Protocol of the Session on July 2, 2014

Der Energieausschuss hat sich durchaus bemüht, beim Thema Umweltschutz noch mal zu betonen, es geht, so, wie es auch im Antrag von SPD und CDU formuliert ist, um das Thema Onshoreölbohrung. Das war natürlich ein klares Signal: In Richtung Offshore wollen wir nicht. Wobei ich natürlich von CDU-Kollegen gehört habe, das lesen Sie da rein. Es steht aber nur da: Wir begrüßen Onshore. Wir machen keine Aussage zum Thema Offshorebohrung. Das ist mir schon klar,

(Jochen Schulte, SPD: Die Deutungshoheit liegt bei der SPD.)

ist mir schon klar. Aber auch diesen Satz hat der Wirtschaftsausschuss rausgestrichen und gesagt, wir betonen nur allgemeine wirtschaftliche Auswirkungen. Die Bohrtrupps werden zusätzliche Übernachtungen buchen, vielleicht kann man im Rostocker Hafen durch das Verschiffen des Öls zusätzliche Arbeitsplätze generieren. Diese kleinen Effekte würde ich nicht mal bestreiten, aber sie spielen für die Beurteilung des Themas „Erdölbohrungen in Mecklenburg-Vorpommern“ überhaupt keine Rolle. Das sind absolute Nachkommastellen, um die es hier geht.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Ja, aber Sie haben sich nicht getraut, höchst umweltrechtliche Bedingungen zu nennen, klar etwas zu sagen

zum Thema Bergrecht, klar etwas zum Thema „verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung“ zu sagen, wo ich noch nicht mal das Gefühl habe, dass die CEP damit ein großes Problem hätte, denn die versucht, relativ transparent auf Leute zuzugehen. Die hätten noch nicht mal ein Problem, aber der Wirtschaftsausschuss streicht es trotzdem einfach raus, weil er sagt, das könnte alles in eine – aus Sicht des Wirtschaftsausschusses – falsche Richtung gehen.

Uns ist bei unserem Antrag natürlich besonders wichtig, das kommt auch im ersten Satz zum Ausdruck, wir fordern und sagen, der Landtag soll eine „Aufsuchung und Förderung von Erdöl mit hydraulischer Stimulation unter Einsatz von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Verfahren“ ablehnen. Was heißt dieser Satz? Offensicht- lich lesen Teile des Wirtschaftsausschusses daraus, die GRÜNEN lehnen in jedem Fall und unter jeden Bedingungen Erdölbohrungen ab, weil klar ist, dass das umweltgefährdend ist. Im Satz steht aber nur, unter der Bedingung, dass es umweltgefährdend ist, sagen wir ganz klar Nein. Und da müsste eigentlich auch von Ihrer Fraktion eine klare Aussage kommen, auch mit uns geht das auf keinen Fall. Sobald wir die Umweltgefährdung sehen, sorry, machen wir da dicht und sagen, hier wird nicht weitergearbeitet. Also auch mit diesem Satz hätten Sie gut leben können.

Und in die SPD hinein: Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein hat genau diesen Satz unterschrieben und macht das gerade als Bundesratsinitiative.

(Jochen Schulte, SPD: Ich sage gleich was dazu, Johann-Georg.)

Genau das ist eine gemeinsame Politik von Rot-Grün in Schleswig-Holstein und das heißt mitnichten, alles auszuschließen, sondern zu sagen, wir gucken uns das sehr genau an und wir wollen keine Gifte in den Boden pressen, und wenn dieses Verfahren bedeutet, ohne diese giftigen Stoffe geht es nicht, dann geht das Verfahren nicht. Das ist eine klare Prioritätensetzung, die wir dort haben.

Warum setzen wir so ganz stark auf dieses Thema, dass wir sagen, wir wollen auf keinen Fall offshore irgendwelche Bohrungen haben? Da geht es nicht nur um die Frage, dass wir dann irgendwelche Ölbohrtürme vor der Ostseeküste haben, sondern es geht vor allem um die Umweltgefährdung, die natürlich erheblich höher ist, wenn ich aus Seegebieten, aus Wassergebieten in die Tiefe bohren muss. Und genau da sind wir uns absolut einig, alle, auch wenn wir da unterschiedliche Diskussionsstände innerhalb der GRÜNEN haben: Die wollen wir nicht.

Ja, und jetzt kommt es: Im Antrag des Energieausschusses wird klar gesagt, wir wollen im Offshorebereich nichts. Sie haben gute Gründe, nehme ich an, Herr Eifler, warum Sie sich im Wirtschaftsausschuss dafür eingesetzt haben, genau diesen Passus nicht aufzunehmen. Denn in der Praxis bedeutet das nämlich, es wird nicht nur in die Tiefe gebohrt, sondern es wird auch horizontal gebohrt, und zwar unter Umständen 8 bis 15 Kilometer weit. Damit kommt man unter die seeischen Gebiete. Dann könnte man sagen, okay, wenn man da einfach nur drunter ist, ja, was schadet denn das? Das sind 3.000 Meter Tiefe etwa. Das Problem ist, dass diese hohen Investitionen in diese Bohrungen und diese anschließend not-

wendige hydraulische Stimulation sich natürlich rech- nen müssen und nach einiger Zeit aus der großen Entfernung das Öl nicht mehr zur Förderbohrung strömt. Das ist der Punkt, ab dem das Unternehmen CEP überlegen wird, sogenannte Stützbohrungen von oben herunterzubringen.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich dann aber einmal unter dem Meer oder unter dem Gewässer oder unter Naturschutzgebieten bin, wird der Druck erheblich wachsen – und das jetzige Bergrecht wird es am Ende auch zulassen –, genau diese Bohrung von oben aus Offshoregebieten nach unten zu bringen. Und da haben wir eine ganz klare Haltung und sagen, das wollen wir jetzt als Landtag ganz klar bekennen: Mit uns wird es keine Bohrungen aus den Seegebieten herunter geben, um später diese Bohrungen effizienter zu machen, die tatsächlich am Anfang vom Land ausgehen.

Wir glauben, dass wir den deutlich klareren und besseren Antrag vorgelegt haben, und ich bin jetzt gespannt, wie Sie Ihren Antrag verteidigen wollen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Rudolf Borchert, SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine verbundene Aussprache durchzuführen mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stellen wir uns vor, es wird Öl mitten im Tourismusgebiet gefördert und keiner wird es merken. So geschehen seit mehr als zwei Jahrzehnten auf der Tourismusinsel Usedom.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Und wenn sich aktuell nicht die deutsch-kanadische Firma CEP auf die Erdölsuche in Vorpommern gemacht hätte, wenn das nicht passiert wäre, würde die Förderung auf Usedom nach meiner tiefen Überzeugung auch weiterhin ihren Dornröschenschlaf schlafen – den Dornröschenschlaf wohlgemerkt in der Wahrnehmung, nicht den im tatsächlichen Fördern, das findet nämlich durchgängig seit mehreren Jahrzehnten statt. Unser Bundesland hat eine über 60-jährige Tradition in Sachen Erdölförderung. Und wer heute in die verschiedenen Pressespiegel schaut, wird einen Beitrag aus der regionalen „OstseeZeitung“ in Vorpommern finden, wo das dortige Erdölmuseum ganz nachhaltig um Aufmerksamkeit und Besucher ringt. Also auch darin zeigt sich, es gibt eine mehrere Jahrzehnte währende Tradition, die sich heute sogar bei Grimmen in einem Museum ausdrückt.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist es nicht ganz einfach, in den ehemals betroffenen Regionen in Vorpommern plausibel zu machen, worin eigent

lich die aktuelle neue Qualität besteht, die diese ganz große Aufmerksamkeit der verschiedenen politischen Interessenträger begründet. Nach meinem ganz subjektiven Eindruck gehen die unmittelbaren Nachbarn dieser älteren Bohrungen, die es vielfältig in Vorpommern gibt, gerade wegen dieser persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen verhältnismäßig vertraut mit dieser neuen Entwicklung um. Dort, meine Damen und Herren, ist von breiter Unruhe, wie sie zuweilen kolportiert wird, in den Gemeinden nichts zu spüren.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Auch das tiefe Misstrauen, dass die aktuelle Debatte in Teilen zu prägen scheint, ist dort nicht spürbar. Man hat schlicht, das wird dort deutlich, mehrere Jahrzehnte Fördererfahrung und im Zweifel hat auch jeder einen Nachbarn, einen Freund oder einen Verwandten, der in irgendeiner Weise über viele Jahrzehnte damit befasst war. Und, meine Damen und Herren, in diesen Regionen kennt man auch die Sicherheitsstandards, die bei diesen Förderungen angelegt werden, und weiß, dass deren Anforderungen heutzutage noch einmal deutlich strenger sind als das, was vor einigen Jahrzehnten noch gegolten hat.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Genauso ist es.)

Wenn jetzt die öffentliche Diskussion zuweilen den Eindruck vermittelt, die bergrechtlichen Genehmigungen für die Erdölsuche in Vorpommern seien quasi im Vorbeigehen erteilt worden, seien quasi in der Cornflakespackung gefunden worden, verkennt man hier nach meiner Überzeugung zwei ganz wesentliche Punkte:

Erstens. Wir befinden uns in einem gesetzlich sehr detailliert geregelten Bereich, nämlich im Bundesbergrecht – in einem Rechtsstaat nach meiner Überzeugung übrigens keine schlechte Grundlage, um sich an so einem Gesetz zu orientieren.

Und zweitens, meine Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen im Bergamt in Stralsund sind a) langjährig erfahren und b) leben die weitgehend selbst vor Ort. Das sind weitgehend Stralsunder und Umland-Stralsunder. Sehr viel mehr Gewähr dafür, dass jemand in seinem beruflichen Alltag eine besonders sorgfältige Prüfung vornimmt, wenn er dort um die Ecke wohnt und selbst von allem betroffen ist, direkt mit seinem privaten Wohngrundstück und mit seinen Nachbarn, Freunden, Verwandten, kann man nach meiner Überzeugung kaum haben.

Es fand ein weitreichendes Genehmigungsverfahren statt, bei dem alle betroffenen Behörden beteiligt waren und in dem natürlich auch die wasser- und umweltrechtlichen Fragen Berücksichtigung gefunden haben. Und, meine Damen und Herren, es wird weitere solcher Verfahren geben, weil das Bergrecht nicht den einen großen Aufschlag kennt, und dann kann jeder machen, was er will, sondern das Bergrecht kennt viele sehr, sehr kleinteilige Erlaubnisse und genehmigungsähnliche Situationen, sodass wiederholt Dinge erforderlich werden – so, meine Damen und Herren, auch dann, wenn künftig aus dem jetzigen reinen Probebetrieb eine gegebenenfalls dauerhafte Förderung werden sollte –, Verfahren, die, wenn sie erfolgen, natürlich mit ebenso großer Sorgfalt und auch den hohen deutschen Rechtsstandards geführt werden wie die bisherigen und die sich ebenso an den sehr hohen und richtigen Umweltstandards in Deutsch

land orientieren werden, aber auch an dem rechtsstaatlich vorgegebenen Verfahren des Bundesberggesetzes. Und dieses, meine Damen und Herren, sieht im Juristendeutsch eine sogenannte gebundene Entscheidung vor.

Also wenn die Antrag stellende Firma CEP, so heißt das Unternehmen, alle von den einschlägigen Gesetzen – und das ist hier das Bundesberggesetz – geforderten Voraussetzungen erfüllt, dann ist, und nicht „kann“, dann ist die Genehmigung zu erteilen, kein freies Ermessen der Behörden.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Voraussetzungen positiv vorliegen, muss – und auch für Auflagen gilt der gesetzliche Rahmen – das Bergamt Stralsund die Erlaubnis erteilen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das dient jetzt der Beruhigung, oder was?)

Ich weiß...

Das dient nicht der Beruhigung,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein.)

das dient der Verteidigung der regelmäßig erheblich in Abrede gestellten Tätigkeit der Kollegen vor Ort.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass es manche Kritik daran und im Übrigen auch am Bundesberggesetz insgesamt gibt. Es wird gerade zuweilen als von anno dazumal dargestellt, vollkommen veraltet, aus einem Land vor unserer Zeit.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, aus den 30er-Jahren.)

Wenn ich mir – bei allem Bewusstsein für Risiken, die sich nie in Gänze ausschließen lassen, das ist das große Problem jeder Veränderung – Fernsehbilder der Erdölförderung in anderen Ländern vor Augen führe, beschleicht mich ganz subjektiv das Gefühl, dass mir die deutschen Verhältnisse doch irgendwie deutlich lieber sind: keine knietief im Ölmorast staksenden Beschäftigten ohne jeden Arbeitsschutz, keine eingepreisten und vorprogrammierten Umweltkatastrophen,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

keine faktisch verbrannte Erde am Ende einer Förderung. Ganz im Gegenteil, die Auflagen sind sehr engmaschig, sehr dicht,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich denke, Sie wollen die Energiewende begleiten. Bis jetzt habe ich dazu noch nichts gehört.)

hoher Arbeitsschutz und vor allem...

Dazu komme ich noch, keine Sorge.

… Umweltauflagen, enge Genehmigungs- und Erlaubnispflichten, klare Vorgaben und engmaschige Kontrollsysteme.