Protocol of the Session on March 13, 2014

Ich will Sie nicht weiter

(Rainer Albrecht, SPD: Verunsichern.)

provozieren.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Einfach nur mal so gesagt, Ihre Behauptung war eben sehr kurz gesprungen, und das habe ich Ihnen hiermit vor Augen geführt, wenn auch etwas überspitzt, ich räume es ein.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ein persönlicher Debattenbeitrag der Ministerin.)

Alle Kliniken im Land haben für den Umgang mit MRSA- und MRE-Patienten umfangreiche Pläne, die alle wichtigen Hygienemaßnahmen enthalten. Diese basieren auf den bundesweiten Empfehlungen des Robert KochInstituts und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und enthalten unter anderem ein Patienteneingangsscreening auf MRSA für bestimmte Risikogruppen, auch für Beschäftigte in der landwirtschaftlichen Tiermast. Jedes Krankenhaus wird im Durchschnitt mindestens einmal pro Jahr, größere Häuser bis zu viermal im Jahr vom LAGuS geprüft. Und die Prüfer schauen genau hin, ob die krankenhaushygienischen Anforderungen nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts erfüllt werden. Augenmerk wird dabei auch auf die Häufigkeit des Auftretens von MRSA gelegt und das Ausmaß des MRSA-Screenings abgefragt, und auf dieser Basis wird das Krankenhaus beurteilt. Die Ergebnisse des vergangenen Jahres zeigen, der Hygienestandard in allen Krankenhäusern einschließlich der Universitätskliniken ist noch besser geworden. Meine Kollegin Frau Hesse könnte an dieser Stelle auf eine Vielzahl von weiteren Aktivitäten verweisen.

Hinsichtlich der Umgebungsuntersuchungen arbeiten nicht nur die Behörden des Sozialministeriums, des Wirtschaftsministeriums und Landwirtschaftsministeriums im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Verfahren eng zusammen, hier besteht auch enger Kontakt zu Fachbehörden anderer Länder. Aktuell sind Umgebungsuntersuchungen in Planung, bei denen noch Ausbreitungsmodelle erprobt werden. Die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft fordert bereits seit der Fassung von 2002, bei der Genehmigung von Tierhaltungsanlagen auch die Möglichkeit der Minderung der Immission von Keimen durch Maßnahmen nach dem Stand der neuesten Technik zu prüfen. Es ist deshalb gängige Praxis, in den Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen eine mögliche Belastung der Nachbarschaft durch Bioaerosole zu prüfen. Dabei wird zunächst grundsätzlich beurteilt, ob es Hinweise und Anhaltspunkte dafür gibt, ob die Bioaerosolbelastung am Standort gesondert beurteilt werden muss. Dies geschieht derzeit neben der Betrachtung der Feinstaubbelastung und auch durch die Beurteilung der

Standortbedingungen unter Berücksichtigung vorhandener, möglicherweise empfindlicher Nutzung zum Beispiel Krankenhäuser.

Die Bewertung etwaiger Belastungen durch Bioaerosole war insbesondere wegen fehlender umweltmedizinischer Vorgaben bislang schwierig. Deshalb wurde durch die Länder eine Vollzugshilfe erarbeitet, die die Kriterien für die Auslösung einer Sonderfallprüfung zur Unterstützung der Genehmigungs- und Fachbehörden konkretisiert. Ein wichtiger Beitrag zur Immissionsminderung auch von Bioaerosolen wird in der Abluftreinigung gesehen. Mecklenburg-Vorpommern wird sich bei der anstehenden Änderung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft, TA Luft abgekürzt, dafür einsetzen, die Abluftreinigung für große Schweinehaltungsanlagen bundesweit verbindlich vorzuschreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, Sie sehen an den Aktivitäten in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Ressorts der Landesregierung nicht erst gefordert werden muss. Wir arbeiten da effektiv zusammen. – In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Finanzministerin recht dankbar, dass sie ihren Eindruck vom Vortrag von Frau Gerkan so beschrieben hat, wie sie ihn beschrieben hat, denn mir ging das beim Zuhören ähnlich.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich bin jetzt kurzfristig gebeten worden, für meinen erkrankten Kollegen Burkhard Lenz einzuspringen, und hatte mir vorgenommen, bevor ich die Rede einfach halte, mich noch mal auf den neuesten Stand zu bringen, bin dann ins Internet gegangen und auf zwei sehr interessante Beiträge gestoßen. Ich habe daraufhin auch die Rede beiseite gelegt und kann dem geneigten Leser, der möglicherweise ähnliche panische Attacken erlitten hat wie wir beide, doch nur raten, sich vielleicht diese beiden Veröffentlichungen zu Gemüte zu führen. Ich würde sagen, nach dem Studium wird sich einiges relativieren. Ich will mir das jetzt aber nicht so einfach machen, Ihnen die beiden Berichte oder Vorträge nur zu nennen, sondern möchte auch daraus zitieren, um aufzuzeigen, dass sich doch das, was hier vorgetragen wurde, dann wieder relativiert.

Es ist einmal – und jetzt schlägt das Alter auch bei mir zu – das Robert Koch-Institut mit seiner …

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Nein, Sie sollten nicht widersprechen, Herr Holter. Also damit hat das gar nichts zu tun. Ich habe bloß ein bisschen Probleme, wenn ich hochgucke, dann sehe ich nämlich keinen mehr.

(Michael Andrejewski, NPD: Das muss kein Nachteil sein.)

Deswegen habe ich lange gezögert, um diese Brille hier irgendwann aufzusetzen.

(allgemeine Heiterkeit)

Also der Vortrag lautet: „Livestock-assoziierte … (LA- MRSA) als interdisziplinäre Herausforderung“, wie gesagt, am Robert Koch-Institut. Das Zweite, was ich Ihnen gern empfehlen wollte, ist vom Bundesinstitut für Risikobewertung, das ja heute schon mehrfach angesprochen wurde, und nennt sich „Antibiotikaresistenz: Carbapenemasebildende Keime in Nutztierbeständen“, das ist die Information Nummer 2/2014, also hochaktuell, vom 14. Januar 2014. Und aus diesen beiden möchte ich jetzt zitieren. Es ist ja von Frau Gerkan gesagt worden, wir haben es mit entfesselten biologischen Prozessen aus der Massentierhaltung zu tun.

Beim Robert Koch-Institut heißt es: „Die Häufigkeit des Nachweises von LA-MRSA in Mastbetrieben scheint positiv mit der Bestandsgröße zu korrelieren.“ Wenn sich das Robert Koch-Institut so ausdrückt, dann gibt es offensichtlich noch keine gesicherte Datenbasis, die das als wissenschaftlich basiert ausweist. Ich denke mal, das gehört ein Stück weit zur Ehrlichkeit auch dazu.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und dann ging es ja auch darum, was wir alles untersuchen sollen.

Weiter führt das Robert Koch-Institut aus: „Ein Austrag und Weiterverbreiten aus den Mastanlagen kann ebenfalls über den Stallstaub erfolgen. Ob davon ausgehend eine Besiedlung mit LA-MRSA bei Menschen erfolgen kann, ist Gegenstand weiterer Studien.“

Dann wurde ja auch gesagt, wie hoch die Gefährdungslage ist, wenn man sich in der Nähe von entsprechenden Mastanlagen ansiedelt. Dazu führt das Robert KochInstitut aus: „Unmittelbar exponierte Menschen, d. h. mit direktem Tierkontakt, haben ein 138-fach erhöhtes Risiko, eine MRSA-Besiedlung zu erwerben als nicht Exponierte im gleichen Umfeld.“ Bei Familienangehörigen, die auf dem gleichen Hof leben, sind es vier bis fünf Prozent. „Eine Verbreitung über diesen Personenkreis hinausgehend ist offenbar sehr selten.“

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Dann überspringe ich mal einiges, ich will ja nun auch nicht unbedingt wiederholen, was von der Finanzministerin in Vertretung des Landwirtschaftsministers hier ausgeführt wurde. Es heißt weiter beim Robert Koch-Institut: „Die Evolution humanadaptierter LA-MRSA bedarf einer weiterführenden genombasierten Analyse als Zeichen einer interdisziplinär angelegten Surveillance und unterstreicht die Notwendigkeit der molekularbiologischen Diagnostik derartiger Isolate von Menschen mit Tier- kontakten, insbesondere im Zusammenhang mit tiefgehenden Haut-Weichgewebeinfektionen sowie BlutkulturIsolaten.“

Das heißt, alles, was hier schon als festgeschrieben von Frau Gerkan postuliert wurde, befindet sich in einer Untersuchungsphase, und ich möchte doch wirklich ernsthaft davor warnen, Dinge hier als wissenschaftlich erwiesen darzustellen, die sich nachweislich noch in der Untersuchungsphase befinden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Weiterhin heißt es: „Die weiterführende Bearbeitung zur Mikrobiologie, Evolution und molekularen Epidemiologie sowie zum zoonotischen Potential erfolgt für LA-MRSA im Rahmen des BMBF geförderten Forschungsverbundes... seit November 2010.“ Das heißt, es ist auch nicht so, dass das jetzt unkontrolliert über uns hereingebrochen ist, sondern, und auch das wurde ja bereits ausgeführt, dass es im Blick ist, dass es untersucht wird und dass auch daran gearbeitet wird, wie diese Risikopotenziale zu bewerten sind und letztendlich, welche Gegenstrategien zu erarbeiten sind.

Aber ich komme jetzt noch mal kurz auf das Bundesinstitut für Risikobewertung, wie gesagt ganz aktuell. Frau Gerkan führte ja auch aus, dass jetzt diese besonders resistenten MRSA-Keime gefunden wurden. Was sie nicht ausgeführt hat, ist, sie sind gefunden worden bei drei Mastschweinen, einem Masthuhn und außerdem bei einem Wildvogel.

(Egbert Liskow, CDU: Wie kommt der denn dahin?)

Ich denke mal, genau die Frage habe ich mir auch gestellt: Wie kommt denn der Wildvogel jetzt dahin? Denkbar ist der Eintrag über Personen, Wildtiere, Schadnager oder Nutztiere, über Futter, Wasser oder die Luft. Das heißt, auch das wird derzeit noch untersucht. Von daher kann ich, wie gesagt, immer nur sagen, niemand soll sich hier hinstellen und sagen, er hat die alleinige Weisheit, weiß, wo es herkommt, weiß, was wir da zu tun haben, und dann auch noch zu fordern, dass es entsprechend weiter untersucht wird.

(Egbert Liskow, CDU: Das war nun alles.)

Und jetzt geht es um die gesundheitlichen Risiken, die wurden ja auch angesprochen. Ich denke mal, dass ich von weiteren Zitaten absehen kann. So gibt es vom Bundesinstitut für Risikobewertung die Einschätzung: „Allerdings gibt es hierfür bislang keine Belege“, nämlich für die Übertragung, die Sie jetzt unterstellt haben, „und weltweit ist auch noch kein Nachweis eines derartigen Keims bei Bakterien in Lebensmitteln berichtet worden. Um aber frühzeitig die Ausbreitung dieser Keime erkennen und stoppen zu können, ist eine intensivierte Überwachung erforderlich.“ Also der Nachweis ist zwar noch nicht erbracht, es wird geforscht, aber trotzdem hat man entsprechende, und das ist ja auch ausgeführt worden, Untersuchungsstandards festgelegt.

Jetzt könnte ich Ihnen noch über drei verschiedene Forschungsvorhaben berichten, die sich insbesondere auf diese neu entdeckten und 2014 dokumentierten Keime beziehen. Ich will jetzt nicht noch weiter in epidemiologische Untersuchungsergebnisse einsteigen, sondern

denke, nach dem, was die Finanzministerin ausgeführt hat, und nach dem, was ganz aktuell auch in der Wissenschaft diskutiert wird, werden Sie sich nicht wundern, dass zumindest die CDU-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen wird. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Bakterien unbeeinflusst durch menschliche Aktivitäten in entlegenen Regionen unseres Planeten Resistenzen gegen Antibiotika herausgebildet haben. So hat man in einer bislang nicht vom Menschen betretenen Höhle im USA-Bundesstaat New Mexico Bakterienstämme vorgefunden, die gegen 14 Antibiotika resistent gewesen sind. Das ist darauf zurückzuführen, dass diese Keime genetisch mit der Option ausgestattet sind, sich an ihre Umwelt anzupassen. Und vielleicht noch einen Schritt weiter: Sogar in Ausscheidungen von Dinosauriern wurden veränderte Bakterien gefunden. Damit zeigt sich, dass Bakterien in ihrer Anpassungsfähigkeit dem Menschen deutlich voraus sind, Resistenzen deshalb kein neues Problem sind und dass sie schon da waren, bevor es den Menschen überhaupt gab.

Der Landtag und der Agrarausschuss haben sich bereits seit etwa 2011 mit den Themen MRE und MRSA, den sogenannten Krankenhauskeimen, und, was ganz wichtig ist, dem Antibiotikaeinsatz in der Tier- und Humanmedizin beschäftigt. Ich erinnere unter anderem an den Antrag meiner Fraktion zur wirksamen Bekämpfung der Krankenhauskeime auf Drucksache 6/2131 oder an die 15. und 16. Agrarausschusssitzung, in denen wir uns intensiv mit den resistenten Keimen und der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes befasst haben. Daher wissen wir, dass MRSA-Keime schon vor 50 Jahren bei der klinischen Erprobung von Methicillin auftraten. Bis Ende der 80er-Jahre waren MRSA nahezu ausschließlich krankenhausassoziiert und wurden dort zum Problemkeim.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

In der Mitte der 90er-Jahre haben MRSA-Keime auch außerhalb der Krankenhäuser ihr Auftreten gezeigt. Bis 2005 gab es nur sporadische Berichte über das Auftreten bei Nutztieren. Bei Landwirten und Personen, die mit Tieren zu tun haben, wie zum Beispiel Tierärzte, gibt es die sogenannte nasale Besiedlung mit den tierischen MRSA-Keimen. Das hat aber wenig mit Infektionen und Erkrankungen zu tun. Ich betone das, weil das oft miteinander gleichgesetzt oder dann verwechselt wird.

Kritisch kann es bei einer Aufnahme in das Krankenhaus werden, wo der potenzielle Keimträger besonders aufmerksam behandelt werden sollte. Im Protokoll des Agrarausschusses finden Sie auch die Aussage der Vortragenden, dass es nur sehr vereinzelte klinische Fälle mit der sogenannten Nutztier-MRSA in der Humanmedizin gegeben hat.

Natürlich, da gebe ich Ihnen recht, ist das keine Entwarnung, denn Mechanismen des Übergangs und der möglichen Mutation der resistenten Keime vom Menschen zum Tier und umgekehrt sind noch völlig unklar. Die entscheidende Frage ist aber, zuallererst die Keimfreiheit in den Krankenhäusern zu sichern.

Der vorliegende Antrag nimmt eine Veröffentlichung des Bundesinstitutes für Risikobewertung zum Anlass, in der das Vorkommen von Resistenzen gegen hochwirksame Reserveantibiotika, sogenannte Carbapeneme – ich habe jetzt die gleichen Probleme wie Frau Schlupp hier –,

(Heiterkeit bei Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

beschrieben wurde.