Protocol of the Session on October 16, 2014

Hier ist also der in Deutschland verbrachte Zeitraum nicht ausschlaggebend für die tatsächliche Anerkennung, die offenbar einen weiteren Schritt der Integration rechtfertigen soll. Darüber hinaus endet die eingeschränkte Leistungsberechtigung natürlich mit der Anerkennung als Asylberechtigter. Ferner fallen Asylbewerber aus der Beschränkung heraus, die aufgrund von

Eigenerwerbseinkommen keine derartige Hilfe mehr benötigen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bleibe bei meiner Auffassung, dass die Differenzierung zwischen eingeschränkten und uneingeschränkten Leistungsberechtigten gerechtfertigt ist. Sofern diese Differenzierung erhalten bleibt, kann über Verfahrensfragen gesprochen werden. Der Sozialausschuss hat sich, wie gesagt, darauf verständigt, sich über Modellprojekte zu diesem Thema sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in anderen Bundesländern zu informieren, sie auszuwerten und auf deren Grundlage der Landesregierung eine Empfehlung zu geben, wie wir in Zukunft mit dem Modell Chipkarte umgehen wollen.

Diese Arbeit ist nach meinem derzeitigen Kenntnisstand noch nicht abgeschlossen und deswegen bleibe ich dabei: Ihr Antrag kommt zu früh. Wir sagen aber hiermit nicht, dass wir uns diesem Antrag und dem Ergebnis des Sozialausschusses verschließen, im Gegenteil. Wenn der Sozialausschuss zu der Auffassung kommt, dass es eine gerechtfertigte und eine gute Sache ist,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

dann kann dies auch umgesetzt werden. Wenn die Finanzministerin uns die dementsprechenden Kosten zur Verfügung stellt, die damit natürlich verbunden sind, dann kann dies auch getan werden.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genau.)

Ich möchte nur, dass wir vorher alle darüber gesprochen haben und hinterher nicht einige sagen, das habe ich nicht gewusst,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben uns damit befasst.)

dass er nach abgeschlossenem Asylverfahren automatisch eine Krankenversicherungskarte bekommt, das habe ich nicht gewusst, dass jetzt die volle fachliche und spezialmedizinische Leistung gewährleistet ist. Das will ich nur verhindern, dass es einen gibt, der sagt, das habe ich nicht gewusst, sonst hätte ich nicht dafür gestimmt.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche dem Sozialausschuss in der Frage eine glückliche Hand. – Herzlichen Dank.

(Beifall Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Der Minister für Inneres und Sport hat seine Redezeit um fünf Minuten überzogen. Diese wird den Oppositionsfraktionen zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Das Wort hat nun Herr Barlen von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Minister Caffier! – Wo ist er? Da ist er. – Insbesondere Ihre letzten Worte bezüglich einer Offenheit gegenüber einer dann getroffenen Empfehlung im Sozial- und Gesundheitsausschuss hören wir selbstverständlich sehr gern.

(Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann natürlich in diesem Sinne ankündigen, dass wir uns auch sachlich und fachlich weiter mit dieser Frage beschäftigen werden. Ich möchte voranstellen, dass es im Kern nicht darum geht, die Frage zu beantworten, ob es in Mecklenburg-Vorpommern eine medizinische Versorgung für Asylbewerber und Flüchtlinge insgesamt oder auch für Asylbewerber nach Paragraf 1 Asylbewerberleistungsgesetz gibt oder nicht. Dies wird von niemandem bezweifelt, auch von der SPD-Fraktion wird das nicht bezweifelt, sondern es geht darum, die Frage zu beantworten: Wie wird diese medizinische Versorgung erbracht und wie zugänglich ist diese medizinische Versorgung? Und wir setzen uns als SPD-Fraktion dafür ein, dass wir Flüchtlingen und auch Asylbewerberinnen und Asylbewerbern möglichst frühzeitig Normalität bei der medizinischen Versorgung bieten können. Wir setzen uns gleichzeitig dafür ein, dass es ein möglichst einfaches, ein möglichst bürokratiearmes Verwaltungsverfahren dieser Leistungen gibt.

(Stefanie Drese, SPD: Richtig.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum vorliegenden Antrag der Oppositionsfraktionen: Bekanntlich gehört es zu den kleinen oder in diesem Fall wahrscheinlich zu den etwas größeren Freuden der Opposition, wann immer möglich den Versuch zu unternehmen,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee, hier geht es ums Prinzip.)

einen Keil in die Regierungskoalition zu treiben,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, nein, nein, Herr Barlen, nicht bei dem Thema!)

Themen auf die Tagesordnung zu setzen, bei denen offenkundig weiterer Klärungsbedarf zwischen SPD und CDU besteht.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Den Keil treibt ihr doch selbst, den brauchen wir doch gar nicht zu treiben. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das gilt insbesondere auch für den nun vorliegenden Antrag,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist auch Oppositionsarbeit.)

denn, meine Damen und Herren, wir haben inhaltlich über die Möglichkeiten der besseren medizinischen Versorgung, also konkret über die Einführung einer Chipkarte für Asylbewerber und Flüchtlinge schon sehr ausführlich diskutiert.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Schon lange.)

In einer öffentlichen Anhörung im Gesundheits- und Sozialausschuss haben wir intensiv mit Expertinnen und Experten über die Möglichkeiten der Übernahme der medizinischen Versorgung für die nach Asylbewerberleistungsgesetz Paragraf 1 Leistungsberechtigten durch die

Krankenkassen beraten. Und in der Tat, insbesondere die Vorträge der AOK Nordost und des Vertreters der Senatsverwaltung der Hansestadt Bremen – dort gibt es genau wie in Hamburg und wie bald in Brandenburg ein solches Kartenverfahren –, diese Vorträge haben deutlich gemacht, dass die flächendeckende Einführung einer solchen Karte vorteilhaft erscheint, kann man vielleicht so sagen. Viele weitere Anzuhörende, wie der Flüchtlingsrat, wie Migranet, wie die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenhausgesellschaft, die ja – in Anführungsstrichen – an der Stelle auch nicht die üblichen Verdächtigen sind, sondern aus einer Perspektive der Verwaltungsvereinfachung argumentiert haben, der Beratungsdienst Migration der AWO und einige weitere, haben sich zum Teil vehement für die Einführung einer solchen Krankenkassenkarte ausgesprochen.

Wir als SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, versprechen uns von einer Krankenkassenkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach Paragraf 1 einen verbesserten, wie eingangs betont, und vor allen Dingen auch einen diskriminierungsfreieren Zugang zu medizinischen Leistungen. Wir versprechen uns mehr Wirtschaftlichkeit bei der Leistungserbringung und wir versprechen uns vor allem auch einen Vorteil für die Landkreise und die kreisfreien Städte, zum Beispiel durch den Vorteil von Rabattverträgen, die mit der Krankenkasse abgeschlossen werden können, durch weniger Aufwand, durch eine Entlastung in der Verwaltung, selbstverständlich vor allen Dingen in den Sozialämtern und beim Amtsärztlichen Dienst.

Meine Damen und Herren, mit der Krankenkassenkarte können Asylbewerber im Krankheitsfall ganz normal einen Arzt aufsuchen und müssen nicht wie heute erst einen Behandlungsschein in der Sozialbehörde einholen. Und die AOK Nordost hat in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in meinen Augen dankenswerterweise sehr offensiv erklärt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das machen wir auch, das machen wir auch.)

für diese Aufgabe bereitzustehen, genauso wie in Brandenburg.

(Zurufe von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und Stefan Köster, NPD)

Dort wird dieses Projekt bereits umgesetzt. Das senkt den Verwaltungsaufwand, das erhöht die Versorgungsqualität und ermöglicht, Herr Minister Caffier, auch eine rechtssichere Umsetzung. Und das wurde im direkten Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kostenträger ausdrücklich betont: Eine differenzierte Darstellung des Leistungskataloges auf einer Krankenkassenkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist gewährleistet. Da muss man, glaube ich, keine Schreckgespenster an dieser Stelle sozusagen aus dem Schrank zerren. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingssituation und bei verstärkt dezentraler Unterbringung in einem Flächenland ist es unseres Erachtens erforderlich, bei der Frage der Krankenkassenkarte eine landesweit einheitliche Lösung herbeizuführen.

(Beifall Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier erwarten wir, das ist kein Geheimnis, darüber haben wir uns öffentlich auch ausgetauscht, von unserem Koalitionspartner und auch von dem Innenminister Lorenz Caffier etwas mehr, ich würde vielleicht sogar sagen, deutlich mehr Engagement und eine tatkräftige Unterstützung dieser Initiative.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Gajek, gleichzeitig gibt es auch einige wenige offene Fragen, die im Interesse einer gemeinsamen Lösung einfach geklärt werden müssen, Stichwort – und das liegt auch der kommunalen Familie auf der Seele – „Verwaltungskostenersatz für die Krankenkassen“. Das heißt, ich habe vorhin, als ich aus der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss berichtete, es etwas eingeschränkt, dass alle mit wehenden Fahnen dafür waren.

(Bernd Schubert, CDU: Aha!)

Es gab auch in den schriftlichen Stellungnahmen der kommunalen Familie Gedanken, wo es möglicherweise Probleme geben kann,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das gehört doch dazu, ne?)

Stichwort „Verwaltungskostenersatz für die Krankenkassen“.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das gibt es.)

Wir sind aber der Meinung, dass diese in unseren Augen letztlich unbegründeten Vorbehalte

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

im Interesse der Asylbewerberinnen und Asylbewerber vernünftig und sachlich ausgeräumt werden müssen und ausgeräumt werden können.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber wie lange noch?)

Das geht aber nur im direkten Gespräch zwischen den Beteiligten, das kann auch nicht durch einen Landtagsantrag geleistet werden.