Protocol of the Session on May 16, 2014

Und nun sind die unteren Bauaufsichtsbehörden bei den Landkreisen eingeschritten beziehungsweise haben an- gekündigt, dies zu tun,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

im Interesse auch derjenigen, die sich Ruhe in ihrem Wohngebiet versprochen haben und unbehelligt weiter dort wohnen möchten.

Aber kommen wir jetzt zu dem vorliegenden Antrag. Da soll also erstens der Landtag die Landesregierung dazu auffordern, es „den Landkreisen und kreisfreien Städten zu ermöglichen, … Nutzungsuntersagungen … auszusetzen, … ruhen zu lassen“ beziehungsweise „keine neuen Verfahren zu beginnen“. Da frage ich mich doch allen Ernstes, in welchem Staat wir heute leben.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das frage ich mich schon lange.)

Ich dachte, in einem Land mit einer freiheitlichdemokratischen Grundordnung, und darüber freue ich mich sehr.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir auch.)

Aber am Inhalt erkennt man vielleicht noch einen leichten Widerhall aus DDR-Zeiten.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD – Vincent Kokert, CDU: Der Hinweis musste sein. Das ist völlig richtig.)

Der Antrag zeugt von dem besonderen Rechtsverständnis der Fraktion DIE LINKE.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da kommen wir nachher noch mal zu.)

Dieses ist von Gewaltenteilung, Aufgabentrennung und Kompetenzzuweisung nicht so sonderlich getrübt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sehr verwundert bin ich besonders darüber, dass gerade BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesem Antrag beigetreten sind,

(Vincent Kokert, CDU: Nee, das wundert mich überhaupt nicht. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn mit ihrer Historie und ihrem Rechtsverständnis dürfte das gar nicht in Einklang zu bringen sein.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und warum? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich verstehe den vorliegenden Antrag dabei auch eher als einen, der vor den Kommunalwahlen Stimmung machen soll, gewürzt mit einer Prise Polemik.

(Regine Lück, DIE LINKE: Die Bürgerinitiativen kamen jetzt und nicht vor einem halben Jahr.)

Aber in welche Richtung soll der Antrag gehen, frage ich Sie: Zugunsten derjenigen, die mit dem Recht nicht in Einklang stehen, oder gar zulasten derer, die sich sehr wohl an die rechtlichen Spielregeln halten? Mir – und ich glaube, auch Ihnen allen – ist klar, dass die Gemeinden keineswegs in einer beneidenswerten Situation stecken.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, eben.)

Vor Ort sehen sie sich den Wünschen und Forderungen der einen wie auch der anderen Seite ausgesetzt. Und die Landkreise und kreisfreien Städte gucken auf die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften. Nun ist es jedoch einmal so, dass allein die Gemeinden das Recht und die Verantwortung für die Bauleitplanung im Gemeindegebiet besitzen. Das Ministerium hat keine Möglichkeit, auf die Planungshoheit der Gemeinde Einfluss zu nehmen.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es.)

Die Kontrolle darüber, ob die Gemeinden die rechtlichen Vorschriften zur Bauleitplanung einhalten, obliegt nun einmal den Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten. So ist das in unserem Land nach der vom Landtag beschlossenen und in Gesetzen und Verordnungen geregelten Aufgabenverteilung. Das Land – hier das Wirtschaftsministerium – kontrolliert die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der unteren Bauaufsichtsbehörden. Und bis heute ist das bisherige Einschreiten und Vorgehen der unteren Bauaufsichtsbehörden nicht zu beanstanden. Zu diesem Ergebnis sind bislang auch die Verwaltungsgerichte in Schwerin und Greifswald gelangt. Mehrere Betroffene hatten sich nämlich an sie gewandt, um Nutzungsuntersagungen abzuwenden.

Mein Fazit lautet daher: An der Arbeit der Landkreise und kreisfreien Städte gibt es aus dem Blickwinkel der Aufsicht durch die Landesregierung nichts auszusetzen. Eine Amnestie in dem Sinne, nichts mehr gegen illegale Nutzungen zu unternehmen, kann es also nicht geben. Vielmehr geht es darum, kluge Entscheidungen mit Weitsicht und Augenmaß zu treffen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie nun geht es aber weiter?

(Regine Lück, DIE LINKE: Tja.)

Was uns mit Sicherheit nicht hilft, ist die uns hier als zweiter Punkt vorliegende Aufforderung, nämlich „eine Landesregelung unverzüglich auf den Weg zu bringen, die es den Kommunen ermöglicht, bei Bedarf eine weitere Umnutzung von Wohnungen in Ferienwohnungen zu unterbinden bzw. einem Genehmigungsvorbehalt zu unterziehen“. Wir sollen also wieder einmal mit Verboten in das Marktgeschehen eingreifen. Das halte ich für keinen guten Weg, und zwar aus guten Gründen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Aussetzen, nicht verbieten!)

Es schießt völlig über das Ziel hinaus, wenn Sie gleich einen großen Rundumschlag fordern. Aber das kennen wir ja schon von fast allen Anträgen, die Sie in jüngster Zeit zum Thema Wohnen in den Landtag eingebracht haben.

Ich muss Sie erneut darauf hinweisen, dass Zweckentfremdungsverbote in das vom Grundgesetz geschützte Eigentumsrecht eingreifen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ach so! Und was macht Berlin? Haben Sie sich damit mal beschäftigt?)

Dieser Eingriff ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Er setzt nämlich eine besondere Gefährdungslage für Wohnraum voraus. Das muss gerichtsfest nachgewiesen werden, eine einfache Behauptung reicht da nicht aus, auch nicht ein Artikel in der Presse. Und ganz ehrlich, dass die Versorgung der Bevölkerung in den Fremdenverkehrsorten besonders gefährdet ist, das sehe ich momentan nicht. Eine neue Landesregelung zur Zweckentfremdung brauchen wir daher nicht. Der Antrag ist deshalb gleichfalls abzulehnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, hilft uns denn wenigstens der Punkt 3 in Ihrem Antrag? Wir sollen „auf Bundesebene umgehend die Erfolgsaussichten zur Änderung der §§ 3 und 4 Baunutzungsverordnung … prüfen,“ um

„die ausnahmsweise Zulässigkeit von Ferienwohnungen in Wohngebieten zu erreichen“.

Um es vorwegzunehmen: Die Erfolgsaussichten sind sehr bescheiden, denn das Land Brandenburg hatte es Ende des Jahres 2012 im Bundesrat zweimal erfolglos versucht. Ein Antrag sollte die Mischung von Wohn- und Erholungsnutzung erleichtern, ein weiterer sogar einen neuen Typus von Gebiet schaffen mit dem Namen „Besonderes Wohn- und Erholungsgebiet“. Die Mehrheit der Länder stimmte dagegen. Auch der Bund sprach sich mit der Begründung dagegen aus, dass sonst die Gefahr von Nutzungskonflikten steigen würde. Angesichts dessen und in Anbetracht der Rechtsprechung sehe ich daher für eine Änderung der Baunutzungsordnung derzeit keine Chancen, unabhängig davon, ob die Bundesregierung beziehungsweise der Bundestag dieses dann auch so beschließen würden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ich in der Vergangenheit und zum Beispiel im Wirtschaftsausschuss letzte Woche bereits mehrfach erklärt habe, gibt es keine einfachen und schematischen Lösungen oder Blaupausen – dafür sind die Konstellationen vor Ort viel zu unterschiedlich. Zuzugeben ist, dass die Materie nicht einfach ist und die Interessenkonflikte nun einmal vorhanden sind. Sie verschwinden nicht mit einem Federstrich von heute auf morgen, etwa mit einem neuen Bebauungsplan oder mit einer geänderten Baunutzungsverordnung. Es muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, eine rechtlich einwandfreie Lösung, die alle Betroffenen, so sie denn dort bisher legal wohnen oder nicht, zufriedenstellen kann, wird es in sehr vielen Fällen nicht geben. Zur Schaffung der erforderlichen Klarheit und Rechtssicherheit wäre es sehr hilfreich, wenn die betroffenen Kommunen sich wegen der Rechtmäßigkeit neuer Bebauungspläne mit den Bauplanungsbehörden austauschen.

Was wir als Ministerium im Übrigen machen können, wollen wir gerne mit einer Handreichung tun. Jedoch auch hierfür gilt, sie wird nicht den Stein der Weisen in dem Sinne darstellen, dass damit alle Probleme gelöst werden können. Sie soll vielmehr zu einer Versachlichung der Diskussion dienen. Sie soll den Beteiligten die Rechtslage erläutern, Möglichkeiten für Änderungen aufzeigen und Hinweise geben, damit vermeidbare Fehler unterbleiben, damit den Gemeinden möglichst nicht, nachdem sie mühsam einen Bebauungsplan geändert haben,

(Regine Lück, DIE LINKE: Die brauchen zwei bis drei Jahre.)

von den Verwaltungsgerichten anschließend attestiert wird, dass der neue Bebauungsplan rechtswidrig ist. Denn eines liegt auf der Hand: Diejenigen, denen nun eine Ferienwohnnutzung zugemutet werden soll, werden besonders kritisch auf die Rechtmäßigkeit der Änderungen bestehender Bebauungspläne schauen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Albrecht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Tourismus ist eine der tragenden wirtschaftlichen Säulen in unserem

Bundesland, das dürfte nicht ganz unbekannt sein, und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Er gibt ja vielen Menschen insbesondere in den strukturschwachen ländlichen Regionen eine Beschäftigung. Dazu gehört auch und im Besonderen der Urlaub in Ferienhäusern und Ferienwohnungen. Und ja, meine Damen und Herren, privat betriebene Ferienwohnungen und Ferienhäuser haben in unserem Bundesland eine lange Tradition.

Im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern nehmen zweifelsohne die Angebote an Ferienwohnungen, Ferienhäusern und Ferienzentren nicht nur eine große wirtschaftspolitische, sondern auch immer mehr eine entwicklungspolitische Dimension ein. Vor diesem Hintergrund hat das Wirtschaftsministerium im Jahr 2013 eine Studie zu den Auswirkungen von Ferienhäusern und Ferienwohnungen auf die Regionalentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Die kannst du in die Tonne kloppen, weil das alles untersagt wird.)

Gerade diesen Markt gilt es in Schwerpunktbereichen zu analysieren sowie Antworten zu Steuerungsmöglichkeiten für den Markt aufzuzeigen.

Landesweit gibt es derzeit 8.600 Privatunterkünfte mit 38.500 Betten gegenüber 1.120 Anbietern mit 55.900 Betten auf dem gewerblichen Ferienwohnungsmarkt. Ein Konfliktthema ist dabei auch die zunehmende Umwidmung von Dauerwohnraum zu Ferienwohnungen.

Meine Damen und Herren, in seinem Beschluss vom 28. Dezember 2007 hat das OVG Mecklenburg-Vorpom- mern unter Hinweis auf die im Paragrafen 10 Absatz 4 Baunutzungsverordnung genannten Ferienhäuser die allgemeine Wohnnutzung einerseits und die Ferienwohnnutzung andererseits unterschieden. Hintergrund dieses Urteils war die Untersagung einer unstreitig gegebenen Ferienwohnung im Dachgeschoss eines Zweifamilienhauses in einem allgemeinen Wohngebiet. Die gültige Rechtsprechung stellt die Ferienwohnnutzung bauplanungsrechtlich als eine eigenständige Nutzungsart dar. Die Gerichtsbarkeit stellt dabei unmissverständlich klar, dass die Ferienwohnnutzung in den durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen und reinen Wohngebieten planungsrechtlich unzulässig ist. Dabei ist es rechtlich genauso wenig von Belang, ob die Ferienwohnung nun privat oder gewerblich angeboten wird.

Dieses Urteil, meine Damen und Herren, ist von allen Seiten zu respektieren. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf das Urteil des OVG Lüneburg mit Beschluss vom 18.07.2008 verweisen, das entschieden hat, dass Ferienwohnungen nicht unter den Begriff des „Wohnens“ fallen.

Auch das OVG Nordrhein-Westfalen stellt mit Beschluss vom 14.08.2007 darauf ab, dass die „Beschränkung der Regelnutzung in einem Reinen Wohngebiet auf das Wohnen bzw. in einem Allgemeinen Wohngebiet auf das Überwiegen der Wohnnutzung der Schaffung einer Umgebung (dient), die durch Wohnruhe und Homogenität der Nutzung geprägt ist“. Eine vorübergehende Beherbergung stellt in diesem Sinne kein Wohnen dar.