Protocol of the Session on October 6, 2022

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Und wenn die AfD wählen, was sagen Sie dann?)

Und dann wird sich die Gesellschaft wieder verändert haben. Und dann können wieder Menschen kommen und sagen, das passt mir alles aber gar nicht.

(Rainer Albrecht, SPD: So ist es.)

Und von wegen, das passt mir gar nicht, seien Sie mir nicht böse, ich muss zu Beginn einige der Dinge, die Sie gesagt haben, die will ich nicht so stehen lassen. Sie haben gesprochen von der „Merkel-Herrschaft“.

(Thore Stein, AfD: Ja.)

Wir haben hier keine Herrschaft, wir haben eine Demokratie – nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! –, und zwar mit demokratischen Institutionen.

(Beifall Rainer Albrecht, SPD, und René Domke, FDP – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Und die demokratischen Institutionen haben entschieden, dass die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit Angela Merkel hieß. Und ich sage Ihnen ganz offen, auch als Sozialdemokrat, ich glaube, dieses Land ist dieser Frau zu Dank verpflichtet. Das will ich ausdrücklich sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und René Domke, FDP)

Ja, dann haben Sie schwadroniert über das traditionelle Familienbild und die Ehe für alle. Nehmen Sie es doch als Ausdruck der Liberalität! Niemand ist in diesem Land gezwungen, eine bestimmte Lebensweise anzunehmen. Was ist daran schlimm, was ist daran schlimm, wenn ein Mann mit einem Mann zusammenlebt und heiratet?

(Enrico Schult, AfD: Das ist überhaupt nicht schlimm.)

Was ist daran schlimm, wenn eine Frau mit einer Frau zusammenlebt und heiratet?

(Enrico Schult, AfD: Das hat er aber auch nicht gesagt, dass das schlimm ist.)

Was ist daran schlimm, wenn Mann und Frau zusammenleben und heiraten? Ich finde es immer schöner, wenn Menschen sich lieben, als dass sie sich hassen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Und ich finde, genau das ist der Grundtenor unserer Politik.

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

Und wo wir bei Liberalität sind, bleibe ich gerne dabei. Ich bin als Sozialdemokrat ja auch Liberaler. Seit 1863 haben Sozialdemokraten drei Grundsätze: Freiheit, Einheit und Brüderlichkeit. Wir als Sozialdemokraten sind auch Liberale. Und ich finde, auch die Sprache ist etwas, was der Liberalität unterliegt. Und jeder, der etwas anderes sagt, der sollte sich hinterfragen, ob das, was er da fordert, nicht etwas Diktatorisches ist, nämlich, dass er anderen vorschreiben möchte, wie sie zu sprechen haben.

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Sie werden von mir zum Beispiel nie das gesprochene „I“ hören, weil ich das nicht mag.

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Das ist genau unsere These, Herr Krüger.)

Das ist ja etwas, was ich in meiner Entscheidung habe. Aber andere haben in ihrer Entscheidung, dass sie das gesprochene „I“ sprechen, und das ist okay, das ist Ausdruck einer liberalen Gesellschaft, eine liberale Gesellschaft, die Sie offensichtlich ablehnen, Herr Förster. Das ist zumindest mein Eindruck.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und David Wulff, FDP – Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Zum Thema Meinungsfreiheit haben wir uns heute Vormittag ausreichend ausgetauscht. Ich fand die Ausführungen des Innenministers hier einfach schlagend, deswegen will ich das nicht noch mal ausführen.

Meine Damen und Herren, den Boden ausgeschlagen hat aber ein Eingangssatz von Herrn Förster, den ich in aller Form zurückweise. Herr Förster, Sie haben gesagt: „… das Land ist gespalten wie nie zuvor“. Ich will Ihnen sagen, was Spaltung eines Landes heißt. Spaltung eines Landes hieß, dass wir mitten durch Deutschland 1.400 Kilometer Grenze hatten,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

1.400 Kilometer Grenze mit Stacheldraht, Signaldrähten, Selbstschussanlagen, Panzersperren. Das war Spaltung Deutschlands! Das war die Spaltung, die wir hatten!

Meine Damen und Herren, Spaltung hieß eben auch, dass 600 Menschen, die von Ostdeutschland nach Westdeutschland fliehen wollten, mitten im Frieden erschossen worden sind, durch Minen weggesprengt worden sind, ertrunken sind in der Ostsee. Das hieß Spaltung! Spaltung hieß, dass 16 Millionen Ostdeutsche nicht das Recht hatten auf Reisefreiheit, dass in den alten Bundesländern Väter, Mütter waren, die gestorben sind, wo die Lieben nicht noch mal hinreisen konnten. Das hieß Spaltung, Herr Förster! Spaltung hieß, dass es einen freien Teil Deutschlands gab, in dem man sich versammeln konnte, und die DDR, in der freies Versammeln eben nicht möglich war. Nur unter dem Dach der Kirche, und hier insbesondere der Evangelischen Kirche, der ich bis heute höchst dankbar bin, hat es diese Möglichkeit gegeben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hieß Spaltung, Herr Förster!

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Rainer Albrecht, SPD: Sie sitzen ja warm und trocken hier.)

ich bin jetzt völlig raus aus meiner Rede, Herr Förster, aber das ist am Ende auch egal. Für mich ist entscheidend, dass letztlich der Kampf der Menschen in unserem Land gesiegt hat.

(Rainer Albrecht, SPD: Jawoll!)

wir eine liberale Gesellschaft aufgebaut haben, eine liberale Demokratie aufgebaut haben, Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland für uns heute alle gelten. Wir haben heute das, was wir nicht hatten: Wir haben Meinungsfreiheit, wir haben Informationsfreiheit, wir haben Pressefreiheit, wir haben Versammlungsfreiheit, wir haben Reisefreiheit – war so ersehnt von den Ostdeutschen – und wir haben freie Wahlen in ganz Deutschland.

Spaltung zu überwinden, meine Damen und Herren, das war allen, die 1989 Verantwortung hatten, klar, wird schwierig sein. Aber Spaltung zu überwinden, da haben wir von beiden Seiten dran gearbeitet, von Ost und West. Und uns war von Anfang an klar, dass es da große Herausforderungen gibt. Und zwei Dinge sind damals noch immer benannt worden: Das Erste ist der Aufbau einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, und das Zweite war der wirtschaftliche Transformationsprozess. Und ich würde sagen, bei beiden war es sehr schwer, aber bei beiden sind wir auch erfolgreich gewesen.

Sicherlich gibts gerade im Bereich der Wirtschaft auch noch Nachholprozesse, die zu gestalten sind, das will ich überhaupt nicht kleinreden, meine Damen und Herren, aber davon zu reden, dass Deutschland an dieser Stelle gespalten ist, das macht mich fassungslos, das will ich Ihnen so deutlich sagen, das macht mich fassungslos, jemand, der die DDR erlebt hat und erlebt hat, was Spaltung dieses Landes bedeutet hat. Ich habe eher den Eindruck, Sie wollen spalten, Sie wollen Spaltung herbeireden, um aus Spaltung politischen Honig saugen zu können und für sich einen Vorteil erwirtschaften zu können über Spaltung.

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Meine Damen und Herren, und genau das ist ja eben der Unterschied zwischen den demokratischen Kräften hier im Hause.

(Zuruf von Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Wir haben einen Grundkonsens. Diesem Grundkonsens schließen Sie sich nicht an. Der Grundkonsens heißt, die demokratische Gesellschaft zusammenhalten. Das ist das, was Sie eben nicht tun. Sie wollen spalten, das ist Ihr Ziel. Das ist das einzige Ziel, mit dem Sie angetreten sind und wo Sie meinen, am Ende auch hier Honig saugen zu können.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und René Domke, FDP)

Meine Damen und Herren, am Ende möchte ich nur noch mal sagen, für mich ist die deutsche Einheit der Glücksfall des Jahrhunderts, dass die Deutschen – Ost und West – wieder zusammenkommen können.

(Zuruf von Enrico Schult, AfD)

Das ist ein Traum gewesen, dieser Traum ist wahr geworden, und wir haben die letzten gut 30 Jahre daran gearbeitet, dass beide deutsche Staaten vergessen gemacht werden oder beide deutsche Teile zusammenwachsen können. Und wenn wir uns heute Mecklenburg-Vorpommern angucken, dann ist das aus meiner Sicht eine einzigartige Erfolgsgeschichte, die wir hier geschrieben haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Die Menschen können zu Recht stolz auf das sein, was wir hier gemeinsam geleistet haben. MecklenburgVorpommern ist ein tolles Bundesland, in dem die Menschen gern leben und das für viele aus nah und fern zu einem Sehnsuchtsort geworden ist.

Wer die Erinnerung noch an unsere Städte und Dörfer hatte, wie sie vor 1989 waren, wie sie vor der Wende ausgesehen haben, wer erlebt hat, wie hoch die Arbeitslosigkeit in den 90er-Jahren war, der weiß, welch tolle Entwicklung wir hier genommen haben. Und ich will an dieser Stelle mal eine persönliche Liebeserklärung abgeben an eine Stadt, in der ich selbst nie wirklich gewohnt habe, aber in der ich meine Sommer als Kind verbracht habe, das ist die Hansestadt Stralsund. Wer die Hansestadt Stralsund vor der Wende gekannt hat,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: So ist es.)

gesehen hat, wie die Altstadt ausgesehen hat, gewusst hat, dass, wenn man vorne bei dem ersten Haus anfasst, dass dann die Altstadt hinterherrutscht, und heute durch diese Stadt geht, der weiß, was geleistet worden ist, meine Damen und Herren. Eine einzigartige Erfolgsgeschichte!