Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 8/1747. Die Fraktion der CDU hat gerade gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 8/1747 eine namentliche Abstimmung beantragt.
Für die Abstimmung werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorganges von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen. Ich bitte nunmehr die Schriftführerin zu meiner Linken, die Namen aufzurufen.
(Die Abgeordneten Sandy van Baal und Patrick Dahlemann werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)
Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe das Ergebnis bekannt.
An der Abstimmung haben insgesamt 75 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 33 Abgeordnete, mit Nein 42 Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 8/1747 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anspruch von Mieterinnen und Mietern auf Zustimmung zur Installation steckerfertiger Photovoltaikanlagen bekannter machen, Drucksache 8/1585.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Anspruch von Mieterinnen/Mietern auf Zustimmung zur Installation steckerfertiger Photovoltaikanlagen bekannter machen – Drucksache 8/1585 –
Wenn Sie schon Bingo spielen, dann müssen Sie jedes Mal ein anderes Wort nehmen, nur so viel zur Erklärung.
Vor etwas mehr als drei Monaten hat die Landesregierung ihr Förderprogramm für steckerfertige Photovoltaikanlagen gestartet. Mit bis zu 500 Euro werden dabei kleine Solaranlagen bis 600 Watt Peak Leistung, gemeinhin bekannt als Balkonsolaranlagen, gefördert. Ziel war es ausdrücklich, mit immerhin 6 der 10 Millionen Euro für Mieter/-innen die Teilhabe an der Energiewende und eine finanzielle Entlastung zu verschaffen, da sie im Gegensatz zu Eigentümer/-innen mit ihren Wohnungen kaum eigene Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen können.
Entsprechend heißt es in der Pressemitteilung des Minister Backhaus: „Mietende können das alles nicht. Mit dem Programm für Balkonkraftwerke haben wir nun ein Instrument gewählt, das ihnen sowohl eine Möglichkeit zum Energieeinsparen in die Hand gibt und sie gleichzeitig zu Akteuren der Energiewende macht.“
Gestatten wir uns nun einen Blick auf die aktuelle Antragssituation. Während Eigentümer/-innen ihren Fördertopf schon zur Hälfte leergeräumt haben, ist von Anträgen von Mieter/-innen bisher kaum etwas zu sehen – nicht mal drei Prozent der 6 Millionen Euro für Mieter/-innen sind bisher in Anspruch genommen worden. Das explizite Ziel der Mieter/-innenförderung scheitert in der Praxis krachend, das auch von der Landesregierung monierte soziale Ungleichgewicht wird also durch das eigene Förderprogramm sogar noch verstärkt. Während Bewohner/innen von Wohneigentum sich problemlos eine förderfähige Anlage installieren können, werden Mieter/-innen schon in der Anschaffung ausgebremst. Von den finanziellen Entlastungen profitieren so vor allem die im Durchschnitt finanziell ohnehin bessergestellten Eigentümer/innen durch Förderung der Landesregierung.
Option 1: Wir lassen das Geld beim LFI verstauben. Das wäre jedoch dem selbsterklärten Klimaschutzansinnen genauso wenig zuträglich wie der Förderung von Mieter/innen.
Option 2: Wir geben die verbleibenden Mittel früher oder später für Eigentümer/-innen frei – auch hier würden die Mieter/-innen doch wieder hinten runterfallen.
Nummer 3 ist der Weg, den wir Bündnisgrüne mit diesem Antrag gehen möchten. Doch welche Hemmnisse gibt es eigentlich? Da wären die technischen Fragen des Anschlusses – Schuko- oder WLAN-Stecker – sowie die organisatorischen, wie die Anmeldung beim Versorger und bei der Bundesnetzagentur auf der einen, die Rechtsfragen bei Mieter/-innen auf der anderen Seite. Ausschließlich Letzterem widmet sich unser Antrag, da die ersteren, also die technischen und organisatorischen Probleme, ja offensichtlich eins zu eins auch auf Eigentümer/-innen zutreffen und somit nicht das Problem der massiven unterschiedlichen Antragslage erklären. Zudem bewegt sich bei den technischen und organisatorischen Fragen gerade einiges.
Zuerst äußerte sich der Chef der BNetzA zum Jahreswechsel dahin gehend, dass er den Schukostecker als ausreichend betrachte. Wenige Tage später veröffentlichte der VDE ein Positionspapier, in dem dieser einen umfangreichen Abbau von technischen Hindernissen anregt: Ja zu 800 Watt statt wie bisher 600 Watt Leistung, Ja zum rückwärtslaufenden Zähler bis zum Austausch, Ja zu einfachen Anmeldeprozessen und Ja zum Schukostecker und integrierten Abschalteinrichtungen im Wechselrichter.
Bei den Rechtsfragen der Mieter/-innen herrscht jedoch weiterhin Stillstand. Doch was heißt das? Besteht kein ausdrückliches Verbot im Mietvertrag, können Balkonkraftwerke zwar grundsätzlich auch ohne Zustimmung aufgestellt werden. Soll das Modul fest am Gebäude angebracht werden oder die Elektroinstallationen angepasst werden, ist jedoch zunächst ein Blick in den Mietvertrag notwendig. Häufig finden wir dort noch Verbote zur Anbringung aller Art an der Außenseite der Gebäude oder zur Veränderung der Stromkreise. Ist im Vertrag nichts zu finden, bedarf es zudem einer Anfrage der Genehmigung beim Vermieter oder der Vermieterin. Aber besteht nicht ein Recht der Mieter/-innen auf ein Balkonkraftwerk? Der Vermieter hat diese Genehmigung nämlich unabhängig von persönlichen Präferenzen und ohne entgegenstehende schwerwiegende Gründe regelmäßig zu erteilen.
Das hat zumindest das Amtsgericht Stuttgart 2021 grundsätzlich bestätigt und dabei folgende Maßgaben mit auf den Weg gegeben: Vorbehaltlich einer baurechtlich zulässigen, optisch nicht störenden, leicht rückbaubaren sowie fachlich korrekten Installation ohne Verschlechterung der Mietsache ist der Anbau von Balkonsolaranlagen dem Urteil folgend grundsätzlich möglich, unabhängig vom Willen der Vermieter/-innen. Zudem dürfen die Anlagen selbstverständlich keine erhöhte Brandgefahr darstellen. Das tun sie aber bei fachgerechtem Anschluss auch nicht, wie durch Analysen etwa des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme belegt ist. Allein das Gefühl
Als Ablehnungsgrund genügt auch nicht, dass die Anlage an der Außenseite des Gebäudes sichtbar ist und damit die äußere Erscheinung verändert. Das Gericht betont hier einerseits den Wandel von Nutzungsgewohnheiten und technischen Entwicklungen. Zudem betrifft die Stromerzeugung auf dem Balkon und die daraus resultierende Kosteneinsparung eine individuell erleichterte Lebensführung des Mieters, was ja auch der Ansatz der Landesregierung bei den entsprechenden Förderbedingungen war. Nicht zuletzt stellen die Anlagen ein Handeln im Sinne des Grundgesetzes dar. In Artikel 20a ist dort der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage verankert.
All das zeigt auf, Vermieter/-innen können eben nicht nach Gutdünken die Installation von Balkon-PV-Anlagen untersagen. Das gilt heute umso mehr, weil nun auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz eindeutig und explizit festgehalten ist, die Nutzung erneuerbarer Energien liegt „im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit“. Damit gilt auch für Mieter/-innen, wer sich dafür entscheidet, zur Energiewende beizutragen, ist grundsätzlich zu unterstützen. Wenn die Installation sachgerecht, sicher und reversibel ist, ist der Vermieter grundsätzlich nicht zum Widerspruch berechtigt, so das Stuttgarter Gericht.
Aber sich darauf zu verlassen, dass Gerichte auch in höheren Instanzen beziehungsweise explizit in unserem Bundesland in gleicher Weise urteilen, ist jedoch für uns Bündnisgrüne nicht ausreichend. Wer zudem den Konflikt mit dem Vermieter scheut und es nicht auf eine Klage ankommen lassen will, lässt lieber von einem Vorhaben zur Nutzung von Solarenergie ab. Dafür kann ich Ihnen aus meinem persönlichen Umfeld auch zahlreiche Beispiele nennen. Und das ist auch die Erklärung für dieses Ungleichgewicht, was wir in der Antragslage der Landesförderung sehen. Es ist also höchste Zeit, hier Rechtssicherheit zu schaffen, damit auch Mieter/-innen sich verstärkt für den Klimaschutz engagieren können.
Eine Lösung auf Bundesebene wäre, Balkonkraftwerke im Bürgerlichen Gesetzbuch in Paragraf 554 genauso zu privilegieren wie Elektroladesäulen oder Maßnahmen für die Barrierefreiheit. Ich begrüße übrigens die entsprechende Initiative der Justizminister/-innen der Bundesländer, auch unter Beteiligung Mecklenburg-Vorpommerns.
Ist damit vonseiten der Landesregierung alles in ihrer Macht Stehende getan, auch kurzfristig bis zur Bundesregelung Abhilfe zu schaffen? Unser Antrag zeigt: Nein! Der Landtag kann zwischenzeitlich per politischem Richtlinienbeschluss klarstellen, dass Balkonkraftwerke unter den genannten Bedingungen grundsätzlich erlaubt sein sollen, da sie einen Beitrag zur Energiewende sowie zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Damit liefern wir den Gerichten noch einmal nachdrücklich einen argumentativen Bezugspunkt. Dadurch wird Rechtssicherheit geschaffen und Mieter/-innenrechte werden gestärkt und mögliche Rechtsstreitigkeiten können bereits vor ihrem Aufkeimen entschärft werden, denn im Zweifel ist der demokratisch legitimierte und durch den Landtag artikulierte politische Wille auch für Gerichte in ihren Abwägungen entscheidend.
Natürlich hilft die heutige Debatte auch, über diese Sachlage öffentlichkeitswirksam aufzuklären und die Informationslage bei den Mieter/-innen und hoffentlich auch den Vermieter/-innen zu verbessern.
Zusätzlich muss das Recht auf PV-Anlagen auch vonseiten der Landesregierung stärker kommuniziert werden. Und ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, liebe Landesregierung, dass Sie da ganz offensichtlich unsere Auffassung teilen. Denn kurz nachdem wir den hier vorliegenden Antrag gestellt haben, konnte ich feststellen, dass plötzlich online unter den FAQs, also den häufig gestellten Fragen zum Förderprogramm für Balkon-PVAnlagen, ein neuer Punkt erschienen ist – die Frage hier: „Dürfen“ Vermieter/-innen „die Installation von steckerfertigen PV-Anlagen auf dem Balkon verweigern?“. Und die Antwort auf diese Frage, liebe Landesregierung, kam mir dann doch bekannt vor: Sie antworten nämlich, indem Sie nahezu wortgleich Auszüge aus unserer Antragsbegründung verwenden. Da beschwere sich noch einmal jemand über die Frontalopposition. In diesem Fall, gern geschehen!
Zum Schluss zurück zur Sache und noch mal die Klarstellung: Entscheidend, nämlich in Rechtsstreitigkeiten maßgebend, ist und bleibt jedoch einzig die Feststellung und Artikulierung dieser Position durch den Gesetzgeber, den Landtag. In diesem Sinne freue ich mich auf Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!
Gemäß Paragraf 84 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung ist eine Aussprachezeit von bis zu 71 Minuten vorgesehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.