Protocol of the Session on September 4, 2019

Gut verhandelt, würde ich auch dazu sagen, ja, meinetwegen.

Ein Großteil der Mehreinnahmen bei den Bundesergänzungszuweisungen ab 2020 sind allerdings Folge der steuerlichen Einnahmeschwäche der mecklenburgischen und vorpommerschen Kommunen. Die neu geschaffenen Gemeindesteuerkraftzuweisungen des Bundes erhält unser Land nur, weil die Steuerkraft unserer Kommunen und nicht die des Landes deutlich unter 80 Prozent des Bundesdurchschnitts liegt. Die Regierung plant aber, den Großteil dieser Mittel im Landeshaushalt zu belassen und nicht an die Kommunen weiterzugeben. Ich und meine Fraktion werden uns dafür einsetzen, dass zweckgebundene Mittel des Bundes für steuerschwache Kommunen auch vollständig an die Kommunen weitergegeben werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Minister Dr. Till Backhaus: Haben Sie nicht zugehört?)

Unter TOP 13 der heutigen Sitzung ist ein entsprechender Änderungsantrag von uns zum derzeit gültigen FAG M-V eingebracht worden. Gleichwertige Lebensverhältnisse für die Bürger werden durch die Gemeinden vor Ort gestaltet. Hierfür brauchen sie die notwendigen finanziellen Mittel.

Nach diesen Vorbemerkungen komme ich nun zur Mittelfristigen Finanzplanung 2019 bis 2024. Die mittelfristige Planung gibt den Rahmen für erwartete Einnahmen und Ausgaben der nächsten Jahre an und charakterisiert so die finanzpolitische Ausrichtung der Regierung für einen Fünfjahreszeitraum. Der Teil A zeigt ausgewählte Kennziffern des Landeshaushaltes seit 2005 auf. Sie machen deutlich, dass mit einer Ausnahme im Jahr der Konjunkturkrise 2009/2010 Mecklenburg-Vorpommern seit 2006 einen positiven Finanzierungssaldo aufweist, und das, obwohl in mehreren Jahren im Soll negative Salden geplant waren. Das führte zum Aufwuchs der allgemeinen Ausgleichsrücklage auf fast 1,6 Milliarden Euro bis 2017 und der Möglichkeit umfangreicher Schuldentilgung.

Damit soll ab 2020 nun Schluss sein. Die Landesregierung nimmt, um ein bekanntes Sprichwort zu gebrauchen, einen tüchtigen Schluck aus der Pulle. Das ehemals solide Handeln der Regierungschefin ist nun zu einem unsoliden Haushaltshandeln verkehrt worden. Hiermit hat sich die Regierung vom Kurs der Vernunft verabschiedet und – Sie erlauben das maritime Bild – der große Tanker „Mecklenburg-Vorpommern“ gerät auf offener See unter zunehmend widrigen Witterungsbedingungen auf gefährlichen, weil falschen Kurs.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Schade!

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wenn die Ministerpräsidentin gesagt hätte, ich wechsele den Steuermann, sprich Finanzminister, und werde zukünftig einen realistischen Haushaltsplan aufstellen lassen, das heißt, ohne große Überschüsse, die, wie wir wissen, sowieso zu 25 Prozent mittels Strategiefonds, zuletzt in Höhe von 24 Millionen Euro, dazu dienten, von den Abgeordneten der Regierungskoalitionen in ihren Wahlkreisen verteilt zu werden, und zwar einzig und allein mit dem strategischen Hintergedanken, damit die Wiederwahl günstig beeinflussen zu können,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

wenn die Ministerpräsidentin also mit einem realistischen Haushaltsplan den Strategiefonds beerdigen würde, dann würde ich sagen: Glückwunsch! Doch leider sieht es jetzt genau andersherum aus. Die Finanzierungssalden weisen im Soll ab 2019 wachsende Negativwerte aus, von 2020 bis 2024 durchschnittlich 230 Millionen Euro pro Jahr. Diese Zahl macht in etwa den von der Regierung hinterlassenen Handlungsbedarf für die Zukunft nach 2021 deutlich.

In den Regierungserklärungen von Juli 2017 und heute, Frau Ministerpräsidentin, lobten Sie noch Ihre Vorgänger im Amt und versprachen, keine neuen Schulden zu machen, ja, sogar darüber hinaus in finanziell guten Jahren alte Schulden zu tilgen. Sie machen mit diesem Doppelhaushalt zwar noch keine neuen Schulden, da Sie die allgemeine Ausgleichsrücklage aufbrauchen und Sicherheitseinbehalte opfern, Sie schaffen aber konsumtive dauerhafte Kosten – Personalausgaben, steigende Versorgungslasten, Kindertagesförderungsfinanzierung und anderes –, die in den Folgehaushalten zu Belastungen führen, ohne dass deren dauerhafte Finanzierung, wie wir heute auch schon gehört haben, sichergestellt ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Schuldenabbau haben Sie in diesem Doppelhaushalt komplett von der Agenda gestrichen. Ein kritischer Blick zeigt, dass das Land Ende 2018 immer noch annähernd 9,4 Milliarden Euro Schulden hat. Hinzu kommt eine implizite Verschuldung durch zukünftig noch nicht gedeckte Versorgungslasten in Höhe von 8,3 Milliarden Euro. Pro Kopf hat die Regierung damit Schulden von rund 11.000 Euro je Einwohner angehäuft. Für zukünftige Generationen ist dies eine erhebliche Belastung und ein Zeichen für mangelnde Vorsorge. Dies charakterisiert ein nicht nachhaltiges Handeln der Regierung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Eine wesentliche Kennziffer für die Zuweisung von Bundesmitteln ist die Bevölkerungszahl. Das heißt, jeder einzelne Einwohner brachte in der Vergangenheit circa 3.000 Euro Bundeszuweisung ein. Das dürfte ab 2020 noch etwas mehr sein. Es ist festzustellen, dass der Einwohneranteil Mecklenburg-Vorpommerns gegenüber Deutschland beständig sinkt. War es Anfang der 90erJahre noch ein Anteil von 2,3 Prozent, so sind es heute nur noch 1,9 Prozent. Die Zuweisungen des Bundes an das Land sind aber wesentlich von der Einwohnerzahl abhängig. Das bedeutet, unser Land wird jedes Jahr prognostisch immer etwas weniger von der unter den Ländern zu verteilenden Finanzmasse abbekommen.

Die Landesregierung hat eine recht optimistische künftige Bevölkerungsprognose vorgelegt. Einerseits wird der Rückgang, der bereits in 2018 begonnen hat, ignoriert, andererseits wird der zukünftigen internen und externen Zuwanderung viel zu große Bedeutung zugemessen. Die Bundesregierung geht von einem stabilen Zuzug von 150.000 bis 200.000 Migranten nach Deutschland pro Jahr für die nächsten 20 Jahre aus. Meine Fraktion hält es für völlig inakzeptabel, eine verfehlte Familienpolitik der Vergangenheit durch eine ungesteuerte, fehlgeleitete Migrationspolitik der heutigen Bundesregierung korrigieren zu wollen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Eine Optimierung der Einnahmen aus Bundeszuweisungen mittels Bevölkerungspolitik ist nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig die Ursachen von bevölkerungspolitischen Fehlentwicklungen erkannt und beseitigt werden. Entscheidend ist allein die Geburtenhäufigkeit der im Land lebenden Frauen. Drei Szenarien wurden von der Regierung durchgerechnet, eine optimistische, eine mittlere und eine pessimistische. Nur bei der optimistischen Variante ist mit einer nahezu gleichbleibenden Bevölkerungszahl über einen mittelfristigen Zeitraum zu rechnen. Bei dieser Variante wurde von einem Anstieg der Geburtenziffer von derzeit 1,54 auf 1,59 bis 2040 ausgegangen. Für den Erhalt einer Bevölkerung ist die Geburtenziffer 2,1 erforderlich, das heißt, zehn Frauen müssten zumindest 21 Kinder lebend gebären. Damit ist die Geburtenziffer einer der wichtigsten Parameter für unser Volk und unsere Volkswirtschaft.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Torsten Renz, CDU: Da können Sie ja in Ihrer Fraktion mal mit anfangen!)

Die Bedeutung von Kinderfamilien, Herr Renz, die Bedeutung von Kinderfamilien in unserer Gesellschaft ist nicht hoch genug einzuschätzen.

(Torsten Renz, CDU: Taten statt warten!)

Deshalb müssen diese Familien gestärkt werden. Hier sehen wir trotz der heutigen Verabschiedung der Kindertagesbetreuungsbeitragsfreiheit weiterhin hohen Handlungsbedarf.

(Torsten Renz, CDU: Konkret heißt das was?)

Hören Sie zu!

Die Mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung berücksichtigt zukünftige Risiken für den Landeshaus

halt, zum Beispiel zu geringe Rücklagen, konjunkturelle Flauten, Einwohnerverluste, Alterung, Fachkräftemangel, rückläufige EU-Förderung, Unsicherheit mit dem Brexit, potenzielle Steuerrechtsänderungen und mögliche Zinssteigerungen, nicht hinreichend.

(Minister Dr. Till Backhaus: Pessimisten haben keine Lösungen!)

Alternativrechnungen, die dieses Risiko abbilden könnten, fehlen. Wir werden uns im parlamentarischen Verfahren mit der Mittelfristigen Finanzplanung 2019 bis 2024 noch eingehend beschäftigen.

Nun einige...

(Torsten Renz, CDU: Die große Leitlinie können Sie doch schon mal verkünden!)

Ja, hören Sie zu!

Nun einige Bemerkungen zum Haushaltsbegleitgesetz. Es gibt offenbar eine Tendenz der Regierung zur Einrichtung von Sondervermögen.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist so.)

Mit dem Haushaltsbegleitgesetz werden gleich fünf davon neu errichtet, das heißt dem zukünftigen Einfluss des Parlaments entzogen, was vermutlich auch Sinn der Ausgliederung aus dem Haushalt ist. Interessant ist, dass die Mittel aus dem Sondervermögengrundstock, also des ehemaligen Aufgabenbereichs des BBL M-V, das heute ja auch noch auf der Tagesordnung steht, dem Sondervermögen Feuerwehr und dem Sondervermögen Landwirtschaftsvermögen auch zum Ausgleich von Haushaltsdefiziten herangezogen werden dürfen. Hier zeigt sich, dass das Vertrauen der Landesregierung in den eigenen, auf Kante gestrickten Haushaltsentwurf wohl doch eingeschränkter ist, als es den Anschein zu haben scheint. Es wurde also offenbar für den Notfall ein gewisser Ersatz für den weggefallenen Sicherheitsabschlag installiert.

Es wird nur spannend werden, wie bei Eintritt des Falles die Nutznießer der Sonderfonds aus Liegenschaftsverwaltung, der Feuerwehr oder des Landwirtschaftsvermögens reagieren werden. Ein bisschen erscheint mir die Sache so, als würde man – erlauben Sie wieder ein Bild – dem Esel die Karotte an einer Schnur vors Maul halten, damit er hinterherläuft, letztlich aber isst der Besitzer die Karotte selbst, weil er unstillbaren Hunger hat.

(Heiterkeit bei Jens-Holger Schneider, AfD)

Nun komme ich zum Entwurf des Doppelhaushal- tes 2020/2021. Ja, meine Damen und Herren, die Vorlage der Landesregierung ist ein finanzpolitischer Donnerschlag. Dieser Haushalt konterkariert das Handeln der Finanzminister der letzten 15 Jahre. Flapsig ausgedrückt nimmt die Regierung wieder mal einen großen Schluck aus der Pulle. Das Haushaltsvolumen steigt auf 9,4 Milliarden Euro, das ist ein Anstieg um circa 15 Prozent. Im Jahr 2018 hat das geplante Haushaltsvolumen erstmals die Grenze von 8 Milliarden Euro überschritten. Der Entwurf für den Haushaltsplan für die Jahre 2020 und 2021 umfasst nun Ausgaben und Einnahmen von 9,4 Milliarden und 9,1 Milliarden Euro. Das sind gegenüber den Vorjahren gewaltige Steigerungen.

Die nach dem Entwurf für 2020 vorgesehenen Einnahmen in Höhe von 9,391 Milliarden Euro gliedern sich im Wesentlichen in vier Gruppen: Einnahmen aus Steuern, das sind 5,7 Milliarden Euro, Einnahmen aus den Bundesergänzungszuweisungen, etwa 1,13 Milliarden Euro, die sonstigen laufenden Einnahmen, etwa 1,7 Milliarden Euro, sowie die investitionsgebundenen Einnahmen, etwa 788 Millionen Euro. Demgegenüber sind die ursprünglichen Finanzquellen aus 2019, wie bereits gehört, das waren 538 Millionen Euro, und Leistungen des Bundes im Rahmen des Solidarpaktes II, das waren 221 Millionen Euro, weggefallen. Die Lücke wird nun durch den neuen, anders strukturierten bundesstaatlichen Finanzausgleich mittels Umsatzsteuerverteilung und zusätzliche Bundesergänzungszuweisungen mehr als ausgeglichen.

Bemerkenswert ist, dass Mecklenburg-Vorpommern wie in früheren Jahren auch weiterhin einen gewissen positiven Trend bei den eigenen Steuereinnahmen zeigt, wenn auch auf niedrigem Niveau. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die Wirtschaftsstruktur des Landes nur wenig stark konjunkturabhängige Bereiche aufweist.

(Nikolaus Kramer, AfD: Sehr richtig!)

Zum Beispiel sind 120.000 Arbeitnehmer im Gesundheitswesen tätig, einer dieser wenig konjunkturabhängigen Branchen. Demgegenüber macht der relativ hohe Anteil der Bundesergänzungszuweisungen deutlich, dass wir stark von konjunkturabhängigen bundesstaatlichen Transfers abhängen.

Die Landesregierung setzt mit ihrem Haushaltsentwurf auf folgende strategische Schwerpunkte, die wir inhaltlich teilen und durchaus unterstützen können:

Das ist erstens die Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung. Die kommunale Finanzausstattung basiert auf den Gemeindesteuern, dem Finanzausgleich und dem Entschuldungsfonds. 2020 wurde die Ausstattung durch den Bund deutlich aufgestockt. Beim Vergleich der Zuweisungen der Flächenländer an die Kommunen in Euro je Einwohner steht MecklenburgVorpommern hinter Brandenburg an zweiter Stelle.

Die Landesregierung sieht in ihrem Gesetzentwurf zum Doppelhaushalt weiter steigende Zuweisungen für die Kommunen vor. Die Gesamtfinanzausstattung der Kommunen wird 2020 circa 2,863 Milliarden Euro und 2021 rund 2,9 Milliarden Euro betragen. Das klingt, so dürfen wir wirklich attestieren, sehr vielversprechend. Die Regierung hebt insbesondere die Finanzausstattung der Infrastrukturpauschale hervor für die Kommunen. Ob diese Infrastrukturpauschale für Investitionen und Instandhaltungsmaßnahmen auf kommunaler Ebene ausreichen wird, das darf bezweifelt werden.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Genau.)

An kommunalen Investitionsmitteln sieht der Haushaltsplan für 2020 250 Millionen Euro vor, für 2021 noch 238 Millionen Euro. Danach geht es laut Mittelfristi- ger Finanzplanung wieder bergab. In 2024 sind noch 164 Millionen Euro angesetzt. Wir wissen aber auch, die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Es geht um die Aufarbeitung des langjährigen Investitions- und Instandhaltungsstaus. Das trifft auf die Straßen und Brücken zu, auf den ÖPNV, auf den kommunalen Woh

nungsbau sowie bei Kindertagesstätten, Sporthallen und Schulen. Darüber hinaus steht der Breitbandausbau, der von der Wirtschaft immer wieder vehement gefordert wird, an.

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Die Stärkung des ländlichen Raums und die Schaffung beziehungsweise Erhaltung lebenswerter Kommunen und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, das ist meiner Fraktion sehr wichtig.