Protocol of the Session on December 13, 2019

Und eben dieser Sicherstellungsauftrag wird mit der Schließung der Geburtenstation Crivitz und der Einrichtung einer Tagesklinik in Parchim geschwächt, so meinen wir.

Aber nicht nur das: Es kam noch hinzu, wir geben als Land zu dieser scheinbaren Lösung noch sehr, sehr viel Geld dem Konzern hinzu. Beide Standorte, beide Krankenhäuser wurden in den vergangenen Jahren bereits in Millionenhöhe durch das Land gefördert, so konnten wir es gestern lesen: Asklepios in Parchim mit 45 Millionen Euro und Crivitz mit 25 Millionen Euro. Ich finde, sie haben nicht nur aus moralischen Gründen den medizinischen Versorgungsauftrag zu erfüllen, sondern verdammt noch mal, weil sie auch 70 Millionen Euro in den vergangenen Jahren als Landesgelder erhalten haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, AfD und DIE LINKE)

Aber damit noch nicht genug, Asklepios und MediClin hatten damit noch nicht genug, nein, es muss noch mehr sein. Laut Verlautbarung und Antwort gestern von Herrn Glawe hier in der Fragestunde zahlen wir neben dieser üblichen Geldleistung noch eine zusätzliche Arztstelle in Parchim. Mit einem Mal gibt es dann die Zusicherung des Konzerns, dass kurzfristig ein Kinderarzt zu finden ist – das, nachdem seit über sechs Monaten angeblich erfolglos gesucht wurde. Das stinkt wirklich sehr zum Himmel und lässt mich daran zweifeln, ob hier wirklich ernsthaft gesucht wurde. Vielmehr liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es nur ums Geld ging – das, was wir von Anfang an gesagt hatten.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Christian Brade, SPD)

Aber bei den Kosten für den Arzt bleibt es natürlich nicht. Zusätzlich zahlen wir in Parchim noch einen Hubschrauberlandeplatz. Wie hoch die Kosten tatsächlich sind, konnte mir gestern leider in der Fragestunde nicht genannt werden. Deshalb beziehe ich mich hier auf Aussagen in Zeitungen. Es wird sich um circa 2,5 Millionen Euro handeln. Ein Hubschrauberplatz, der übrigens nicht nachts betrieben werden kann und auch nicht bei schlechtem Wetter. Im Fall von einem Notfall nachts oder bei schlechtem Wetter bleibt dann eben nur die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Schwerin oder in Hagenow.

Und ja, wenn ich das alles so betrachte, dann fühlen wir uns von dem Konzern hinters Licht geführt. Deshalb bin ich auch der Ministerpräsidentin dankbar, dass sie in dieser Woche in diesen Prozess eingegriffen hat, Herrn Glawe aufgefordert hat, nachzuverhandeln und eine weitere Forderung von uns im Novemberantrag mit aufgenommen hat. Es geht hier um die Rekommunalisierung der Krankenhausstandorte in Crivitz oder in Parchim. Genau das muss geprüft werden, weil wir eben meinen, Gesundheit ist keine Ware und deshalb müssen auch die Überlegungen dazu stattfinden.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Christian Brade, SPD)

Und aus dieser Gemengelage sahen wir uns dazu veranlasst, den Dringlichkeitsantrag zu stellen. Das Ziel des Dringlichkeitsantrages der Linksfraktion aus den beschriebenen Gründen ist, dieses Verhandlungsergebnis zu annullieren. Ob das möglich ist, weiß ich nicht, da Minister Glawe gestern in der Fragestunde leider nicht darauf eingegangen ist, wie rechtsverbindlich überhaupt diese Verabredung war. Unser Ziel ist es, die Gynäkologie und die Geburtenhilfe in Crivitz zu erhalten. Und da bin ich, wie gesagt, der Ministerpräsidentin dankbar für ihre Intervention, weil sie die Realitäten wahrnimmt, dass auch Schwerinerinnen in Crivitz Kinder entbunden haben und dies auch weiterhin tun sollen. Und Ziel ist es daneben, wie schon auch im November beantragt, die Geburtenstation und die Kinder- und Jugendstation in Parchim zu erhalten. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE, Christian Brade, SPD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Vielen Dank, Frau Bernhardt.

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Herr Professor Dr. Ralph Weber.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium! Vieles von dem, was hier zu sagen war an Zahlen, an Fakten, hat Frau Bernhardt dankenswerterweise schon gesagt. Ich kann das deswegen etwas kürzer machen.

Seit Pfingsten ist die Kinderstation im Krankenhaus in Parchim geschlossen. Begründung: Ärztemangel. Ein Teil der Ärzte hat sich krankgemeldet, dann aufgehört. Ein Teil hat ohnehin aufgehört, also Ärztemangel, und den will man beheben, indem das Land dann eine Art

Stelle schaffen will, mit der dieses komische Konstrukt einer Tagesklinik für die Kinder und Jugendlichen aufrechterhalten werden soll. Da frage ich mich, wenn es nicht gelingt, für eine vollwertige Kinderarztstelle in einem Krankenhaus bei fünf freien Stellen Ersatz zu finden, wie soll sich dann jemand finden, der in dieser Tagesklinik arbeiten will? Das lässt – Frau Bernhardt hat es schon gesagt – diese Begründung doch relativ fragwürdig erscheinen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und dann will man als Kompensation, damit Parchim die Gynäkologie und Geburtshilfe erhalten kann, dafür Crivitz opfern – ein Bauernopfer und ein Geschenk an den Klinikträger, an den Konzern Asklepios in Parchim, der, auch das hat Frau Bernhardt schon gesagt, mit 53 Prozent auch Mehrheitsgesellschafter der MediClin in Crivitz ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Man will also eine Gewinnoptimierungsstrategie eines Gesundheitskonzerns zulasten der Bevölkerung durch mindestens den Wirtschaftsminister – die Landesregierung hat ja Protest angemeldet erfreulicherweise – hier fördern. Das ist eine Gesundheitspolitik, die wir in keinem Fall mittragen können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und wir haben dieses Gegeneinanderausspielen von Kliniken auch bei uns in Vorpommern Greifswald mit den Kliniken Anklam und Wolgast erlebt. Und wir haben da dieses Konstrukt einer Tagesklinik – die Gynäkologie und Geburtshilfe sind geschlossen seit vier Jahren und bleiben geschlossen, wenn es nach dem Willen des Ministers geht –, wir haben dieses Konstrukt einer Tagesklinik in Wolgast erlebt mit Besetzung von 7.00 Uhr oder 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr, vielleicht 18.00 Uhr. Dort sind mehrere Ärzte tätig und trotzdem ist die Versorgung der betroffenen Kinder – Klammer auf: und Eltern, die um ihre Kinder bangen – nicht gewährleistet. Ab 17 Uhr ist niemand mehr da, am Wochenende ist niemand mehr da, der die Notfallversorgung sicherstellen könnte. Das ist nicht das, was man unter einer Klinik versteht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist das, was ich unter einem niedergelassenen Kinderarzt verstehe. Eine Klinik muss sich dadurch auszeichnen, dass 24 Stunden für Notfälle eine entsprechende Versorgung sichergestellt ist. Die sogenannte Tagesklinik ist keine Klinik, sondern ein nicht brauchbares Ersatzkonstrukt dafür.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Die Wolgaster stehen jeden Montag, seit fast vier Jahren, bei Kälte, bei Regen oder brütender Hitze vor dem Krankenhaus als Mahnwache bereit und protestieren dagegen,

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

und zwar nicht, weil sie so gerne Protest üben, sondern weil gerade dieses Konstrukt der Tagesklinik ein völlig unbrauchbares Ersatzvehikel ist für eine funktionierende Kinderabteilung in einem Krankenhaus.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und warum macht man das? Warum opfert man eine bislang nicht in Kritik stehende oder von Schließungsgedanken betroffene gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung in Crivitz, die ein ganzheitliches Konzept verfolgt, damit etwas Besonderes darstellt und die bei der Bevölkerung sehr beliebt war? Wie gesagt, weil man die Zustimmung des Krankenhausträgers erkaufen möchte. Crivitz kriegt eine geriatrische Abteilung. Damit lässt sich schön Geld verdienen, während die gynäkologischgeburtshilflichen Abteilungen erfahrungsgemäß eher in der Gefahr stehen, rote Zahlen zu schreiben. Das ist keine gesunde Landespolitik, schon gar nicht in einem Land, das immer wieder nach außen hin in Erscheinung tritt mit dem Werbeslogan „Gesundheitsland Numero eins“. Und familienfreundlich ist das schon gar nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Hier wird, hier wird eine Politik betrieben, die Konzerninteressen verfolgt, die Gewinnoptimierungsstrategien umsetzt zulasten der Bevölkerung, insbesondere zulasten von Kindern, von Jugendlichen, von aktuellen und werdenden Müttern, und deren Ängste überhaupt nicht honoriert.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Ich bin sehr froh, dass die Ministerpräsidentin – Ministerpräsidentin bitte schön, das ist zu wichtig, um hier irgendwelche Genderspielereien zu betreiben –,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU: Oooh! – Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

dass die Ministerpräsidentin hier ein klärendes Wort gefunden hat,...

(Torsten Renz, CDU: Sie haben sich nur versprochen, Herr Professor Weber, und jetzt wissen Sie nicht, wie Sie zurückrudern sollen.)

Nein, ich habe das bewusst gesagt.

… dass die Ministerpräsidentin hier ein klärendes Wort gesprochen hat und mitgeteilt hat, dass sie mit diesem Ergebnis nicht zufrieden ist. Wir werden das mit Aufmerksamkeit und Spannung verfolgen, wie sich diese Unzufriedenheit der Ministerpräsidentin dann auch in Ergebnissen niederschlägt. Wir sind aufmerksam.

Wir haben das alles vernommen. Wir haben vorhin beim Wolf schon gehört, der Wolf wütet in den Reihen der Koalitionsfraktionen. Und ich hoffe sehr, dass die Früchte dieses Wolfes auch den Streit beflügeln, der um diese sehr unschöne Kompromisslösung mit den Abteilungen, den Klinikabteilungen in Parchim und Crivitz gefunden wurde. Wir sagen ohne Wenn und Aber, der frühere Zustand der geburtshilflichen Station und Kinderstation in Parchim und der Erhalt der geburtshilflichgynäkologischen Station in Crivitz müssen gewährleistet sein.

Und, Herr Glawe, Sie haben auch in Wolgast immer wieder gesagt, unter Ihnen gibt es keine Klinikschlie

ßung, Sie garantieren jeden Klinikstandort. Kliniken definieren sich aber nicht nur daraus, dass da ein Gebäude steht und dass da Ärzte vorhanden sind, Kliniken definieren sich auch an der Zahl der vorhandenen Abteilungen. Und in einem Flächenland wie diesem – Frau Bernhardt hat schon darauf hingewiesen, diese Entfernungszahl, 30 Minuten – müssen eigentlich Kinderstationen erreichbar sein. Das ist keine gesetzliche Regelung, das ist eine Empfehlung des Ethikrates, aber deswegen ist es nicht weniger wichtig. Wenn Sie dann sagen, ich garantiere jeden Klinikstandort, aber ich schließe eine Reihe von Abteilungen, dann ist das Augenwischerei. Wer Kinderabteilungen und wer gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilungen schließt, legt die Hand an die Wurzel der betreffenden Klinik. Und das darf nicht sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Deswegen, bitte stehen Sie zu Ihrem Wort! Erhalten Sie die Klinikstandorte!

Wir haben 37 Krankenhäuser hier im Land, nur 16 davon haben einen Kreißsaal, nur 8 haben diese ominöse Zahl von 500 Geburten, das heißt, 8 weitere wären dann auf der Kippe, wenn wir das ernst nehmen, wobei die Zahl 500 nicht untermauert ist. Es gibt eine Empfehlung der Gynäkologischen Gesellschaft in Deutschland, die nennt die Zahl von 400 als Minimalzahl, unter der keine geburtshilfliche Klinik bestehen sollte, und macht Ausnahmen für den ländlichen Raum, da wird mit 250 bis 300 Geburten schon ein ausreichender Deckel gesehen. Wir sprechen hier über den ländlichen Raum.

Bitte, Herr Glawe, nehmen Sie die mahnenden Worte der Ministerpräsidentin ernst!

(Sebastian Ehlers, CDU: Das macht er doch!)

Hören Sie sich an, was hier ausgesprochen wird in dieser Debatte! Es sind die Ängste der Bevölkerung, es sind die Ängste von Eltern, die um die Gesundheit ihrer Kinder fürchten, es sind die Ängste von Müttern, die um die Geburtshilfe bangen, die hier artikuliert werden. Das ist kein Spielfeld für parteipolitische Machenschaften!

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Da muss man einfach ganz klar sagen, diese Abteilungen müssen erhalten bleiben, und dafür treten wir von der AfD ohne Wenn und Aber ein. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Weber.