(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gute Rede, Herr Schwarz. – Vincent Kokert, CDU: Welcher Referent hat das aufgeschrieben?)
(Vincent Kokert, CDU: Ja, noch mal den Schulterschluss mit den LINKEN suchen! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ein bisschen Neid?)
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wahrlich, Deutschland ist nicht gerade sehr streikerprobt. Gerade deshalb ist dieser Streik von der GDL, der hier offensichtlich das Fass zum Überlaufen gebracht hat, so intensiv und so kontrovers diskutiert worden.
Wir sind der Auffassung, dass es bei diesem Arbeitskampf der Gewerkschaft der Deutschen Lokführer neben Löhnen und Arbeitszeiten eben auch um Einfluss und Zuständigkeiten ging.
Jeder Streik bringt natürlich auch Einschränkungen mit sich, das ist doch klar. Ohne Zweifel, dieser Streik hat ganz viele Leute gehörig genervt, weil sie mit der Bahn auf der Strecke liegengeblieben sind. Aber das rechtfertigt doch noch lange kein aus der Hüfte geschossenes Tarifeinheitsgesetz, meine Damen und Herren!
(Vincent Kokert, CDU: Dafür müssen Sie uns jetzt hier so anschreien, oder was?! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es schränkt das Streikrecht, das grundverbriefte Streikrecht massiv ein. Es verstößt gegen das Grundgesetz Artikel 9. Ich denke, jeder kennt es. Jeder hat nämlich das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen entsprechende Vereinigungen zu bilden. Bereits 2010 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Zwang – ja, der Zwang, darum geht es – zur Tarifeinheit nicht mit dem Artikel 9 entsprechend vereinbar ist. Von daher überrascht es uns vonseiten der Bündnisgrünen, dass ausgerechnet die SPD auf Bundesebene dieses Recht aushöhlen möchte, das Recht der Arbeitnehmer/-innen.
Wir GRÜNEN stehen beim Thema Tarifeinheitsgesetz weder auf der Seite der kleinen noch auf der Seite der großen Gewerkschaften.
(Heinz Müller, SPD: Oooh! Oi, oi, oi! – Zurufe von Manfred Dachner, SPD, Tilo Gundlack, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Das im Grundgesetz verbriefte Streikrecht ist das einzige Mittel, womit die Gewerkschaften auf Augenhöhe Tarifverträge verhandeln können. Für uns ist das Tarifeinheitsgesetz ganz klar ein Angriff auf das Streikrecht. Es schießt gegen kleine Gewerkschaften wie die GDL, wie Cockpit, Marburger Bund und so weiter und so fort. Die Tarifeinheit steht in der Verfassung, ich habe es bereits gesagt. Jeder Mann, jede Frau hat für die eigene Berufsgruppe das Recht, Gewerkschaften entsprechend zu organisieren und Tarifverträge auszuhandeln. Die SPD will das Grundrecht hier einschränken.
(Torsten Renz, CDU: Oha! – Manfred Dachner, SPD: Das ist doch gar nicht wahr! – Vincent Kokert, CDU: Das hört sich ja ganz anders an. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Wir Bündnisgrünen meinen, dass eine grundsätzliche Tarifeinheit angestrebt werden sollte. Ja, sehr wohl, wir
stehen dazu. Wir sind der Auffassung, dass ein Tarifvertrag pro Betrieb sicher erstrebenswert ist, aber eine gesetzlich erzwungene Tarifeinheit dem Grundgesetz widerspricht. Nach unserer Überzeugung müssen alle Beschäftigten das Recht haben, sich auch in kleinen Gewerkschaften zu organisieren und in letzter Konsequenz für ihre Anliegen zu streiken. Mit der gesetzlichen Tarifeinheit gefährdet die Große Koalition, ob jetzt auf Bundes- oder Landesebene, die vielen bisherigen, gut gelungenen Kooperationen. Es entsteht nicht Solidarität, sondern es entsteht Konkurrenz, meine Damen und Herren!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wir Bündnisgrünen stehen natürlich für Solidarität und wir stehen für Kooperation, aber beides lässt sich doch nicht verordnen und schon gar nicht gesetzlich erzwingen durch ein Tarifeinheitsgesetz! Das ist auch gar nicht – DIE LINKE hat es bereits erwähnt – die Aufgabe der Politik, das ist die Aufgabe der Gewerkschaften. Wenn Sie das alles noch nicht überzeugt – Sie haben es auf Bundesebene bereits gehört –, dann lassen Sie mich die Worte von Heiner Geißler wiederholen, er hat das Gesetz als „Frechheit“ bezeichnet.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lokführerstreik, Briefzustellerstreik, Kindergärten bleiben geschlossen, Sozialarbeiter tun ihre Arbeit nicht – der Streik als legitimes Mittel, Forderungen durchzusetzen, ist grundgesetzlich verankert. Auch wir Nationaldemokraten sind der Meinung,
Aber gestatten Sie mir, dass ich mit ein, zwei Argumenten auf die Ausführungen von Herrn Holter eingehe, der sich hier selbst diskreditiert hat, indem er Behauptungen aufgestellt hat, die aus der Luft gegriffen sind und mit der Realität dort draußen, bei den Werktätigen, wie Sie ja sagen würden,
Erstens ist es so, dass das Tarifeinheitsgesetz aus unserer Sicht ein eventuell gutes Instrument ist, um eben genau das zu verhindern, was wir in den letzten Monaten hier in der Bundesrepublik Deutschland erleben mussten, nämlich dass kleine, ich nenne sie „elitäre Spezialgewerkschaften“, ganze Bereiche unserer Volkswirtschaft lahmlegen können,
denn es gibt nicht nur die eine Seite. Streik ist nicht immer gut, Streik ist nicht immer richtig, so, wie Sie das hier formulieren wollten,
sondern Streik bedeutet auch in erster Linie Verantwortung für beide Seiten, sowohl für die Arbeitnehmerschaft als auch für die Unternehmen, die ja das Geld erwirtschaften müssen, was sie als Lohn zahlen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich das einmal vor Augen führt, würde eine 5,5prozentige Lohnrunde im öffentlichen Dienst, im sozialen Bereich, im Bereich der Kindergartenbeschäftigten et cetera für die Länder pro anno 6,5 Milliarden Euro Mehrkosten nur beim Personal bedeuten. Und ich möchte hier nicht den Herrn Bsirske anführen, der ja mit seinen 300.000/400.000 Euro vermutetem Einkommen pro Jahr selbstverständlich die Kindergartengebühren, wenn sie dann erhöht werden müssen, locker bezahlen kann, sondern ich möchte hier ausführen und darauf hinweisen, dass auch die Steuergelder – in diesem Fall als Arbeitslohn im Bereich der öffentlichen Hand – nicht endlos fließen können. Insofern sind wir der Auffassung, dass der Versuch oder eventuell auch das Durchsetzen eines Tarifeinheitsgesetzes, was ja eben nicht den Streik verbietet oder gar einschränkt, als Instrument einbezogen werden soll, um genau das zu verhindern, worüber sich zu Recht viele Eltern und viele Berufstätige in den letzten Wochen und Monaten so berechtigt aufgeregt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir finden das Thema der Aktuellen Stunde heute hier absolut passend – da bin ich auf der Seite der LINKEN –, es ist aktueller denn je, so wie die Tarifauseinandersetzung.
Auf der anderen Seite haben Sie, Herr Holter, mit Ihrer Einseitigkeit, hier unisono zu sagen, Streik ist richtig, streikt mehr, geht mehr auf die Straße, wieder ein Bild einer linken populistischen Partei gezeichnet, die ja in Ihrem Bereich, wo Sie politisch herkommen, jeden Streik auch mit Gewalt, historisch gesehen, im Keim erstickt hat.