Wir haben in Hamburg und Berlin die Möglichkeit, relativ nah an Mecklenburg-Vorpommern unsere Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung zu bringen. Das ist auch in der Vergangenheit geschehen. Ich glaube eher, dass man diesen Weg fortsetzen sollte. Dabei kann man auch diskutieren und sich noch mal von Experten anschauen lassen, ob die Angebote in Berlin und Hamburg kurrikular ausreichend sind, aber ich glaube, das ist der bessere Weg.
Punkt zwei. Sie schreiben davon, dass es einen Einschnitt bei der Unterstützung von Weiterqualifizierung im Bereich der Gebärdensprache gegeben hätte. Das hört sich so an, als wären irgendwo Mittel gekürzt worden.
Das ist nicht der Fall, sondern es ist für alle Lehrämter, für alle Bereiche vorgesehen, dass berufsbegleitende Qualifikationen möglichst an einem Tag in der Woche absolviert werden sollen. Und daraus erklärt sich die Obergrenze von vier Stunden. Was nicht beabsichtigt ist mit dieser Regelung, ist, dass man die Qualifikation nicht mehr ermöglichen kann.
Insofern sage ich Ihnen da gern zu, Frau Berger – es wird sich im Kontext meiner Rede noch etwas verdeutlichen –, wenn es dort eine Fehleinschätzung gegeben haben sollte, dass sich dies nicht organisieren lässt, also berufsbegleitend an einem Tag in der Woche solche Qualifikationen zu absolvieren, spricht überhaupt nichts dagegen, diese Regelung zu differenzieren beziehungsweise in besonderen Fällen auch höhere Anrechnungsstunden zuzulassen. Wir haben da kein Finanzproblem. Es ging in der Regulierung bloß darum – das kennen Sie ja vielleicht auch –, dass wir natürlich bei diesen berufsbegleitenden Qualifizierungen im gesamten Lehrerbereich möglichst eine Gleichbehandlung der Kollegen haben müssen.
Und diese Debatten kenne ich nun schon zur Genüge aus den Schulen, dass die eine Lehrerin sagt, Herr Brodkorb, ich habe nur drei Anrechnungsstunden bekommen,
die andere hat fünf. Dann haben wir immer solche Diskussionen unter den Lehrern. Das ist eigentlich der Grund gewesen für die Normierung und die Idee, das berufsbegleitend auch schulweise so zu organisieren. Aber, wie gesagt, da sage ich gern zu, mit der nächsten Verordnung, wenn der Weg, den wir jetzt schon seit einiger Zeit vorbereiten und gehen wollen, sich nicht als funktional erweist oder als funktionsfähig, dies auch deutlich zu ändern.
Der dritte Punkt ist für mich grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit. Die Rücksprache mit meinen Kollegen hat ergeben, dass dieser Punkt eingehalten wird. Jetzt scheint es aber darüber unterschiedliche Meinungen zu geben, ob das der Fall ist oder nicht. Das nehme ich zum Anlass einer intensiven Prüfung. Allerdings muss man immer sagen – also der dritte Punkt ist, dass Kolleginnen und Kollegen, die im Bereich Gebärdensprache qualifiziert sind, auch Vorrang haben bei der Einstellung oder bei der Tätigkeit im Förderzentrum –, allerdings muss man sagen, dass das nicht bedeuten muss, dass jeder Lehrer im Förderzentrum dies auch beherrschen muss, denn durch die technischen Möglichkeiten, die es heutzutage gibt, verschiebt sich die Grenze derjenigen, die ausschließlich auf die Gebärdensprache angewiesen sind, ja immer mehr. Die Gruppe derjenigen, die am Ende nur mit der Gebärdensprache kommunizieren können, wird immer kleiner. Und das ist ja schön so, dass wir diesen technischen Fortschritt haben. Deswegen ist es durchaus auch, finde ich, pädagogisch vertretbar, dass nicht alle Kolleginnen und Kollegen im Förderzentrum diese Qualifikation haben. Es kommt nämlich darauf an, welche Schülerinnen und Schüler sie unterrichten. Aber grundsätzlich muss natürlich, wenn es Bedarf an solchem Personal gibt, dann auch die Lehrkraft Vorrang haben vor der Einstellung, die über eine solche Qualifikation verfügt. Das ist für mich selbstverständlich. Darüber muss man hier nicht beschließen. Aber wenn – so habe ich Sie verstanden – Zweifel daran besteht, dass das der Fall ist, werden wir das jetzt intensiv prüfen.
Dann kommen die Punkte vier und fünf, und das ist vielleicht das Schwierigste, nämlich die Frage: Was bedeutet Inklusion nicht für diejenigen, über die wir da meist sprechen, sondern für uns? Frau Berger argumentiert so, dass natürlich eine richtige Integration für diejenigen, die auf die Gebärdensprache angewiesen sind, nur funktioniert, wenn wir alle die Gebärdensprache beherrschen. Das wäre das Maximalmodell. Das haben Sie schon so vorgetragen.
Jetzt muss ich Ihnen sagen, das ist irgendwie nachvollziehbar, irgendwie aber auch nicht, denn dieselbe Debatte könnten wir dann führen bei denjenigen, die zum Beispiel als Flüchtlinge zu uns kommen und eine Sprache sprechen, die wir nicht sprechen. Auf welche Sprache einigen wir uns? Dasselbe könnten wir bei der Blindenschrift machen.
Also wir haben ein weites Feld und ich stelle mir folgende Frage: Was würden unsere Eltern zum Beispiel im Land sagen, wenn wir auf die Idee kämen, das als Pflichtfach einzuführen? Das könnte man ja machen, also alle lernen die Gebärdensprache. Ich weiß nicht genau, wie das ankommen würde.
Deswegen haben Sie ja, um dem auszuweichen, gesagt: Nee, nee, so soll es nicht sein, das soll freiwillig sein, also ein Wahlpflichtfach. Nur da muss man sagen, das können wir heute schon tun. Wir haben die Ganztagsschule. Wir haben den Wahlpflichtunterricht. Das heißt, Schulen haben bereits heute alle Möglichkeiten, wenn sie die Gebärdensprache im Unterricht anbieten oder das Fach anbieten wollen, dies auch zu tun. Und jetzt haben wir eine gewisse Schwierigkeit, Frau Berger, weil wenn die Schulen schon alle Möglichkeiten haben, dann brauchen wir keinen Beschluss mehr zu fassen, dass sie alle Möglichkeiten haben sollen. Die haben sie. Es gibt nur eine Hürde und das ist die des qualifizierten Personals. Das ist die einzige Hürde. Die Möglichkeiten sind alle da.
Deswegen ist aus meiner Sicht der Antrag entbehrlich, und nicht nur gerade, sondern seit geraumer Zeit ist gemeinsam mit dem Förderzentrum in Güstrow eine berufsbegleitende Qualifikation in der Gebärdensprache auf den Weg zu bringen und diese berufsbegleitende Qualifikation – und deswegen hänge ich noch ein bisschen an den vier Stunden – nicht nur für die Kollegen in Güstrow, sondern für alle Lehrkräfte zu öffnen. Das heißt, wir wollen ein Angebot unterbreiten, wo Lehrer anderer Schulen, allgemeinbildender Schulen sich auch in diesen Qualifikationen weiterentwickeln können, und das macht die Sache so schwierig, denn wenn sie den Unterrichtseinsatz der Lehrkräfte von verschiedenen Schulen koordinieren müssen, dann müssen sie eigentlich sagen: Liebe Schulleiter, ihr müsst diesen Kollegen am Freitag ausplanen, die treffen sich nämlich alle freitags in der Qualifikation, und das über einen längeren Zeitraum. Und so kommen diese vier Stunden zusammen. Das ist etwa ein Schultag.
Aber das ist ausdrücklich das, was wir anstreben, nicht nur einen Qualifikationsprozess für die Kollegen in Güstrow, sondern darüber hinaus, um dann auch die Möglichkeit zu haben, das fachlich in den Schulen anzubieten. Das Geld ist da, die organisatorischen Möglichkeiten sind da. Die Frage, die ich mir dann stelle, ist: Mal angenommen, es passiert Folgendes, dass sich am Ende nur Kollegen des Förderzentrums in Güstrow für diese Qualifikation bewerben und die anderen es nicht tun, was machen wir dann eigentlich? Dann haben wir objektiv alle Möglichkeiten geschaffen im Rahmen von Freiwilligkeit, die auch Gegenstand Ihres Antrages ist, aber dann wird die Sache, finde ich, ziemlich schwierig. Darüber würden wir vielleicht noch mal nachdenken müssen, wenn das wirklich dabei herauskommt. Im Moment hoffe ich, dass es nicht so kommt.
Warum soll es diese Qualifikation geben? Ich habe mich ja selbst schon vor geraumer Zeit mit Eltern hörgeschädigter Kinder unterhalten. Und da muss ich mal sagen, es gibt unterschiedliche Sichtweisen, auch bei den Eltern: Die einen möchten ausdrücklich, dass ihr Kind die deutsche Gebärdensprache lernt und das der Schwerpunkt sein soll, die anderen wünschen es sich ausdrücklich nicht, weil die Hörschädigung nicht so stark ist, dass das Kind sich nicht auch über lautbegleitende Gebärden verständigen könnte. Und sie möchten dann ausdrücklich
in diesem Bereich ihre Kinder entwickelt sehen, damit sie einen möglichst guten Anschluss an den Rest der Gesellschaft haben. Da würde ich eben sagen: Das muss am Ende eine Entscheidung sein, die die Eltern treffen und nicht wir. Das können wir uns gar nicht anmaßen, das für die Eltern zu tun.
Was jetzt im Moment aber der Fall ist, Frau Berger, an der Stelle haben Sie völlig recht: Es entwickeln sich immer mehr Wünsche der Eltern, auch in Güstrow die deutsche Gebärdensprache anzubieten. Das ist im Moment nicht möglich, nach meiner Information aus kapazitären Gründen, und nicht deshalb, weil es keine Lehrkräfte gibt, die das nicht können. Und der Qualifikationsprozess, an dem wir gerade arbeiten, dient genau diesem Zweck zu sagen: Ich persönlich möchte und ich hoffe – und das ist höchstwahrscheinlich bei allen hier im Hause so –, dass, wenn die Eltern der Kinder in Güstrow sich die deutsche Gebärdensprache als Fach wünschen, wir die anbieten. Das ist für mich das Ziel und dass wir in diesem Zuge des Qualifikationsprozesses aber möglichst auch Lehrer anderer Schulen dafür gewinnen können, sich an diesen Qualifikationen zu beteiligen. Es gibt zum Beispiel einige Schulen, die auch im gemeinsamen Unterricht hörgeschädigte Kinder gut begleiten, bestimmte Schwerpunktschulen, die sich da auch etwas mehr profilieren. Und da wäre es ja toll, wenn die sich beispielsweise auch beteiligen würden.
Und, Frau Berger, wenn der entsprechende Qualifikationsprozess organisiert ist und wenn wir dann absichern können, dass die deutsche Gebärdensprache angeboten wird als reguläres Angebot der Schule, ist selbstverständlich auch der Rahmenplan ein Thema. Also ich kann das ja nicht strukturiert anbieten ohne einen Rahmenplan. Dieser Rahmenplan ist dann sozusagen aber die dritte Stufe in diesem Gesamtprozess.
Insofern, meine Damen und Herren, hoffe ich, Ihnen deutlich gemacht zu haben, dass wir da auf dem Weg sind. Und ich hoffe, dass es verständlich geworden ist für Sie, warum ich einige Punkte aus dem Antrag nicht für überzeugend halte, auch wenn die Grundintention, glaube ich, breite Zustimmung hier im Hause findet. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen Landtagsabgeordnete! Wir befassen uns heute mit einem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der sich mit einem Teilbereich der Inklusion beschäftigt. Es ist wichtig für uns, dass wir Menschen mit Beeinträchtigungen eine aktive Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen. Das gilt für Gehörlose und Hörgeschädigte genauso wie für Blinde und Sehgeschädigte oder für Menschen mit anderen Handicaps. Inklusion muss in Kindergärten, in den Schulen, in den beruflichen Schulen, an den Hochschulen und Universitäten, aber auch im beruflichen Alltag sowie in der Freizeit funktionieren. Das ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.
Der Minister hat das alles ja schon sehr viel und sehr gut ausgeführt. Ich persönlich finde das Anliegen dieses Antrages auch sehr wichtig. Wir sollten aber heute nicht Argumente dafür oder dagegen austauschen und alles zerreden. Menschen mit Handicaps werden wir somit nicht gerecht, vor allem wird ihnen damit auch nicht geholfen.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist dieser Antrag nicht zielführend. Ich will auch erklären, warum. Sie, sehr geehrte Frau Berger, arbeiten genauso wie der Bildungsminister Brodkorb, Frau Oldenburg, Herr Reinhardt und ich gemeinsam an einem Vorschlag für die inklusive Bildung in Mecklenburg-Vorpommern. Die demokratischen Fraktionen haben vereinbart, dass wir alle Aspekte – ich will wirklich noch mal betonen: alle Aspekte – zu dieser Thematik intensiv diskutieren und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wir haben uns auch darüber verständigt, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen soll und dass wir möglichst alle an Schule Beteiligten mitnehmen. Und allen ist wichtig, dass wir einen breiten Konsens erreichen und dass über die Legislaturperiode dieser dann auch Bestand hat.
Und auch die beiden Podiumsdiskussionen in den letzten Wochen beim Verband Bildung und Erziehung in Rostock oder beim Landeselternrat in Plau am See, an denen wir beide teilgenommen haben, bestätigen uns die Richtung des eingeschlagenen Weges. Wir brauchen eine breite Akzeptanz an unseren Schulen und müssen Ängste und Vorbehalte abbauen. Das heißt, wir müssen die Lehrerinnen und Lehrer für das Thema Inklusion weiter sensibilisieren und zielführend fort- und weiterbilden. Das heißt, wir müssen die Erziehungsberechtigten aufklären, um Verständnis werben und ihre Unterstützung und Hilfe einfordern. Und das heißt auch, dass die Mitschülerinnen und Mitschüler in den Inklusionsklassen ein Verständnis für die Inklusionsschülerinnen und Inklusionsschüler entwickeln müssen. Das heißt aber auch, dass wir uns in der Arbeitsgruppe über die Rahmenbedingungen verständigen müssen.
Dabei stellen sich verschiedene Fragen. Einige hat der Minister jetzt schon ausgeführt. Ich will auch auf andere Punkte noch mal hinleiten: Wie sieht die personelle Ausstattung an den Schulen aus? Welche Lehrämter benötigen wir in der Zukunft? Benötigen wir einzelne Rahmenpläne für verschiedene Handicaps? Wer finanziert die Lehr- und Lernmittel, zum Beispiel Arbeitsmittel für Sehgeschädigte? Welche räumlichen Voraussetzungen benötigen wir an unseren Schulen?
Die Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe werden sich in vielen Bereichen von Schule wiederfinden. Die Anhörung der Verbände und der Interessenvertretung wird weitere Vorschläge, Hinweise und Anregungen für eine gute Umsetzung der Inklusion in Mecklenburg-Vorpommern geben. Am Ende der Beratungen müssen wir uns natürlich auch über die Finanzierung verständigen. Das bedeutet, dass wir klare Schwerpunkte festlegen müssen. Jetzt einzelne Teilbereiche herauszusuchen, ohne dass wir das Pro und Kontra abgewogen haben, ist aus meiner Sicht nicht zielführend.
Für das Gelingen der Inklusion ist eine entsprechende Lehramtsausbildung von immenser Bedeutung. So wurde im Lehrerbildungsgesetz vom 4. Juli 2011 festgelegt, dass alle Lehramtsstudentinnen und -studenten Kurse im bildungswissenschaftlichen Bereich einschließlich aus
gewählter Elemente der Sonderpädagogik belegen müssen. Der Umfang richtet sich natürlich auch nach den Lehrämtern. Um diese Kurse durchführen zu können, wurde an der Universität Greifswald ein Lehrstuhl für Sonderpädagogik eingerichtet. Sie wissen ja selbst, die Ausschreibung läuft. Ob wir eine neue Lehramtsausbildung in Mecklenburg-Vorpommern benötigen oder ob wir mit anderen Bundesländern zusammenarbeiten, werden die Diskussionen in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. An der Humboldt-Universität gibt es heute bereits einen Bachelorstudiengang „Gebärdensprach- und Audiopädagogik“, an der Universität Hamburg werden gerade Gespräche zur Einrichtung eines solchen Lehramtsstudiums geführt.
Neben der Debatte zur Inklusion müssen wir auch die aktuellen, sehr wichtigen Diskussionen zur Integration der Asyl- und Flüchtlingskinder führen. Auch hier übernimmt das Institut, also das IQ M-V, eine große Verantwortung. Es wurden zwar viele Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer besonders in Greifswald ausgebildet, aber die das lehren – Deutsch als Zweitsprache –, fehlen an der Schule. Deshalb werden derzeit mit Hochdruck zahlreiche Kolleginnen und Kollegen fortan weitergebildet.
Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir unsere Lehrerinnen und Lehrer nicht überfordern. An den Schulen sollen die Bereiche emotionale Sozialentwicklung, Lernen und Sprache inkludiert werden. Das erfordert schon viel Kraft vom IQ M-V bei der Fort- und Weiterbildung und bei den Schulen bei der Umsetzung. Deshalb meine Forderung: Ziehen Sie heute, sehr geehrte Frau Berger, Ihren Antrag zurück und versuchen Sie nicht, diese Thematik zu benutzen, um sich zu profilieren! Ich kann nur hoffen, dass wir jetzt nicht zu jeder Landtagssitzung einen Antrag der Bündnisgrünen zu einem speziellen Thema der Inklusion auf der Tagesordnung haben, solange die Inklusionsgespräche mit den demokratischen Fraktionen noch laufen.
Die SPD-Fraktion wird heute diesen Antrag ablehnen. Wir werden auch nicht für eine Überweisung in den Ausschuss stimmen. Wir werden aber alle Förderbereiche in der Inklusionsarbeitsgruppe besprechen und anschließend mit den Verbänden und Interessenvertretungen diskutieren. – Ich danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Sie reden mit vielen Gesten und ausdrucksstarker Mimik. Gehörlose Kinder erfahren im Förderzentrum Güstrow einen besonderen Unter- richt – in Laut-, Schrift- und Gebärdensprache.“ So wurde in der „Schweriner Volkszeitung“ im September 2013 über die ehemalige Landesschule berichtet. Diese Aussage verdeutlicht, dass in Güstrow tatsächlich nicht in der Gebärdensprache, sondern in der lautsprachbegleitenden Gebärdensprache unterrichtet wird.
Somit fordert der Antrag zu Recht, dass auch die Gebärdensprache eine größere Rolle bei der Förderung der
Kinder und Jugendlichen spielen muss. Diese Schülerinnen und Schüler benötigen den bilingualen Unterricht, um optimaler auf ihr Leben vorbereitet zu werden. Das sollte ihnen in der Schule mit dem Förderschwerpunkt Hören ermöglicht werden, aber dazu ist auch eine eindeutige Positionierung der Lehrkräfte an dieser Schule notwendig. In diesem Punkt müsste ein intensiver Austausch mit den Verbänden und mit dem Ministerium erfolgen, um einen Fahrplan für die kommenden Jahre zu erarbeiten, denn selbst wenn nicht alle Schülerinnen und Schüler in der Gebärdensprache unterrichtet werden wollen oder sollen oder möchten, dann aber wenigstens der Teil von ihnen, deren Eltern sich dafür entscheiden, zumal auch die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden muss, die ja das Erlernen der Gebärdensprache ermöglichen soll. Und selbstverständlich muss das auch in Güstrow realisiert werden, denn es muss für jede und jeden eine umfassende Bildung und Teilhabe gewährleistet werden, aber es muss auch immer das Elternrecht gewahrt werden.
Das ist nicht ganz so problemlos, denn Eltern und Wissenschaftler sind sich uneins über Vor- und Nachteile der Unterrichtsmethoden. Und dieser Uneinigkeit schließt sich auch die Schulleiterin an, wenn sie im Beitrag der „Schweriner Volkszeitung“ mit folgender Aussage zitiert wird: „Obendrein wünschten viele Eltern den lautsprachlichen Unterricht für ihre in unterschiedlichem Grad hörgeschädigten Kinder, um ihnen – mit technischen Hilfsmitteln – eine Kommunikation mit dem sozialen Umfeld zu ermöglichen. Nur so könne das Sprechen trainiert und der Wortschatz laufend erweitert werden“, Ende des Zitats.
Gebärdensprache und Lautsprache dürfen nicht als Entweder-oder gesehen werden. Sie sind keine Konkurrenten, sie sind Partner, um einerseits den Unterricht und andererseits das gesamte andere Leben zu ermöglichen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Schülerinnen und Schüler müssen umfassend gefördert werden, um nicht ausgegrenzt zu werden oder sich selbst auszugrenzen. Aber wir können nicht einen Teil separat von der Gesamtheit betrachten. Wir brauchen den umfassenden Blick, denn jedes Kind – mit und ohne Behinderung – muss gemeinsam gleichberechtigt unterrichtet und gemeinsam gleichberechtigt gefördert werden. Wir benötigen Lehrkräfte, die die vielfältigen Herausforderungen im gemeinsamen Unterricht meistern, damit jedes Kind und jeder Jugendliche optimal unterrichtet wird, unabhängig davon, ob es sehgeschädigt, hochbegabt, autistisch, hörgeschädigt oder lernbeeinträchtigt ist, denn jedes Kind ist auf seine Weise ganz speziell.
Diese Förderung wird aber nur gelingen, wenn wir Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen in diesem Unterricht einsetzen, die in ihrer Gesamtheit in allen Förderschwerpunkten ausgebildet sind. Und genau hier hapert es gegenwärtig, denn an ausgebildeten Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen fehlt es in MecklenburgVorpommern. Nicht allein in einzelnen Förderschwerpunkten benötigen wir diese Lehrkräfte, sondern in allen Bereichen.
Deshalb fordert meine Fraktion von der Landesregierung, gerade auf diesem Gebiet Möglichkeiten zu schaffen, Weiterbildungen für Lehrkräfte anzubieten, um sich grundständig für die bestehenden Herausforderungen zu qualifizieren und die Ausbildung für das Lehramt an
Grundschulen um ein Semester Inklusionspädagogik zu erweitern. Damit hätten wir die Lehrkräfte, die wir benötigen und die vor allem die Kinder und Jugendlichen brauchen, denn sie müssen in ihrer Gesamtheit und in allen Bereichen begleitet werden. Das ist eine Aufgabe, die ihre Grenzen nicht in der schulischen Bildung finden darf, sondern die jeden Lebensbereich betrifft.
Sehr geehrte Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern benötigt eine Bestandsaufnahme, wie viele Menschen mit jeweils welcher Beeinträchtigung hier leben und welche Erfordernisse sich daraus gegenwärtig und künftig ergeben. Dazu zählt auch, ob und wie vielen Jugendlichen beispielsweise durch eine Beeinträchtigung der Weg zur höheren Bildung verschlossen bleibt und ob es deshalb nötig ist, beispielsweise die Förderzentren Hören und Sehen mit einer gymnasialen Oberstufe auszustatten und sie eventuell wieder in die Verantwortung des Landes zu nehmen.
Um dieser Gesamtheit gerecht zu werden, schlägt meine Fraktion vor, den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Bildungsausschuss sowie in den Sozialausschuss zu überweisen. Gleichzeitig können dann dort auch die Fragen geklärt werden, die sich bei dem Antrag und durch den Antrag ergeben, denn zum Beispiel heißt es im Punkt I, dass es im Schuldienst von MecklenburgVorpommern keine Lehrkräfte gibt, die für die Vermittlung der Gebärdensprache ausgebildet sind. Hingegen wird im Punkt II die Landesregierung aufgefordert, die Einschnitte zu revidieren, die sie in der Weiterbildung von Lehrkräften im Bereich der Gebärdensprache vollzogen hat. Zudem soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass erstmals eine Lehramtsausbildung für das Fach „Deutsche Gebärdensprache“ eingerichtet wird.