Es ist dabei besonders wichtig zu betonen, dass die Finanzzuweisungen an die Kommunen deutlich erhöht werden. Zusätzlich werden die Kommunen aber auch noch weitere Entlastungen erfahren.
Meine Damen und Herren, auf Bundesebene laufen derzeit die Verhandlungen für weitere Entlastungen der Kommunen im Bereich der Sozialhilfe. Voraussichtlich schon in der 47. Kalenderwoche, also 17. bis 21.11., wird die Koalition von CDU/CSU und SPD eine weitere Entlastung der Kommunen um mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr beschließen, und zwar mit dem Gesetz zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung auf Drucksache 18/2586. Bereits ab dem nächsten Jahr wird den Kommunen diese Entlastung zugutekommen.
Die Kommunen dürfen aber noch eine weitere Entlastung erwarten, denn mit der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes wird eine Entlastung durch den Bund im Umfang von jährlich 5 Milliarden Euro in der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vorgesehen. Dieser Betrag wird voraussichtlich über die gestiegenen tatsächlichen Ausgaben für die Eingliederungshilfe hinausgehen. Insofern begrüße auch ich natürlich das eingezogene Sicherheitsnetz durch die Verordnungsermächtigung, sofern das Gesetz nicht per 2016 in Kraft treten kann. Auf alle Fälle ist es für die laufende Legislatur angekündigt.
Meine Damen und Herren, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene setzen sich also CDU und SPD für eine Entlastung der Kommunen bei der Sozialhilfe ein.
So ist es denn auch folgerichtig, wenn in dem vorliegenden Änderungsgesetz bereits die nächste Novellierung festgeschrieben ist. Dort heißt es wörtlich in Paragraf 1 Absatz 4: „Die Regelungen zur Sozialhilfefinanzierung sollen für die Zeit ab dem 1. Januar 2016 neu gefasst werden. Hierbei sollen die personenzentrierte Förderung, die Inklusion und die vorrangige ambulante Versorgung Berücksichtigung finden.“
Die genannten Regelungen sind ein klarer Auftrag, diese Themen bei der Fortschreibung besonders zu berücksichtigen. Es bedeutet nicht, dass sie bislang unterrepräsentiert sind, sondern dass sie in der künftigen Finanzierung herausgehobene Schwerpunkte bilden werden.
Einen dieser Themenbereiche möchte ich hier hervorheben, es ist die Pflege. Gerade im Pflegebereich haben sich in den letzten Jahren die Entwicklungen überschlagen. Es gibt einen deutlichen Trend von stationärer hin zu ambulanter Pflege. Die weitere Stärkung des Grundsatzes „Ambulant vor stationär“ wird auch künftig auf der Agenda stehen.
Die Gründe dafür sind vielfältig – wir beschäftigen uns ja in diesem Haus auch sehr damit –: Erstens werden wir älter, die Entwicklung der Alterspyramide ist uns allen
bekannt, und zweitens schreitet die technische Entwicklung im medizinischen und pflegerischen Bereich immer weiter voran und ermöglicht nun im zunehmenden Maße oder in zunehmend mehr Fällen auch eine ambulante Pflege. Die damit einhergehenden besonderen Herausforderungen sind allerdings der steigende Personalbedarf und nicht zuletzt die Personalkosten. In keinem anderen Berufszweig zeigt sich der Fachkräftemangel so deutlich.
Meine Damen und Herren, wie schon erwähnt, ist die nächste Fortschreibung im Gesetz festgeschrieben. Dies ist auch gut so, denn auf diesem Weg kann auf die aktuellen Entwicklungen angemessen reagiert werden.
Abschließend möchte ich noch kurz auf einen Punkt eingehen, der im Rahmen der Anhörung aufgefallen ist. War früher noch die Mittelverteilung umstritten, so waren sich die Landkreise und kreisfreien Städte in der Frage der Finanzierung in der Anhörung einig. Ich halte dies für einen bemerkenswerten Schritt.
Ja, also wir haben von der Vorsitzenden des Sozialausschusses Frau Tegtmeier die Ergebnisse der Beratung vorgetragen bekommen und Frau Ministerin und Frau Friemann-Jennert haben eben noch einmal für den Gesetzentwurf und die Beschlussempfehlung geworben. Diese Werbung stößt bei uns ins Leere, weil es ist ja gesagt worden, wer dem zustimmt, will, dass das Geld zu den Kommunen kommt. Das wollen wir auch, das ist keine Frage.
Und wir sind uns sicherlich einig, Herr Kokert, dass dieses Sozialhilfefinanzierungsgesetz – und die damit verbundenen Gesetze – eins der wichtigsten Gesetzesvor
haben ist, die wir hier im Landtag behandeln, sowohl was die Inhalte betrifft als auch die Zahl der davon betroffenen Personen, vor allen Dingen aber die finanzielle Dimension. Es geht ja um mehr als eine Viertelmilliarde Euro, über die wir hier gleich entscheiden werden.
Aber für uns sind sowohl der Gesetzentwurf als auch das Beratungsergebnis, das Frau Tegtmeier vorgestellt hat, nicht zufriedenstellend, denn drei Dinge lassen sich festhalten: Für die Betroffenen sind dieser Gesetzentwurf und die Beschlussempfehlung eine Enttäuschung. Für die Träger und die Leistungserbringer sind sie unzureichend
ich will das im Einzelnen beleuchten. Warum ist das für die Betroffenen enttäuschend? Es gibt mit diesem Gesetzentwurf und dem, was jetzt hier zur Entscheidung ansteht, was Sie mehrheitlich so votiert haben im Fachausschuss,
keine Steuerung nach dem Prinzip „Ambulant vor stationär“, keinen personenzentrierten Ansatz, keine Gestaltung inklusiven sozialen Nahraumes, so, wie es der Artikel 28 der UN-Behindertenrechtskonvention als Vision ins Stammbuch schreibt. Wir fallen insofern hinter diese Ansprüche zurück.
Der Gesetzentwurf wird also den Intentionen des ursprünglichen Gesetzentwurfs, Herr Heydorn, nicht gerecht und erfüllt die Kriterien, die man an eine moderne Sozialgesetzgebung anlegen muss, nicht. Für die Leistungserbringer und die Träger der Sozialhilfe ist er unzureichend, weil er trotz des Nachschlags von 17 Millionen Euro in diesem Jahr und 13 Millionen Euro im nächsten Jahr, der finanziell gegeben wird, unzureichend bleibt. Ich will Ihnen das auch begründen: Wenn Sie zum Beispiel das Gespräch führen, Herr Kokert, mit Herrn Hamm, Vorpommern-Greifswald, dann sagt er Ihnen – natürlich begrüßen sie erst mal, dass sie mehr Geld kriegen –, auch nach der Neuverhandlung bleiben sie auf einem Minus von 1 Million Euro sitzen.
Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte wird sich in wenigen Tagen mit einem Nachtragshaushalt befassen müssen. In den Nachtragshaushalt des Landkreises sind Mehrkosten in Höhe von 960.000 Euro allein wegen der Steigerungsraten im Bereich Werkstätten für Behinderte eingepflegt. All das wird mit diesem Gesetzentwurf und mit der Beschlussempfehlung nicht berührt. Das heißt, wir bieten insofern auch hierfür keine Lösung an. Es bleibt letztendlich bei einem Defizit.
Für besonders problematisch halten wir, dass es keine Leistungsbeschreibung für Menschen gibt, die in Werkstätten für Behinderte tätig sind und nun das Rentenalter erreicht haben. Das werden bis zum Jahr 2018 850 Personen in diesem Land sein. Die Träger haben in der Anhörung mitgeteilt, dass sie sich alle Mühe geben, hier entsprechende Hilfsangebote, Tagesstrukturen und Betreuung/Begleitung anzubieten, aber das machen sie mit Bordmitteln. Und das, muss ich sagen, kann nicht im Interesse von uns als Landtagsabgeordnete sein, dass wir sagen, wir wissen darum, dass ihr das tragt,
Wir haben aus dem Hause des Sozialministeriums im März 2012 eine Unterrichtung über die soziale Situation von Menschen mit Behinderungen bekommen. In Punkt 7 dieser Stellungnahme heißt es, ich darf zitieren: „Entsprechend der Altersstruktur von Menschen mit Behinderungen sind die meisten beschäftigten schwerbehinderten Menschen zwischen 55 und 60 Jahren alt, die wenigsten zwischen 20 und 25... Auch in den WfbM“ – Werkstätten für behinderte Menschen – „steigt das Durchschnittsalter der Beschäftigten. Das Thema“, jetzt kommt es, „des Übergangs in den Ruhestand mit all seinen Konsequenzen für die Wohnsituation und die Tagesstruktur der Betroffenen erhält dadurch eine drängende Aktualität.“
„Drängende Aktualität“ schreiben Sie uns. Sie unterrichten uns darüber und sagen, da muss gehandelt werden. Nun kommen Sie Jahre später mit einem Gesetzentwurf, der sozusagen seine Wirkung entfalten wird für die nächsten Jahre, und er wird diesem eigenen Anspruch und dieser Problembeschreibung nicht gerecht. Das ist mehr als bedauerlich. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel und in politischer Hinsicht, da habe ich schon harte Worte gebraucht, wenn ich sage, das ist eine Zumutung.
Aber ich muss an Sie appellieren: Wir reden hier über eine Viertelmilliarde Euro und wir reden darüber, dass von diesem Gesetz, allein wenn es um den Regelungskreis SGB XII geht, fast 30.000 Menschen betroffen sind. Und Sie geben das Gesetzgebungsverfahren aus der Hand und sagen, das wird dann über eine Rechtsverordnung gelöst!
Die Ministerin hat aus ihrer Sicht begründet, warum sie das macht, und sagt: Wir wollen sicherstellen, dass die Kommunen auch 2016 ihre Finanzen bekommen. Ja selbstredend! Sie kennen die Zahlen, Sie kennen die Trends, Sie kennen die Handlungsbedarfe und die Mechanismen, die wirken. Sie sind auch über die Haushaltsgesetzgebung mit den Eckdaten Ende 2015 in der Lage, Vorsorge zu treffen. Also wir appellieren an Sie, dass das nicht aus der Hand gegeben wird über eine Rechtsverordnung, so ein schwerwiegendes Gesetz! Das ist doch nicht verantwortbar aus Sicht der Ministerin,