Protocol of the Session on October 19, 2017

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Fördermittelvergabereform im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, auf Drucksache 7/1118.

Antrag der Fraktion der AfD Fördermittelvergabereform im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) – Drucksache 7/1118 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr de Jesus Fernandes von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Landtagsabgeordnete! Geschätzte Bürger von Mecklenburg-Vorpommern! Warum ist die AfD der Meinung, dass wir eine Reform der Fördermittelvergabe brauchen? Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass die Regierungsparteien die Vergabe von Fördermitteln für ihren Parteiwahlkampf missbrauchen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Oh, oh, oh, oh!)

Wir haben zusehen müssen, wie die SPD mithilfe der CDU einen Staatssekretär inklusive Büroapparat installiert, um diesen wiederum medienwirksam für ihre Auftritte zu missbrauchen. Wir haben gesehen, wie die Landesregierung einen Großkonzern, die Entwicklung von innovativen Miniknödeln, finanziert.

Jetzt möchte ich noch eine kleine Anekdote dazu erzählen. Stellen Sie sich vor, ein reicher ausländischer Gast mit vier Töchtern kommt in ein strukturschwaches Land

und will hier einige Zeit verbringen. Dafür will er seine vier Töchter mit opulenten Luxuskleidern ausstatten, sie müssen schließlich angemessen auftreten. Also sucht er im Land nach einem Schneider und bestellt aufwendige Kleider aus teuren Stoffen. Ursprünglich wollte dieser reiche Herr natürlich in Vorkasse gehen, dies hatte er sich aber anders überlegt. Dieser Schneider hat nun folgendes Problem: Niemand hat bisher solche Stoffe im Land hergestellt, also sucht er sich einen Weber, der sich wiederum einen Seidenimporteur sucht. Da tun sich gleich mehrere Probleme auf. Der Weber braucht sein über Jahre hart erarbeitetes Kapital, um sich die Seide einzukaufen. Der Schneider wiederum braucht seine ganz hart erarbeiteten Mittel, um sich seine Schneiderei so auszustatten, dass er auch die nötigen Instrumente zur Herstellung dieser opulenten Kleider hat, und muss weitere Schneider einstellen, und so weiter und so weiter.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das ist ja wie ein Märchen.)

Jetzt sehen Sie zum Beispiel, wie die Landesregierung einen malaiischen Großkonzern fördern möchte und über Millionen-Bürgschaften nachdenkt, obwohl – und das weiß eben noch nicht jeder – die Schiffe, die dort gebaut werden, eigentlich von den eigenen Reedereien gekauft werden. Quasi möchte die Landesregierung Bürgschaften dafür geben, dass ein Großkonzern für sich selbst Schiffe baut, um sie danach auch selbst zu benutzen. Also warum Bürgschaften?

(Rainer Albrecht, SPD: Arbeitsplätze sichern.)

Die Reedereien dieser Konzerngruppe

(Jochen Schulte, SPD: Sie haben Ihren Antrag schon gelesen, ja?!)

wollen doch ihrem Mutterkonzern die Schiffe abkaufen.

(Jochen Schulte, SPD: Es geht doch um GRW-Förderung. – Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Sie müssen also das Geld haben, ansonsten handelt es sich eventuell um einen Eingehungsbetrug. Welches Risiko soll denn hier innerbetrieblich abgefangen werden und warum?

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: Wissen Sie denn überhaupt, was GRW-Förderung ist? – Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD)

Herr Wirtschaftsminister Harry Glawe hat es gestern noch mal betont, 80 Prozent der Arbeitsplätze schafft der Mittelstand in diesem Land. Der Mittelstand ist die tragende Säule dieses Bundeslandes. Wir reden mit unserem Mittelstand, wir reden mit den Bürgern von Mecklenburg-Vorpommern. Es ist ihnen schwer zu vermitteln, vor allem nach den vorangegangenen Pleiten der Werften und Zulieferer, warum nicht die ortsansässigen Zulieferer Förderungen erhalten oder Bürgschaften bekommen.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Das wäre doch der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ihr Handeln ist nicht zu vermitteln, zumal dieser Großkonzern einen Marktwert von 36 Milliarden hat.

Das war nur ein Beispiel. Diese Handlungsweise lässt sich auf die Fördermittelvergabe der Landesregierung übertragen und runterbrechen. Hier werden wenige Große gefördert, weil es für die Landesregierung einfach einfacher ist, mit wenigen zu verhandeln als mit vielen, anstatt die tragende Säule unseres Bundeslandes, den Mittelstand, in den Fokus zu nehmen. Es ist doch unser Mittelstand, der geschröpft wird, damit diese Großkonzernförderung weiter betrieben werden kann. Mit der Förderung der Großindustriellen, die ihren Firmenhauptsitz meistens nicht einmal in unserem Bundesland haben, verzerren Sie den Markt und hemmen die Gründungswilligen, weil Sie mit Ihrer Förderung einzelne Produkte den Marktgesetzen entziehen und eine übermächtige Konkurrenz schaffen.

(Christian Brade, SPD: Märchenstunde!)

Gut, dass wir im letzten Plenum unseren Antrag zum Mittelstandsförderungsgesetz hatten.

(Unruhe und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das hat Ihnen gerade noch mal so gereicht, um da reinzugucken, um festzustellen, dass dieses Gesetz dieses Jahr ausläuft. Und deswegen hatten wir gestern auch die Verlängerung als TOP 8 auf der Tagesordnung. Wahrscheinlich wäre Ihnen dieses Gesetz sonst noch abhandengekommen.

Noch ein praktisches Beispiel: Vor einiger Zeit stellte ich eine Kleine Anfrage, wieso die WINSTONgolf-Anlage nahe Schwerin mehr als 4,5 Millionen Euro Fördermittel erhielt. Die Landesregierung antwortete, dass damit seit 2012 genau 26 Dauerarbeitsplätze neu geschaffen wurden. Die Golfanlage wurde um einen Platz und ein Gebäude erweitert. Nach Adam Riese investierte die Landesregierung somit etwa 175.000 Euro, um einen Arbeitsplatz zu schaffen.

(Sebastian Ehlers, CDU: Für Touristen! Die bringen Geld ins Land.)

Überprüft wird das übrigens nur für fünf Jahre. 2018 kann diese Arbeitskraft dann theoretisch wieder entlassen werden. Na ja, was soll man dazu sagen?!

(Jochen Schulte, SPD: Das kann Ihnen auch passieren nach fünf Jahren.)

Jeder Dönerladen und jede Schneiderei könnte wahrscheinlich mit einem Geldgeschenk von 175.000 Euro eine weitere Person über fünf Jahre einstellen, vielleicht aber auch mehr.

(Zuruf von Christian Brade, SPD)

Ein weiteres Argument der Landesregierung war, dass sich die Zahl der Golf spielenden Touristen in den vergangenen zehn Jahren in Mecklenburg fast verdoppelt hat. Das ist eine typische Beispielantwort der Regierung aus der Rubik „Tricksen mit Zahlen“. Hier findet eine statistische Erweiterung statt. Es wird eine riesige Zeit

spanne erwähnt, es wird von einer spezifischen Anlage auf alle Golfplätze abgelenkt,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Steuergelder.)

es wird über ganz Mecklenburg-Vorpommern geredet und nichts davon erwähnt, ob die Übernachtenden nur des Golfens wegen herkamen oder es nebenbei taten.

(Unruhe bei Christian Brade, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Deshalb unser Antrag, in dem wir fordern, erstens die Vergabe von Fördermitteln in Zukunft nur an Firmen mit Hauptsitz in Mecklenburg-Vorpommern zu vergeben, zweitens die Förderung von Großunternehmen im Sinne der EU-Definition, keine Förderung der Großunternehmen im Sinne von EU …

(Minister Dr. Till Backhaus und Minister Harry Glawe: Na, wat denn nu?)

Jetzt habe ich mich verhaspelt.

… ja, genau, zweitens keine Förderung von Großunternehmen im Sinne der EU-Definition – war doch richtig –,

(Jochen Schulte, SPD: Das ist schon schlecht, wenn es aufgeschrieben wird.)

drittens, private Verlage, Medien, Radio- und TV-Sender und Druckereien, Ferienwohnungen und Versandhändler sind ab sofort förderfähig, viertens, die Zuschusshöchstgrenze mit einer Arbeitsplatzgarantie von zehn Jahren und fünftens, und das ist ganz wichtig, eine öffentliche Datenbank zur Schaffung von Transparenz. Jeder soll einsehen können, wer hier das Fördergeld bekommt und was er damit macht.

Darum bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Herr Minister Glawe, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer! Was die AfD hier gerade abgeliefert hat, ist ein Armutszeugnis und nicht zu toppen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Sie haben – ich will das für die Gäste nur mal kurz erwähnen –, Sie haben einen Antrag gestellt, dass die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ geändert wird und dass Großunternehmen nicht mehr gefördert werden. Das sind Mittel, die vom Bund und vom Land bereitgestellt werden. Der Kollege von der AfD hat das mit dem Europaprogramm durcheinandergewühlt. Er hat den Staatssekretär für