Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 26. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.
Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Bevor wir unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fortsetzen, gestatten Sie mir noch folgende Hinweise:
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwischenzeitlich liegt Ihnen ein Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE und SPD auf Drucksache 8/1097 zum Thema „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes“ vor. Zwischen den Fraktionen besteht Einvernehmen, die Erste Lesung dieses Gesetzentwurfes heute mit einer Einbringung von fünf Minuten sowie einer Aussprache mit einer Dauer von sechsmal fünf Minuten durchzuführen und in den Bildungs- und Finanzausschuss zu überweisen. Ich schlage vor, die Erste Lesung des Gesetzentwurfes nach Tagesordnungspunkt 14 als Zusatztagesordnungspunkt 1 aufzurufen. Weiterhin hat sich der Ältestenrat darauf verständigt, die Zweite Lesung und Schlussabstimmung am Freitag in dieser Woche aufzurufen.
Des Weiteren haben die Fraktionen DIE LINKE und SPD zwischenzeitlich den Antrag Drucksache 8/821(neu) zurückgezogen. Stattdessen haben sie zur Beschlussempfehlung zum Antrag der Fraktion der FDP einen Änderungsantrag auf Drucksache 8/1098 vorgelegt.
Weiterhin schlage ich Ihnen vor, heute nach dem Tagesordnungspunkt 24 den Tagesordnungspunkt 38 aufzurufen, wenn dies innerhalb des Zeitplanes möglich ist.
Gemäß Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die 26., 27. und 28. Sitzung die Abgeordnete Barbara Becker-Hornickel zur Schriftführerin.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde. Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Sozialen Schutzschirm spannen: Übergewinne abschöpfen – Einwohnerinnen und Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns wirksam entlasten“ beantragt.
Aktuelle Stunde Sozialen Schutzschirm spannen: Übergewinne abschöpfen – Einwohnerinnen und Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns wirksam entlasten
Gemäß Paragraf 66 unserer Geschäftsordnung beträgt die Aussprachezeit für die Aktuelle Stunde 75 Minuten.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit jedem Tag wird es dringlicher angesichts der inflationären Entwicklung, einen sozialen Schutzschirm zu spannen und für sozialen Zusammenhalt auch in Mecklenburg-Vorpommern zu sorgen. Deswegen haben wir um die Behandlung dieser
Während vor einigen Wochen und Monaten die Preisentwicklungen vor allen Dingen oder fast schon lediglich an den Zapfsäulen beziehungsweise in den Supermärkten erkennbar waren, ist die Situation mittlerweile so, dass die Inflation auf alle Lebensbereiche durchschlägt. Diejenigen, die dieser Tage Gas beziehen, haben einen Preisaufschlag von 100, circa 120 Prozent zu verkraften. Viele Mieterinnen und Mieter bekommen aktuell ihre Bescheide, zum einen Nachzahlungen, zum anderen eine Neufestsetzung der Abschläge von Mietnebenkosten, die die Mietkosten insgesamt durchaus um 20 bis 30 Prozent erhöhen können.
Und noch mal einen Blick auf die Tankstellen: Die mit der Absenkung der Energiesteuer geweissagte Reduzierung der Spritpreise, insbesondere eben Diesel 25 Cent und Benzin circa 15 Cent, hat zumindest seine Wirkung deutlich verfehlt. Andererseits ist zu konstatieren, dass einige Konzerne in einigen Wirtschaftsbranchen Party feiern, insbesondere die Mineralölkonzerne.
Die fünf größten Mineralölkonzerne haben im ersten Quartal dieses Jahres einen Gewinn von 30 Milliarden Euro bekannt gegeben, allein Shell 9 Milliarden Euro. Und die Entwicklung an den Zapfsäulen kam ja nicht von ungefähr. Da ist ziemlich gezielt vorgegangen worden.
Der Chefvolkswirt von ver.di, Dierk Hirschel, hat dieser Tage mal aufgeblättert, was sich in den Wochen und Monaten vor dem 1. Juni abgespielt hat.
(Torsten Renz, CDU: Und das lässt ein sozialdemokratischer Bundeskanzler alles zu, ja?! Das ist ja Wahnsinn!)
Die Spritpreise sind im Durchschnitt um 70 Cent gestiegen, 20 Cent waren zurückzuführen auf den Anstieg der Rohölpreise,
So haben sie schon Gelder eingesackt, bevor die Absenkung der Energiesteuer überhaupt greifen konnte.
(Sebastian Ehlers, CDU: In welchen Bundesländern regiert DIE LINKE noch mal? – Zuruf von Jens Schulze-Wiehenbrauk, AfD)
aber die Entwicklung wird immer deutlicher erkennbar: Rheinmetall vor der berühmt-berüchtigten Zeitenwende, Rede des Kanzlers,
ein Aktienkurs von 78 Euro, am Montag danach 143 Euro und vor zwei Tagen – ich habe mal nachgeschaut – 213 Euro und 20 Cent, also circa eine Verdreifachung der Aktionärsvermögen innerhalb von nur wenigen Wochen.
Von solchen Zuwachsraten können viele Menschen auch hierzulande nur träumen. Ich möchte darauf verweisen, dass zu Jahresbeginn die Menschen, die im sogenannten Hartz-IV-Bezug leben müssen, einen Anstieg – das hängt mit der Systematik zusammen – von 3 Euro hatten, für Kinder 2 Euro, dass die Rentnerinnen und Rentner einen Anstieg der Renten zu erwarten haben von 6,12 Prozent. Und für die Studierenden ist in der vergangenen Woche ja bekannt gegeben worden, dass sie eine BAföG-Erhöhung von 6 Prozent zu erwarten haben. Das ist alles deutlich unter den gegenwärtig 7,9 Prozent Inflationsrate.
Und wenn man sich einen Ausblick gönnt, wie wird sich das weiterentwickeln, braucht man nur zu schauen auf die Kostenentwicklung bei den Vorprodukten, also Rohstoffe, Energie- und Transportleistungen haben sich in den letzten drei Monaten um 15 bis 20 Prozent erhöht, was darauf schließen lässt, dass die Inflationsentwicklung entweder weiter ansteigen wird oder auf hohem Niveau fortgesetzt wird.
Nun gibt es – und es ist uns wichtig, an dieser Stelle darauf zu verweisen – ökonomische und soziale Ungleichheit, und wenn die wächst, und sie wächst angesichts der Entwicklungen, die ich beschrieben habe, nimmt politische Zerrissenheit zu, und da ist durchaus der soziale Frieden in unserem Land in Gefahr. Und das wiederum muss uns auf den Plan rufen, muss uns dazu veranlassen, weitere Maßnahmen durchzuführen. Es hat Entlastungspakete gegeben, über die wird ja noch zu reden sein, darauf will ich mich jetzt nicht konzentrieren, sondern darauf verweisen, dass weitergehendes politisches Handeln notwendig ist.
Im Vorfeld der Aktuellen Stunde sind ja schon verschiedene Überlegungen angestellt worden. Der Bund der Steuerzahler hat sich zu Wort gemeldet, auch einzelne Vertreterinnen und Vertreter von Fraktionen und Parteien. Und oftmals kam – und das wird auch in unserer Partei diskutiert, der Vorschlag –, die Mehrwertsteuer entweder temporär flachzulegen oder abzusenken beziehungsweise die Pendlerpauschale zu erhöhen. Das sind denkmögliche Lösungen, aber ehrlich gesagt, gehen sie immer auf Kosten der öffentlichen Hand,
während diejenigen, die in der gegenwärtigen Situation deutlich Übergewinne einstreichen, ungeschoren blieben.
Wir sind der Auffassung als Linksfraktion, das darf nicht so sein. Wir sind der Meinung, die Politik muss handeln. Ich finde, die Landespolitik Mecklenburg-Vorpommern handelt, insbesondere die MV-Koalition handelt vorbildlich.
Aber auch heute schon sei darauf verwiesen, dass wir die Entlastungspakete mit 100 Millionen Euro begleiten. Wir unterstützen Mobilität mit zusätzlichen 36 Millionen. Wir unterstützen die frühkindliche Erziehung und Bildung und Fürsorge für die Kleinsten in diesem Land mit weiteren 36 Millionen Euro. Und wir unterstützen soz…
Selbstverständlich, das sind an dieser Stelle Steuergelder, weil wir nicht – aus rechtssystematischen Gründen –, nicht an den Stellschrauben drehen können, die notwendig sind. Insofern geht der Appell, das ist auch ein Appell von diesem Rednerpult an die Bundesebene, da zu handeln.
Aber um noch eine letzte Zahl Ihnen darzulegen: 106 Millionen Euro zusätzlich für die Unterstützung des sozialen Wohnens.
Das alles zusammen – und es ist noch nicht abschließend aufgezählt – sind schon mal satte 300 Millionen Euro, die das Land Mecklenburg-Vorpommern aufwendet. Und wir nutzen alle Instrumentarien, und wir nutzen alle unsere finanzpolitischen Spielräume, um da entsprechend gegenzusteuern. Gleichwohl, die entscheidende Handlungskompetenz hat der Bund, und was da passieren muss, da sehen wir drei ganz konkrete Handlungserfordernisse:
Zum Ersten ist es notwendig, dass es gezielte Entlastungen gibt, gezielte Entlastungen, insbesondere für Arme und von Armut Bedrohte. Kommt es zu diesen Entlastungen, haben insbesondere Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern sehr viel davon, denn Mecklenburg-Vorpommern hat nach wie vor unter den Flächenländern die zweithöchste Armutsgefährdungsquote.
Und ich hatte ja gesagt, in welcher Situation sich Sozialleistungsempfängerinnen und Sozialleistungsempfänger befinden. Unser Vorschlag ist eine Erhöhung der Sozialleistungen auf diesem Gebiet von 200 Euro monatlich mehr, nicht als Einmalzahlung, wie das der Fall war, plus 20 Euro je Kind, sondern 200 Euro monatlich. Angesichts der Preisentwicklung können wir nämlich die Uhr danach stellen, dass viele Menschen, die etwas oberhalb des Hartz-IV-Bezugs, also auch durchaus in der sogenannten Mittelschicht leben, Gefahr laufen, ab der Herbst-/Wintersaison ihre Mieten beziehungsweise Energiekosten nicht mehr vollständig leisten zu können. Da sehen wir Gefahren, insofern eine Notwendigkeit.