Protocol of the Session on October 6, 2022

(Zuruf von Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann mich erinnern, dass wir mal in der letzten Legislaturperiode darüber gesprochen hatten. Ich hatte Sie gefragt, menschengemachter Klimawandel, Anteil, da haben Sie damals gesagt, das ist ein Anteil, wie groß, weiß keiner. Sie gingen davon aus, überwiegend. Heute haben Sie auch kurz gesagt, Sie können nicht diskutieren mit jemandem, der den Anteil des menschengemachten Klimawandels leugnet, eine ganz neue Situation. Wir haben seit einigen Monaten oder mindestens seit einem Jahr ungefähr eine Situation, wo Sie schon nicht mehr

über den Anteil des menschengemachten Klimawandels reden können, sondern im öffentlichen Diskurs gib es nur den vollkommen menschengemachten Klimawandel, womit im Übrigen der natürliche Klimawandel geleugnet wird.

Das ist eine kleine Nuance, wie Meinungsfreiheit eingeengt wird, wie ein Konformitätsdruck entsteht. Sie können heute nicht mehr, wenn Sie selbst die Fachkompetenz nicht haben, darüber reden, wie groß überhaupt ein Anteil sei, das Glaubensgut ist inzwischen hundert Prozent menschengemachter Klimawandel. Ich freue mich, dass Sie heute von einem Anteil gesprochen haben, da sind wir völlig einer Meinung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Möchten Sie darauf reagieren, Herr Minister?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Förster!

Erstens. Ihr Zitat war, damit wird der „Staatsschutz … zum Regierungsschutz“. Und das ist für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen schwierig, weil die jeden, den Staat und mit jeder Regierung schützen würden, weil das ihre Aufgabe ist. Es geht nicht darum, wie sie selbst gewählt haben.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Zweitens. Das Spiel mit einem StGB-Paragrafen der DDR und dem Hinweis, das ist ja so ähnlich wie jetzt, ist doch die Suggestivbotschaft zu sagen, das ist etwas Ähnliches. Ich habe verstanden, dass Sie sagen, Sie wollten sich verstanden wissen, aber die Suggestion ist in der Gefahr dieser Aussage drin.

Drittens. Sie sagen, klimagemachter Anteil, nee, menschengemachter Anteil am Klimawandel. Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht mit jemandem diskutiere, sondern der Herr hatte den Eindruck, unsere Zeit würde nie und nimmer ausreichen, das mit mir zu diskutieren. Ich bin überzeugt davon, dass wir gleichwohl wissenschaftliche Grundlagen ernst nehmen, auch in Diskussionen. Der menschengemachte Anteil in der Tat wird im Diskurs bleiben, aber dass es einen erheblichen Anteil gibt, anders als in den Achtzigern, ich kann mich an die Achtziger erinnern, wo das sehr streitig war, das dürfte heute unstreitig sein, und ob es dann 70, 90 oder 95 Prozent sind, wenn wir den Anteil rausnehmen, haben wir zumindest schon mal was gewonnen.

Ich würde aber einen Punkt noch aufgreifen, weil Sie sagen, Konformitätsdruck. Was ist denn die Erwartungshaltung? Also wenn ich eine Minderheitenposition vertrete unter ganz vielen, die eine andere Auffassung haben, dann ist – und da glaube ich, weil Sie sagten, heute sei das so – das vor 50 und 70 und 150 Jahren nicht anders gewesen.

(Daniel Seiffert, DIE LINKE: Schlimmer!)

Dann kämpfe ich gegen ganz viele Menschen argumentativ an. Das muss ich emotional aushalten, keine Frage. Aber zu sagen, es gäbe heute einen Konformitätsdruck,

würde ich nicht unterschreiben. Ja, ich muss, wenn ich eine Meinung habe, aushalten, dass jemand eine andere Meinung hat, aber das ist doch das Thema Ihrer Aussprache „Meinungsfreiheit verteidigen“,

(Beifall René Domke, FDP)

und dazu gehört, dass ich aushalte, der gegenüber hat eine andere Meinung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich teile daher den Konformitätsdruck nicht, dass er heute anders wäre als vor Jahren. Und auf Mehrheitswelle schwimmen mag immer leichter gewesen sein in Diskussionen, das will ich nicht ausschließen, aber ich glaube, dass wir gemeinsam aushalten müssen, dass gemeint ist, ich habe unterschiedliche Auffassungen, die auch auf mich zurückprallen, und muss den Gegenargumenten standhalten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister!

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Mitglieder der Anglervereine Daskow, Marlow und Eichsen. Seien Sie uns recht herzlich willkommen!

Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Fraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich mal herzlich beim Minister bedanken für den Redebeitrag, der wirklich sehr gut und ausgewogen war, was mir natürlich nicht unterbleibt, vielleicht nachher ein bisschen Kritik trotzdem fallen zu lassen.

(Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Oh!)

Gestatten Sie mir das!

Aber nichtsdestotrotz möchte ich mich wirklich bedanken, weil es ein guter Redebeitrag ist, der das auch fachlich sehr gut gewürdigt hat, und dementsprechend kann ich mich natürlich in diesem Redebeitrag auch auf die politische Auseinandersetzung konzentrieren und die Themen auch noch mal ein wenig politisch würdigen.

Und in diesem Redebeitrag stehe ich natürlich auch ein wenig vor einem gewissen Spagat, denn ich kann persönlich eigentlich nicht von mir sagen, dass ich nie die Möglichkeit hatte oder irgendwann mal nicht die Möglichkeit hatte, meine Meinung sagen zu können. Es kommt mal sicher vor – ich glaube, das geht jedem so –, dass man mitunter nicht immer alles sagt, was man denkt. Aber das ist, glaube ich, in den mitteleuropäischen zivilisierten Ländern kein Ding der Unmöglichkeit und etwas, was Anlass zur Sorge bereiten sollte, weil das gehört, glaube ich, zum zivilisierten Miteinander dazu. Und ich persönlich habe auch nicht den Eindruck, dass es Dinge gibt, die ich gerne mal sagen würde, aber nicht sagen

darf, und ich glaube, das Grundgesetz gibt mir an dieser Stelle da auch recht.

Aber man muss auch akzeptieren, dass es eine Zahl von Menschen gibt in diesem Land, die das auch anders sieht als ich, und da reden wir teilweise von bis zu 50 Prozent der Deutschen, je nachdem, wie gefragt wird und wer gefragt wird, die das Gefühl haben, dass es Sprechverbote gibt, und die das Gefühl haben, sie fürchten um die Meinungsfreiheit. Und da muss man sich natürlich schon die Frage stellen, wie kann das eigentlich sein bei der überdeutlichen Rechtslage, die uns das Grundgesetz ja an dieser Stelle auch bietet, und natürlich gibt es da einige Erklärungen. Und einige kann man an aktuellen Ereignissen festmachen, andere sind natürlich eher von langfristiger Natur.

Zu den kurzfristigen gehört sicher auch die CoronaPandemie der letzten zweieinhalb Jahre. Sie wissen hier, dass ich mich immer für Impfungen ausgesprochen habe, dass ich auch mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie immer im Großen und Ganzen, wenn auch manchmal mit Bauchschmerzen, einverstanden war. Aber ich habe auch erlebt, dass Menschen nachvollziehbare Einwände brachten und dann zu Querulanten erklärt worden sind.

Dazu gehört beispielsweise – ich habe mal zwei/drei Sachen rausgesucht – das Thema, dass es über einige Monate verboten war, im Freien Alkohol zu trinken. Und dazu gehören auch beispielsweise Betretungsverbote für den Strand oder die zum Glück nie verwirklichten Pläne, dass man Deutschland nur aus triftigem Grund verlassen kann. Ich kann da verstehen, dass es Menschen als verletzend empfunden haben, wenn sie sozial geächtet wurden, weil sie eben die von mir genannten Regelungen, sagen wir mal so, als übertrieben empfunden haben. Und es spielt da auch keine Rolle, ob man dort persönlich betroffen war. Die wenigsten Menschen, wie beispielsweise ich, verspüren den Drang, bei mittelmäßigem Wetter und bei Wind über den Strand zu laufen. Trotzdem, ein Verbot bleibt ein Verbot, egal ob es einen persönlich trifft oder eben nicht, und wenn hier der öffentliche Meinungskorridor zu eng wird, dann kann ich schon verstehen, dass es Verärgerung gibt und dass Menschen Angst haben, ihre Meinung zu sagen.

Und ein anderes Beispiel ist beispielsweise die Debatte über biologische Geschlechter, die gerade in Deutschland sehr aktiv geführt wird. Sie wird besonders bei SocialMedia-Plattformen, wie beispielsweise Twitter, besonders erbittert geführt. Davon bekommen die meisten Menschen in diesem Land nichts mit, sie merken aber, dass zum Beispiel das sogenannte Gendern in manchen Fernsehsendungen Einzug hält. Ich möchte hier die Debatte gar nicht weiter aufmachen, aber der Grund ist, dass der Meinungskorridor an der Stelle inzwischen sehr eng geworden ist,

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

dass eine öffentliche Debatte fast nicht mehr möglich ist, ohne dass es unsachlich oder persönlich wird. Und dieser Meinungskorridor wird von beiden Seiten eingeschränkt, auf der einen Seite diejenigen, die das biologische Geschlecht im Prinzip für genauso konstruiert halten wie das soziale, und auf der anderen Seite die, in dessen Weltbild ausschließlich heterosexuelle Männer und Frauen passen.

Natürlich kann man an jeder Stelle sagen, was man will. Faktisch tut man es aber an der einen oder anderen Stelle nicht mehr, weil man nicht Gefahr laufen will, als Prophet der einen oder anderen Seite gebrandmarkt zu werden. Und es sind eben die Zwischentöne, die es gelegentlich in jeder Debatte dringend braucht und die eine wachsende Zahl von Menschen einfach nicht mehr erträgt, aus ganz unterschiedlichen Motiven.

Und dann ist natürlich auch noch das aktuelle Thema um den Ukrainekrieg und die Energiekrise. Meine Meinung an dieser Stelle ist eindeutig, Russland ist der Aggressor, und wer das sehen wollte, hat das auch schon vor dem 24. Februar gesehen. Und dass die Pipeline nicht ans Netz geht, ist auch absolut richtig.

(Beifall Hannes Damm, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle aber auch fest, das ist im Osten in der Form nicht die Mehrheitsmeinung. Wir können lange darüber spekulieren, woher das kommt oder ob es vielleicht damit zu tun hat, dass den Menschen über Jahre eingeredet wurde, Putin und die Pipeline seien vollkommen unproblematisch, der Aggressor sei die NATO. Und das wurde eben auch von wichtigen Verantwortungsträgerinnen und -trägern der Politik auch hier aus MecklenburgVorpommern teilweise vorgelebt. Fakt ist aber auch, das Meinungsklima im Osten ist, wie es ist. Mein Parteifreund Michael Kretschmer weist darauf regelmäßig hin und er muss sich dafür auch viel anhören. Dass hier auch kein falscher Eindruck entsteht, ich teile seine Haltung in einigen Punkten nicht, aber dass das Meinungsklima im Osten thematisiert wird, finde ich, auch relativ zutreffend wiedergibt, das muss man an dieser Stelle auch aushalten können, und damit komme ich natürlich auch zu dem aktuellen Thema der Demonstrationen.

Ich weise auch noch mal darauf hin, dass wir hier im letzten Jahr im Landtag über Fraktionsgrenzen hinweg das Demonstrationsrecht ausdrücklich gewürdigt haben und politischen Protest für absolut legitim erklärt haben, und dabei bleibt es auch. Protest gegen eine schwache politische Leistung ist nicht nur legitim, sie ist notwendig. Aber es wird schon ein wenig schwierig – und das hat mein Kollege Daniel Peters gestern auch in der Debatte angesprochen –, wenn beispielsweise Herr Pegel, und da kommen wir dann zur Kritik, auf einer Bürgersprechstunde der Landesregierung erklärt, dass er den Protest der Straße ausdrücklich begrüßt, denn der Druck der Straße sei an dieser Stelle wichtig. Und Frau Schwesig hat sich ja in Neubrandenburg ähnlich geäußert. Das wird zumindest einzelne Demonstranten mindestens schon ein wenig wundern, denn ich glaube, zurzeit geht auch niemand auf die Straße, weil es darum geht, für die Politik der Landesregierung zu demonstrieren. Und in dem Zusammenhang, natürlich auch die Aussage von Herrn Dahlemann, die Herr Renz ja gestern auch angesprochen hat, ich sage mal so, die war zumindest unglücklich formuliert.

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

Und da sollten Sie sich zumindest im Kabinett vielleicht doch besser abstimmen, man könnte nämlich sonst auch den Eindruck gewinnen, dass man die Menschen an dieser Stelle nicht ernst nimmt. Und ganz gleich, zu welcher politischen Überzeugung man neigt, wenn Menschen befürchten müssen, dass sie nicht ernst genom

men werden, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn der Ton ein wenig rauer wird. Und es gibt das geflügelte Wort, dass man heute im Gegensatz zur DDR zwar alles sagen dürfe, aber anders als früher interessiert es eben niemanden mehr. Und ich glaube, wir müssen schon aufpassen, dass wir diesem fatalen Eindruck nicht Vorschub leisten.

(Heiterkeit bei Julian Barlen, SPD: Na, dann können Sie ja mal mit gutem Beispiel vorangehen hier!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender!

Für die Fraktion DIE LINKE hat das Wort der Abgeordnete Torsten Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich habe das Bedürfnis, mich beim Innenminister zu bedanken für eine eindrucksvolle Rede, die mir aus dem Herzen gesprochen hat. Ich finde, besser kann man das, was hier als Thema gesetzt wurde, aus politischer Sicht nicht beantworten. Vielen Dank, Herr Innenminister!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)