Protocol of the Session on June 4, 2015

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach so?!)

Aber ich glaube, Bundespräsident und Landesrechnungshof – das sind noch mal zwei unterschiedliche Ebenen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch auf die ungelöste Problematik der vielen Lehraufträge und der schlechten Bezahlung an den Hochschulen eingehen. In der HMT hat man jetzt versucht, das anzugehen, indem man auf diesen 100-Prozent-Ausfinanzierungsgrad gegangen ist, aber an vielen Hochschulen und Universitäten ist es eben nicht geklärt. Hier sind noch Aufgaben, die in der Zukunft gelöst werden müssen. Diese Aufgaben sind nicht geklärt worden, diese Probleme sind nicht gelöst worden.

Dann noch mal zum Hinweis, warum eine Institution eigentlich zu 100 Prozent ausfinanziert sein soll: weil jede Organisation nie alle Stellen besetzt hat. Herr Minister, ich muss es Ihnen, glaube ich, nicht erklären, Sie wissen es ja selber: Die Hochschulen haben mal den Globalhaushalt, das Globalhaushaltsrecht übertragen bekommen, damit sie solche Einsparungen von uneingestellten Personen, von unbesetzten Personalstellen an anderer Stelle benutzen können. Wenn Sie jetzt wieder kommen und sagen, das streichen wir als Land aber wieder ein,

(Marc Reinhardt, CDU: Die müssen wir erhöhen.)

haben Sie das Prinzip des Globalhaushaltes ad absurdum geführt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Die Freiheit, die Sie den Hochschulen über den Globalhaushalt einräumen wollten, haben Sie damit de facto kassiert.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Das ist die traurige Wahrheit in diesem Land. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

In Ziffer I seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Finanzausschuss, die Unterrichtung durch den Landesrechnungshof auf Drucksache 6/3609 zur Kenntnis zu nehmen. Wer der Ziffer I der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 6/4019 zuzustim

men wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer I der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 6/4019 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Gegenstimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.

In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Finanzausschuss, einer Entschließung zuzustimmen.

Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4048 vor, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4048 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4048 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wer der Ziffer II der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 6/4019 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Gegenstimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Vorratsdatenspeicherung verhindern, Drucksache 6/3993, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Vorratsdatenspeicherung verhindern, auf Drucksache 6/3998.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Vorratsdatenspeicherung verhindern – Drucksache 6/3993 –

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorratsdatenspeicherung verhindern – Drucksache 6/3998 –

Das Wort zur Begründung für die Fraktion DIE LINKE hat für die Drucksache 6/3993 der Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst am 27. Mai hat der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger die Neuregelung zur Vorratsdatenspeicherung kritisiert und sich für Journalistinnen und Journalisten eingesetzt, die frei von Überwachung arbeiten können. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ist damit nicht der einzige, der die geplante Neuregelung zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung kritisiert.

Die beiden vorliegenden Anträge meiner Fraktion beziehungsweise der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zielen darauf ab, dass sich auch unser Landtag gegen die Vorratsdatenspeicherung ausspricht. Die Landesregierung soll aufgefordert werden, auf Bundesebene entsprechend aktiv zu werden. Nach dem Beschluss des

Bundeskabinetts in der letzten Woche ist hierbei Eile geboten. Die Länder müssen zwar nicht zustimmen, das Gesetz soll aber im Schnellverfahren bis zum Juli durch den Bundestag gebracht werden. LINKE, GRÜNE und FDP haben bereits Klagen angekündigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Vorratsdatenspeicherung ist auch in diesem Landtag schon vieles gesagt worden. Das Anliegen meiner Fraktion ist deshalb heute nicht, diese Debatten aus aktuellem Anlass zu wiederholen. Nein, es geht uns um eine klare politische Positionierung, um ein klares politisches Bekenntnis, um eine öffentliche Positionierung Mecklenburg-Vorpommerns gegen die aktuellen bundespolitischen Entwicklungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Vorratsdatenspeicherung handelt es sich um einen grundlegenden Paradigmenwechsel von anlassbezogenen Grundrechtseingriffen hin zu einer allgemeinen verdachtsunabhängigen Registrierung personenbezogener Daten. Dieses Instrument innerer Sicherheit war und ist bekanntermaßen juristisch, fachlich und politisch hoch umstritten. Für das Bundesverfassungsgericht ist die Vorratsdatenspeicherung ein besonders schwerer Grundrechtseingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kannte. Und wenn das Gericht über mögliche Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung reflektiert, dann sollte diese juristische Reflektion auch politisches Nachdenken auslösen.

Ich zitiere das Bundesverfassungsgericht: Da „die Speicherung und Datenverwendung nicht bemerkt werden, ist die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten geeignet, ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann.“ Zitatende.

(Udo Pastörs, NPD: Damit haben Sie ja Erfahrung.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

der praktische Nutzen der Vorratsdatenspeicherung ist auch fachlich hoch umstritten. Eine Sachstandsanalyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages und ein Gutachten des Max-Planck-Instituts kommen zu dem Ergebnis, dass die Vorratsdatenspeicherung beziehungsweise ihr Fehlen zu keiner Veränderung der Aufklärungsquote geführt haben. Eine interne Studie des Bundeskriminalamtes zur Wichtigkeit der Verkehrsdaten kam erwartungsgemäß zu einem anderen Ergebnis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fachlich und juristisch kann sich also jeder sein Wurfgeschoss aus dem Steinbruch der Vorratsdatensammlung herausnehmen. Um politische Entscheidungsfindungen, um politische Positionierungen werden wir aber dennoch nicht herumkommen.

Mitte März dieses Jahres hat sich Vizekanzler Sigmar Gabriel für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und damit vorerst den SPD-Widerstand gegen dieses Instrument parteiintern gebrochen. Als er dann aber noch behauptete, mit der Vorratsdatenspeicherung hätten die NSU-Morde verhindert werden können, wurde ihm zu Recht eine Verhöhnung der NSU-Opfer vorgehalten. Nachdem auch der Widerstand von Bundesjustizminister

Maas gegen die Vorratsdatenspeicherung gebrochen war, soll Bundesinnenminister de Maizière darum gebeten haben, auf jedes CDU-Triumphgeheul zu verzichten, um das Projekt politisch nicht zu gefährden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser politischen Gemengelage grenzt sich nun der SPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern im Bereich der inneren Sicherheit deutlich von den Positionen der CDU im Land ab. Die SPD hat sich im April auf einem Parteitag unter anderem auch zur Vorratsdatenspeicherung positioniert und einem Antrag des Parteivorstandes zugestimmt, mit dem diese Speicherung abgelehnt wird. Auch der Ministerpräsident dieses Landes gehört bekanntlich zu diesem Parteivorstand.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Er ist immerhin der Vorstandsvorsitzende.)

Er ist immerhin dessen Vorsitzender. Deshalb ist dieser Beschluss durch meine Fraktion ausdrücklich zu begrüßen. Und deshalb, weil es diese Personalunion gibt, muss dieser Beschluss unmittelbar Eingang in praktische Landespolitik finden. Die nachfolgende Debatte und anschließende Abstimmung bieten Gelegenheit dafür.

Böse Zungen behaupten aber, so ein SPD-Parteitags- beschluss sei nur möglich gewesen in dem Bewusstsein, dass eine praktische Umsetzung an der Koalitionsdisziplin scheitern muss.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer behauptet das, außer den LINKEN?)

Das allerdings schadet dem Anliegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn in Zeiten von NSA/BND-Skandalen ist nicht eine Vorratsdatenspeicherung unter einem neuen Namen gefragt, sondern ein deutliches „Stopp!“. Gefährlich für den demokratischen Rechtsstaat ist nämlich nicht automatisch jede Einzelmaßnahme, gefährlich ist das Bündel von Verschärfungen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deshalb ist nach Auffassung meiner Fraktion ein klares Nein aus Mecklenburg-Vorpommern unumgänglich. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort zur Be- gründung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/3998 hat der Abgeordnete Herr Saalfeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist eigentlich diese Vorratsdatenspeicherung? Ich glaube, man muss es sich noch mal ganz bildlich vor Augen führen, um die Tragweite dieses neuen Gesetzes in allen seinen Facetten wirklich zu begreifen.

Es werden eben nicht nur irgendwelche imaginären oder kaum vorstellbaren IP-Adressen, Internetadressen gespeichert, die man mal besucht hat, sondern es werden auch von Mobilfunktelefonen Standortdaten gespeichert, und zwar von jedem Bürger und jeder Bürgerin.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch jetzt schon so.)

Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als eine elektronische Fußfessel, und zwar nicht nur im Internet, sondern auch in der Realität.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Bundesregierung auf die Idee käme, eine elektronische Fußfessel für jeden Mann und jede Frau einzuführen, dann wäre hier in Deutschland aber ein Riesenaufstand.