gegen die weitere Wiedervernässung aussprechen. Auch das werden Sie aus unserem Positionspapier nicht lesen können. Sie sehen, Frau Dr. Schwenke hat eindeutig den Beweis angetreten, dass ich hier noch mal vortragen muss, was wir beschlossen haben:
Erstens. Bei der Umsetzung von Renaturierungsmaß- nahmen – das schließt also weitere nicht aus – sind Einschränkungen in den Lebens- und Wirtschaftsräumen und in der Lebensqualität der Anwohner auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Ganzjährige und großflächige Überstauungen lehnen wir ab.
Zweitens. Die Bevölkerung ist mit Beginn der Vorhabenplanung fortlaufend und umfassend zu informieren. Die betroffenen Kommunen müssen den getroffenen Festlegungen zustimmen.
Drittens. Die eingeleiteten und realisierten Maßnahmen sind unter Einbeziehung der angrenzenden Gebiete einer ständigen Kontrolle durch die Planfeststellungsbehörde zu unterziehen. Die Beweislast für eingetretene Mängel liegt beim Vorhabenträger.
Um dann auch noch ein weiteres Thema kurz aufzugreifen: Sie haben das tolle Beispiel Thurbruch genannt. Ich möchte gerne das Ende der Geschichte erzählen. Das ergibt sich nämlich aus der Überschrift in der „OstseeZeitung“ vom 04.07.2014: „Einwohner: ‚Hände weg vom Thurbruch‘“. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4148 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Ja, danke. Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4148 einstimmig beschlossen.
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/4100 mit den eben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/4100 mit den soeben beschlossenen Änderungen einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Das ist die Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Schriftliches und audiovisuelles Kulturgut in Mecklenburg-Vor- pommern erhalten, die Drucksache 6/4098.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Schriftliches und audiovisuelles Kulturgut in Mecklenburg-Vorpommern erhalten – Drucksache 6/4098 –
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine gute Tradition der demokratischen Fraktionen, dass wir die Zeit zwischen den Landtagssitzungswochen und den Wochen, in denen die Ausschüsse tagen, in den Wahlkreisen unterwegs sind und Einrichtungen besuchen, mit Expertinnen und Experten sprechen, uns kundig machen, Beratung suchen und Hinweise erbitten auf Dinge, die besser gemacht werden sollten, wo es Herausforderungen gibt, denen wir uns stellen sollten.
Das hat – wie Sie auch – meine Fraktion regelmäßig gemacht. Teile unserer Fraktion waren in der letzten Zeit in mehreren Archiven unterwegs, zum Beispiel in Neubrandenburg oder in Stralsund. Hier in den Archiven, aber auch in den Bibliotheken existiert eine bedeutende schriftliche und audiovisuelle Kulturüberlieferung.
Um noch mal auf Neubrandenburg zu kommen, es ist schon beeindruckend zu sehen, auf welchem Niveau dort Archivarbeit betrieben werden kann. Die Bestände sind voll klimatisiert untergebracht. Die Unterbringung erfolgt über elektrisch funktionierende Fahranlagen. Die Archivalien in Neubrandenburg haben ein beträchtliches Volumen, und das dann so toll untergebracht zu wissen, ist schon wichtig. Das Volumen macht über 100 Tonnen aus. Die Regale, auf denen die Archivgüter untergebracht sind, haben eine Länge, die entspricht dem Neubrandenburger Stadtring von mehr als drei Kilometern, ganz zu schweigen von dem Wert des Archivguts.
Am Tag, bevor wir da waren, kam die Leiterin des Archivs Eleonore Wolf zurück aus Frankreich und brachte einen Friedhofsplan mit den Namen der Ermordeten beziehungsweise Verstorbenen in Fünfeichen mit, wieder ein Fundstück, nach dem Hinterbliebene und Angehörige Jahrzehnte gesucht haben. Unvermittelt tauchte dieser Friedhofsplan auf und wir konnten sehen und erleben, mit wie viel Emotionen so ein Papier von etwa einem Dreiviertelquadratmeter Größe verbunden ist.
Nicht weniger eindrucksvoll war unser Besuch im Stralsunder Stadtarchiv vor wenigen Wochen. Uns interessierte unter anderem, welche Lehren man nach den unrühmlichen Ereignissen von vor knapp zwei Jahren gezogen hatte. Sie erinnern sich gewiss noch und ich brauche das hier jetzt nicht auszubreiten, was damals auch deutschlandweit wahrgenommen wurde. Wir erfuhren, das ist das Wichtige und das Gute zugleich, von den enormen Anstrengungen der im Stralsunder Archiv Tätigen, die Bestände zu sichern, zu restaurieren und zu bewahren. Das zu tun, ist eine gigantische Herausforderung. Allein in Stralsund lagern 125.000 historische Bücher im Altbestand. Wir konnten zum Beispiel mit ansehen, wie eine Kollegin dort Seite für Seite diese Bücher mit einer Spezialbürste behandelt und reinigt und dafür
Sorge trägt, dass auch nachfolgende Generationen noch die Möglichkeit haben, dieses Kulturgut einsehen und damit umgehen zu können.
Die Stadt Stralsund, das ist auch das Beeindruckende, gibt einen Millionenbetrag für die Sicherung der Bestände der viertgrößten Bibliothek des Landes, für die Schaffung neuer Unterbringungsmöglichkeiten und für die Renovierung des Klosters aus. Auch das Land unterstützt die Stadt Stralsund hierbei.
Man könnte also meinen, alles wäre im grünen Bereich, wenn ich jetzt nur mal auf diese beiden Beispiele abstelle, alles wäre gut. Man könnte sogar meinen, die Landesregierung hätte auf folgende Frage in der Großen Anfrage – die spielte ja gestern schon mal eine Rolle –, die sich nicht um 20 Jahre Verfassung drehte, sondern die Verfassung zum Anlass nahm, wie es denn mit der Verfassungswirklichkeit aussieht,
Wir fragten unter anderem, und ich nehme jetzt eine Frage heraus, die Frage 289: „Wie schätzt die Landesregierung die Situation des Kunst- und Kulturgutschutzes in Mecklenburg-Vorpommern ein und welchen weiterführenden Aufgaben stellt sie sich auf diesem Gebiet?“ Die Antwort der Landesregierung lautete: „Die Landesregierung schätzt die Situation des Kunst- und Kulturgutschutzes als sehr gut ein.“
Diese Antwort stammt aus dem März dieses Jahres und sie ist nicht korrekt. Die Landesregierung hat wider besseres Wissen geantwortet, denn seit November 2014 liegt eine gemeinsame Denkschrift der Landesverbände Mecklenburg-Vorpommerns, des deutschen Bibliotheksverbandes und des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare vor. Die hat den Eigennamen „Maßnahmen zur Sicherung und Bewahrung des schriftlichen und audiovisuellen Kulturguts in Mecklenburg-Vorpommern 2016 bis 2025“.
Die Landesregierung weiß also spätestens seit Anfang Dezember vergangenen Jahres – und das ist auch belegt, wenn man sich im Internet umtut – um das permanente Problem der Bibliotheken und Archive zur Bestandserhaltung. Die Landesregierung weiß, dass die kommunale Ebene die damit verbundenen Herausforderungen nicht allein meistern kann. Und sie weiß, dass zur Bewahrung historischer Altbestände mehr und mehr eine neue Herausforderung hinzukommt, nämlich die Archivierung nicht dokumentgebundener Medien, zum Beispiel der Webseiten.
In besagter Denkschrift wird Bezug genommen auf Erhebungen zu Bestandsschäden in Archiven und Bibliotheken. Wer diese Denkschrift liest, wird erfahren, dass man auf, …
… der wird erfahren daraus, dass aus einer Bestandserhebung aus dem Jahre 2013 über den Zustand der Beschädigung von Archivmaterialien und -gütern, die in den Bibliotheken lagern, zu konstatieren ist, drei Prozent der in den Archiven befindlichen Originale sind nicht mehr nutzbar. In der Denkschrift heißt es, um einen Vergleich hinzubekommen – drei Prozent als relative Zahl sagt ja erst einmal nicht viel aus –, das macht 3.000 laufende Meter Archivgut aus. Weitere 60.000 Meter Archivgut in den Archiven unseres Landes sind demnach, so die Erhebung, die auch eine Hochrechnung ist, weil man nicht alle Seiten angefasst hat, nicht nach fachlichen Standards verpackt, heißt es in dem, was uns die Expertinnen und Experten aufgeschrieben haben.
Bei den Bibliotheken sieht es differenzierter aus. In den großen Bestandszentren, also der Landesbibliothek, in Rostock und Greifswald an den Universitätsbibliotheken, sind ein Prozent der Originale für die Nutzung ausgeschlossen. Das ist ein recht guter Wert. In allen anderen Einrichtungen übriger Trägerschaft liegt dieser Wert bei über 20 Prozent.
In Beachtung der Denkschrift unterbreiten wir Ihnen also diesen Antrag. Er besteht aus zwei Teilen: In einem Feststellungsteil, dem einen Teil also, wird betont, dass es eine gesamtgesellschaftliche Pflichtaufgabe des Landes, der Kommunen und der Archive und Bibliotheken ist, das umfangreiche und wertvolle Kulturerbe, bestehend aus Drucken, Urkunden, Karten, Büchern, Zeitschriften, Bildern, Noten und nicht dokumentgebundenen Medien, zu sichern und zu bewahren.
In einem zweiten Teil unterbreiten wir konkrete Handlungsschritte. Wir schlagen vor, ein spezielles Förderprogramm des Landes zur Finanzierung des Erhalts des schriftlichen und audiovisuellen Kulturerbes aufzulegen. Des Weiteren sprechen wir uns für den Aufbau einer Fachberatung und eines Kompetenzzentrums mit der Bezeichnung „Bestandserhaltung“ aus. Hier geht es um das Zusammenwirken von Fachkräften. Fachkräftemangel auf diesem Gebiet ist auch ausgemacht und da ist die Frage: Wie können die Fachkräfte, die wir haben, bestmöglich zusammenarbeiten? Dies kann aus unserer Sicht vor allen Dingen – und da beziehen wir uns auf die Expertinnen und Experten – über so ein Kompetenzzentrum „Bestandserhaltung“ realisiert werden.
Und last, but not least sprechen wir uns dafür aus, dass es ein Notfallnetzwerk in unserem Land zur Bestandssicherung gibt, wir uns gut vorbereiten für Fälle der Havarien, die es, wenn ich an Weimar denke und so weiter, auch immer mal wieder gegeben hat, etwas, was man sich keinesfalls wünscht, aber auf das man gut vorbereitet sein sollte. Da geht es, was dieses Notfallnetzwerk betrifft, um das Entwickeln von Notfallstrategien, darum, Workshops und Schulungen durchzuführen und Notfall- übungen vorzunehmen, um gewappnet zu sein für den etwaigen Schadensfall.
Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Vorschläge sind der Situation angemessen, die ich nur kurz und knapp illustriert habe. Unsere Vorschläge ermöglichen einen vorausschauenden und systematischen Umgang mit der beschriebenen Herausforderung und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Und ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Koplin, wir beschäftigen uns jetzt noch mit zwei Anträgen, die nach demselben Muster funktionieren: Das Land muss Programme machen in Bereichen, wo es eigentlich gar nicht zuständig ist, weil es Träger gibt, die dafür zuständig sind, und nicht das Land. Ganz bemerkenswert fand ich deshalb auch Ihre Bezugnahme auf die Denkschrift, die der Landesregierung natürlich bekannt ist, Herr Koplin. Es ist aber keine Denkschrift der Landesregierung. Man kann zu dieser Denkschrift durchaus unterschiedliche Auffassungen haben, deswegen ist es kein Widerspruch, in der Großen Anfrage das eine zu antworten, während in der Denkschrift das andere steht,
denn Sie haben selbst schon darauf hingewiesen, dass diese Denkschrift letztendlich nichts anderes ist als eine Schätzung. Wie valide das ist, können wir alle nicht beurteilen, nicht einmal die Autoren dieser Denkschrift, was bei einer Schätzung und einer Hochrechnung ja auch nicht anders zu vermuten ist.
Den entscheidenden Punkt, finde ich, haben Sie sehr gut deutlich gemacht, indem Sie darauf verwiesen haben, wie die Quoten derjenigen Bestände sind, die derzeit nicht genutzt werden können bei den Universitätsbibliotheken und bei der Landesbibliothek. Da haben Sie die Quoten als vorbildlich bezeichnet. Ich erlaube mir den Hinweis, dass das Landeseinrichtungen sind. Das ist ein Lob, finde ich, für die Kolleginnen und Kollegen, die das vor Ort verantworten, für die Landesregierung weiß ich nicht, ob Sie es auch so gemeint haben, aber jedenfalls für die dort in den Landeseinrichtungen Tätigen.
Das ist, glaube ich, ein ganz guter Beleg dafür, dass das Land sehr stark bemüht ist, oder ein Indiz, vielleicht noch kein Beleg, ein Indiz dafür, dass das Land darum bemüht ist, da seiner Verantwortung nachzukommen. Aber Sie haben es in Ihrem Antrag selber ganz deutlich gesagt, für die Bestandserhaltung und Digitalisierung von Kulturgütern sind ihre jeweiligen Eigentümer verantwortlich, und auf kommunaler Ebene sind das die Kommunen und nicht das Land.