Völlig außer Acht gelassen wird, dass die Landesregierung für die Bahnhofsgebäude und -anlagen nicht zuständig ist. Zuständig sind vielmehr die Deutsche Bahn AG oder die Privateigentümer, welche ab dem Jahre 2008 im Rahmen der Verwertungsinitiative der Deutschen Bahn AG diese Grundstücke erworben haben. Wenn auch schon heute die Landesregierung alle Maßnahmen zur Revitalisierung von Bahnhöfen unterstützt – ich komme noch mal auf die Ausführungen von Minister Glawe zurück –, stellt sich jedoch weiterhin die Frage, inwieweit ein Konzept des Landes trägt. So ist die künftige Nutzung von Bahnbetriebsflächen und Bahnhöfen im Wesentlichen von Planungen der einzelnen Bahninfrastrukturunternehmen und den derzeitigen Eigentümern der Anlagen abhängig.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Anlagen für eine neue Nutzung entwidmet werden müssen. Hierfür werden die Träger der Landes- und Regionalplanung gemäß Paragraf 23 Absatz 3 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes durch das Eisenbahnbundesamt über die Freistellung von Bahnbetriebsflächen in Kenntnis gesetzt. Erst nach dieser Freistellung unterliegt die künftige Nutzung von Bahnflächen der Planungshoheit der Kommunen.
Schon heute haben Kommunen die Möglichkeit, entwidmete Bahnhofsanlagen frei zu überplanen. Es ist beispielhaft aufgeführt worden, geht aber nicht in Form eines Konzeptes durch die Landesregierung. Aufgrund der finanziellen Lagen und der Einwohnerentwicklung – da spreche ich aus eigener Erfahrung, was die finanzielle Ausstattung der Gemeinden anbelangt, als Bürgermeister der Gemeinde Steinhagen – ist es nicht möglich, jetzt noch irgendwelche besonderen Aufgaben zu übernehmen. Wenn nicht ein konkretes Nutzungsangebot, eine Nutzungsnachfrage dafür vorliegt, haben die Gemeinden einfach keinen freien Finanzspielraum, um das zu realisieren.
Insofern, sehr geehrte Damen und Herren von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Verschandelung von Ortschaften in unserem Bundesland durch Bahnhöfe und Bahnanlagen ist nach Ansicht meiner Fraktion für ein Tourismusland wie Mecklenburg-Vorpommern in der Tat nicht tragbar. Dennoch kann die Landesregierung kein Konzept zur attraktiven Entwicklung von Bahnhofsgebäuden im ländlichen Raum erarbeiten und dazu beitragen, dass nicht wirtschaftliche Bahnstrecken weiter bedient werden. Gleichzeitig ist aufgrund der Eigentumsverhältnisse und der Widmung der Bahnhöfe und Bahnanlagen eine Umgestaltung zu Treffpunkten und Kommunikationszentren durch die Landesregierung oder Kommunen nicht möglich. Ich habe dazu schon ausgeführt.
Zugleich ist die Haushaltssituation, hier komme ich auch noch mal auf die Situation in den Gemeinden zurück, so angespannt, dass eine Übernahme von Bahnhofsgebäuden oder Bahnhofsanlagen von der Deutschen Bahn AG nicht infrage kommt. Sollten sich dennoch einzelne Kommunen dazu entscheiden, die Bahnhofsgebäude beziehungsweise -anlagen zu erwerben und zu nutzen, erfolgt heute schon eine Unterstützung der Landesregierung. Auch darauf ist der Minister ausführlich eingegangen. Aus diesem Grund wird meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen und einer Überweisung in den Ausschuss auch nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat eigentlich keinen vernünftigen Grund gegeben, so viele Bahnstrecken lahmzulegen und so viele Bahnhöfe veröden zu lassen, denn der Bevölkerungsrückgang führt nicht zu einem Nachlassen des Bedürfnisses nach Verkehrsanbindung. Man will immer noch von A nach B, man will immer noch in seinem Heimatort aussteigen, möglichst in einem Bahnhof, der keine Ruine ist, die über einem zusammenbricht. Man möchte auch gerne, dass da vielleicht noch ein Fahrkartenschalter ist.
All das gab es ja, der Bedarf war ja da. Es ist nur das Ergebnis einer Fehlentwicklung auf Bundesebene, weil die Kohl-Regierung besessen war vom Privatisierungswahn und unbedingt die Bahn in eine privatrechtliche Form überführen musste, auch wenn sie noch in Staatseigentum ist, aber sie wurde profitorientiert, und dann noch Nebengesellschaften und ein kompliziertes Bahngeflecht.
Dann war Herr Mehdorn, der ehemalige Chef der Bahn, auch noch besessen vom Börsengang, hat dem alles untergeordnet, hat alles ausgeschlachtet, alles dichtge
macht, nur damit man die Aktie möglichst hoch starten konnte. Das ist die Ursache dafür, dass es heute auch in vielen kleinen Städten so aussieht an den Bahnhöfen, wie das der Fall ist.
Nun kann man nur noch zwei Dinge tun, nachdem das alles gelaufen ist: erstens auf die antikapitalistische Revolution warten, die das alles wieder umdreht, das könnte noch ein bisschen dauern,
und zum Zweiten die Kommunen dabei unterstützen, die Bahnhöfe, wenn denn die primäre Nutzung nicht mehr möglich ist, weil die Bahn sich querstellt, in irgendeiner anderen Form zu nutzen. Aber es sollte in der Tat in der Hand der Kommunen bleiben. Und man sollte vielleicht davon Abstand nehmen, so etwas zu veranstalten wie den Demokratiebahnhof in Anklam. Über den macht sich mittlerweile sogar der „Nordkurier“ lustig. Der verbrennt Geld und lockt keine Maus hinterm Ofen hervor.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass so ein Antrag nicht ein Selbstläufer ist, ist mir schon klar. Immerhin kommt er auch von der Opposition.
Aber ich hätte doch gedacht, dass es ein gewisses Maß, ein stärkeres Maß an Verständnis für das Anliegen gibt.
Also, Jochen Schulte, was wir hier gerade gehört haben, die Bahnhöfe haben einfach nichts mit der Attraktivität des Bahnverkehrs zu tun …
Den Antrag habe ich nicht gestellt als kulturpolitischer Experte der Fraktion. Das Thema Denkmalpflege ist für mich nur am Rand ein wichtiges Thema. Das ist auch ein wichtiges Thema, aber das zentrale Thema ist für mich der Erhalt der bestehenden Bahntrassen.
Wir haben deswegen auch im Antrag, weil es tatsächlich so war, dass die Leute fragten, ja, wer soll denn jetzt dazu reden, der, der für Denkmalpflege zuständig ist, oder der für Verkehr, extra noch mal in Punkt 2 geschrieben: „dazu beiträgt, bestehende Bahnstrecken zu erhalten“.
Es geht uns ausdrücklich darum, das Chaos und die Zustände, die es bei der Südbahn jetzt am Ende gegeben hat, zu vermeiden, wo gezählt wird und wo gesagt wird, Leute, da fährt doch praktisch keiner mehr, jetzt müssen wir das Ding dichtmachen, und zu gucken, was können wir bei den Strecken, die wir im Land haben, tun, um es attraktiver für Menschen zu machen. Da müssten wir uns sofort alle einig sein. Wer an die Bahnhöfe im Land ranfährt, diese zugemauerten Bahnhöfe sieht und wie das alles verrottet, der kriegt nicht den Eindruck, dass es das Land Mecklenburg-Vorpommern mit diesen Bahnstrecken wirklich ernst meint und ihnen eine Zukunft zugesteht,
sondern da haben alle das Gefühl, Leute, der Letzte macht die Tür zu und dann werden die Dinger abgerissen. Das ist der Grund für den Antrag. Und da ist die Frage, wird das gesehen von der Regierungskoalition oder sagt man, sorry, können wir nicht so bestätigen. Dann fallen die eben zusammen. Die Züge fahren so schnell, das kann man gar nicht sehen. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen.
(Jochen Schulte, SPD: Kommt darauf an. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)
Ich sehe, dass es tolle Beispiele gibt im Land, Herr Glawe, wie zum Beispiel den genannten Bahnhof in Teterow. Den habe ich mir selbstverständlich angeguckt. 2,5 Millionen hatten die mir gesagt. 2,8 Millionen sagen Sie. Das ist eine stolze Summe, das können sich nur wenige leisten, aber es ist massiv durch Fördermittel unterstützt worden. Dass es diese Fördermittel gibt, wissen viele dieser ehrenamtlichen Bürgermeister natürlich gar nicht, denn die haben so viele Probleme in ihrer Kommune,
dass es ihnen helfen würde, wenn jemand dort wirklich Unterstützung anmelden würde. Sie können nicht alle Themen sozusagen auf einmal bearbeiten, das ist völlig klar.
In Sachsen-Anhalt gab es eine große ausländische Immobilienfirma, die mit der Bahn verhandelt und alle Bahnhöfe aufgekauft hat, und später konnten dann die einzelnen Kommunen mit der Immobilienfirma verhandeln.
Wir sehen das ähnliche Problem, mit der Bahn zu verhandeln, für eine einzelne Gemeinde beziehungsweise Einzelinvestoren bei uns im Land. Wir wissen außerdem, dass viele dieser Bahnhöfe unter Denkmalschutz stehen. Das ist normalerweise für jede Kommune auch eine Möglichkeit, einen Eigentümer eines Gebäudes unter
Druck zu setzen, zu sagen, du hast auch eine Verpflichtung als Eigentümer. Du kannst nicht einfach sagen, sorry, Denkmal, das ist nicht so schön, und dann lässt du es halt verfallen, sondern man kann irgendwann auch mit einer Ersatzvornahme kommen bei solchen denkmalpflegerischen Gebäuden. In Rostock haben wir Beispiele dafür. Ich weiß, dass es schwierig ist.