Protocol of the Session on October 6, 2022

(Zuruf von Jens-Schulze Wiehenbrauk, AfD)

Und dann sagen Sie – und jetzt kommt der Sprung, den Sie logisch erklären müssen, nicht ich, Sie müssen ihn logisch erklären, ich liebe Kausalitäten und Logik, alte Juristenkrankheit –,

(Jens-Schulze Wiehenbrauk, AfD: Wir auch!)

ich habe Ihre Sorge, dass sehr viele Menschen kommen, und dann sagen Sie, und jetzt müsst ihr einige wenige Schwerststraftäter abschieben und dann ist das Problem gelöst. Dann sage ich Ihnen, das ist damit leider nicht gelöst.

Zweitens.

(Horst Förster, AfD: Sie sollen alle Ausreisepflichtigen abschieben! Das ist Ihr Problem zwischen Realität und Anspruch! – Zurufe von Enrico Schult, AfD, und Jan-Phillip Tadsen, AfD)

Nein, Ihr Problem ist, dass Sie die Zahl wieder nicht differenzieren. Und wahrscheinlich ist die deutsche Statistik an der Stelle auch unglücklich. Es gibt eine Menge Menschen, …

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Genau, die Zahl ist sehr viel kleiner, Herr Förster, die Zahl ist sehr viel kleiner.

… weil wir eine Menge Menschen haben, die dem Grunde nach ausreisen müssten. Und dann kennen wir eine Vielzahl von Bundesgesetzen oder durch Bundesgesetze anerkannte internationale Abkommen, die sagen, unter der Situation darf jemand aber bleiben, dann kriegt er einen Schutzstatus, kriegt eine Duldung und so weiter.

(Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD: Und wer hat diese Gesetze gemacht?!)

Die Zahl derer, die ausreisen müssen, ist trotzdem so, dass sich die Abschiebungsoffensive des Bundes hoffentlich hinterher lohnt. Aber sie ist kein leichter Gang, weil wir uns weiterhin zum Glück im Rahmen eines Grundgesetzes und verschiedener anderer Abkommen bewegen.

(Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)

Zurück zu Ihrer Logik. Sie sagen, wir sind zu viele, wir müssen stoppen, wir würden es über die Straftäterabschiebung hinbekommen. Nein, das alleine löst unser Problem nicht.

(Jan-Phillip Tadsen, AfD: Ein Aspekt! Ein Aspekt!)

Selbst der Aspekt ist für die freiwerdenden Wohnungen minimal. Gleichwohl, die Abschiebungsoffensive der Bundesregierung wird mit Sicherheit so einen Punkt enthalten, und das werden wir auch unterstützen. Wir gucken uns aber genau das an, was da kommt, und werden es diskutieren, wenn es so weit ist. Momentan unsererseits einen Schnellschuss zu starten, ist nicht beabsichtigt, weil wir sehen,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

weil wir sehen, dass eine Bundespolitik auf dem Weg ist.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Weil es juristisch so schwierig ist, ist es eben auch nichts, was so aus der Hüfte schießt.

Dritter Punkt. Sie argumentieren ja damit, dass Sie sagen, Mensch, ihr lasst Neue ins Land, und dann haben Sie, glaube ich, so Pi mal Daumen gesagt, mit dem nächsten Intensivtäter. Und dann atme ich einmal schwer, und Sie werden, glaube ich, auch irgendwann mal erklären müssen, was diese Parallelnennung von Nationalität und Straftat bewirken soll.

Erstens. Jede Straftat ist für die Opfer eine Katastrophe, und dann ist es völlig unerheblich, welche Nationalität der Täter hat. Jede Straftat ist eine Katastrophe.

(Julian Barlen, SPD: So ist es.)

Zweitens. Natürlich hat der Staat das Gewaltmonopol durchzusetzen, losgelöst von der Nationalität derer, mit denen ich dort interagiere.

Und drittens. Die Frage, die sich immer aufdrängt, ist, wenn Sie diesen Zusammenhang immer wieder betonen: Was will mir das denn sagen? Dass ich bei Menschen einer gewissen Nationalität eine größere Wahrscheinlichkeit für Straffälligkeit habe? Und wenn dem so ist,

(Enrico Schult, AfD: Die Sozialisation ist prägend. – Zuruf von Horst Förster, AfD)

wenn dem so ist, werden Sie genau erklären müssen, woran es hängt, dass Sie sagen, es ist Sozialisation,

(Enrico Schult, AfD: Kulturelle Prägung, das Aufwachsen.)

es ist DANN. Sie werden genau die Frage beantworten müssen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zurufe von Horst Förster, AfD, und Thore Stein, AfD)

Und dann sind wir vielleicht mal beim Kern der Diskussion, die Sie alle ungern mögen, weil Sie sagen, Sauerei, dass ihr uns das vorwerft, denn ich sage …

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Herr Förster!

Einen Moment bitte, Herr Minister!

Herr Förster, ich habe das jetzt sehr lange durchgehen lassen, dass Sie permanent mit Herrn Pegel versucht haben, ein Zwiegespräch zu führen. Jetzt hat das Wort der Minister. Sie können sich nachher, wenn Herr Tadsen Ihnen noch Zeitbudget zur Verfügung stellt, gerne noch zu Wort melden.

Bitte, Herr Minister!

Herzlichen Dank!

Wenn Sie zuspitzen, werden Sie sagen müssen, warum Sie gewissen Nationalitäten einen höheren Straffälligkeitsanteil zubilligen. Und dann werden wir auch die vernünftige Differenzierung vornehmen müssen, ob deren für uns bekannte Peergroup die gleiche sozialdemografische Zusammensetzung hat wie unsere. Um das mal umgekehrt zu formulieren: Wenn Sie bei uns eine Gruppe von 18- bis 25-jährigen Männern anschauen, werden Sie auch eine höhere Einschlägigkeit feststellen, als wenn Sie die Gesamtbevölkerung anschauen. Es gibt gewisse Bevölkerungssituationen, es gibt gewisse Lebensphasen, da scheint es ein bisschen wilder zuzugehen. Und das kennen Sie im Zweifel aus Ihrer strafrichterlichen Erfahrung viel, viel besser als ich.

(Zuruf von Thore Stein, AfD)

Also zurück in die Frage, warum wird die Nationalität überhaupt betont an der Stelle. Ich bin überzeugt davon, dass wir erstens die Bundesregierungsinitiative abwarten sollten, die kommt. Die werden wir uns gerne offen anschauen.

Zweitens, für die EU-Außengrenzen zumindest sind wir nicht zuständig, und jetzt muss ich einmal schauen, und die Abwendung vom EASY-System will ich zumindest gern erwähnen. Ja, wir haben uns zweimal abgemeldet, wir haben uns in der Vergangenheit auch schon zehn weitere Male abgemeldet.

Das EASY-System ist das bundesweite Verteilungssystem, und da kann man sich kurz abmelden. Die Idee ist, ich habe mal eine völlig überlaufene Erstaufnahmeeinrichtung, ich habe einen erkrankten Arzt, der die Eingangsuntersuchung macht, da kann es tausend Gründe geben, dann kannst du dich dort abmelden. Das ist bundesweit akzeptiert. Da sich aber in den vergangenen Monaten bis zu zwölf Bundesländer, vor allem die großen, abgemeldet hatten – genau das habe ich im Innenausschuss berichtet –, waren wir auf einmal in der Situation, dass zwei/drei kleine Bundesländer die Gesamtzahl der in

Deutschland ankommenden Asylbewerber für mehrere Tage tragen musste. Und dann kriegen wir nicht mehr die zwei Prozent, die wir sonst bekommen, sondern einen entsprechenden im Dreisatz errechneten Anteil. Der bringt uns dann sehr schnell in die Bredouille, weil wir auf so große Zahlen nicht eingerichtet sind.

Dann haben wir uns ebenfalls angeschlossen, für eine Woche das System für uns gesperrt, und die Solidarität, die wir erbeten haben, ist die des BMI. Wir haben das Bundesinnenministerium gebeten, noch einmal mit allen zu sprechen, dass die Abmeldung wirklich nur erfolgt, wenn es brennt, und nicht als strategisch regelmäßiger Weg, weil das zur Schieflage führt. Und es gibt intensive Gespräche dazu. Wenn sich einzelne Länder abmelden, ist das okay, wenn es eine Mehrheit tut, gibt es ein Problem. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister! Herr Minister, mir liegt noch der Antrag auf Kurzintervention von Herrn Tadsen vor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Eine Kurzintervention zu dem hier Gesagten von Ihnen. Sie haben ganz zu Beginn Ihrer Ausführungen vom Grundgesetz gesprochen. Ich habe ja zu Beginn genau das Grundgesetz zitiert, und ich denke, auch Sie als Jurist müssten doch den Artikel 16a Absatz 2 kennen. Und wenn dieser Artikel im Grundgesetz steht, und das ist meines Wissens nach wie vor der Fall, und dieser Artikel auch dazu geführt hat, dass, wenn wir doch mal noch eine Rückschau ins Jahr 2015 vornehmen, die Bundespolizei Hundertschaften zusammengezogen hat, um genau diesen Artikel unter Herrn Romann, dem Bundespolizeipräsidenten, in Absprache mit dem Bundesinnenministerium durchsetzen zu können, und das war eine politische Entscheidung, die stattgefunden hat, dann ist auch das heute eine politische Entscheidung, die stattfinden kann. Darauf bezieht sich die Partei der AfD, darauf bezieht sich die Fraktion der AfD, und das ist rechtsstaatlich absolut nachvollziehbar. Herr Schuster wird Ihnen das in der Innenministerkonferenz auch mitteilen können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Herr Minister, möchten Sie erwidern?

Ich war noch gar nicht fertig.

Oh, Entschuldigung, Herr Tadsen, tut mir leid!