Protocol of the Session on March 23, 2023

Deswegen sprechen wir uns aus für ein Instrument, was zum Beispiel in NRW gut funktioniert hat, eine zentrale Rückführungskoordinierungsbehörde einzuführen, die das bündelt, die diese Verfahren gebündelt dann auch vor Gericht durchsetzen kann. Und das ist, glaube ich, ein

ganz wichtiger Aspekt, der wieder dazu beiträgt, dass auch in der Bevölkerung eine andere Akzeptanz eintritt, weil man eben sieht, dass wir auch an dieser Stelle handeln, dass es nicht nur drei Türen gibt, sondern auch eine vierte Tür.

Und das ist, glaube ich, das ganz Wichtige, und wir dürfen, müssen die Ideologien da vielleicht auch mal ein bisschen fallen lassen, wir dürfen das nicht auseinanderziehen und auseinanderreißen. Alles hat miteinander zu tun, alles greift ineinander. Deswegen, noch mal, EnqueteKommission, um alles miteinander zu besprechen und abzubilden, besser jetzt, als 2026 böse aufwachen,

(Heiterkeit und Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und das Zweite ist, konsequent zurückführen.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Und jetzt sind meine zehn Minuten um, aber die Lampe leuchtet gar nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender! Die Lampe hat noch nicht geleuchtet, weil ich davon ausgegangen bin, Sie waren am Ende Ihrer Ausführungen, und ich wollte Sie dabei nicht stören.

(René Domke, FDP: Vielen Dank!)

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und DIE LINKE auf Drucksache 8/1946(neu) hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Barlen.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Jetzt kommen erst mal Zurechtweisungen und alles Mögliche.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geflüchteten Schutz bieten, Kommunen dabei unterstützen und gleichzeitig die Willkommenskultur in Mecklenburg-Vorpommern stärken, darum geht es uns mit dem von uns vorgelegten Antrag. Es ist mir ein wirklich ausgesprochen wichtiges Anliegen als Vorsitzender der SPD-Fraktion, diese Aussagen in der gesamten Bandbreite unseres Antrages in dieser Zusammensetzung, in diesem 360-Grad-Blick auf die Herausforderungen einbringen zu dürfen.

(Horst Förster, AfD: 180-Grad-Kehrtwende wäre besser.)

Ich möchte mich an der Stelle gleich zu Beginn bei allen zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die zu der Entstehung dieses Antrages aktiv mit Herzblut, aber vor allem mit viel Fachwissen, auch mit viel kommunalem Fachwissen beigetragen haben, sehr herzlich bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wir legen diesen Antrag zur Beschlusslage vor, weil wir der wirklich festen Überzeugung sind, dass wir beim Thema „Flucht und Asyl“, was ja – alle Vorredner haben es gesagt – in diesen Tagen wahrhaft überall heiß, sehr kontrovers diskutiert wird, dass es bei diesem Thema nur

einen Weg gibt, um aus dem berühmten „Ja, wir schaffen das“, von dem sich die CDU, Herr Liskow hat uns eben daran teilhaben lassen, ja leider wirklich meilenweit entfernt hat,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

nur einen Weg gibt, damit aus diesem berühmten „Ja, wir schaffen das“ im Interesse unseres Landes, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, übrigens auch der Wirtschaft in unserem Land,

(Torsten Renz, CDU: Ich kann das auch nicht mehr hören.)

das zwingende, darauf folgende „Ja, wir machen das“ und aber vor allem auch „Ja, wir bekommen das auch gemeinsam hin“ wird.

Das, meine Damen und Herren, gemeinsam es hinzubekommen, ist die konkrete Erwartungshaltung der Bevölkerung,

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Nee, gerade nicht, gerade nicht!)

der Wirtschaft hier im Land.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Und das gelingt nur, wenn alle Kräfte in den Kommunen, den Ländern, auch im Bund zusammenstehen, alle Herausforderungen, alle Probleme, aber eben – Herr Domke ist darauf auch schon eingegangen – alle Chancen, alle Aspekte, Akteure, Ebenen betrachten und eben nicht nur einzelne punktuell isoliert, um das einzelne Problem kreisende, sondern die Gesamtheit der Herausforderungen und auch der Chancen.

Mit Blick auf die Tagesordnung können wir zwei Dinge festhalten: Es sind ganz viele, ganz unterschiedliche Anträge zum Thema „Flucht, Asyl und Integration“ auf der Tagesordnung. Das zeigt, dass sich die Landespolitik auf sehr unterschiedlichem Niveau, aber doch insgesamt mit diesem Thema auseinandersetzt, und ich finde es gut und der Lage angemessen mit Blick auf alle Initiativen, dass wir als Koalition den mit Abstand umfassendsten Ansatz hier zur Beratung und Beschlusslage vorgelegt haben. Frau Shepley, das haben Sie ja implizit auch noch einmal bestätigt. Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wir sind nämlich, wir sind nämlich fest davon überzeugt, dass wir den mancherorts übermäßig hitzigen Debatten in unserem Bundesland nur Rechnung tragen, wenn wir offene Fragen, wenn wir praktische Sorgen, Probleme in ihrer gesamten Tragweite gemeinsam anerkennen, beantworten und lösen, wenn wir den identifizierten Handlungsdruck, den es gibt, aber dann gemeinsam in die Tat umsetzen und wenn wir dabei auf die vielen sachlichen, die vielen konstruktiven Kräfte in unserem Land bauen. Und, meine Damen und Herren, das ist in meinen Augen in Mecklenburg-Vorpommern übrigens die absolut größte Mehrheit der Bevölkerung.

(Heiterkeit bei Jan-Phillip Tadsen, AfD: Dass Sie das glauben!)

Und, meine Damen und Herren, die praktischen Probleme lassen sich nur lösen – und uns geht es darum, sie zu lösen –, wenn wir im gleichen Zuge jene zurückweisen, die die aktuelle Weltlage, die schlimme Weltlage, die Flüchtlingssituation dazu nutzen, mit Hass und Hetze nach draußen zu gehen. Durch Hetze und durch Spaltung, meine Damen und Herren, wird kein Problem kleiner, durch Zuspitzung und Populismus, auch hier in diesem Hause, im demokratischen Lager, wird keine Erwartung der Menschen in unserem Land und der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern erfüllt, im Gegenteil, davon profitieren letzten Endes nur die gemeinsamen Gegner aller Demokratinnen und Demokraten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Meine Damen und Herren, 56 Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine diskutieren wir nicht über den Schutz für Geflüchtete, über die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dem Land und unser Bild einer Willkommensgesellschaft, ohne an dieser Stelle ganz klar weiterhin unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und mit denen, die aus der Ukraine nach Europa und nach Deutschland geflüchtet sind, zu erklären. Das gehört zu einer solchen Debatte dazu, auch wenn es leider schon 56 Wochen her ist, dass dieser schlimme Angriffskrieg gestartet wurde. Und gleichzeitig verlieren wir angesichts dieses Krieges in unserer unmittelbaren Nachbarschaft aber nicht die humanitären Krisen, die Katastrophen auch in anderen Teilen der Welt aus dem Blick. Da gilt es, das eine nicht gegen das andere auszuspielen. Die Aufnahme Geflüchteter ist und bleibt eine humanitäre Verpflichtung, eine gemeinschaftliche Aufgabe von uns allen.

Und an dieser Stelle sei ganz klar gesagt, wir können uns in Mecklenburg-Vorpommern glücklich schätzen, für die Bewältigung dieser Aufgabe auch auf das professionelle, aber eben auch auf das so wahnsinnig große ehrenamtliche Engagement Tausender Menschen in allen Regionen dieses Landes bauen zu können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank allen, die sich für einen menschlichen, vernünftigen Weg in Mecklenburg-Vorpommern engagieren!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ein vernünftiger, ein menschlicher, ein pragmatischer Umgang mit Geflüchteten, mit Asylsuchenden und deren Integration gelingt immer dann, wenn wirklich auf allen Ebenen umsichtig, umfänglich kommuniziert wird, wenn die Lebenslagen der Menschen vor Ort, die absolut berechtigten Informationsbedürfnisse der Bevölkerung Berücksichtigung finden. Und das können wir, glaube ich, mit Blick auf die Entwicklung der letzten Wochen und Monate feststellen, das ist nicht überall gleich gut gelungen. Das ist an vielen Stellen auch eben nicht gelungen, weshalb Probleme entstanden sind, so, wie sie entstanden sind. Die Herausforderung lässt sich unseres Erachtens letztendlich nur meistern, wenn zwischen den Akteuren, zwischen den Ebenen mit Respekt, mit Verständnis, mit gegenseitiger Unterstützung, aber eben auch mit Pragmatismus bei der Lösung

der Herausforderungen und nicht mit möglichst viel Engagement beim, ja, Beweinen des Problems herangegangen wird. Und dieser Geist, der wohnt unserem Antrag, den wir hier vorgelegt haben, inne.

Ebenfalls sagt dieser Antrag wirklich klar, dass ein Gelingen weiterhin das enge Zusammenwirken zwischen Bund, Land und Kommunen voraussetzt. Wir alle wissen, dass die Unterbringung, die Aufnahme, die Integration keine Kleinigkeit ist. Das ist für alle Beteiligten eine enorme Kraftanstrengung. Dass das Land den Kommunen bereits bisher und auch weiterhin auf diesem Weg die Kosten für die Unterbringung von Asylsuchenden sowie von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten erstattet, das ist bekannt, aber das ist übrigens trotzdem nicht die Regel in Deutschland. M-V gehört zu den wenigen Ländern, die in diesem Maße an der Seite der Kommunen stehen. Und weil das so ist,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

weil das so ist, ist das auch genau der richtige Weg, dieses vertrauensvolle problemlösungspartnerschaftliche Verhältnis weiterzugeben, ist das der richtige Weg und Zeugnis eben von einer gemeinsamen Handlungsfähigkeit, dass die Kommunen und die Landesregierung hier in Mecklenburg-Vorpommern, dass die Landesregierung mit dem Bund auf der anderen Seite sich ganz aktuell in den letzten Tagen zusammensetzen, realistisch besprechen, verhandeln, vereinbaren, was muss konkret passieren.

Über all diese Aspekte werden wir heute sprechen und haben wir Ihnen auch für ein politisches klares Signal hier zur Beschlusslage vorgelegt. Die Einzelheiten unseres umfassenden Ansatzes des ja auch von Ihnen beschriebenen Räderwerkes, was ineinandergreift, haben wir Ihnen vorgelegt. Darauf werden natürlich der Innenminister, werden unsere integrationspolitische Sprecherin Dagmar Kaselitz, unsere innenpolitische Sprecherin Martina Tegtmeier ausführlich eingehen, vom Asylverfahren über die Unterbringung bis hin auch zu den Gründen von Rückführung, von der Bildung, der Betreuung über die medizinische Versorgung bis hin zum Spracherwerb und einer schnellen Integration auch in den Arbeitsmarkt, der händeringend mehr Fachkräfte, mehr Nachwuchs auch durch Zuzug sucht, von der vollständigen Kostenerstattung des Landes über Anpassungsbedarfe auch bei der Erstaufnahme bis hin zu den Bund-LänderBeziehungen.

Und ganz in diesem Sinne, meine Damen und Herren, damit komme ich zum Schluss, das ist der Geist dieses Antrages. Wir machen das und wir bekommen es auch gemeinsam hin. Unter dieser Überschrift würden wir gerne mit Ihnen heute diskutieren und den Weg weitergehen. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 100 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Innenminister Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für diesen Tagesordnungspunkt und die vielfältigen Anträge, die zeigen, wie intensiv dieses Thema verschiedene Facetten hat, insbesondere aber herzlichen Dank an den, ich glaube, Frau Shepley sagte, in epischer Breite formulierten Antrag. Ich glaube, dass die epische Breite einfach aufzeigt, dass diese Themenfelder, die man, wenn man einen 360-Grad-Blick anwenden will – und genau das war das Ziel –, dass die Themenfelder extrem komplex sind. Und ich werbe sehr, dass 360 Grad das Entscheidende sein muss. Wir sollten aufpassen, dass wir in keine Richtung unsere Blicke verschließen. Wir sehen, dass unterschiedliche gesellschaftliche Vorstellungen und Anforderungen an Politik herangetragen werden. Und das Themenfeld ist komplex, weil es am Ende das Leben abbildet, das Leben von Menschen, die zu uns kommen, aber auch von denen, die bei uns sind.

Also uns ging es um den 360-Grad-Blick, im Übrigen auch im Spitzengespräch der Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden. Und dass viele dieser Punkte Eingang gefunden haben in den 360-Grad-BlickAntrag, dafür herzlichen Dank, denn, das war uns wichtig bei der Gesprächsrunde mit der kommunalen Familie! Wir brauchten ja gerade den Praxisinput derer, die täglich als Landräte, Oberbürgermeisterin, als Oberbürgermeister mit vielen Kolleginnen und Kollegen das umsetzen, dass genau die uns ihre Alltagsfragestellungen, aber eben auch mit uns gemeinsam die Überzeugung, dass wir das natürlich hinbekommen, wenn wir zusammenhalten und uns unterhaken, dass wir genau das umgesetzt bekommen. Deswegen freue ich mich sehr, dass dieser Realitätscheck in diesem 360-Grad-Blick-Antrag ganz ausdrücklich abgebildet ist.