Protocol of the Session on January 25, 2023

Kann ich davon ausgehen, dass Sie es dann auch befürworten, dass zum Beispiel Beamte in unserem Staat einen entsprechenden Eid sprechen, dass besondere Berufsgruppen wie zum Beispiel Lehrer oder möglicherweise auch Erzieher in Kindertagesstätten genau auf dem Boden des Grundgesetzes sich bewegen sollten und auch dazu verpflichtet werden sollten, sich dazu zu bekennen, um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auszuleben?

Es ist richtig, dass quasi Beamte im Staatsdienst sich natürlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

Das ist tatsächlich so.

(Heiterkeit bei Julian Barlen, SPD: Hört, hört!)

Und das befürworten wir selbst auch. Aber es ist in der Tat, bei diesem Gesetzentwurf geht es in eine völlig andere Richtung,

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

dass die Tagesmütter sozusagen einer Gesinnungsprüfung unterzogen werden, weil man Angst davor hat, dass sie die Kinder im falschen Sinne erziehen. Und ich führte es bereits deutlich aus, dass das gar nicht ihre Aufgabe ist. Und wenn die GRÜNEN da konsequent gewesen wären mit ihrem Antrag oder mit ihrem Gesetzentwurf, dann hätten sie natürlich nicht nur den Rechtsextremismus dort reingeschrieben, dann hätten sie sich auch gegen den Linksextremismus gewandt,

(Sebastian Ehlers, CDU: Da steht doch gar nicht „Rechtsextremismus“ drin. Lesen!)

dann hätten sie sich gegen den Islamismus gewandt. Insofern ist es völlig absurd, es besteht hier kein Regelungsbedarf,

(Heiterkeit bei Julian Barlen, SPD: Sie hätten ja einen Änderungsantrag schreiben können.)

diesen Gesetzentwurf einzubringen und diesen auch noch in den Bildungsausschuss zu überweisen. Wir mei

nen, es wird damit ein Gummiparagraf geschaffen, um die Gesellschaft zu beeinflussen. Und das lehnen wir, das sagte ich bereits, als AfD entschieden ab und werden das immer weiter so tun. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Redezeit des Abgeordneten ist leider auch abgelaufen.

Das ist schade.

(Julian Barlen, SPD: Sie haben sich um Kopf und Kragen geredet.)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Torsten Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön wäre es noch gewesen, wenn der Kollege Schult erklärt hätte den Unterschied zwischen einer Erzieherin, die im Krippenbereich tätig ist, die Kinder von null bis drei Jahre betreut und die in diesem Staat, gesetzlich geregelt in Mecklenburg-Vorpommern, ein entsprechendes Bekenntnis abgeben muss, und die Tagespflege, die auch Kinder von null bis drei betreut, die das möglicherweise nicht machen soll. Nach jetziger Lage ist es ja so. Das wäre also tatsächlich sehr schön gewesen, Sie hätten diesen Unterschied noch mal herausgearbeitet. Und insofern stellt sich für mich tatsächlich die Frage, insbesondere in Ihre Richtung oder auch in Richtung des Fraktionsvorsitzenden Herrn Kramer, der ja auch Beamter ist: Welches Problem haben Sie überhaupt damit, sich auf das Grundgesetz zu beziehen

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

und das in dieser Art und Weise hier sozusagen zur Debatte zu stellen?

Wenn also in Paragraf 2 Absatz 9 die Regelung jetzt schon existiert – ich glaube, seit 2010 –, und zwar, ich zitiere: „Träger von Kindertageseinrichtungen haben die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit zu bieten und können im Sinne dieses Gesetzes...“ Also es ist gesetzlich definiert, dass Kindertagesstätten das machen müssen,...

(Der Abgeordnete Nikolaus Kramer tritt an das Präsidium heran.)

Zum Ende, ne? Ach so, Entschuldigung!

(allgemeine Heiterkeit)

… dass Kindertagesstätten, die Träger, das machen müssen.

Und wie läuft das Ganze in der Praxis ab? Die Träger lassen entsprechend die zukünftigen Erzieher, die sie dann einstellen, ein Formular unterschreiben mit einer Überschrift „Erklärung über das Bekenntnis und das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Das unterschreiben die Erzieher dann, die dort eingestellt werden. Das hat dann der Träger und damit erfüllt er das Gesetz. In einigen Landkreisen wird es auch so gehand

habt, dass entsprechend auch ein Führungszeugnis eingeholt wird. Und das ist der gesamte Prozess.

Und, Herr Schult, also was Sie dann alles hier noch hineininterpretiert haben, also ich glaube schon, dass man ab und zu mal auch die Kirche im Dorf lassen sollte.

Und jetzt stellen wir also fest,

(Nikolaus Kramer, AfD: Das sagt der Richtige!)

jetzt stellen wir also fest, dass das Ganze bei Kindertagesstätten so nicht geregelt ist, so wie bei Kindertageseinrichtungen. Jetzt haben die GRÜNEN einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht, wo sie genau die gleiche Passage im Prinzip einfügen, nämlich die Gewähr für die Ziele des Grundgesetzes. Das ist die entscheidende Passage.

Die Bildungsministerin hat jetzt ausgeführt, es gibt keine Lücke, deswegen können wir sie auch nicht schließen. Anschließend hat sie dann aber gesagt, dass sie die Situation noch nicht abschließend bewerten kann, das Urteil abwarten muss. Also insofern, wenn wir schon von einer Lücke oder einer möglichen Lücke sprechen, dann sollte man, finde ich, das sagen, dass es möglicherweise eine sein könnte. Wenn wir das nachher auswerten, dann können wir ja zu einem anderen Ergebnis kommen. Und irgendwie hatte man zum Schluss dann so den Eindruck, dass man jetzt eigentlich nur ein Argument gesucht hat, um hier sozusagen keine Zustimmung zu signalisieren.

Und bei diesem sensiblen Thema bin ich dann der Koalition – davon gehe ich ja aus, dass man dem Votum folgt – dankbar, dass man jetzt einen Weg gefunden hat, das in den Ausschuss zu überweisen. Und dann werden wir ja tatsächlich sehen, was dabei herauskommt. Aber so zu tun, als wenn das Thema jetzt vom Himmel gefallen ist, so ist es jetzt nun auch wieder nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wenn man sich nämlich die „Welt“ rausnimmt aus dem Jahre 2010, als diese Gesetzesänderung auf den Weg gebracht wurde, dann haben wir folgende Überschrift: „Schwesig geht gegen rechtsextreme Tagesmütter vor“. Es ging also nie gegen die AfD, die es ja nach meinem Kenntnisstand damals noch nicht gab,

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

sondern das Ganze ging ja gegen die NPD im Jah re 2010. Und dann will ich mal zitieren, was damals in der „Welt“ thematisiert wurde: „Die Schweriner Sozialministerin will verhindern, dass Neonazis über die Tagespflege Einfluss auf junge Kinder gewinnen. MecklenburgVorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig … will rechtsextreme Einflüsse auch im Bereich der Tagesmütter unterbinden. Sie hat die Landkreise und kreisfreien Städte aufgefordert, den neuen Erlass des Sozialministeriums für Kindertagesstätten auch im Bereich der Kindertagespflege anzuwenden. Hintergrund dafür ist, dass nicht das Landesjugendamt, sondern die kommunalen Jugendämter die Erlaubnis für die Tätigkeit von Tagesmüttern erteilen.“

So viel zum Thema Überraschung aufseiten der Regierungsbank. Ich kann jetzt nicht abschließend einschätzen, warum man 2010 – und das eint mich jetzt mit der

Bildungsministerin, dass es möglicherweise noch Gesprächsbedarf gibt –, ich kann jetzt nicht abschließend einschätzen, warum dieser Landtag im Jahre 2010 diesen Passus nur eingeführt hat für Kindertagesstätten. Es kann sein, dass es bei den Tagesmüttern vergessen wurde. Es kann aber auch sein, dass es ein rechtliches Problem gibt. Auf alle Fälle, die Aktivitäten der damaligen Sozialministerin Frau Schwesig gingen eindeutig in die Richtung.

Das ist keine Kritik, das zeigt aber, dass wir jetzt im Prinzip 12/13 Jahre später das gleiche Thema wieder auf dem Tisch haben und möglicherweise eine Lösung immer noch nicht zustande gekommen ist. Und insofern erwarte ich dann von den Rednern von LINKE und SPD, dass sie jetzt etwas überrascht sind und das bei ihren Reden berücksichtigen und nicht großzügigerweise sagen, die GRÜNEN haben hier ein Thema erkannt, ob es wirklich ein Thema ist, müssen wir mal sehen.

Also das Thema steht auf der Tagesordnung, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung entsprechend hier verteidigt wird in diesem Land, und unterschiedlichste Bereiche wie das Beamtentum, Polizei et cetera gehören dazu. Und wir sollten im Ausschuss sehr ausführlich darüber diskutieren, ob hier der Änderungsbedarf dann die mögliche Lücke ist, die dann geschlossen werden soll. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Es liegt ein Antrag auf Kurzintervention des Fraktionsvorsitzenden Herrn Kramer vor. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Sehr geehrter Herr Kollege Renz, ich finde es ja bedauerlich, dass ich Ihnen noch mal hier erklären muss, dass Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Land und auch zu der Bundesrepublik stehen und gerade deshalb diesen Eid schwören. Aber ist es nicht so, dass jeder Bürger der Bundesrepublik und jeder Einwohner des Landes Mecklenburg-Vorpommern sich grundgesetzkonform verhält, schon allein aus der Tatsache heraus, dass er ja hier lebt und somit diese demokratischen Strukturen und die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennt?

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weil wenn es doch nicht der Fall wäre, da haben wir ja nun auch Abwehrmechanismen, wie zum Beispiel das Landesamt für Verfassungsschutz, und Extremisten jeglicher Couleur, egal ob nun Rechtsextremisten, Linksextremisten, politische Extremisten oder religiöse Extremisten,

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

die werden ja nun auch durch den Staat bekämpft. Und jetzt fordern Sie doch quasi damit, dass jeder Bürger – mit Ihrer Äußerung –, jeder Bürger hier so einen Dienst- und Treueeid ablegen soll. Ich meine, das ist doch ein

Eingriff auch in die Privatwirtschaft. Bei Beamten ist es möglich, weil die aber auch in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis stehen und vom Staat alimentiert werden, aber auch eben zusätzliche besondere Pflichten haben, die der Privatbürger nicht hat.