Protocol of the Session on January 24, 2019

wie viele Essstörungen, mit fehlender Lust auf Schule und mangelnder Motivation. Das hatten wir heute auch schon mal gehört.

Und Probleme gibt es auch innerhalb der Familien. In manchen Familien haben die Schüler als Einzige einen geregelten Tagesablauf.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

Die Schüler stehen auf, müssen sich selbst organisieren, müssen sich das Frühstück machen, müssen pünktlich zur Schule, müssen auch die Arbeitsmaterialien alle mithaben. Wir haben auch das umgekehrte Phänomen, wo die Eltern Arbeit haben, aber vor den Kindern schon das Haus verlassen. Auch da müssen sich die Schüler selbst organisieren und müssen dann los. Und die Ablenkungsmöglichkeiten für Schüler, die kennen wir auch alle, sei es Fernsehen, sei es Computer und, und, und.

Wie könnte in so einem Schulalltag das ablaufen? Die Eltern sind an vielen Schulen verpflichtet, bis Unterrichtsbeginn die Fehlzeit zu melden. Beim Fehlen kann man dann natürlich umgehend reagieren. Nach Beendigung der Fehlzeit müssen die Eltern schriftliche Entschuldigungen abgeben, und man erhält so relativ schnell ein Bild über entschuldigte Fehltage.

Ich will Ihnen auch sagen, entschuldigte Fehltage, das ist auch ein Riesenproblem. Darüber haben wir heute noch gar nicht so intensiv gesprochen. Wie viele Eltern geben auch ihren Kindern, ich sage mal, einen Gelegenheitsentschuldigungszettel,

(Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

wo dann gesagt wird, das Kind ist krank. Wenn man als Schule verlangt, sie sollen zum Arzt gehen, sagt der Arzt, ja, ist nicht möglich, ärztliche Schweigepflicht und, und, und. Dann besteht die Möglichkeit des Amtsarztes, aber da gibt es auch gewisse Hürden.

Man kann natürlich, wenn man das rechtzeitig weiß, rechtzeitig Hilfe organisieren. Hier gilt es, muss man ganz klar sagen, den Schulleitungen und Schulleitern den Rücken zu stärken vonseiten der Schulaufsicht, dass man auch entsprechende Maßnahmen organisieren kann. Konkret kann man nur vor Ort handeln.

Vom sogenannten Gelegenheitsschwänzen haben wir heute schon gehört. Hier muss die Schule ganz konsequent und rigoros auch reagieren, um das Fehlverhalten sich nicht verfestigen zu lassen. Ansonsten, bei den Schwänzern und Schwanz...,

(Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD, Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Absentismus muss man die Absentismusgründe evaluieren, sensibel damit umgehen, aber auch entsprechend konsequent reagieren.

(Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese, Simone Oldenburg, DIE LINKE, und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV – Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

Ich möchte jetzt hier zum Abschluss kurz sagen – es wurde mehrfach gesagt, diesen Antrag brauchen wir heute zu dieser Thematik nicht –, es ist eine ganz wichtige Problematik, die wir dementsprechend bei uns im Arbeitskreis und sicherlich öfter auch noch im Bildungs

ausschuss aufrufen, und ich bin da auch ganz offen. Wenn wir uns über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen im Rahmen der Schulgesetzänderung dort verständigen, dann müssen wir auch genau überlegen, welche Ordnungsmaßnahmen wir vornehmen. Es ist eigentlich sinnlos, wenn eine Maßnahme heißt „Ausschluss vom Unterricht“. Der Schulschwänzer, der fehlt schon, und als Belohnung sagen wir dann, du kriegst noch zwei Wochen Schulausschluss. Das sind natürlich auch Dinge, die wir uns dann dementsprechend überlegen müssen bei den Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Also die SPD-Fraktion wird Ihren Antrag ablehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Marc Reinhardt, CDU, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schneider.

Wertes Präsidium! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Liebe Landsleute! Frau Hesse hat uns dargelegt, wenn auch leider eher polemisch denn sachlich, was alles getan wurde, um dem Schulabsentismus zu begegnen. Alle Redner waren sich darin einig, dass wir ein Problem angesprochen haben, und damit haben wir im Wesentlichen schon die Intention unseres Antrages erreicht.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Das Problem ist nicht als irgendwie niedlich oder nebensächlich abgetan, sondern es ist einfach als das Problem erkannt, was es ist.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Und es geht vor allen Dingen auch nicht darum, zu erzählen, Sie in der Regierung, in der Verantwortung, haben einen umfangreichen Handlungsleitfaden auf die Reihe gegeben, wir haben gehört, 71 Seiten, also konkret 25 Seiten plus 44 Formularseiten. Bis ins kleinste Detail ist es festgelegt, welche Maßnahmen je nach Anzahl der angefallenen Fehltage zu ergreifen sind. Ein sehr formalistisches Vorgehen. Mit welchem Erfolg?

Wir finden uns also damit ab, es sind ja nur 0,82 Prozent der Schüler. Das sind aber immerhin um die Tausend junge Menschen, die dieses Intensivschwänzen betreiben. Das Intensivschwänzen wird interessanterweise in zwei unterschiedliche Formen unterteilt, einmal ab 21 Fehltage, einmal ab 41 Fehltage. Das erschließt sich mir nicht so ganz. Dieses Bemühen bisher hat nicht verhindern können, dass wir einen starken Anstieg auf einem gleichbleibend hohen Niveau gehabt haben. Selbst Frau Oldenburg hat das erkannt und hat uns da jedenfalls nicht widersprochen.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Oh, Simone!)

Und das ist eine Tatsache, auch Herr Butzki hat das angesehen.

(Thomas Schwarz, SPD: Oh!)

Sie sind diejenigen welchen, die das aus Ihrer beruflichen Erfahrung haben, also ist es ja wohl doch nicht das verniedlichte Problem, als das es hier dargestellt wurde.

(Andreas Butzki, SPD: Es hat kein Mensch verniedlicht.)

Und um auch noch mal auf eine Sache einzugehen, aus Ihrem eigenen Handlungsleitfaden, Frau Hesse, da steht drin: „In der Praxis sind Fälle von zweifelhaften (Gefällig- keits-)Entschuldigungen nicht immer leicht zu lösen. Es genügt jedenfalls nicht, sich allein auf formal unentschuldigte Fehltage oder -stunden zu konzentrieren, sondern Zweifeln an entsprechend auffälligen Entschuldigungen sollte immer nachgegangen werden.“ Herr Butzki hat es erwähnt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Kommen wir noch mal zu der Geschichte, darauf hat Herr Wildt hingewiesen, dass es diese unterschiedlichen Formen gibt, eben Schulverdrossenheit, Gelegenheitsschwänzen, Regelschwänzen, Intensivschwänzen et cetera. Es wird nach Tagen differenziert und nicht nach den verschiedenen Ursachen des Schulschwänzens im Eigentlichen gefragt, und diese Ursachen, haben wir gehört, die sind sehr unterschiedlich.

Dieses Schulschwänzen ist ja nicht das eigentliche Problem, sondern es wird nicht umsonst Schuldistanz genannt, und dieser Schulabsentismus, also die Abwesenheit davon, ist der Oberbegriff dazu. In diesem gut gemeinten Bestreben, alles sehr genau zu regeln, ist dieser Handlungsleitfaden zu einem großen bürokratischen Koloss aufgewachsen und die genaue Befolgung seiner vielfältigen Regeln erfordert einen Aufwand, der die ohnehin schon bürokratisch überlasteten Schulen noch weiter belastet. Es ist deshalb fraglich, in welchem Maße er tatsächlich befolgt wird. Das soll nun eine Arbeitsgruppe evaluieren.

In der Lehrerausbildung und auf Fortbildungen wird viel über das Thema geredet, aber es wird zu wenig gehandelt. Das erklärt sich aus der erheblichen Zusatzbelastung, der Lehrkräfte im Falle von notorischer Schulschwänzerei ausgesetzt sind. Die Schulleitung, Eltern und eventuell noch andere Stellen müssen laufend kontaktiert, Sitzungen abgehalten, Gespräche geführt, Formulare ausgefüllt werden – 44 Formularseiten wohlgemerkt –, Nachschreibeklassenarbeiten und -klausuren entworfen werden und so weiter und so fort. Angesichts der enormen Herausforderungen, die durch die Inklusion und die Integration den Lehrern bereits erwachsen sind, ist es nicht verwunderlich, wenn die Behandlung des Schulabsentismus oft auf das Nötigste beschränkt wird. Der Schaden, den die Schulschwänzerei dem Lebenslauf junger Menschen und der Gesellschaft insgesamt zufügt – das haben wir auch gehört und ich wiederhole es trotzdem gerne –, dieser Schaden sollte nicht unterschätzt werden. Deshalb halten wir unseren Antrag auch für dringend nötig.

Bisher wurde mehr an den Symptomen herumkuriert, und das auch nur halbherzig, Die Ursachen sind sehr vielfältig und erfordern ganz unterschiedliche Maßnahmen. Fühlt sich der Schüler dem Leistungsdruck nicht gewachsen, will er eine Klassenarbeit oder sonstige Leistungskontrollen vermeiden, weil er nicht gelernt hat, bestehen Konflikte mit Mitschülern oder hat er einfach nur keine Lust auf Schule, aber Lust auf andere Dinge? Sol

che Gründe sind bekannt und müssen je individuell angegangen werden.

Wir sollten das Augenmerk darauf richten, dass der Schulabsentismus in einem noch größeren Kontext gesehen werden muss, nämlich im Kontext gesellschaftlicher Fehlentwicklungen. Wenn die Autorität der Lehrkräfte untergraben wird, wenn auch Drogenkonsum unserer Jugend in einem bisher nicht gekannten Ausmaße zum Problem wird, wenn die individuelle Spaßmentalität die traditionellen Werte der Pflichterfüllung ablöst, wenn zerrüttete und gescheiterte Ehen der Eltern den Jugendlichen weniger moralischen Halt bieten, wenn eine NullBock-Mentalität verbreitet ist und das schlechte Beispiel der anderen zum Vorbild genommen wird, dann ist es nicht verwunderlich, wenn daraus der Boden für Schulabsentismus bereitet wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ja, darum geht es.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ja, ja, das ist ein Teil der Geschichte, dass wir mehr in unsere Ursachenanalyse hätten hören wollen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Dieser kann zu Schulaversion und danach allzu oft auch zu Schulabbruch und den daraus erwachsenden Schwierigkeiten führen. Das haben wir auch gehört, hohe Zahl der Schulabbrecher. Wir jedenfalls wollen uns damit nicht abfinden. Die Vermittlung von Werten wäre zuallererst nötig, aber das Wort „Werte“ sucht man in diesem Handlungsleitfaden auf 71 Seiten des Bildungsministeriums leider vergeblich.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Vor allem muss der Grundsatz gelten, dass so früh wie möglich wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen werden, damit sich aus dem Gelegenheitsschwänzen keine Gewohnheit entwickelt.

(Manfred Dachner, SPD: Zum Beispiel?)

Bei Schülern darf gar nicht erst der Eindruck entstehen, dass Pflichtverletzungen keine Folgen hätten.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

So könnte man es zum Beispiel organisieren, dass fehlende Schüler schon sehr bald von zu Hause abgeholt werden. Ich kann mich daran erinnern, wir hatten das zu DDR-Zeiten organisiert.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)