Protocol of the Session on May 11, 2023

Nein, es geht uns in der Tat nicht nur, es geht uns auch um die, es geht uns aber um die derzeit 300.000 Ausreisepflichtigen, die in der Bundesrepublik sich aufhalten, es geht uns um diejenigen, welche vom Balkan, die trotz Wiedereinreisesperre einreisen. Ich habe eine Statistik gelesen: aus Serbien 47 Prozent, aus Nordmazedonien, ein bisschen abgestuft und so weiter, aber trotzdem deutlich über 30 Prozent. Um diese Leute geht es, die die Wiedereinreisesperren ignorieren. Die wollen wir alle im Blick behalten. Es geht nicht darum, ne …

Formulieren Sie doch bitte eine Frage!

Die Frage ist, warum Sie das nicht im Blick behalten, warum Sie das nicht, ich sage mal, zur Kenntnis nehmen, dass wir eben nicht nur uns auf eine kleine Gruppe fixieren.

(Julian Barlen, SPD: Ja, weil es nicht so ist.)

Vielen Dank für die Frage!

Ich habe es eben versucht, aber ich spitze es gerne noch einmal zu. Genau das ist Inhalt erstens des Antrages, der in diesem Landtag vor sechs Wochen mit breiter Mehrheit beschlossen wurde, weil er eben auf die migrations

politische Herausforderung, auch auf das Wollen, genau diese Herausforderung positiv anzunehmen, genauso abstellt – 360-Grad-Blick – wie darauf, dass wir Personenbeteiligte haben, die in der Rückführung uns bisher vor nicht gelöste Herausforderungen stellen, an die wir ranmüssen, dass wir eine ganz kleine Gruppe haben von Gefährdern und Intensivstraftätern, um die wir uns besonders kümmern müssen. Und das finden Sie in diesem Antrag, noch mal, Themen, die uns schwerer fallen, da haben Sie ja recht, aber denen wir uns eben gestellt haben, die in diesem Antrag berücksichtigt sind. Und genauso das gemeinsame Papier von Landesregierung mit der kommunalen Familie und auch das gestrige Papier der Ministerpräsidentenkonferenz, obwohl ja alle politisch Beteiligten mitgenommen werden mussten.

Also wir sehen dieses Thema, wir sprechen es hier an, aber wir reduzieren es eben nicht darauf, sondern sagen, das ist ein kleiner Ausschnitt, den wir nicht beiseitestellen wollen, weil genau das den Frust draußen auslöst. Aber wir sehen das große Thema und bleiben dabei, ein kleiner Abschnitt bleibt ein kleiner Abschnitt, und da betonen wir ihn eben unter 31 Punkten, nicht 31-mal, sondern nur in einigen wenigen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Und wo ist jetzt die Verallgemeinerung, die Sie uns vorgeworfen haben?)

Die Verallgemeinerung ist, wenn Sie genau alles andere nicht nennen, sondern es immer auf diesen Personenkreis reduzieren.

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Jens-Holger Schneider, AfD)

Und genau das ist das, was Ihnen Verfassungsschutzbehörden und Rechtsprechung vorwerfen, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Julian Barlen, SPD: Nur, weil Herr Schneider einmal das Gegenteil behauptet, heißt es ja nicht, dass es so ist.)

Zweitens, Sie …

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Ja, das Falschspiel gebe ich gerne zurück.

(Heiterkeit bei Julian Barlen, SPD: Ha, Falschspiel!)

Ich bin ganz beeindruckt, wie Sie zwischen den verschiedenen Grenzen in Europa und Deutschland hin- und herspringen.

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Herr Tadsen lobt uns und sagt, endlich seht ihr den Schutz an den Außengrenzen, und der geneigte Zuhörer ist baff, erstaunt.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich bin gar nicht sicher, wer von Ihnen mich befragt hat, könnte Herr Schneider gewesen sein, bin ich aber nicht

sicher. Vor circa einem Jahr haben Sie mich zu den sehr konsequenten Außengrenzschutzmaßnahmen der polnischen Regierung befragt, da waren gerade diese starken belarussischen Zugänge, kann aber nicht schwören, wer von Ihnen gefragt hat. Da habe ich Ihnen ausdrücklich auf die Frage gesagt, ob die Landesregierung dagegensteht, nein, der Schengen-Raum der Europäischen Union lebt natürlich davon, dass wir im Schengen-Raum uns frei bewegen, weil wir an den Außengrenzen einen entsprechenden Schutz wollen. Deswegen haben wir damals, habe ich damals eben nicht gesagt, wir sind dagegen, weil wir sehen, dass die polnische Regierung herausgefordert ist. Und wir haben damals sogar unterstützt – Europa genau wie Deutschland.

Und das Gleiche berichte ich eben aus den Gesprächen mit der litauischen Innenministerin, die uns zu Recht ihre Außengrenzfunktion beschreibt und sagt zu Recht, ich schütze natürlich auch Deutschland, den gesamten Schengen-Raum mit meinen Aktivitäten mit.

(Unruhe im Präsidium)

Ach so...

Oh, Entschuldigung, wir waren …

Ach so, ah, ich hätte weiter zur Seite treten müssen, das tut mir …

Entschuldigung, ich war jetzt hier etwas abgelenkt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Gern.

Herr Pegel, nur, damit wir uns auch wirklich richtig verstehen: Sie loben die litauische Regierung dafür. Impliziert das die Zurückweisung, die die litauische Regierung in ihrem Parlament gerade beschlossen hat, ja oder nein?

Ich kann Ihnen den Beschluss nicht nennen, das weiß ich nicht. Ich kann sagen, was die litauische Innenministerin uns gesagt hat, dass sie Grenzschutzmaßnahmen aufbauen und verstärken, weil sie davon ausgehen und sehen und mit ihrem Grenzschutz glauben, nachweisen zu können, dass es eine gesteuerte, einen Versuch gibt, mit gesteuerten Zuwanderungsbewegungen die Europäische Union anzugehen, und zwar, um Teil einer hybriden Kriegsführung oder einer hybriden Konfliktsituation zu sein, und die Litauerinnen und Litauer genau dieser Situation sich stellen und umgekehrt dafür werben, dass sie mit der umgehen. Ich kenne aber den Beschluss nicht. Auf den würde ich mich nicht beziehen wollen, ich kann nur das Gespräch beschreiben.

Meine Damen und Herren, noch mal, Außengrenzschutz, haben Sie uns befragt. Die Frage, die gestern im Bundeskanzleramt weitergehend war, war ja die Frage, wie gehe ich mit Asylanträgen im Grenzbereich um. Die will ich hier nicht vertiefen, weil das wiederum Dinge sind, die die Bundesinnenministerin und andere in der Europäischen Union diskutieren können. Aber dass es einen Außengrenzschutz im Schengen-Raum gibt, ist mir wichtig.

Jetzt komme ich aber zu dem Inhalt. Sie haben sehr stark die Außengrenzen gesagt, ihr bekennt euch. Nein, habe ich schon vor über einem Jahr getan. Ich habe schon vor über einem Jahr gesagt, ja, der Außengrenzschutz ist Schengen-Voraussetzung. Sie haben in Ihrem Antrag aber „Binnengrenzkontrollen“, und da will ich deutlich sagen, Binnengrenzkontrollen sind eine Durchbrechung von Schengen. Es gibt Situationen, wo das erforderlich ist, will ich überhaupt nicht in Abrede stellen, ja. Die sind aber immer eng, temporär und möglichst Ausnahmen – Komma –, weil kaum ein Land so sehr von Europa profitiert, von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum, von einer Möglichkeit, ohne große Kontrollen Wirtschaftsaustausche zu betreiben, wie die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer extremen Exportstärke. Deswegen rate ich dringend davon ab, leichtfertig dieses große Geschenk eines gemeinsam großen Bewegungsraumes, Wirtschaftsraumes, Handelsraumes Europa preiszugeben. Und deshalb sind wir eben gerade nicht leichtfertig mit Binnengrenzkontrollen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind auch im Antrag genau wie im Papier der Kommunen, genau wie gestern die Ministerpräsidentenkonferenz auch mit dem Thema „Rückführungen/Abschiebungen“ umgegangen. Es gibt Punkte, die ganz bewusst diesen Punktebereich aufgreifen. Noch mal, ein für uns eher schmerzhafter Bereich, politisch in den Parteien weniger gern gesehen. Das gehört zur offenen Selbstbetrachtung dazu. Aber wir haben es in den 31 Punkten vor sechs Wochen bewusst dringehabt.

Was nicht drin ist, ist die Ausweitung von Abschiebehaftplätzen. Da sagen Sie, ja, selbst der Bundeskanzler will das. Der Bundeskanzler, die Bundesregierung wendet sich an 16 Bundesländer. Unsere Abschiebehaftplätze, die wir gemeinsam mit Schleswig-Holstein und Hamburg in Schleswig-Holstein unterhalten, sind derzeit noch nicht ausgeschöpft. Ich sehe momentan auch nicht, dass wir an die Grenze derzeit rankommen. Wenn wir sie brauchen, haben wir sie.

Aber um mal einem Missverständnis vorzubeugen: Nicht jeder, der in ein Heimatland zurückkehren muss, ist automatisch ein Abschiebehäftling, sondern ich brauche Voraussetzungen. Und ich bin auf Knien dankbar, in einem Rechtsstaat zu leben, wo in einem Gesetz steht, wann ich überhaupt nur in Haft genommen werden darf, auch in einer solchen Situation. Und zweitens, nur dann werden wir es auch tun, und drittens, daraus leitet sich ab, wie viele Plätze wir brauchen. Der große Teil derjenigen, die wir zurückführen, geht nicht in Abschiebehaft, und zwar nach den gesetzlichen Maßgaben. Nicht das, was der Bund vorgegeben hat, wendet sich an andere Bundesländer, die zum Teil die Verpflichtung vor mehreren Jahren bis heute nicht oder unzureichend erfüllt haben.

Und zu guter Letzt, die Konzentration dieser Aufgabe „Rückführung“ ist vor vielen Jahren – im Übrigen weit vor mir, da hatte ich gar keinen Anteil dran – bereits in diesem Land in einer Rechtsverordnung umgesetzt worden. Das Landesamt für Innere Verwaltung poolt konzentriert diese Aufgabe, poolt all das, was ich an Kontakten zur Bundespolizei, zur Bundesregierung, zum Auswärtigen Amt und so weiter brauche, um so etwas umzusetzen. Dieser Prozess ist längst im Gange. Das hilft mir aber nur

bemessen. Noch einmal, wenn jemand aus Syrien oder Afghanistan kommt und deshalb zurzeit aus für mich nachvollziehbaren Gründen gar nicht zurückgeführt werden kann, dann kann ich auch eine konzentrierte Zuständigkeit haben. Auch die konzentrierte Zuständigkeit überwindet nicht eine Europäische Menschenrechtskonvention, überwindet nicht eine Menschenwürde eines Grundgesetzes.

Es gibt also auch Dinge, wo rechtliche Hemmnisse drin sind, die auch diese zentrale Stelle nicht lösen kann – teilweise Gegenstand auch des gestrigen Papiers. Auch da wollen sich Bundesländer und Bundesregierung mit gesetzgeberischen Maßnahmen auf den Weg machen. Und dann kann die schon vorhandene konzentrierte Stelle dort auch einiges erreichen.

Meine Damen und Herren, das Potpourri bildet ein bisschen sicherlich die Diskussion von zuvor ab. Hier sind dann noch ein paar andere Punkte dabei. Ich werbe dafür. Das, was wir diskutieren mussten, haben wir vor sechs Wochen in einen umfangreichen Antrag getan: ein 360-Grad-Blick, der alles anschaut, der sich nicht gescheut hat. Lassen Sie uns genau bei der Positionierung bleiben! – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank! Einen Moment, Herr Minister, es gibt einen Antrag auf Kurzintervention.

Herr Förster, bitte!

Ja, vielen Dank!

Herr Minister, Sie haben die Differenzierung angesprochen und uns eine zu starke Verallgemeinerung vorgeworfen. Ich weiß, dass ich fast in jeder Rede darauf hingewiesen habe, dass die Probleme, die wir ansprechen, natürlich nicht alle betreffen. Es ist uns völlig bekannt, und wir haben das häufig auch gesagt, dass natürlich aus allen Bereichen, egal, wo die Menschen herkommen, es Fälle hervorragender Integration gibt. Aber in der Realität ist doch auch die Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die aus bestimmten kulturfremden Räumen kommen,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

dass da die Integration wesentlich schwieriger stattfindet. Und vor allem ist es doch völlig klar, dass im Rahmen gehäufter Straffälligkeit, also Straftäter, Gefährder, dass die natürlich im Fokus stehen bei der Diskussion. Wir diskutieren doch auch nicht im Schulwesen über die Klassen, wo alles wunderbar läuft, wir diskutieren dort, wo nicht genügend Erzieher da sind, wo die Lehrer fehlen, wo die Probleme sind. Und das ist doch das gehäufte, das gehäufte Thema hier gewesen, dass wir fast immer, wenn es um Messerattacken geht, fast immer, wenn es um Tötungsdelikte geht, sind es Täter, die schon entweder abgeschoben waren, jedenfalls längst hätten abgeschoben werden können, und die x-mal vorbestraft sind.

Sie kennen den klassischen Fall von Bilel Z., ich muss es nicht sagen, Drehtüreffekt. Mein Kollege Tadsen hat es schon als Beispiel erwähnt. Der Mann kommt im Drehtüreffekt, wird abgeschoben, kommt immer wieder. Es liegen Haftbefehle vor, er wird teils nicht eingesperrt, bis