihren Pass vorher weg, gehen rein und machen sich dann da mit einem Fantasienamen irgendwie ein Asylverfahren und dann müssen wir halt schauen, wie wir mit diesen Leuten umgehen. Und da eine Ermittlungsgruppe zu haben, die auch konsequent mit anderen Behörden im föderalen System zusammenarbeitet, die auch mit der kommunalen Behörde zusammenarbeitet, das ist, glaube ich, durchaus der Situation gegenüber sehr angebracht.
Ja, ein persönliches Beispiel vielleicht noch, um das Thema Syrien auch noch mal einmal kurz anzusprechen. Also wenn Sie mal persönlich mit solchen Leuten reden, die auch Opfer solcher Straftäter geworden sind, wenn man denen in die Augen schaut, dann ist das doch auch ein Grund, das nicht einfach wegzuschieben und hier auch eine sachgemäße Debatte zu führen. Ich hoffe sehr, dass die FDP unserem Änderungsantrag auch offen noch mal argumentativ entgegentritt, weil wenn Sie das Problem wirklich für Mecklenburg-Vorpommern umfassend angehen wollen, Herr Domke, dann sollten Sie diese beiden Fragen zumindest hier einmal kurz besprechen und darauf eine Position abgeben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag der FDP wird die Landesregierung aufgefordert, die Rückführung ausreisepflichtiger Straftäterinnen und Straftäter und Gefährderinnen und Gefährder konsequent zu verfolgen. Dieser Aufforderung können wir uns sehr gut anschließen. Das hat die CDU-Fraktion nicht erst seit Monaten mehrfach nachdrücklich gefordert, sondern auch schon im Grunde seit Jahren. In der letzten Wahlperiode habe ich nachweislich mehrere Reden gehalten, in denen ich das deutlich gefordert habe.
Außerdem soll die Landesregierung eine gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe für ausländische Straftäter nach dem Vorbild Hamburgs schaffen und die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Mit dieser Aufforderung habe ich allerdings meine Schwierigkeiten, und ich sage Ihnen auch, aus welchen Gründen.
Ich habe den Bericht im „Hamburger Abendblatt“ vom 20. März 2023 auch gelesen, der offensichtlich eine Grundlage Ihres Antrages zu sein scheint. In einer Sondereinheit der Hamburger Innenbehörde mit Namen „Gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe für ausländische Straftäter (GERAS)“ arbeiten je drei Vertreter aus der Innen- und der Ausländerbehörde zusammen in Fällen, in denen Hamburg ein Ausweisungsinteresse sieht. Aufgabe dieser Sondereinheit soll unter anderem sein, Verbrechen zu verhindern. Die schleswig-holsteinische FDP hat nach dem Bericht die Struktur gelobt und gefordert, „statt sich um die Masse der hier lebenden Ausländer zu kümmern“, die zwar ausreisepflichtig, aber integriert seien, solle man sich „auf die konzentrieren, die straffällig geworden“ seien.
So einfach ist es meines Erachtens nicht. Dass bei der Durchführung der im Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und FDP vereinbarten Rückführungsoffensive das Land Mecklenburg-Vorpommern mit einer Ermittlungssondereinheit einen Beitrag für die Umsetzung leisten kann und überhaupt darf, das denke ich nicht. Und dass eine behördenübergreifende Ermittlungsgruppe in Hamburg überhaupt eingesetzt wird, könnte ein Indiz dafür sein, dass die Strukturen innerhalb der Innen- und Ausländerbehörde dort eventuell noch nicht konsequent ausgebaut wurden, um Abschiebungen in dem Maße umsetzen zu können, wie es nötig ist.
Und es nützen auch weitere Ermittlungseinheiten nichts, wenn Rückführungen als rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gar nicht, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen – Entschuldigung – gar nicht möglich sind, meine Damen und Herren. Der Innenminister hat es bereits mehrfach vorgetragen, es fehlt teilweise an Rückführungsvereinbarungen der Bundesrepublik mit Herkunftsländern, oder diese weigern sich schlichtweg, eigene Staatsbürger wiederaufzunehmen. Es gibt gesundheitliche oder rechtliche Gründe, die in der Person selbst oder in den Zuständen im Herkunftsland liegen, die einer Abschiebung entgegenstehen oder aber auch aus humanitären Gründen dieses unmöglich machen. Personen haben keine Staatsangehörigkeit und damit kein Herkunftsland oder sie entziehen sich schlicht einer Rückführung, indem sie untertauchen und nicht mehr auffindbar sind.
Grund für die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland ist vor allem das Ausbleiben der von SPD, GRÜNEN und FDP in ihrem Koalitionsvertrag angekündigten Rückführungsoffensive. Der Bund ist in der Pflicht, diese mehrfach angekündigte Rückführungsoffensive für Menschen ohne Bleiberecht zu realisieren, so, wie es SPD, FDP und GRÜNE in ihrem Vertrag vereinbart haben. Illegale Einreisen nach Deutschland und in die EU sind von vornherein zu verhindern. Es sind Rücknahmeabkommen zu schließen und die Rückführung ist konsequent durchzuführen. Ein schöner Dreisatz!
Wir verstehen und unterstützen die Intention Ihres Antrages sehr, geehrte Kollegen und Kollegen der FDP. Wir sind bei Ihnen, wenn es darum geht, Straftäter und Gefährder schnell und konsequent in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Wir sehen aber die Notwendigkeit, die personellen und sachlichen Möglichkeiten der Einrichtung und die Erfolgsaussichten einer gemeinsamen Ermittlungs- und Rückführungsgruppe für ausländische Straftäter in M-V nicht und werden Ihren Antrag aus diesem Grunde ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war doch schon etwas überrascht, als ich den Titel des Antrages gelesen habe, weil ich den Initiator derartiger Anträge eher etwas weiter rechts im Parlament vermutet hätte.
dass Sie zu Recht den Punkt vorangestellt haben, dass Mecklenburg-Vorpommern ein Einwanderungsland ist.
Wir können jetzt semantisch werden und darüber streiten, was Optimierung bedeutet, aber es bleibt, dass es die FDP ist, die kriminelle Ausländer noch schneller loswerden möchte.
Diese Themensetzung ist wohl ein gelungenes Beispiel für eine zweifelhafte Diskursverschiebung, die dem rechten Rand die Themen und die Wähler streitig machen möchte, schlussendlich aber nur deren Narrative nacherzählt und die hetzerischen Originale damit aufwertet.
auf die Kurzintervention von Herrn Förster verweisen, will Ihnen aber doch auch noch mal sagen, wie ich dazu komme.
Erstens. Sie suggerieren mit Ihrem ersten Punkt, dass Behörden in Mecklenburg-Vorpommern inkonsequent seien, ohne in der Begründung und auch in der Rede auch nur einmal darauf einzugehen und zu erklären, wo dies im Land der Fall ist. Da muss ein Fall aus SchleswigHolstein herhalten, der gerade zeigt, wie begrenzt die Möglichkeiten der Länderbehörden teilweise sind, und ich bezweifle, dass eine Koordinierungsgruppe zu Ihrem gewünschten Erfolg geführt hätte.
Zweitens lassen Sie all die vielfältigen Umstände weg, die dazu führen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Rückführung bei diesem kleinsten Teil der Menschen, die zu uns kommen, scheitert oder erschwert ist und nicht in der Hand der Behörden unseres Landes liegen. Die Kollegin Frau von Allwörden hat all diese Gründe gerade exemplarisch aufgeführt.
Und drittens führt die Fokussierung auf diesen Teilaspekt – und das ist der Hauptkritikpunkt – zu einer verzerrten Wahrnehmung im Gesamtbild. Und das sollte nicht im Interesse von Demokratinnen und Demokraten sein, aber dazu später noch mehr.
Dass dies auch noch der Wahrung des Rechtsstaates dienen soll, stimmt mich dann eben noch bedenklicher. Ich habe bereits in der Debatte zur Einrichtung von Sonderdezernaten die Definition des Rechtsstaates dargelegt und ich mache es gerne noch mal, auch vor dem Hintergrund, dass dieser Begriff derzeit recht inflationär und in meinem Empfinden fast schon missbräuchlich hier im Haus verwendet wird. Die Grundrechte müssen in einem Rechtsstaat gewahrt bleiben. Das bedeutet, dass Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln dürfen und staatliche Entscheidungen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können. Das zeichnet einen Rechtsstaat aus,
und nicht, losgelöst von Ihrem konkreten Anliegen den Staat gesetzlich oder materiell robust aufzurüsten. Und das bedeutet auch, dass der Rechtsstaat eben nur gegenüber dem Staat und staatlichen Stellen durchgesetzt werden kann, indem man vor allem gerichtlich darauf dringt, dass die Grenzen, die staatlichem Handeln durch Gesetze gesetzt sind, nicht überschritten werden. Und darum geht es: Handeln in gesetzlich normierten Grenzen, das ist rechtsstaatliches Handeln, das ist Rechtsstaat. Was und wie innerhalb dieser Grenzen gehandelt wird, ist den staatlichen Stellen überlassen.
Meine Damen und Herren, ich habe mich gefragt, was soll dieser Antrag, wem soll er helfen. Würde die Einrichtung einer gemeinsamen Ermittlungs- und Rückführungsgruppe beispielsweise die Kommunen in ihrer derzeitigen Situation entlasten? Das sehe ich nicht, denn die Zahl der entsprechenden Delinquenten, also Intensivtäter und Gefährder, hält sich in Grenzen, sodass auch der
Aber es ist eben die Frage, ob praktische Auswirkungen eh zweitrangig sind. Sie hoffen, dass sich die gesellschaftliche Akzeptanz für Migrationsbewegungen steigern könnte, wenn diejenigen, die wiederholt oder besonders negativ auffällig werden, direkte und nachhaltige Konsequenzen, nämlich ihre Ausweisung zu spüren bekommen. Aber, meine Damen und Herren der FDP-Fraktion, das ist eben längst Gesetzeslage und es wird auch praktiziert.
Es will hier niemand leugnen, ja, es gibt Personen, die immer wieder mit den Strafverfolgungsbehörden in Kontakt kommen. Und ja, es sind diese Fälle, die dann ein Bild in der Öffentlichkeit verzerren können. Aber nun so zu tun, als wären die Behörden untätig untereinander und würden sich Informationen vorenthalten, ist nicht richtig.
Die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen zum Beispiel regelt schon jetzt, dass die Ausländerbehörden beziehungsweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über die Einleitung von bestimmten Ermittlungsverfahren und über Verurteilungen von ausländischen Personen und Asylbewerbern informiert werden. Über weitere Möglichkeiten wie die Einführung eines Fast-Lane-Verfahrens haben wir erst auf Antrag der Koalitionsfraktionen im März diskutiert.
Ich sehe somit nicht die Dringlichkeit zur Einrichtung einer gemeinsamen Ermittlungs- und Rückführungsgruppe. Was ich jedoch sehe, ist, dass die Voraussetzungen in Hamburg sehr andere waren, die zur Einrichtung der Abschiebe-Soko führten. Ein Hauptaugenmerk sollte dort auf der schnelleren Abschiebung von mutmaßlichen Tätern liegen, um die Drogenszene insgesamt zu schwächen. Ob die Ermittlungsgruppe in dieser Hinsicht ein Erfolgsmodell ist, mag ich bezweifeln. Aber was ich sehr kritisch sehe, ist, dass Sie mit Ihrem Antrag suggerieren, dass es in Mecklenburg-Vorpommern ein massives Kriminalitätsproblem mit abschiebefähigen Personen gäbe, indem Sie eine Rückführungsoffensive mit dem Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger in der Polizeilichen Kriminalstatistik begründen. Das ist Populismus.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – René Domke, FDP: Die Statistik ist ein Fakt.)