Bereits 1940 warnte sogar Reichsgesundheitsführer Conti vor einem ungezügelten Einsatz dieses Pervitins. Schlafmangel ließe sich mit der Droge nicht unbegrenzt bekämpfen und große Teile der Truppe seien süchtig geworden. Ab 1941 fiel Pervitin dann unter das Reichsopiumgesetz und wurde zwar nicht verboten, aber rezeptpflichtig.
Einer, genau – danke, Herr Kollege Schulte –, einer ließ sich davon aber nicht schrecken. In den letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkrieges wurde an anderer Stelle sehr freudig Pervitin konsumiert. Nämlich Adolf Hitler höchstpersönlich
soll ab 1943 von seinem Arzt einen sehr bunten Medikamentencocktail erhalten haben, der unter anderem auch aus Pervitin bestand.
Und den seelischen und körperlichen Qualen eines kalten Entzuges hat Hitler sich dann bekanntlich entzogen.
Meine Damen und Herren, auch der regionale Drogenhandel scheint ein Thema für die NPD zu sein – Herr Köster sprach von sprießenden Plantagen –,
wobei ich mir erlaube anzumerken, dass die NPD hier im eigenen Dunstkreis wahrscheinlich deutlich praxisnähere Einschätzungen des Drogenmilieus bekommen würde. So könnte beispielsweise der ehemalige NPD-Stadtrat Lars S. darüber informieren, auf welchen Wegen er mit zwei ebenfalls der rechten Szene zugehörigen Kameraden eben jenes Pervitin – heute Crystal – in Tschechien gekauft und dann in Deutschland zum Nachteil der Volksgesundheit ausgerechnet an Deutsche verkauft hat.
Das Landgericht Leipzig hat das Nazi-Drogentrio übrigens mittlerweile zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Über den Drogenmarkt im Land erhält die NPD sicherlich ebenfalls erstklassige Informationen aus dem Umfeld der aufgelösten „Schwarzen Schar Wismar“, deren ehemaliger Vorsitzender Philip S. aktiver Part der Neonazikameradschaft „Werwolf“ in der Hansestadt war. Cannabis und Kokain im größeren Stil gehörten und gehören wahrscheinlich immer noch zu den Aktivitäten dieser Personen.
Ich höre auf, nämlich alle Aktivitäten der rechtsextremen Szene im Zusammenhang mit Verstößen gegen das
Betäubungsmittelgesetz hier aufzuzählen. Das würde wahrscheinlich den Rahmen dieser Landtagsdebatte sprengen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kommen wir zum sachlichen Kern des Antrages.
Wie eingangs erwähnt – und das ist nicht schmeichelhaft für die NPD-Fraktion –, haben wir uns hier im Landtag nämlich in der Vergangenheit bereits sehr ernsthaft, sehr intensiv und vor allen Dingen überhaupt gar nicht auf Initiative der NPD-Fraktion, sondern auf Initiative der demokratischen Fraktionen mit Drogen, mit Sucht und vor allen Dingen auch mit Prävention beschäftigt,
anlässlich des von Ihnen dann abgelehnten, inkonsequenterweise abgelehnten Koalitionsantrages „Konsequente Anti-Drogenpolitik und Suchtprävention fortsetzen“. Schon damals habe ich dargelegt, dass wir das Phänomen Sucht mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen sehr aktiv bekämpfen. Unverständlich ist die Ablehnung der NPD-Fraktion insbesondere deshalb, weil wir in der Tat schon heute einen sehr umfassenden Ansatz und eine ganze Matrix wohlgewählter Ziele zur Reduzierung von Drogenkonsum und Sucht verfolgen, die jeweils mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt sind. Als Land Mecklenburg-Vorpommern stellen wir hierfür jedes Jahr, Herr Köster, 2,2 Millionen Euro zur Verfügung, um kommunale Träger bei der Suchtprävention und Bekämpfung von Drogenmissbrauch zu unterstützen – als Zuschuss für die Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung, als Zuschüsse für freie Träger und als Unterstützung zur Prävention und Bekämpfung des pathologischen Glücksspiels.
Im Einzelnen wollen wir als Land MecklenburgVorpommern mit diesen Maßnahmen erreichen, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ihr eigenes Verhalten im Umgang mit Drogen kritisch reflektieren. Wir wollen die Menschen unterstützen, Kompetenzen zu erwerben, standhaft zu sein gegen Drogen und dann letzten Endes natürlich auch den Einstieg in eine Drogensucht oder eine andere Sucht zu verhindern. Und daher ist die Suchtprävention bei uns im Land nicht etwa unterdimensioniert, sondern eingebunden in eine Gesamtstrategie, den Landesaktionsplan zur Gesundheitsförderung und Prävention. In Kitas, in Familien, in Schulen, in Kommunen, in Betrieben setzt dieser Landesaktionsplan an und beinhaltet verschiedenste Maßnahmen. Im Sinne einer universellen Prävention steht beispielsweise die Stärkung von Lebenskompetenzen im Vordergrund.
Die Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung unterbreitet kontinuierlich Angebote für Fortbildungen zu den Themen Suchtprävention in Mecklenburg-Vorpom-
mern für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die sich anschließend auf den Weg machen und in der Zielgruppe für eine starke Haltung gegen Drogen Angebote unterbreiten. Weitere Maßnahmen – wie beispielsweise das Modellprojekt „Hart am Limit“ gegen Alkohol, das Trainingsprogramm „CAN Stop“ gegen Cannabiskonsum oder auch die Zertifikatskurse FreD-Trainer zur Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten – verfolgen das Ziel, den Substanzkonsum einzuschränken und insgesamt den Konsum illegaler Drogen zu verhindern.
Meine Damen und Herren, die NPD fordert in dem vor- liegenden Antrag einen Bericht zu Drogen und Sucht für das Land Mecklenburg-Vorpommern. Auch das ist hinfällig, weil erfreulicherweise kann in Verwaltung und Praxis auf eine ganze Reihe wissenschaftlicher Erkenntnisse zurückgegriffen werden, die im Interesse der Betroffenen und der Präventionszielgruppen den Einsatz standardisierter und auch evaluierter Programme er- möglichen.
Entsprechende Daten zum Beispiel mithilfe des EBISSystems, also Einrichtungsbezogenes Informationssystem für die ambulante Suchtkrankenhilfe, können durch die Landesregierung auch heute schon regionalspezifisch aufbereitet zur Verfügung gestellt werden und das optimiert die Planungsgrundlage einzelner Projekte erheblich. Gleiches gilt für die durch die Landesregierung geförderte ESPAD-Studie, eine internationale Schülerbefragung zum Konsum von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen, und auch für die regelmäßig vorliegenden Landesauswertungen der Deutschen Suchthilfestatistik.
Meine Damen und Herren, ich möchte meine Ausführungen zum vorliegenden Antrag ungern weiter ins Detail gehen lassen. Gleichwohl war mir wichtig zu vermitteln, dass die Forderung der NPD ins Leere läuft, weil es kein Datenproblem gibt und weil die zur Verfügung stehenden Landesmittel weiterhin lieber in konkrete Hilfe und konkrete Prävention investiert werden sollten als in noch einen dicken Papierbericht. Damit ist den Betroffenen von Sucht nämlich nicht geholfen.
Über die konkrete Ausgestaltung und die Ausstattung der genannten Instrumente ließe sich im demokratischen Spektrum sicher in Einzelfällen diskutieren. Einig sind wir uns aber als demokratische Fraktionen darin, dass Menschen, die von Sucht und von Drogenmissbrauch betroffen sind, nicht alleinegelassen werden und professionelle Hilfe bekommen. Einig sind wir uns ebenfalls, dass wir umfassende Prävention befürworten, die Suchtstrukturen möglichst ursächlich bekämpft. Und einig sind wir uns auch, dass der vorliegende Antrag der NPD in Anbetracht der bereits laufenden Maßnahmen inhaltlich dünn und vor allem auch politisch durchschaubar ist. Wir lehnen den Antrag deshalb mit voller Überzeugung ab. – Herzlichen Dank.
Herr Köster, ich weise Ihre Bemerkung während der Debatte, als Herr Barlen seinen Redebeitrag geleistet hat, als unparlamentarisch zurück und mache Sie darauf aufmerksam, sollte sich das wiederholen, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.