sondern auch nicht pädagogische Berufe zum Einsatz kommen sollen. Physiotherapeuten, Logopäden, Hebammen sollen zukünftig als pädagogische Fachkräfte eingesetzt werden. Das sind aber keine Pädagogen.
Da helfen auch eine Grundqualifizierung von mindestens 250 Stunden – das sind sechs Wochen bei einer Vollzeitqualifizierungsmaßnahme – und ein Praktikum von acht Wochen nicht. Auch hier sind wir völlig im Dunkeln darüber, wie, wo und in welchem Zeitraum überhaupt die Grundqualifizierung dieser Nichtfachkräfte erfolgen soll und wer sie bezahlt. Ich frage mich, ob Schabernack die Ausbildungsstätte des Landes sein soll, die Sie seit Jahren finanziell im Stich lassen.
Noch eine zweite Frage, die Sie mir gerne mal beantworten können: Wieso soll ein gut bezahlter Ergotherapeut ein schlecht bezahlter Erzieher werden?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass es Ihnen nicht mehr darum geht, Kitas als Bildungseinrichtungen zu begreifen. Warum sonst tauchen Kitas in Ihrem Koalitionsvertrag nicht im Bereich der Bildung auf, sondern unter dem Kapitel „Arbeit und Soziales“? Kein Wunder, dass Sie dann auch die Zahl der Pädagogen in den Einrichtungen senken.
Was Sie mit dem Gesetzentwurf einleiten, ist eine vorsätzliche Verschlechterung der Qualität in unseren Kitas, denn die Probleme der Kinder werden komplexer. Immer mehr bringen von zu Hause einen vollgepackten Rucksack an Problemen mit.
Und was machen Sie? Sie schicken 16-Jährige, selbst noch nicht fertig in ihrer Entwicklung, um Kinder zu betreuen, und 18-Jährige im dritten Lehrjahr,
die dann bereits alleine und eigenverantwortlich Kitagruppen betreuen sollen wie eine vollwertige Fachkraft.
(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Aber das Wahlrecht wollen wir am besten schon mit 15 oder 14 einführen, ne?!)
Sie schaden nicht nur den Kindern in den Kitas, sondern Sie lassen auch noch die Auszubildenden im Stich.
Unser zweiter Kritikpunkt: Sie führen halbgewalkt einen neuen Ausbildungsgang ein, schaffen so Erzieher erster, zweiter und dritter Klasse und lassen die Auszubildenden während der praxisintegrierten Ausbildung, PIA, allein. Denn anstatt, wie es in der Pflege gang und gäbe ist, diesen Auszubildenden Mentoren für mindestens zwei Stunden pro Woche zur Seite zu stellen, so, wie man das auch feststellen könnte, lässt der Gesetzentwurf völlig offen, mit welchen Zeitanteilen diese Mentoren wie ausgebildet werden sollen, denn auch nicht jeder kann einfach mal so aus dem Bauch heraus Auszubildende betreuen. Erzieherinnen und Erzieher sollen neben ihrer sowieso schon knappen Zeit für mittelbare und unmittelbare Arbeit am Kind auch noch Auszubildende als Regelaufgabe betreuen. Das sieht doch jeder halbwegs Denkende, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird.
Erst in einer Evaluierung, also dann, wenn die Ausbildung bereits eine Weile gelaufen ist, soll die Ausstattung und die Qualifizierung der Mentoren geklärt werden. Ich frage mich: Ja, sind denn die Fachkräfte die Versuchskaninchen, die Sie losschicken, Ihr krudes Gesetz umzusetzen, und die am Ende alles ausbaden müssen? Sie locken junge Menschen in eine Ausbildung, indem Sie hier ein Ausbildungsentgelt zahlen, lassen sie in der Ausbildung alleine und dann ist noch nicht einmal klar – und auch das konnten Sie uns im Ausschuss nicht beantworten und zusichern –, wie viel der Beruf am Ende
wert sein wird und wie er bezahlt wird, wie sie die notwendige Weiterbildung für den Bereich der 0- bis 27Jährigen bewerkstelligen und finanzieren sollen, und ohne Gewissheit zu haben, dass ihr Abschluss einmal bundesweit anerkannt wird, denn das wollen Sie ja erst alles noch klären.
Eins müssen Sie mir mal erklären: Wieso wichen Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, von dem Vorreitermodell in Baden-Württemberg ab? Denn anders als bei dem Vorreiter in Baden-Württemberg können die Auszubildenden in Mecklenburg-Vorpommern nicht ihren bundesweit anerkannten Staatlich anerkannten Erzieher erwerben,
sondern lediglich den Staatlich anerkannten Erzieher für 0- bis 10-Jährige, im ursprünglichen Gesetzentwurf noch, und damit viel treffender, Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen.
Wenn Sie die Ausbildung zur/zum Staatlich anerkannten Erzieherin und Erzieher attraktiver machen wollen, wieso führen Sie dann nicht für alle die Ausbildungsvergütung ein? Wieso machen Sie nicht diese Ausbildung kostenfrei von Schulgeld? Nein, Sie schaffen Insellösungen, erstens in der Hinsicht, dass es nur für die neue Ausbildung ein Entgelt gibt und Sie damit selbst die Zweiklassenauszubildenden schaffen. Und zweitens sind die so ausgebildeten jungen Leute noch nicht einmal mobil, weil sie mit dieser Insellösung an Ausbildungsgang nur in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten können, weil die bundesweite Anerkennung noch immer fehlt.
Das alles ist weder im Sinn einer guten Qualität in den Kitas noch für unsere Kinder und für die jungen Menschen, die den neuen Ausbildungsgang wählen.
Und wenn die jungen Menschen diese Ausbildung geschafft haben, wie geht es dann weiter? Alles weiterhin offene Fragen: Wie ist die Ausgestaltung, wie sind die Kosten, die Dauer und die Zugangsmöglichkeiten zu der angestrebten berufsbegleitenden Weiterqualifizierung der PIA-Auszubildenden zu Staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern für 0- bis 27-Jährige?
Das sind Fragen, die Sie nicht beantworten konnten im Sozialausschuss. Rechtsverbindliche Regelungen hierzu sollen erst zum 1. September 2020 erarbeitet werden. Das bedeutet, alle Auszubildenden, die in diesem und den nächsten Jahren ihre praxisintegrierte Ausbildung, kurz PIA, beginnen, wissen nicht, ob sie tatsächlich eine Perspektive als Erzieherin oder Erzieher für 0- bis 27Jährige haben. Das nenne ich ein blindes Vorgehen. Aus all den Gründen kann meine Fraktion den Gesetzentwurf nur ablehnen.
(Torsten Renz, CDU: Nein, das weise ich zurück! Haben Sie Zahlen von Anhörungen gehabt? Ja. Haben Sie im Ausschuss beraten? Ja.)
Einen Monat nach der Anhörung im Sozialausschuss trifft sich die SPD-Fraktion mit den Gewerkschaften und trifft Verabredungen. Das bekommt der Koalitionspartner CDU über die Presse mit und bricht die Änderungen ab.
Immerhin haben Sie es dann noch geschafft, sich zusammen an einen Tisch zu setzen, um für minimale Änderungen zu sorgen.
Das würde einem geordneten parlamentarischen Verfahren entsprechen, wie auch der Antrag zur Zulassung der PIA-Ausbildung an Schulen in freier Trägerschaft dort hätte mit besprochen werden müssen.
(Jochen Schulte, SPD: Das, was wir mit unserem Koalitionspartner intern machen, das geht Sie gar nichts an! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
Dafür muss das Schulgesetz geändert werden. Es gab hinter verschlossenen Türen wohl so manche Unstimmigkeit, wenn nicht sogar Streit ums KiföG. Sie hätten das fünfte Änderungsgesetz auch als Mantelgesetz formulieren können und es von vornherein gut durchdenken können, dann wäre dieses häppchenweise Vorgehen nicht nötig. Ich kann nur sagen, es ist wirklich stümperhaft, übereilt und hektisch, und deshalb lehnen wir das ab.