Die SPD-Fraktion kann somit die Angst der Fraktion DIE LINKE überhaupt nicht nachvollziehen und sieht zusammen mit der Sozialministerin keine Notwendigkeit, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist dringend notwendig, denn mit der bisherigen Krankenversicherungskarte ist massiver Missbrauch betrieben worden. Dadurch sind Schäden in Milliardenhöhe entstanden. Karten wurden verliehen oder auch verkauft und oftmals, das ist die Wahrheit, an in Deutschland lebende Ausländer.
Ärzte und Apotheken hätten diese kriminellen Machenschaften zumindest eindämmen können, wenn sie darauf bestanden hätten, dass ihnen die Patienten Personalausweise vorlegen. Aber die meisten weigerten sich. Sie wollten neuen Patienten nicht von vornherein mit Misstrauen begegnen, so sagten sie, und auf das Zusatzgeschäft verzichten wollten sie natürlich auch nicht. Die Beitragszahler standen ja bereit, für all das geradezustehen.
Schon im Jahr 2004 hatte das Bundesgesundheitsministerium beschlossen, diesen Missbrauch abzustellen und die elektronische Gesundheitskarte mit dem Bild der Versicherten einzuführen. Zehn Jahre lang ist es der Multikultilobby gelungen, das Projekt zu verzögern, und nichts anderes versucht der Antrag der LINKEN, indem er datenschutzrechtliche Bedenken vorschiebt. Wir fallen darauf nicht herein.
Die Ausplünderung unserer Gesundheitskassen durch illegale Ausländer muss endlich aufhören. – Wir lehnen Ihren Antrag genauso wie Ihre Multikultipläne ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Datensicherheit – ein Märchen? Wer das glaubt, ist bestenfalls naiv. Wie einfach Daten zu knacken sind, haben NSA und Co eindrucksvoll vorgemacht. Uns ist allen noch die Schlagzeile, dass selbst das Handy der Kanzlerin abgehört wurde, allgegenwärtig. Und sie sind mit ihrem Latein noch nicht am Ende. Quantencomputer sollen künftig auch jene Verschlüsselungssysteme aushebeln, die dem elektronischen Gesundheitskartensicherheitskonzept zugrunde liegen.
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beschäftigt die Politik auch hier im Landtag seit Jahren. Sie wird seit 2006 von Pleiten, Pech und Pannen begleitet.
Jetzt sollen die Krankenkassen bei der Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte geschludert haben,
Die neue elektronische Gesundheitskarte, die nach Angaben der gesetzlichen Krankenkassen mittlerweile 55 bis 60 Millionen Bürger besitzen, könnte nutzlos sein, da auf die Prüfung der Fotos verzichtet wurde. Die Krankenkassen sind verpflichtet, bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarten die Übereinstimmung des auf der Karte aufgedruckten Lichtbildes der Person mit dem Inhaber sowie der zukünftig auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeicherten weiteren Sozialdaten zu verifizieren. Dieses wird bislang nicht durchgeführt, was problematisch ist, da zukünftig sensible Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden sollen. Dem widersprechen die Kassen und das Bundesgesundheitsministerium.
Das Bundesgesundheitsministerium wies die Kritik der LINKEN und GRÜNEN jüngst im Ausschuss für Gesundheit zurück und erklärte, es sei alles korrekt gelaufen, Zitat: „Es ist unbestritten, dass die richtige Zuordnung der Daten der Gesundheitskarte zum Karteninhaber gewährleistet sein muss. Dafür ist neben weiteren Maßnahmen auch eine Identifizierung des Versicherten erforderlich, die jedoch nicht zum Zeitpunkt der Lichtbildübermittlung durchzuführen ist.“ Zitatende.
Wann noch geprüft wird, ob der Karteninhaber auch der Mensch auf dem Foto ist, ließ das Ministerium offen. Dabei sagt das Gesetz, dass im Übrigen schon gilt, ganz klar, wenn man auf Sozialdaten wie persönliche Gesundheitsangaben zugreift – und sei es nur, um zu sehen, wo jemand versichert ist –, dann muss dessen Identität juristisch geprüft sein.
Die neue Gesundheitskarte wurde auch eingeführt, um Missbrauch zu verhindern, wir haben es ja hier gehört, denn das Foto gibt der Kassenkarte einen Status ähnlich dem eines Personalausweises. Durch die Fotopanne ist dies nun ad absurdum geführt. Dabei ist die Karte selbst gar nicht das Problem, sondern das, was sie können soll. In der letzten Stufe soll sie als Zugang und Schlüssel zur elektronischen Patientenakte dienen, einer Sammlung aller Dokumente, die bei Ärzten, Krankenhäusern und anderen Therapeuten über einen Patienten angelegt werden. Solche Sammlungen von Dokumenten auf zentralen Servern abzulegen, birgt erhebliche Risiken, so die Datenschützer. Und da hat sich auch Herr Schaar inzwischen revidiert, obwohl er ja gar nicht mehr der Datenschutzbeauftragte ist.
Während in Deutschland die Regierung zur Einführung der neuen Karte erheblichen Druck auf die Krankenkassen ausübt, werden anderswo vergleichbare Projekte bereits wegen Undurchführbarkeit beerdigt oder sie stehen ebenfalls vor großen Problemen. So berichtete schon am 23. September 2011 eine britische Zeitung über den Stopp eines Megaprojekts des nationalen Gesundheitsdienstes zur technischen Aufrüstung des Gesundheitswesens und zum Aufbau eines Systems elektronischer Patientenakten, in das bereits 14,5 Millionen Euro geflossen sein sollen. Das ist etwa ebenso viel, wie in Deutschland als pessimistische Annahme die Kosten für die elektronische Gesundheitskarte und die Telematikinfrastruktur geschätzt werden.
Aus Tschechien wurde im Juli 2012 berichtet, dass das dortige Projekt einer elektronischen Gesundheitskarte mit zentraler Datenspeicherung aufgegeben wurde, nachdem 80 Millionen Euro versenkt worden waren. Auch in Österreich formieren sich die Gegner der elektronischen Gesundheitsakte mit dem Hinweis auf die mangelnde Sicherheit, nicht zuletzt nachdem Ärzte massenhaft Patientendaten an eine Pharmafirma verkauft hatten.
Und aus Frankreich meldet die „ÄrzteZeitung", das schon vor zehn Jahren eingeführte E-Card-Projekt werde sogar vom Rechnungshof als Rohrkrepierer bezeichnet. Das Projekt, das eine halbe Milliarde Euro gekostet habe, werde von Ärzten und Patienten kaum genutzt. Und das ist ja hier auch vorgesehen angeblich, dass es freiwillig ist.
Sensible medizinische Daten gehören in die Hand des Patienten. Sobald Arztpraxen und Krankenhäuser online mit den Rechenzentren verbunden sind, kann es vorbei sein mit dem Schutz der Patientendaten. Die Schweigepflicht von Ärzten wird damit unterlaufen und der Bürger verwandelt sich in einen gläsernen Patienten. Aber Arztbriefe, Krankenhausberichte und Laborbefunde gehören in die Hand der Patientinnen und Patienten.
In der jetzigen Form öffnet die elektronische Gesundheitskarte dem Missbrauch der Bürger und ihrer Daten erst die Türen. Das gilt es zu verhindern, denn die Interessen von Gesundheitskonzernen und IT-Wirtschaft dürfen nicht über den Grundrechten stehen. Daher sind die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Und, meine Damen und Herren, wie ernst die Menschen das Problem betrachten, sieht man, wenn man am 28.03. in der „Ostsee-Zeitung“ liest, wie praktisch Anwälte und Ärzte sich an den Ministerpräsidenten wenden mit dieser Problematik. Das ist doch bitte ernst zu nehmen!
Hier ist jetzt mehrfach erwähnt worden, dass es ja eine ach so sichere PIN-Nummer gibt. Die PIN-Nummer besteht aus acht Stellen, sagen wir mal.
aber eine 90-jährige Oma soll sich die merken, ne?! Sie kann sich die ja auch auf die Karte malen, die Nummer, damit sie sie nicht vergisst – ich meine, nur noch mal zur Sicherheit. Und dann stellen wir uns auch noch mal diesen Zeitverzug vor. Die Oma kommt in die Arztpraxis, sie will …
Ich sage, sie kommt in die Arztpraxis, sie möchte ein Rezept haben. Wir haben gerade gehört von der Ministerin, als Erstes sollen ja die Rezepte verpflichtend werden. Dann gibt sie also ihre Karte da ein, sagt, sie möchte die und die Medikamente, die sie immer hat. Dann kommt der Arzt, schiebt ebenfalls seine Karte ein, gibt auch seine sechsstellige Nummer ein.
Nachdem das ganze Prozedere abgelaufen ist, sagt sie, ach, und meine Herztabletten, die habe ich aber auch noch, die brauche ich auch noch. Dann geht das Prozedere wieder von vorne los. Ich meine nur mal, es dauert im Übrigen nur wegen der Praktikabilität Stunden.
Wir sehen doch jetzt schon, was für ein Druck auf die Krankenkassen ausgeübt wird, denn das Projekt kostet erheblich viel Geld, und es ist am Ende übrigens Geld der Versicherten. Da glaubt doch hier keiner, dass da kein Druck ausgeübt wird. Ich meine, da sind Zweifel schon angebracht. Ich bin, wie gesagt, der Auffassung, dass die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen sind.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2827. Wer dem zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. –