Protocol of the Session on July 3, 2015

Aber Frau Kollegin Schlupp war definitiv auf dem Bild.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Okay, dann war sie ohne Cowboyhut auf dem Bild, aber alles andere stimmt trotzdem.

Aber, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Moorschutz ohne Wiedervernässung geht nicht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Paludikulturen sind an solche nassen Moorflächen gebunden. Aber ich kann mir schon denken, weshalb Sie dem Antrag trotzdem zugestimmt haben. Darauf komme ich noch.

(Heinz Müller, SPD: Da bin ich mal gespannt.)

Zunächst will ich noch einige Sätze sagen, weshalb wir dringend den Moorschutz brauchen. Die Entwässerung dieser Moorstandorte für die menschliche Nutzung in den letzten Jahrhunderten, vor allem für die Landwirtschaft, hatte weitreichende Folgen. Es wurden nicht nur zusätzliche landwirtschaftliche Flächen oder auch Siedlungsflächen gewonnen, die herkömmliche Bewirtschaftung von Moorstandorten ist aus vielerlei Hinsicht problematisch. Sie setzt erstens eine Entwässerung voraus. Dies führt zweitens zur Degradierung der Standorte, das heißt der Zerstörung der ökosystemaren Funktionen des Bodens. Drittens belastet das die Umwelt, führt viertens zu hohen Treibhausgasemissionen

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

und darüber hinaus werden fünftens Lebensräume von seltenen Pflanzen und Tieren zerstört. Durch den Torfschwund wird das Wassermanagement zunehmend schwieriger und die Böden werden unwiederbringlich verbraucht. Neue Ansätze sind also gefragt, um diesen Problemen entgegenzuwirken, und machen das heutige Moorschutzprogramm notwendig, gerade in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels und des immer notwendigeren Klimaschutzes.

Der heutige Antrag der Koalitionsfraktionen beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der wirtschaftlichen Nutzung von Mooren, ohne ihre Funktion einzuschränken oder gar zu zerstören, und zwar durch Paludikulturen. Das Bemühen, den Nutzen des Moorschutzkonzepts greifbar und messbar zu machen, unterstützen wir. Ein sehr gutes Beispiel sind auch die MoorFutures, die das Umweltministerium eingeführt hat.

Das Parlament soll unter Punkt I die Bemühungen der Landesregierung in Sachen Moorschutz begrüßen. Das wollen meine Fraktion und ich an dieser Stelle tun, es kostet ja nichts, nicht mal Überwindung.

Unter Punkt II sollen wir der Landesregierung zwei knallharte Prüfaufträge verpassen und einen Bericht im Agrarausschuss bis Ende des Jahres über die bisherigen Erfahrungen zum Moorschutzkonzept abverlangen. Auch diesem Ansinnen werden wir uns nicht verweigern und mutig mittun.

(Heiterkeit bei Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mutig!)

In der Tatsache, dass es sich um Prüfaufträge handelt, ist vermutlich auch die Antwort zu finden, weshalb die CDU dem Antrag zugestimmt hat. Prüfaufträge tun nicht so sehr weh,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

sie müssen auch nicht zwingend zu weiterführenden Entscheidungen beziehungsweise Aufträgen an die Landesregierung führen. Trotzdem, ich sagte es schon, es ist ein wichtiges Thema, deshalb wird meine Fraktion dem Antrag zustimmen.

Die vielen Wiedervernässungsprojekte bei uns in Mecklenburg-Vorpommern sind zum allergrößten Teil ohne Probleme verlaufen, aber nicht überall. Ich kenne einige Projekte wie Frau Kollegin Schlupp auch in meinem Landkreis, bei denen es zu echten Problemen gekommen ist, angefangen von Kommunikationsproblemen zwischen Behörden und Bürgern, Haftungsfragen, wer nun für Pannen und durchlässige Deiche verantwortlich ist, Schäden an Häusern, vollgelaufene Keller, Forderungen von Gemeinden, die dann unter Umständen sogar ein ganzes Konzept infrage stellen, und andere Probleme. Hier ist nicht nur Kommunikation gefragt, sondern eine Art und Weise der Kommunikation, die die Bürger nicht vor den Kopf stößt.

Die Schlussfolgerung, wir haben schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb wollen wir keine weiteren Projekte, ist aber sehr kurzsichtig. Wenn wir so weiter wie bisher wirtschaften, werden die entwässerten Standorte immer mehr absinken, wertvoller Boden geht verloren, die Abpumpkosten steigen und steigen. Und wenn der Boden erst einmal auf den Grundwasserspiegel gesunken ist, können wir kaum noch oder gar nicht über eine vernünftige Bewirtschaftung nachdenken. Das wäre auch unseren künftigen Generationen gegenüber unverantwortlich.

Renaturierung ist die Alternative. Eine wirtschaftliche Nutzung dieser Flächen, ohne ihnen zu schaden, ist auch für uns erstrebenswert. Paludikulturen können eine solche Möglichkeit sein. Verschiedene Pflanzen sind dafür geeignet. Kollege Krüger hat eine Reihe davon aufgezählt. Die sind nicht unbekannt. Auch Erntemaschinen sind dafür zumeist in Einzelanfertigung geschaffen worden.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Aber dabei zeigt sich auch das Problem: Es ist sehr teuer, nach wie vor. Bisher fehlt es an wirtschaftlich tragbaren und technologisch umsetzbaren Projekten zur Nutzung von vernässten Standorten. Die Paludikultur ist eine an den Klimaschutzzielen orientierte Landwirtschaft und hat das Ziel, auch auf Flächen mit hohen Wasserständen landwirtschaftliche Erzeugnisse zu produzieren. Wenn wir die auch noch mit der Energiewende zusammenbringen können, umso besser.

Also: Der Strategiewechsel ist zeitgemäß. Forschung und Entwicklung sind dabei schon auf der Spur. An der Greifswalder Universität, Sie haben es genannt, gibt es den Forschungsschwerpunkt „Moorschutz – Paludikultur“. Daran müssen wir weiterarbeiten. Ich denke nicht, dass wir noch weitere Einrichtungen brauchen, aber eine Verstärkung würde die Greifswalder Wissenschaftler ganz bestimmt freuen.

Es gibt zum Glück einige wenige gute Beispiele in Mecklenburg-Vorpommern. Zu Recht mahnt der Antrag an, dass wir auf dem Gebiet vorankommen müssen. Wie es gehen kann, auch mit Bürgern, zeigt zum Beispiel das Bürgergutachten „Zukunft des Thurbruchs – Ein Leben mit dem Moor“. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Vorpommern Initiative Paludikultur“ von der Ernst-MoritzArndt-Universität in Greifswald haben sich 25 Bürgerin

nen und Bürger, die bis dahin nichts mit Moorschutz oder Paludikultur zu tun hatten, zusammengefunden. Sie haben der Renaturierung bis dahin eher skeptisch gegenübergestanden. Über mehrere Wochen haben sie sich mit dem entwässerten Thurbruch auf der Insel Usedom befasst. Kollegin Feike aus Ihrer Fraktion kennt das Projekt genau.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Es ging um die zukünftig mögliche Bewirtschaftung von Niedermooren, aber auch um die dafür notwendige vorangeschaltete Renaturierung. Die wurde zwar für das Thurbruch bisher ausgeschlossen, aber es ging auch um mögliche Nutzungen und Fördermöglichkeiten in anderen Gebieten.

Das Ergebnis des Bürgergutachtens kann sich aus meiner Sicht sehen lassen. Aber es wurde auch deutlich, dass es ohne Förderung nicht gehen wird. Ein großflächiger oder größerflächiger Versuchsanbau von Paludikulturen, die dann energetisch verwertet werden sollen, wäre begrüßenswert, denn auch auf dem Gebiet hat es schon Modelle gegeben. Zumindest müssen die Greifswalder Wissenschaftler mit ins Boot. Wir fangen nicht bei null an, das habe ich bei Ihnen auch so verstanden.

Ohne Geld geht es aber nicht. Wie so oft werden auch hier die Haushaltsberatungen zeigen, wie ernst es Ihnen damit ist. Wir stimmen dem Antrag zu. Wenn der vorliegende Antrag mit seinen Prüfaufträgen mehr Bewegung in Sachen Paludikulturen bringen kann, dann soll er nicht an uns scheitern. Konkret wird das Handeln der Koalition aber dann im Rahmen der Haushaltsberatungen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lenz von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Nutzung von nassen oder wiedervernässten Böden ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern seit Jahrhunderten in solchen Ländern wie bei uns schon Tradition. So wurden diese Moorböden seit Jahrhunderten landwirtschaftlich, aber – das ist für mich sehr wichtig – auch für Baumaterial genutzt.

In den zurückliegenden Jahren sind bei uns circa 48.000 Hektar Moorfläche wiedervernässt worden. An- gesichts des großen Nutzungsdrucks auf landwirtschaftliche Flächen durch die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln oder Rohstoffen zur energetischen Verwertung ist es zwingend geboten, die wiedervernässten Moorstandorte in unserem Land zu nutzen.

Durch Nutzung des Aufwuchses auf wiedervernässten Standorten können Rohstoffe für die Energiegewinnung, aber auch Rohstoffe für das traditionelle Bauhandwerk produziert werden. Leider wird diese Nutzung – jetzt gehe ich speziell auf diese Nutzung mal ein – häufig durch Behörden untersagt aufgrund von Verordnungen und Gesetzen, sodass es dazu kommt, dass wir, …

Ja, Frau Dr. Karlowski, darüber können Sie ruhig lächeln,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

… dass wir sehr viel Rohr einführen, das auf unsere Häuser gelegt wird. Damit schädigen wir die Biodiversität in anderen Ländern. Haupteinführungsland für das Rohr ist im Augenblick China. Wenn Sie sich überlegen, dass an jedem Bund ein Liter Schweröl klebt,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war gar nicht auf Sie bezogen. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das wir bei uns im Land auf die Häuser legen, ist es zwingend notwendig, dass wir darüber nachdenken, Rohrflächen, die es zu bewirtschaften gilt – ich rede davon, es sind nicht alle Rohrflächen im Land zu bewirtschaften, maximal 50 Prozent der im Augenblick im Land vorhandenen Rohrflächen sind überhaupt zu bewirtschaften –, und die im Naturschutzgebiet liegen, vielleicht mit solchen zu tauschen, die nicht zu bewirtschaften sind, aber außerhalb eines Naturschutzgebietes liegen. Das sollten wir in diesem Zusammenhang, wenn es darum geht, Paludikulturen im Land zu nutzen, überdenken.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Geeignete Pflanzen für Paludikulturen sind neben den von meinen Vorrednern schon genannten Gewächsen auch Gehölze wie die Schwarzerle oder Weiden. Die sollten ebenfalls mit genutzt werden.

Die Nutzung von Paludikulturen würde zur erheblichen Akzeptanzsteigerung – das hat mein Kollege Krüger schon gesagt – von Wiedervernässungsmaßnahmen in unserem Land führen. Gleichzeitig können damit Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bereitstellung von Rohstoffen in strukturschwachen Regionen einhergehen. Aus diesem Grunde ist es notwendig, die bisherigen Forschungsmaßnahmen der Universität Greifswald weiterhin tatkräftig zu unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich klar zum Moorschutzkonzept der Landesregierung positionieren. Niedermoorflächen prägen unser Landschaftsbild und gehören zu unserem Landschaftsbild, welches es zu schützen und zu erhalten gilt. Aber die Erfahrungen, die wir mit den Wiedervernässungsprojekten in den zurückliegenden Jahren gemacht haben, verdeutlichen, dass es erhebliche Probleme gibt. Auf die Probleme hat meine Vorrednerin Frau Dr. Schwenke schon hingewiesen, deshalb möchte ich das nicht noch mal erwähnen.

Bei diesen zahlreichen Projekten wurden die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Maßnahmen bis heute nicht umgesetzt. Verantwortungen werden zwischen Projektträgern, Bauausführungen und Planfeststellungsbehörden hin- und hergeschoben. Es besteht hier dringend der Bedarf – und das hat Frau Schwenke schon gesagt, auch mein Kollege Krüger –, Lösungen zum Wohle der betroffenen Bürger zu finden.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Bei den wenigen Fällen sollte das auch möglich sein.)

Da gebe ich Ihnen recht. Dann entsteht vielleicht auch eine Akzeptanz in anderen Gebieten in unserem Land.

Auch ist es, glaube ich, ganz wichtig, den Finanzierungsbedarf und das Geld, das in diese Projekte geflossen ist – das sind immerhin über 40 Millionen aus Bundes- und Landesmitteln –, das Geld oder die Ausgabe dieses Geldes der Bevölkerung vor Ort besser zu erklären und zu begründen, um die Menschen ganz einfach mitzunehmen.

Lassen Sie mich abschließend zu diesem Problem sagen: Meine Fraktion unterstützt diesen vorliegenden Antrag, die Nutzung von Paludikulturen zu fördern und das Projekt an der Universität Greifswald. Die Umsetzung des Moorschutzkonzeptes unseres Landes werden wir weiterhin aber sehr aufmerksam beobachten. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Ja, danke.