(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU, Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Sabine Enseleit, FDP)
Herr Kollege, dass Sie sich, was die Politik der früheren Zeiten der letzten Legislaturperiode vom Acker machen, das haben wir ja zur Kenntnis genommen.
Sie haben ja hier ein Zitat gebracht –, wie die CDUFraktion in der Legislaturperiode darauf reagiert hat, dass der Landtag Mecklenburg-Vorpommern eine Partnerschaft mit dem Leningrader Gebiet, mit der Duma im Leningrader Gebiet eingehen wollte. Mich interessiert, wie hat seinerzeit die CDU reagiert.
Das ist doch alles bekannt. Also da muss ich auch ganz klar sagen, Herr Krüger, wir waren auch in einer Koalition, wir waren da nie die Lokomotive. Wir sind hinten mitgefahren. Das ist ohne Frage so.
Wir haben auch gerade klar zitiert, dass wir den Ostseeanrainertag für uns immer in oberster Priorität hatten, dass wir schon immer klare Prioritäten Richtung Ostsee hatten
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Anne Shepley, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sebastian Ehlers, CDU: Sehr gut!)
Ich freue mich, heute die Gelegenheit zu haben, zum Thema „demokratischer Ostseeraum“ sprechen zu können.
Als neuer Abgeordnete war ich erst vor zwei Wochen auf der hier schon bereits zitierten Tagung der Ostseeparlamentarierkonferenz in Stockholm als Teil der Schweriner Delegation zugegen und konnte da exemplarisch aus erster Hand sehen, welche demokratischen Institutionen es im Ostseeraum so gibt und wie diese arbeiten. Für mich war das eine sehr gewinnbringende und schöne Erfahrung. Dieses Gremium ist nur eines von mehreren, in denen versucht wird, auf demokratischem, auf institutionalisiertem Wege die Ostseeanrainerstaaten zusammenzubringen, sich regelmäßig auszutauschen und zu gemeinsamen Beschlüssen in wesentlichen Fragen zu kommen. Der Kollege Barlen hat ja einige weitere benannt.
Dort aktiv zu sein, ist auch wahnsinnig wichtig, denn die Zeit nationaler Alleingänge – und das ist ja eigentlich eine politische Binse – ist lange vorbei. Die Zukunft im Ostseeraum, in Europa und über kurz oder lang auch in der Welt kann eigentlich nur gemeinsam gestaltet werden. Nur miteinander und nicht gegeneinander werden wir die Fragen der Zukunft lösen können, sei es beim Klimawandel, bei Fragen der nachhaltigen und sicheren Energieversorgung oder der Wahrung des Friedens, um mal drei brandaktuelle zu benennen.
Internationale Kooperationen gibt und braucht es in nahezu allen Bereichen, sei es bei Infrastrukturfragen, Wirtschaft, Handel und Tourismus oder in der Forschung und vielen weiteren. Gerade der Ostseeraum hat ja auch in der grenzüberschreitenden Kooperation eine lange und eine stolze Tradition. Man denke hierbei nur an die mittelalterliche Hanse. Diesen Geist der Zusammenarbeit galt und gilt es auch weiterhin zu bewahren, und wir sind als Demokratinnen und Demokraten angehalten, das mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu betreiben und uns um eine Verstetigung und Vertiefung dieser Beziehungen zu bemühen.
Erstens. Die Problematik der Munitionsbergung in der Ostsee. Nach wie vor lagern etwa 300.000 Tonnen konventioneller Kampfstoffe am Meeresgrund, dazu kommen schätzungsweise 65.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die eine tickende Zeitbombe für das Ökosystem Ostsee darstellen. Allein vor der Ostseeküste in MecklenburgVorpommern ist mit einer kampfmittelbelasteten Fläche in einer Größe von fast 15.200 Quadratkilometern zu rechnen. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist daher im Expertenkreis „Munition im Meer“ der Bund-Länder
Arbeitsgemeinschaft Nord- und Ostsee seit der konstituierenden Sitzung im Februar 2012 sowohl durch Vertreter des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, des Ministeriums für Inneres und Europa sowie des Munitionsbergungsdienstes Mecklenburg-Vorpommern, kurz MBD, vertreten und wird sich auch weiter intensiv an dieser Zusammenarbeit beteiligen.
Ebenso ist der MBD M-V fachlich Ansprechpartner für die durch Nichtregierungsorganisationen durchgeführten Bergungsaktionen für sogenannte Geisternetze und wenn es um die Gefährdung durch Kampfmittel geht. Durch umfangreiche Recherchen wurden zudem seit 2017 weitreichende Erkenntnisse zu den vor der Küste des Landes Mecklenburg-Vorpommern liegenden militärischen Übungsgebieten gesammelt und dokumentiert, und aus diesen Recherchen wurden wieder 15.000 Quadratmeter Fläche als möglicherweise durch Blindgänger aus den Schießübungen belastete Flächen ermittelt, die zum Teil weit über die Küstengewässer Mecklenburg-Vorpommerns hinausreichen.
Zudem beteiligt sich der Munitionsbergungsdienst an weiteren Forschungsvorhaben, zum Teil als assoziierter Partner beziehungsweise durch die fachliche Expertise, etwa im Rahmen des Projektes DAIMON. In diesem Zusammenhang gab und gibt es auch direkte Kontakte mit dem Berichterstatter zu Munitionsaltlasten der Ostseeparlamentarierkonferenz, auch das wurde ja bereits angesprochen. Und auf der Sitzung am 24.08.2020 wurde da eine Resolution verabschiedet, die einen gemeinsamen internationalen Ansatz bei der Bergung von Munition, Wracks und Geisternetzen vorsieht.
Bestehende nationale und internationale Bemühungen und Zuständigkeiten sollen unterstützt, überwacht und regelmäßig behandelt und darüber hinaus die bestehenden politischen Strukturen und wissenschaftlichen Projekte gestärkt werden. Damit soll der Ostseeraum auf dem Gebiet der Lösung der Probleme im Zusammenhang mit versenkter Munition und Blindgängern sowie auf dem Gebiet der Wracks und Geisternetze zu einer weltweit führenden Region gemacht werden. Auch der aktuelle Beschluss von vor zwei Wochen bekräftigt dieses gemeinsame Anliegen.
Zweitens. Nicht minder intensiv als diese Frage der Munition, aber nicht ganz so einhellig wird die Frage der nachhaltigen Energieversorgung zwischen den Ostseeanrainern diskutiert. In Sachen Energiepolitik ist man anders als bei der Munition aber etwas zurückhaltender. Während in den Staaten des Ostseeraums ein relativ großer Konsens darüber besteht, dass ja eine Notwendigkeit einer Energiewende besteht, gibt es zwischen den Staaten teilweise erhebliche Unterschiede in der Frage, wie dieser Übergang, dieser Wechsel in der Energieversorgung erreicht werden soll.
Die deutschen Länder setzen hierbei auf erneuerbare Energien, Stichwort „Offshore“, aber vor allem Polen setzt auf den Ausbau der Atomkraft. Dort sind zwei AKWs geplant, eins in Żarnowiec und das andere in Lubiatowo-Kopalino, beide gut 70 Kilometer von Danzig entfernt. Mögliche Havarien oder gar ein GAU hätten zwangsläufig auch auf andere Staaten im Ostseeraum erhebliche Auswirkungen, weswegen es gerade hier sehr wichtig ist, zu einvernehmlichen, zu nachhaltigen Lösungen zu kommen, auch wenn diese aktuell gerade nicht ganz absehbar sind. Aber auch hier zeigt sich, dass der
Weg der Annäherung und letztlich zur Lösung nur über gemeinsame Gespräche und beständige Formate gelingen kann.
Die dritte Frage und wahrscheinlich die aktuellste ist die der Friedenswahrung. „Die Ostsee muss Meer des Friedens sein“, das war die Losung der Ostseewoche zu DDR-Zeiten. Und auch wenn die DDR mittlerweile Geschichte ist, wäre es doch schön, wenn dieser Anspruch, dass die Ostsee Friedensmeer war und auch weiterhin bleiben soll, nicht denselben Weg geht.