Protocol of the Session on January 30, 2020

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ein Quatsch!)

im politischen Kompromiss zur rechtlichen Ausgestaltung,...

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das sollte jetzt eine Juristin besser wissen.)

Ach, Herr Weber, Sie müssten auch einiges als Jurist besser wissen, also da brauchen wir uns nicht zu streiten.

... zur rechtlichen Ausgestaltung des Schwangerschaftsabbruchs. In Paragraf 218a StGB wird der Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen bei Vorliegen weiterer Tatbestandsmerkmale grundsätzlich straffrei gestellt. Warum sollte dann die Werbung beziehungsweise, wie hier, die Information darüber strafbar sein?

Nach Paragraf 219a StGB dürfen Ärztinnen und Ärzte nach dieser Gesetzeslage explizit Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und dafür finanzielle Gegenleistungen von Patientinnen oder deren Krankenkasse beanspruchen, was auch richtig ist, denn wir wollen nicht, dass diese die Schwangerschaft beendenden Handlungen zukünftig durch Laien durchgeführt werden. Das hatten wir alles schon einmal. Deshalb gibt es den Paragrafen 218a StGB. Wie gesagt, danach ist der Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.

Wenn wir Schwangerschaftsabbrüche unter engen Voraussetzungen ermöglichen und wenn wir wollen, dass Ärzte das tun, dann ist es aus unserer Sicht einfach scheinheilig, dass wir wie im Fall von Frau Hänel den schlichten Hinweis darauf, dass sie in ihrer Praxis diese Leistung anbietet, unter Strafe stellen. Das ist wider

sprüchlich, wobei man klipp und klar sagen muss, dass der Paragraf 219a StGB sich zwar „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ nennt, inhaltlich aber hat das auf Frau Hänels Homepage kaum etwas mit Werbung zu tun. Und, wie gesagt, selbst wenn es Werbung wäre, es ist immer noch Werbung für eine straffreie Handlung, und, wie gesagt, das ist aus unserer Sicht widersprüchlich.

Sehr geehrte Damen und Herren, was für mich an dieser Stelle aber auch strafrechtlich noch eine sehr große Rolle spielt, ist die Frage nach Informationsrechten und Informationspflichten. Jede Schwangere hat das Recht, sich umfassend zu informieren. Sie muss über die Gefahren und Risiken eines Eingriffs wie einen Schwangerschaftsabbruch so gut wie möglich informiert werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Schwangerschaftsabbruch für eine Schwangere ein schwerwiegender Eingriff, eine schwerwiegende Entscheidung in einer hoch emotionalen Phase ist. Ihr Recht auf Information in diesem Punkt hat aus unserer Sicht ein unglaublich hohes Gewicht.

Und gehen Sie bitte mal auf die Homepage von Kristina Hänel, die Ärztin, über die ich die ganze Zeit gesprochen habe, unter www.kristinahaenel.de! Sie müssen auf die Unterseite von „Spektrum“ gehen, um überhaupt auf die Leistungen zu kommen, wo auf Schwangerschaftsabbrüche hingewiesen wird. Dort finden Sie dann auf einer weiteren Seite ein Informationsblatt. Auf diesem Informationsblatt finden sich medizinische Möglichkeiten, was es gibt, was Frauen erwartet. Und ich denke, gerade in einer so hoch emotionalen Phase und bei so einer wichtigen Entscheidung sollte jede Frau wissen, was auf sie zukommt bei den entsprechenden medizinischen Eingriffen. Jedenfalls geht es mir so, ich möchte das als Patient wissen, was mich erwartet.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Als Patient. Um die gehts hier aber gerade nicht.)

Und wie sieht es nun in Mecklenburg-Vorpommern mit Schwangerschaftsabbrüchen aus? Ich hatte zu den Schwangerschaftsabbrüchen in Mecklenburg-Vorpommern eine Kleine Anfrage gestellt. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Mecklenburg-Vorpommern ist glücklicherweise rückläufig. 2018 hatten wir 2.320 Schwangerschaftsabbrüche, auf der anderen Seite wurden insgesamt 3.319 Frauenberatungsgespräche gemäß Paragraf 5 bis 7 Schwangerschaftskonfliktgesetz durchgeführt, ohne die eben kein straffreier Schwangerschaftsabbruch überhaupt möglich ist.

Das heißt, das ungeborene Leben wird geschützt, indem die Schwangere verpflichtet ist, dass, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen will, dafür eine Schwangerschaftskonfliktberatung notwendig ist. Da sieht man im Übrigen auch, wie wichtig unsere Schwangerschaftsberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern sind. An die 1.000 Frauen haben sich 2018 nach diesen Schwangerschaftskonfliktberatungsgesprächen gegen einen Schwangerschaftsabbruch und eben für das ungeborene Leben entschieden. Egal, ob sie sich aber für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden – es sind Gründe wie eine abgeschlossene Familienplanung, sie führen einen Schwangerschaftsabbruch durch wegen Zukunftsangst, weil sie alleinerziehend sind und eben nicht wissen, wie sie mit ihrem Kind alles meistern sollen, weil ihre finanzielle Situation sie davon abhält, das Kind zu bekommen, oder aufgrund der berufli

chen Situation. So war es ebenfalls der Kleinen Anfrage zu entnehmen.

In keinem dieser Fälle ist es für eine Frau eine einfache Entscheidung, sondern eine der schwierigsten Entscheidungen überhaupt in dem Leben einer Frau. In dieser ohnehin schwierigen Situation muss es nach der zwingenden Konfliktberatung, die das Ziel hat, das ungeborene Leben zu schützen, nach dieser Beratung muss es eben den Frauen möglich sein, sich über Ärzte zu informieren, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, und was überhaupt ihre Risiken bei dem medizinischen Eingriff sind. Dafür müssen sie sich hinreichend informieren können. Und deshalb gehört aus unserer Sicht der Paragraf 219a StGB abgeschafft.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir dürfen neben der Informationsmöglichkeit der Schwangeren auch nicht die Ärzte aus dem Blick verlieren. Durch eine Streichung würden auch sie Rechtssicherheit bekommen, ob die Handlungen, die sie durchführen, straffrei sind.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Insofern bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Bernhardt.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung Frau Drese.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Landtag hat sich mit der Aufhebung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch bereits im Jahr 2018 befasst. Die Fraktion DIE LINKE hatte im November des Jahres einen mit dem aktuellen Antrag fast gleichlautenden Antrag gestellt und die Landesregierung aufgefordert, das uneingeschränkte Recht auf Information zum Schwangerschaftsabbruch herzustellen und die Bundesratsinitiative der Länder Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg und Bremen zur Streichung des 219a StGB zu unterstützen. Seinerzeit befand sich ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums im parlamentarischen Verfahren.

Auslöser des politischen Diskurses war die Verurteilung einer Gießener Ärztin, Frau Bernhardt ist darauf eingegangen. Das Urteil des Landgerichts Gießen ist höchst umstritten und hat eine leidenschaftliche Diskussion über die Reform oder Streichung des 219a StGB in Gang gesetzt.

Wo stehen wir jetzt, 14 Monate später? Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch vom März 2019 ist ein Kompromiss nach kontrovers geführten Debatten in Politik und Gesellschaft gefunden worden. Ich sage Ihnen hier ganz offen als Sozialministerin, aber auch als Frau und Mutter, ich hätte mir eine weitergehendere Reform gewünscht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!)

Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, Ärztinnen und Ärzte nicht dafür zu sanktionieren, dass sie ihrer Aufklärungspflicht gegenüber ihren Patientinnen nachkommen. Ein freier Zugang zu sachlichen medizinischen Informationen, vor allem für Frauen in Krisensituationen, wird damit erschwert. Ich bin dennoch davon überzeugt, dass der gefundene Kompromiss ein Schritt in die richtige Richtung ist, denn die Reform korrigiert die aufgezeigte bisherige problematische Situation.

Mit dem neuen Artikelgesetz sind das Strafgesetzbuch, das Schwangerschaftskonfliktgesetz und das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch geändert worden. Im Strafgesetzbuch findet sich nun ein wichtiger Ausnahmetatbestand. Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen können auch öffentlich, ohne Risiko der Strafverfolgung darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Durch die Änderung im Schwangerschaftskonfliktgesetz soll sichergestellt werden, dass es eine von der Bundesärztekammer zentral geführte Liste mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen gibt, die mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des 218a Absatz 1 bis 3 StGB durchführen. Diese öffentliche Liste enthält auch Angaben über die dabei jeweils angewendeten Methoden. Auch das ist ein ganz entscheidender Fortschritt für schwangere Frauen. Mit der Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch wurde der gesetzliche Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln für Frauen von 20 auf 22 Jahre heraufgesetzt. Auch dieses Vorgehen begrüße ich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Neuerungen sorgen für Rechtssicherheit. Sie verbessern die Unterrichtungsmöglichkeit für Ärztinnen und Ärzte auf der einen Seite und die Informationsmöglichkeit betroffener Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, auf der anderen Seite. Allerdings, da das Gesetz zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch erst im März 2019 in Kraft trat, gilt es, seine Wirksamkeit in der Praxis abzuwarten. Die Betrachtung eines zehnmonatigen Zeitraums ist dafür zu eng gegriffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Strich ist es ein Fortschritt, dass nun ein Kompromiss gefunden wurde. Ja, es war auch ein mühsamer Weg dorthin. Auch diejenigen, die sich, so wie ich, noch klarere Regelungen gewünscht haben, müssen die Richtschnur dieses Kompromisses nun mittragen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Herr Professor Weber.

Liebe Mitbürger! Wertes Präsidium! Werte Kollegen und liebe Gäste! Was wir hier vorgetragen bekommen haben zur Begründung dieses Antrages, primär von der Fraktion DIE LINKE, aber eben auch von Frau Drese als der zuständigen Sozialministerin, war juristisch gesehen Unsinn und ansonsten mehr oder weniger eine Märchenstunde.

Ich fange aber mal ganz vorne an. Frau Bernhardt, auch Sie dürften wissen, dass es sich beim Strafgesetzbuch um ein Bundesgesetz handelt. Und meines Wissens hat auch die Partei DIE LINKE eine Fraktion im Bundestag,

(Martina Tegtmeier, SPD: Das ist für Sie doch auch kein Hindernis.)

dann frage ich mich: Warum müssen wir uns hier im Landtag damit beschäftigen?

(Zurufe von Martina Tegtmeier, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Warum bringen Sie Ihre Bundestagsfraktion

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

nicht entsprechend in Stellung?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ist das nicht Bundesgesetz, Herr Weber? Ach!)

Das ist das Erste.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Anderen was vorhalten, was man selber nicht einhält, ne?!)

Zum Zweiten möchte ich sagen, …

Sie haben das selbst vorgetragen, es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns damit hier beschäftigen. Das ist für Sie inzwischen ja ein Dauerthema geworden.

… dann schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass die Bundesratsinitiative vom Dezember 2017 ohne Erfolg geblieben ist. Das ist schlicht falsch.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Aus unserer Sicht. Wir können ja wohl unsere eigene Meinung bilden.)

Diese Bundesratsinitiative hat zur Neufassung des Paragrafen 219a durch Einfügung des Absatzes 4 geführt.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Sie war also nicht erfolglos, sondern in Ihren Augen vielleicht nicht so weitgehend, wie Sie sich das gewünscht hätten.