Wir gehen in eine Lage rein, wo einer alleine nachher nicht mehr in der Lage sein wird, einer solchen Situation im Zweifel Herr zu werden. Und deswegen ist es das eine, dass wir das natürlich einfordern, aber die Landesregierung muss den Landkreisen da auch teilweise hinterherlaufen. Und deswegen erwarten wir auch hier schnelles Handeln von der Landesregierung und auch umfassende Pläne, die wir dann entsprechend weitergeben können.
Ich gehe mal auch davon aus, dass der Minister noch mal betonen wird, der Katastrophenschutz im Land ist seit 70 Jahren mit der Aufgabe betraut, für Krisensituationen den Schutz der Bevölkerung abzusichern. Klar ist aber auch, dass bis dato diese Krisensituationen, wie sie bisher geplant waren oder gedacht waren, lokal eng umgrenzte, regionale Großschadensereignisse waren. Das waren Krisensituationen wie Hochwasser, Sturmfluten oder auch Waldbrände, worauf sich vorbereitet wird.
Das, was jetzt vor uns liegt, das ist in den bisherigen Planungen so nicht berücksichtigt gewesen. Das ist ja etwas völlig Neues, und natürlich begeben wir uns derzeit in eine Situation rein mit einer gewissen Unsicherheit. Und wir wollen den Worst Case hier nicht herbeireden, wir wollen, dass wir gut durch den Winter kommen. Aber sicher können wir da natürlich nicht sein. Und im Katastrophenschutz ist unsere Verantwortung für die Menschen hier im Land, dass wir den schlimmsten Fall halt mitbedenken und dass wir den schlimmsten Fall auch einfach einplanen. Und dass genau dies passiert, dass die im schlimmsten Fall möglichen Eventualitäten mitbedacht wurden, dafür haben wir heute diesen Antrag im Parlament eingebracht.
Das, wo auch im Innenausschuss immer drauf abgestellt wurde, ist, na ja, wir bereiten uns hier und da vor, man muss sich irgendwie selber auch entsprechend irgendwie vorsorgen, berücksichtigt meines Erachtens nach nicht, in welchem Szenario wir uns tatsächlich befinden kön
nen, und zwar eine lang andauernde Lage. Wir reden hier nicht über drei Tage, wir reden hier nicht über eine Woche und wir reden hier irgendwie auch nicht über zwei Wochen oder vielleicht einen Monat. Wenn das richtig blöd läuft, dann reden wir über viele Wochen,
wo wir dauerhaft die Lagen haben. Und die Bevölkerung muss sich darauf verlassen können, dass wir uns natürlich auch darum kümmern und Möglichkeiten parat haben,
denn haben wir die Gasmangellage, dann fallen die ersten Sachen aus. Dann haben wir aber auch eine Strommangellage, dann fallen noch mehr Sachen aus. Und wenn der Strom erst mal ausgefallen ist, dann wird uns erst mal bewusst werden, wie viele Sachen hier bei uns mit Strom laufen. Und da gehört auch die Wasserversorgung und die Wasserentsorgung mit dazu. Und da haben wir aber auch im Innenausschuss gehört, so was wie Tankwagen für Trinkwasser, dass wir da im Zweifel irgendwie reagieren können, haben wir auch nicht. Und wenn wir diese lang anhaltenden Lagen hier am Ende mit drin haben,
dann müssen wir auch gucken, dass wir, wenn Notstromaggregate anlaufen, die natürlich auch langfristig versorgt werden können. Die Unternehmen der kritischen Infrastrukturen Stadtwerke, Krankenhäuser et cetera, natürlich haben die ihre Notfallpläne.
Auch die Landkreise, die Verwaltungen, die wurden alle dazu angehalten, an diesen Notfallplänen zu arbeiten. Die arbeiten auch mit Notstromaggregaten. So, was ist dann aber, wenn die nicht mehr betankt werden können? Das, also ein normales Notstromaggregat, irgendwie 12 bis vielleicht 48 Stunden hält das. Das heißt, wir brauchen Tankregime. Jetzt gucken wir in den Landkreisen natürlich, dass wir überall irgendwie unsere Versorgung sicherstellen können. Aber auch da, je länger die Lage dauert, umso schwieriger wird das Ganze.
Und wir können im Zweifel auch durch Sabotageakte in diese Lage kommen. Wir haben das Thema „Nord Stream 2“ jetzt hier auch schon gehabt. Was passiert denn, wenn wir nicht einfach nur genug importiert bekommen, sondern dass auch an der Stelle – das muss noch nicht mal in Deutschland sein, sondern auch in anderen europäischen Punkten – unsere Strom- oder Gasversorgung durch Sabotageakte oder Hackerangriffe angegriffen wird? Und dann kommt nämlich genau der Bereich rein, das heißt ja Zivil- und Katastrophenschutz, und gerade der Zivilschutz ist genau der Schutz der Bevölkerung im Inland in nicht kriegerischen Handlungen, aber auch in Kriegssituationen. Und das gehört doch genau in diese ganze Lage, in diese ganze Situation mit rein. Und deswegen müssen wir an der Stelle auch weiterkommen.
Und was ich auch immer wieder erlebe, es heißt, na ja, der Katastrophenschutz, das ist ja Aufgabe der Landkreise – Katastrophenschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Paragraf 2, Zuständigkeit der Aufgabe: Das Land, die Kreise und die kreisfreien Städte
sind zuständig, ja, und die Kreise agieren nach Weisung des Landes. Und wenn wir uns diese lokalen Lagen, wie wir sie früher gedacht haben, denken, dann ist das soweit auch alles richtig. Wenn wir jetzt aber in eine regionale oder eine nationale Lage im Zweifel reinkommen, dann haben wir diese Probleme an unendlich verschiedenen Stellen, und dann müssen wir da zusammenarbeiten.
Und auch da muss man sagen, wenn die Landkreise oder die Landräte dann an der Stelle nachher dafür zuständig sind – gucken wir noch mal kurz ins Ahrtal, wie überfordert auch da die handelnden Personen mit der Situation waren. Sie waren auch nicht in der Lage, Helfer zu koordinieren, die auch von außerhalb angekommen waren. Das ist auch nicht deren Kerngeschäft. Da erwarte ich auch von der Landesregierung, vom Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz im Zweifel, dass da auch genau eingegriffen wird, dass wir eine Koordinierungsstelle haben, dass wir da unterstützen können, weil das ist eine gemeinsame Aufgabe. Das ist an dieser Stelle, wenn das ein so großes Lagebild ist, keine regionale Aufgabe mehr. Und das ist mir ganz besonders wichtig, an dieser Stelle zu betonen. Da müssen wir gemeinsam ran.
Und da müssen wir aber auch gucken, dass wir unser, dass wir das Landeskatastrophenschutzlager entsprechend ausgestattet bekommen. Wir haben auch in der Innenausschusssitzung gesagt bekommen, na ja, Reservegeräte haben wir da auch nicht. Und wir haben auch bei der letzten Haushaltsberatung über Anträge von uns zum Thema Katastrophenschutz beraten, die wurden alle abgelehnt: Werbung im Nachwuchs, mehr Geld für Großübungen, aber auch die Resilienz der Bevölkerung zu steigern,
Wir müssen natürlich auch gucken, dass wir die Bevölkerung hier warnen. Wenn das losgeht, dann können wir nicht in jedem Dorf und jeder Stadt gleichzeitig durch öffentliche Hand irgendwie alles sicherstellen. Das heißt, die Leute müssen ja auch informiert werden, im Zweifel einfach mal wenigstens für die ersten Tage Notreserven da zu haben. Das kann man alles ohne Panik machen, man muss aber die Leute darüber informieren. Und wer weiß denn Bescheid, was welcher Sirenenton oder die Sirenenreihenfolge am Ende bedeutet? Da müssen wir die Bevölkerung endlich aufklären.
Ja, die Feuerwehrleute wissen das hier. Es ist aber auch dadurch, dass wir hier immer so viele Feuerwehrleute im Landtag haben, so, dass man natürlich immer einen schönen Fokus auf die Feuerwehr hat. Aber das, was im Katastrophenschutz die letzten Jahre gelaufen ist, war auch an der Stelle relativ unterirdisch. Und der …
Und auch der EU-Kommissar für Katastrophenschutz hat gesagt, also hat ja jetzt gesagt, dass auch da geplant wird, mit Reservegeräten zu arbeiten. Das sind alles Lagen, auf die wir uns vorbereiten müssen, auf die wir unsere Bevölkerung vorbereiten müssen, wir als Land, als gemeinsame Kraftanstrengung. Und deswegen haben wir diesen Antrag hier gestellt.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu sechsmal fünf Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu sagen, wir wollen eine unaufgeregte Debatte führen,
Gleichwohl will ich gerne versuchen, auf den Kern der Punkte zurückzukommen. In der Tat sind wir in einer Situation, wo wir uns intensiver auf eine mögliche Gasmangellage und im Extremfall zusätzlich auf einen Stromausfall vorbereiten. Ich werbe auch dafür, und das habe ich im Innenausschuss getan, dass Katastrophenschutzvorbereitung jetzt auch keine Erfindung der letzten drei Monate ist, sondern ein Jahrzehnte in der Bundesrepublik Deutschland geübtes Verfahren.
David Wulff hat zu Recht darauf hingewiesen, die Flächenmäßigkeit mag eine andere sein, wobei auch da dazugehört, dass die bundesweite Zuständigkeit für eine mögliche Verteidigungssituation auch in den letzten 70 Jahren schon immer eine flächenmäßige Betroffenheit vorsah. Und trotzdem, ja, es gibt einen signifikanten Unterschied. Stromausfallszenarien waren auch bislang schon Gegenstand von Katastrophenschutzvorsorge. Ein echter Wärme
ausfall durch einen Ausfall der Gasversorgung ist sicherlich ein Punkt, der neu ist, aber für alle diejenigen, die die Katastrophenschutzpläne für Stromausfallsituationen im Blick haben, auch dazu gehörte, dass die meisten Gasbefeuerungsanlagen, dass die meisten Fernwärmeanlagen ebenfalls eine Stromversorgung brauchen. Also auch ein Wärmeausfall war durchaus schon Bestandteil von Überlegungen.
Aber so eine Situation, wenn sie konkreter wird, hat ja den Vorteil, dass alle noch mal ihre Pläne auf den Tisch legen und man in der Tat Stück für Stück alles durchgeht. Und genau das tun wir seit Monaten, auch wenn es so angedeutet wurde, im Innenausschuss sei alles lapidar und völlig unausgereift, davon sind wir meilenweit entfernt. Und wir können hier ja einen politischen Diskurs dazu führen, aber ich werbe mal dafür, dass im Krisenstab dieses Landes über 70 Beteiligte mitarbeiten – die meisten davon ehrenamtlich –, die Katastrophenschutzorganisationen, dass wir in den Landkreisen und kreisfreien Städten und auch bei uns im Haus eine Vielzahl von Hauptamtlichen haben, die mit extremer Kraft da drin sind. Und das sind alles die Katastrophenschutzkolleginnen und -kollegen, die im Übrigen schon in der gesamten Corona-Pandemie und dann folgend auch in dem starken Hinzukommen von Schutzsuchenden aus der Ukraine jeweils mit ordentlich Kraft die Aufgabe gerockt haben. Und wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir denen nicht zu despektierlich ein Signal geben, denn aus deren Sicht – und da haben sie, glaube ich, recht mit – sind die enorm weit und haben schon ganz erheblich Kraft investiert.
Die Energiemangellage ist nämlich frühzeitig in die Arbeit eben des Krisenstabes des Landes aufgenommen worden. Anders als eine Vielzahl anderer Bundesländer haben wir zwischen Weihnachten und Neujahr – aus anderen Gründen wohlgemerkt – einen solchen Krisenstab mit über 70 Beteiligten gebildet, der in verschiedener Intensität, je nachdem, wie krisenhaft die Situationen waren, zusammenkam. In dem ist bereits Ende Mai, in dem Arbeitsstab – das ist eine Hauptamtlichkeit, die diesem Krisenstab zugeordnet ist –, dem LKUSt, wie wir ihn liebevoll nennen, ist genau die Vorbereitung auf eine mögliche Gasmangellage als Auftrag gegeben worden. Wir haben dafür eben genau diese bereits vorhandene Krisenreaktionsstruktur weitergenutzt und konnten deshalb das Thema relativ schnell angehen, weil wir die bereits hatten.