Protocol of the Session on March 23, 2023

Und es geht ja auch noch weiter: Nachdem die Gemeinde gegen den Bau geklagt hatte und recht bekommen hat, meldet sich der Innenminister zu Wort, ebenfalls mit Gratisratschlägen. Es habe planerische Mängel gegeben, das müsse ein Landkreis im Blick haben. Das sagt der Kommunalminister, der über die Planung zu jedem Zeitpunkt informiert war, der aber seine juristische Expertise immer gern erst nachträglich preisgibt, übrigens im Gegensatz zum Thema Stiftung, da arbeitet der Chef noch selbst, wenn es um Satzungen geht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Immerhin, dass es in Nordwestmecklenburg jetzt in Abstimmung mit dem Innenministerium einen Aufnahmestopp gibt, das ist ein vernünftiger Anfang. Ich bleibe dabei, dass das Land wie auch schon 2015 eigene Anstrengungen unternehmen muss und größere eigene Aufnahmekapazitäten bereitstellen soll,

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

denn die Flüchtlingszahlen, so viel scheint sicher, werden weiter steigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, am 17. Februar fand in Berlin ein lang ersehnter Gipfel statt. Die Innenministerin und die kommunale Ebene wollen endlich an konstruktiven Lösungen arbeiten. So war es damals angekündigt. Aber statt dabei mitzuhelfen, gab es von der Landesregierung lähmendes Desinteresse.

Der „Nordkurier“ schrieb, und ich zitiere aus dem 15. Februar: „MV-Innenminister mauert vor dem Flüchtlingsgipfel“,

und, Zitat: „Die kommunalen Spitzenverbände haben eine Position erarbeitet, der sich das Land MV in Teilen anschließt. Die jetzt avisierte Gesprächsrunde zwischen der Bundes- und der Kommunalebene, die ebenfalls an die bereits im vergangenen Spätherbst erfolgte erste Gesprächsrunde … anknüpft, ist als Fortsetzung des damals begonnenen Gesprächsfadens ein weiterer wichtiger Schritt, um die aktuelle Entwicklung in diesem Themenfeld gemeinsam festzustellen und gemeinsam die damaligen Verabredungen zu überprüfen sowie gegebenenfalls weitergehende Unterstützungen“ für die „kommunale Familie zwischen Bund und Kommunen zu verabreden.“ Auf die Nachfrage, welche Position der Spitzenverbände geteilt werde, erteilte das Ministerium folgende Aussage: „Dass das Land die Kosten, die die Kommunen durch die Unterbringung von Flüchtlingen haben, zu 100 Prozent ersetzt.“

Mehr war seinerzeit nicht zu hören. Sie wollten mit dem Thema de facto nichts zu tun haben. Mittlerweile gab es ja wenigstens ein Gespräch auf Landesebene. Die konkreten Ergebnisse sind aber auch bis hier eher Mangelware.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein paar Worte zum Thema Integration. Die Integrationsdebatte verstellt den Blick auf das, worauf es eigentlich ankommt. Für mich ist nicht entscheidend, dass jemand, der nach Deutschland kommt, sich einen Gartenzwerg anschafft, einem Kegelverein beitritt oder Bier trinkt. Entscheidend ist für mich, dass der- oder diejenige die hier geltenden Gesetze respektiert

(Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Jawoll!)

und dass er den Willen und die Bereitschaft mitbringt und vor allem die Fähigkeit, sich und möglicherweise seine Familie dauerhaft von der eigenen Hände Arbeit zu ernähren. Und genau das funktioniert vielfach nicht. Es fehlt an Sprachkenntnissen, an schulischer und beruflicher Qualifikation. Wir haben aus sehr gutem Grund sehr hohe Standards und auf diese können wir auch vollkommen zu Recht stolz sein. Deswegen sollte man auch aufhören so zu tun, als ließe sich jeder, der zu uns kommt, mit ein wenig gutem Willen problemlos in den Arbeitsmarkt integrieren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und CDU – Stephan J. Reuken, AfD: Hört, hört! – Enrico Schult, AfD: Sehr richtig!)

Es gibt Musterbeispiele, es gibt Menschen, die es in kurzer Zeit schaffen, sich in unsere Gesellschaft einzufinden, die Deutsch lernen, studieren oder sich erfolgreich selbstständig machen.

(Der Abgeordnete Thomas Krüger bittet um das Wort für eine Anfrage. – Sebastian Ehlers, CDU: Einbringung!)

Ich freue mich über jeden,

(Zuruf aus dem Plenum: Einbringung!)

dem das gelingt, aber es sind Ausnahmen, es ist nicht die Regel. Und wer ein anderes Bild zeichnet, der darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen veralbert fühlen und wenn Migranten mit falschen Vorstellungen nach Deutschland kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der nächste Flüchtlingsgipfel auf Bundesebene findet demnächst statt. Bis dahin hat die Landesregierung Zeit, ihre Politik einem Realitätscheck zu unterziehen und mit Vorschlägen an den Bund heranzutreten. Ich bin darauf sehr gespannt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Pressetribüne den Landrat Stefan Sternberg. Schön, dass Sie heute hier sind und der Debatte beiwohnen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 8/1942 wird nicht gewünscht.

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 8/1944 hat der Fraktionsvorsitzende Herr Domke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut, dann muss ich ein bisschen improvisieren. Es sind zwei Anträge, die die FDP-Fraktion jetzt zu diesem verbundenen Tagesordnungspunkt einbringen möchte, und ich möchte sie dann gemeinsam einbringen. Dann muss ich mich der Mühe unterziehen, das in zehn Minuten gemeinsam darzustellen. Ich will gerne anfangen mit der Einsetzung einer Enquete-Kommission.

Meine Damen und Herren, alles, was die Vorredner und wahrscheinlich auch die anschließenden Redner sagen, hat Substanz. Wir betrachten dasselbe Ding nur von verschiedenen Seiten. Und eins ist auch klar, was hier fehlt, ist ein landesweites schlüssiges Integrationskonzept. Wir haben an vielen Stellen auf der kommunalen Ebene Integrationskonzepte erarbeitet. Das kennen vor allem diejenigen, die auch in Kommunalvertretungen aktiv sind, aber mir fehlt wirklich landesseitig irgendetwas, was ineinandergreift, was sozusagen diejenigen, die Migranten, egal aus welchen Gründen … Ich habe gestern über das 4-Türen-Modell gesprochen, möchte heute auch noch mal dafür werben, dass wir auch trennen, dass wir unterscheiden, auf welchem Weg Menschen zu uns kommen, und das ganz Entscheidende auch herausarbeiten, wohin wollen diese Menschen mit uns gehen,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wohin wollen wir mit ihnen gehen!)

denn das ist eigentlich der Punkt, und wo schaffen sie auch einen Spurenwechsel. Diese Türen sind nicht nur in eine Richtung zu öffnen und zu schließen, sondern diese Türen müssen auch durchlässig sein.

Und ich will es noch mal begründen, warum wir diese Enquete-Kommission fordern. Es ist ein so komplexes Thema, wo so viele Akteure eigentlich mal zusammenkommen müssen, Experten, da reicht eben nicht ein Gipfel hinter verschlossenen Türen, wo wir hinterher erfahren, was man da miteinander vereinbart hat. Und ich will einfach diese Brüchigkeit dieser Diskussion mal an einem Beispiel darstellen. Ja, wir sind in Nordwestmecklenburg davon ausgegangen, dass eine Gemein

schaftsunterkunft mindestens für 150 Menschen ausgelegt sein muss. Das wurde uns so erzählt. Auf einmal heißt es, ja, viel zu überdimensioniert, kommt von der Landesregierung. Nach einem Gipfel kommt auf einmal die Zahl 80. Kein Mensch weiß, wo die herkommt, wer die berechnet hat, wie sich das Ganze zusammensetzt.

Aber überhaupt noch nicht beantwortet ist, egal, welche Zahl ich greife, was ich jetzt mit den Menschen eigentlich machen will. Wie müssen sie denn integriert werden? Was muss ich bereitstellen vor Ort? Was ist denn die Infrastruktur, die da sein muss? Wie sind wir denn darauf vorbereitet in den Kitas,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gar nicht!)

in den Schulen?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gar nicht!)

Wie sind wir vorbereitet mit der medizinischen Versorgung?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gar nicht!)

Und das ist nicht allein Aufgabe der kommunalen Ebene, liebe Landesregierung, das ist nicht alleine Aufgabe des Bundes, liebe Landesregierung, sondern da sind Sie gefragt, da muss auch die Landesregierung ihren Beitrag leisten, und zwar ganz genau an dieser Stelle, wo die Räder ineinandergreifen müssen. Und da höre ich gar nichts! Ich weiß allerdings auch nicht, was Sie auf Ihren Gipfeln besprechen, weil wir dürfen ja nicht daran teilnehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und FDP)

Und genau darum geht es, in einer Enquete-Kommission können wir nämlich genau diese Dinge gemeinsam herausarbeiten. Da kann Opposition mitwirken, mitarbeiten, da kann Opposition sich einbringen. Da können wir Expertise zusammenbringen. Es wird Ihnen nicht gelingen, unter Ausschluss der Opposition dieses globale Thema, was uns über die nächsten Jahre so beschäftigen wird – bis zum nächsten Wahlkampf, kann ich Ihnen sagen, ist das ein Dauerthema, was die Menschen in diesem Land beschäftigen wird. Und wenn Sie dafür nicht die Quittung bekommen wollen 2026,

(Zurufe von Jens-Holger Schneider, AfD, und Jan-Phillip Tadsen, AfD)

dann kommen Sie zusammen mit der Opposition, gehen Sie in eine Enquete-Kommission,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

erarbeiten Sie einen Leitfaden, ein Konzept, ein landesweites Konzept für die Fragen der Bildung, der Ausbildung, der medizinischen Versorgung!

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Aber auch, es ist angesprochen worden von Herrn Liskow, Vermittlung von Werten, Rechten und Pflichten, alles, was einhergeht,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Pflichten, das ist ein ganz böses Wort, vor allem, wenn die GRÜNEN das hören.)

das muss miteinander verabredet werden, und darüber reden wir viel zu wenig.

Und, meine Damen und Herren, ich will es jetzt nicht spöttisch machen, aber Integration ist einfach mehr als singen und klatschen in irgendeinem Klub. Das ist mehr.

(Beifall vonseiten der Fraktion der FDP)

Das ist Ausbildung, das ist Bildung und …

(Julian Barlen, SPD: Wer hat das denn behauptet?)