Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne Besucherinnen und Besucher vom DRK Kreisverband Nordwestmecklenburg. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie heute hier sind und der Debatte folgen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir leben – und das ist heute schon oft angeklungen – in krisengebeutelten Zeiten: ein brutaler Angriffskrieg auf einen souveränen Staat mitten in Europa, fortschreitende
Inflation, Energiepreise außer Kontrolle, die wiederaufflammende Corona-Pandemie und nicht zuletzt eine sich immer weiter zuspitzende Klimakatastrophe.
Zu Recht schauen die Bürgerinnen und Bürger auf uns Politiker/-innen und fordern Antworten auf Lebensrealitäten, die viele an den Rand der Verzweiflung bringen, denn wie soll ich die nächste Stromrechnung bezahlen, wenn ich schon fürs Essen jede Woche nicht mehr genug Geld in der Tasche habe. Wir Politiker/-innen sind es, die mit unseren Entscheidungen diese momentan für viele Menschen so verzweifelte Lebensrealität gestalten, und wir sind es, die für alle Krisen und Katastrophen unserer Zeit gemeinsam Antworten finden müssen.
Daher bin ich der Fraktion der LINKEN dankbar, dass sie das Thema der Übergewinnabschöpfung heute auf unsere Agenda gebracht hat, denn es ist völlig inakzeptabel, dass, während die einen nicht wissen, wie sie die nächste Mahlzeit auf den Tisch bringen sollen, sich die anderen völlig kaltschnäuzig an Krieg und Krisen dumm und dämlich verdienen.
Und ja, es ist auch kein Geheimnis, dass ich als GRÜNE den Tankrabatt irgendwie schon immer so ein bisschen am Ziel vorbeigeschossen empfunden habe. Die Misere haben wir aber jetzt, und, meine Damen und Herren, es ist unsere moralische Pflicht, diesem Irrsinn Einhalt zu gebieten. Die Frage ist nur, wie machen wir es denn nun am besten. Die Übergewinnsteuer könnte natürlich ein Weg sein, wie wir verhindern, dass Konzerne sich bereichern.
Doch so einfach das Prinzip sich auch anhört, gibt es bei der konkreten Umsetzung leider jede Menge komplexe Fragen: Ab wann ist ein Gewinn ein Übergewinn? Von welchem Umsetzungszeitraum reden wir? Und welcher Übergewinn ist denn ein guter versus ein schlechter Übergewinn? Und die Diskussion haben Sie mitbekommen, sie ist auch heute schon angeklungen und sie ist mir bei meinen Recherchen wirklich hängengeblieben, denn was machen wir mit Firmen wie BioNTech, wenn wir eine Übergewinnsteuer diskutieren? Sagen wir wirklich, ja, das ist ja schön, dass ihr uns einen Impfstoff entwickelt habt, und wir geben euch dafür auch Auszeichnungen und Preise,
aber euern Übergewinn, wenn es denn als solcher definiert wäre, den lassen wir euch jetzt nicht mehr, den müssen wir leider abschöpfen?! Und genau an diesem Beispiel, auch wenn es oft zitiert wurde, auch wenn es hart diskutiert wurde, sieht man aber genau, wohin diese Diskussion dann läuft. Und deswegen ist es eine Debatte, die ein schwieriges Terrain bedeutet.
Auch der Finanzausschuss des Bundestages erkennt dies an. Er hat in seiner Sitzung letzte Woche Mittwoch betont, dass es natürlich keine ungerechtfertigten Extragewinne gerade für Öl- und Energiekonzerne geben darf. Die von Ihren Kolleg/-innen der LINKEN im Bundestag angeregte Diskussion in Form eines Antrages wurde ausdrücklich von den GRÜNEN und auch von der SPD im Ausschuss befürwortet. Dennoch überwiegen die vielen ungeklärten Fragen und machen daher das Werk
zeug der Übergewinnsteuer momentan zu keinem geeigneten im Kampf um fairere Bedingungen im Öl- und Energiesektor. Wir müssen also in der Kiste der Möglichkeiten weiter nach den geeignetsten Werkzeugen suchen, denn eins ist auch klar, es wird nicht den einen, ich sage jetzt mal goldenen Schraubenzieher geben, mithilfe dessen wir diese Gesamtsituation ein für alle Mal retten.
Und dann möchte ich Ihnen, Herr Peters, ein kleines bisschen widersprechen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir dieses Thema breiter diskutieren. Ja, wir könnten uns jetzt nur auf Steuer und die steuerfachlichen Sachen hier beschränken, aber das Problem ist nun mal größer, und deswegen sehe ich den Antrag oder die Setzung dieses Themas der LINKEN-Fraktion auch als etwas, wo wir ein bisschen links und rechts gucken müssen und sehen müssen, woher die Probleme eigentlich kommen, mit denen wir uns hier befassen.
Wir müssen effektive Pakete schnüren, die uns mit konkreten Maßnahmen Stück für Stück aus den Krisen heraus und hinein in eine Zukunft führen, in der wir stärker dastehen im besten Fall, als wir in die Krisen hineingegangen sind.
Dafür braucht es aus meiner Sicht und der Sicht meiner Fraktion natürlich – leider, muss man fast schon sagen – weitere Entlastungspakete, deren finanzielle Hilfen bei den Bürgerinnen und Bürgern schnell ankommen.
Zweitens muss auf Bundesebene genau geprüft werden, wie wir die Kartellregeln verschärfen können, um wirkungsvoll gegen die Taktiken der wenigen, die sich bestimmte Marktbereiche ganz clever aufgeteilt haben, vorgehen zu können.
Und drittens, meine Damen und Herren, drittens werde ich nicht müde zu betonen, wir brauchen dringend den beschleunigten, groß angelegten Ausbau der erneuerbaren Energien, denn in der Reduzierung des Gasverbrauchs liegt der Weg aus der dramatischen Situation, die sich momentan vor uns auftut – eine Dramatik, die hätte abgemildert werden können, wenn diese und die vorherigen Landesregierungen konkrete Schritte zum Ausbau der erneuerbaren Energien gegangen wären, anstatt, meine Damen und Herren, den sogenannten Ausbau klimafreundlicher und kostengünstiger Energieträger bis zu dem Punkt zu verschleppen, wo in einem der windreichsten Bundesländer Deutschlands im vergangenen Jahr fast genauso viele Windräder abgebaut wie neu aufgebaut wurden.
Und wenn wir uns genauer ansehen, genau wie schleppend dieser Ausbau der Windkraft im Land wirklich vorangegangen ist, dann wird auch klar, wo die Probleme wirklich liegen. Die Bereitstellung von Landesflächen wird seit 2011 nicht konsequent fortgeführt, weil es keine rechtssichere Ausweisung gibt. Ein Beispiel: Es liegen im Moment Anträge auf 800 Windräder, die gebaut werden sollen, vor.
(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wie viele Anträge gibt es von Bürgern, die das nicht möchten? Das ist das Problem.)
Die Genehmigungsverfahren dauern Jahre. Und im Vergleich dazu nur mal eine andere Zahl: In ganz M-V stehen
im Moment nur 1.800 Windräder, das heißt, es liegt noch mal fast ein Drittel davon, liegt schon da als Anträge und die werden einfach nicht bearbeitet, zum einen, weil die Rechtssicherheit nicht da ist, und zum anderen, weil es einfach an Stellen in den Planungsbehörden fehlt.
und da muss ich sowohl der Ministerpräsidentin als auch Herrn Barlen widersprechen –, das spiegelt sich in Ihrem aktuellen Haushalt nämlich nicht wider, weil da gibt es nicht genug Stellen für die Planungsbehörden. Die müssen wir als GRÜNE jetzt beantragen, dazu kommen wir dann morgen in der Debatte, aber dann müssen Sie sich auch ehrlich machen und sagen, wir haben hier auch unseren Teil zu tun, und den tun Sie gerade nicht. Das tut mir leid, das sehe ich in dem Haushalt nicht.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN und der SPD, für nachhaltige und wirksame Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern wirklich etwas tun wollen, dann hören Sie auf, nach Berlin zu schauen und zu hoffen, dass der Bund uns hier den Karren irgendwie aus dem Dreck zieht!
(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Das ist doch fernab jeder Realität. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)
Sie sind Teil dieser Landesregierung, Sie sitzen ja bereits an den nötigen Hebeln. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, sorgen Sie dafür, dass im Nordosten endlich die größtmöglichen Potenziale für Wind- und Sonnenenergie auch genutzt werden können!
Und sorgen Sie auch dafür, dass unsere Gemeinden und unsere Bürgerinnen und Bürger einen fairen Anteil an dem Gewinn von Solar- und Windparks erhalten,
Sehr geehrte Frau Kollegin Shepley, können Sie bestätigen, dass es gerade auch Naturschützer sind, die zum Beispiel vehementen Widerstand dagegen leisten, dass Windräder aufgebaut werden, und es zum Teil auch Mitglieder Ihrer Partei sind,
Mir ist, persönlich kenne ich kein grünes Mitglied, was sich vor Ort gegen den Ausbau von Windkraft einsetzt, das heißt, …
(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und DIE LINKE – Jeannine Rösler, DIE LINKE: Oh!)
… das heißt, ich kann das weder bestätigen noch nicht bestätigen. Ich kann Ihnen natürlich sagen, dass es uns sehr wohl bewusst ist,